Den regionalen Geschmack wiedergefunden

Patricia Michaud

Sein fruchtiger Geschmack und seine cremige Textur machen seine Verkostung zu einem intensiven kulinarischen Erlebnis. Der Vacherin Montd’Or, der zwischen Mitte August und Mitte März im Vallée de Joux (VD) und am Fusse des Waadtländer Juras handwerklich hergestellt wird, ist einer der bekanntesten Westschweizer Käse. Vor zwanzig Jahren erhielten die Mitglieder der Branchenorganisation Interprofession du Vacherin Mont-d’Or, die 1999 gegründet worden war, ihre Interessen rund um diesen Käse zu wahren und seine Produktion zu erhalten, die höchste Auszeichnung: die geschützte Ursprungsbezeichnung AOP. Der Käse ist auch wegen seiner runden Fichtenholzschachtel berühmt, die ihm als Kokon dient und ihn in den Kühlregalen der Lebensmittelgeschäfte auf den ersten Blick erkennbar macht.

Bis vor zwei Jahren wurde diese so charakteristische und sympathische Verpackung ausserhalb der Region hergestellt, sogar ausserhalb des Landes, im benachbarten Frankreich, zwar mit einheimischem Holz – der Risoud-Wald, der grösste zusammenhängende Wald Europas, liegt in Grenznähe –, aber in einer französischen Werkstatt. Interprofession wollte aber sicherstellen, dass die Schweizer Affineure die gesamte Produktionskette beherrschen und der Vacherin Mont- d’Or wieder ein vollständig lokaler Käse wird, einschliesslich der Verpackung.

Sie setzte dazu eine Kommission ein, die nach Lösungen suchen sollte, um die Schachteln wieder in der Region herzustellen. Getragen von einer öffentlich-privaten Finanzierung mit lokaler Ausrichtung, wurde 2021 eine GmbH mit dem Namen Valartibois gegründet, die die Schachteln wieder in der Region herstellt. Sie stützt sich auf das Know-how eines Forstunternehmens aus dem Vallée de Joux und nutzt historische Maschinen, die zu diesem Zweck aufgekauft wurden. Mit diesem Schritt sehen die Projektverantwortlichen auch die Bedeutung des AOP-Labels des Vacherin Mont-d’Or gestärkt. Davon profitiert die ganze Region.

NRP-Projekt in der regiosuisse-Datenbank

Hier finden Sie die Langfassung in Französisch.

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Mit Leidenschaft für Biogemüse

Jana Avanzini

Im Berner Seeland, dem «Gemüsegarten der Schweiz», wollen Gemüseproduzentinnen und ­-produzenten mit Unterstützung eines Projekts zur regionalen Entwick­lung (PRE) den biologischen Gemüseanbau in der Region stärken und nachhaltig verankern. Stand im ersten Jahr die Infrastruktur im Fokus, geht es nun um die Positionierung des Biogemüses für die Zukunft, etwa um die Stärkung des Vertrauens von Grossanbietern und kleineren Partnerinnen und Partnern, aber auch um Identifikation der Konsumentinnen und Konsu­menten mit den Betrieben und am Ende auch mit dem Gemüse selbst. Fritz Burkhalter, Präsident des Vereins PRE BioGemüse Seeland, ist überzeugt, dass der Markenname «Passion Seeland» schon jetzt Programm ist.

Bio boomt, nicht erst seit gestern. Schätzungen zufolge kaufen mittlerweile 56 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer täglich biologisch produzierte Lebensmittel, ein Anstieg von vier Prozent innerhalb eines Jahres. Auch im Ber­ner Seeland will man dieser Nachfrage gerecht werden und sich den Herausforderungen stellen, wie die Biogemüsepro­duktion gestärkt werden kann.

Eine ganze Reihe von Biogemüseproduzentinnen und -produzenten aus der an den Jura grenzenden Region haben sich daher mit dem Ziel zusammengeschlossen, mit einer Pro­fessionalisierung der Aufbereitungs-­ und Vermarktungsstrukturen und der Förderung von Fachkompetenzen den biologi­schen Gemüseanbau im Seeland zu stärken und so neue Wertschöpfung für die Region zu schaffen.

Fritz Burkhalter ist Präsident des Trägervereins PRE Bio­ Gemüse Seeland. Die Marke nennt sich jedoch «Passion Seeland», und die ist im Gespräch mit dem Präsidenten definitiv spürbar. Offiziell gestartet hat das Projekt im November 2021, die Vorarbeiten dazu liefen aber bereits seit 2015. «Wir haben in diesen Jahren bereits viel ausprobiert und besprochen, es wurden Anpassungen am Konzept gemacht – nun steht das Projekt auf sehr stabilen Beinen», sagt Burkhalter.

Bau und «Anbau»

Vor dem Start des PRE befand sich die Infrastruktur der Bioproduzentenorganisation Terraviva und der regionalen Vermarktung von Biogemüse am Limit. Die Arbeit erfolgte zum Teil aus improvisierten Büros in Containern. Kein halt­ barer Zustand. Heute sind zwei Neubauten für Terraviva und «Passion Seeland» – die zentralen und primären Investitionen des Projekts – beinahe fertiggestellt. In ihnen werden neben den Büros auch die Verarbeitung und die Konfektionierung des Biogemüses für Grossverteiler wie Migros oder Coop Platz finden.

Den anstehenden «Anbau», wie es Fritz Burkhalter nennt, bilden zahlreiche Teilprojekte, etwa im Bereich Wissenstrans­fers und Forschung – ein Bereich der Landwirtschaft, der im Biosektor oft noch fehlt, so Burkhalter. Im «Anbau» geht es auch darum, die Kleinvermarktung von Biogemüse aus dem Seeland auszubauen. Bei den Grossverteilern laufe die Vermarktung bereits, sagt Burkhalter, bei Märkten und Hofläden hingegen bestehe noch Potenzial. Hier gehe es auch darum, über Koope­rationen ein breiteres Angebot zu schaffen und damit mehr Menschen zu erreichen und neue Kundschaft zu gewinnen. So spannen die Gemüse­- mit Fleisch-­, Milch-­ oder Honigproduzentinnen und ­-produzenten zusammen oder mit der Gastrono­mie, die auch «Fehlgrössen» – Gemüse in ungewohnter Form oder Grösse, das im Laden oft liegenbleibt – verwerten kann.

Ein weiteres Teilprojekt ist die branchenübergreifende Zusammenarbeit mit der regionalen Tourismusorganisation Murten Tourismus, die weiter ausgebaut werden soll. Dabei will man die Produkte erlebbar machen und so Wertschöpfung über den Tourismus und die Betriebe hinweg erzielen: «Gäste hin, Rüebli her», fasst es Fritz Burkhalter zusammen. Denn Erleb­nisse und Begegnungen schaffen Identität – und plötzlich ist die auf den ersten Blick austauschbare Tomate Teil einer Geschichte. So wird mit zahlreichen Partnerinnen und Partnern bei unterschiedlichsten, besonders agrotouristischen Angebo­ten zusammengearbeitet, die bereits bestanden und funktionieren. Die Gäste können mit gemieteten E-­Bikes die Höfe anfahren und zwischen dem Gemüseernten noch ein Lama streicheln. Selbst ein Gemüsekrimi gehört zum Programm.

Vorarbeit und Vertrauen

«Das Seeland gilt als die ‹Gemüsekammer der Schweiz›. Dieses Bild wollen wir wieder mehr promoten, auch über die regionalen Grenzen hinaus», sagt Fritz Burkhalter. Um die Marke «Seeland» zu stärken, wird auf diese traditionelle, teil­weise etwas in Vergessenheit geratene Eigenschaft der Region Jura Trois­Lacs gesetzt.

Das erste Projektjahr sei sehr erfolgreich verlaufen. Noch fünf Jahre dauert das Projekt bis zum Abschluss, was jedoch nicht bedeute, dass es dann zu Ende sein soll. Bis 2027 soll das Projekt zum Selbstläufer geworden sein, betont Fritz Burkhalter.

Die bisherigen Projektkosten liegen bei 79 Millionen Franken, wovon der Bund insgesamt 7 Millionen übernimmt und der Kanton Freiburg 5,6 Millionen. Den Rest finanzieren die Biogemüseproduzentinnen und ­-produzenten selbst.

© regiosuisse

Die Vorarbeit sei anstrengend gewesen und habe viele Beteiligte stark gefordert. Durch die gemeinsame Arbeit und den intensiven Austausch sei nun aber eine hohe Identifika­tion und breite Abstützung gegeben. Dass die Betriebe die Informationstafeln zu «Passion Seeland» von sich aus gewünscht haben und nun auch beziehen, sei ein kleines Detail, an dem sich das zeige. «Ich bin überzeugt, dass wir mit dem Projekt für die neuen Generationen Perspektiven in der Biolandwirtschaft schaffen, und dies nicht nur für die direkten Nachkommen, die einen Betrieb übernehmen, sondern auch für neue, junge Inter­essierte.» Für den Detailhandel wolle man Liefersicherheit schaf­fen, um Vertrauen und festes Zusammenarbeiten zu fördern, sagt Burkhalter: «Wir wollen die Region stärken und natürlich das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten gewin­nen. Doch am Ende sind wir vor allem für die Betriebe da.»

Projekte für regionale Entwicklung (PRE)

PRE fördern die Wertschöpfung in der Landwirtschaft und die regionale Zusammenarbeit. Auch ökologische, soziale oder kulturelle An- liegen sollen sie berücksichtigen. Das Instrument wurde im Rahmen der Agrarpolitik 2007 eingeführt mit dem Ziel, Agrar- und Regionalpolitik besser aufeinander abzustimmen, das regionale Potenzial auszuschöpfen und das landwirtschaftliche Einkommen zu erhöhen. PRE unterstützen Ideen regionaler Interessengruppen, die zur Förderung der ländlichen Entwicklung beitragen.

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«Impuls-Landschaftsberatung» unterstützt Gemeinden

Bis 2024 bietet das BAFU Gemeinden im Rahmen der Umsetzung des Landschaftskonzepts Schweiz (LKS) kostenlose «Impuls-­Landschaftsberatungen» an. Ziel ist es, den Gemeinden Orientierung in Landschaftsfragen zu geben, ihr Landschaftsbe­wusstsein und ihre Handlungskompetenz zu stär­ken und sie in raumplanerischen Entscheidungen zu unterstützen. Während der Pilotphase stehen Expertinnen und Experten aus verschiedenen Sprachregionen mit breitem Landschaftswissen für Beratungen zu Themen wie Zonenplanrevisio­nen, Freiraumplanung und vieles mehr zur Verfügung. Mithilfe der Beratung befähigen sich die Gemeinden, das Thema «Landschaft» in Planungs-­ und Projektarbeiten besser zu berücksichtigen. Die «Impuls-­Landschaftsberatung» reiht sich ein in bereits etablierte Gefässe und unterstützt erste Schritte zu einer nachhaltigen Landschaftsent­wicklung. Die BAFU-Website orientiert über den Prozess und die Kontakte für eine Beratung.

www.bafu.admin.ch/landschaftsberatung

Regionale Produkte – eine Erfolgsgeschichte

Pirmin Schilliger & Urs Steiger
Nahrungs- und Genussmittel wie Obst und Gemüse, Milchprodukte, Brot, Fleisch und Wein, die mit einem regionalen Label gekennzeichnet sind, werden in der Schweiz immer beliebter. Zu verdanken ist dieser Erfolg Tausenden von Landwirtinnen und Landwirten, Lebensmitteldetailhändlern, privaten Non-Profit-Organisationen, Zwischenhändlerinnen und -händlern, handwerklichen und industriellen Verarbeitern, Logistikunternehmen und nicht zuletzt den Konsumentinnen und Konsumenten. Anteil am Erfolg haben auch verschiedene Förderprogramme der Landwirtschafts- und Regionalpolitik, mit denen der Bund und die Kantone viele Projekte entlang der gesamten regionalen Wertschöpfungskette unterstützen. Der regionale Boom hat inzwischen auch touristische Angebote und Non-Food-Produkte erfasst. Er dürfte sich weiter verstärken, zumal sich die nachhaltige regionale Produktion mit den Zielen einer zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft deckt.
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Der Kopfsalat im Migros-Shop in Luzern ist taufrisch. Die Etikette verrät, dass er unmittelbar vor den Toren der Stadt geerntet worden ist. Das Blattgemüse ist eines von mittlerweile rund 18’500 zertifizierten regionalen Produkten, die schweizweit im Lebensmitteldetailhandel und auf den Märkten erhältlich sind. Das Segment boomt. Gemäss der Studie «Regionalprodukte 2022» der htp St. Gallen, eines Spin-offs der Universität St. Gallen, und dem Marktforschungsinstitut LINK in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) legten die Verkäufe in diesem Bereich zwischen 2015 und 2020 jährlich um 10 Prozent zu. Der damit erzielte Umsatz dürfte die Schwelle von 2,5 Milliarden Franken überschritten haben. «Regionale Produkte sind der wachstumsstärkste Sektor im Food-Bereich», erklärt Stephan Feige, Co-Autor der Studie und Leiter der Fachstelle für authentische Markenführung an der HWZ. Das rasante Wachstum widerspiegelt die erfolgreiche Marketingstrategie der Grossverteiler Migros und Coop. Doch es basiert ebenso auf dem Engagement von Tausenden von Bäuerinnen und Bauern, die in der Produktion für den notwendigen Nachschub sorgen. «Regionalprodukte sind längst keine Nische mehr. Vom Jura über die Alpen bis ins Tessin oder vom Bodensee bis zum Genfersee – überall gibt es Erfolgsgeschichten», sagt Gabi Dörig-Eschler, Geschäftsführerin des Vereins Schweizer Regionalprodukte (VSR). Dabei erzielen die rund 2800 Produzentinnen und Produzenten, die bei ihrem Sortiment auf die VSR-Kennzeichnung als Regionalprodukt «regio.garantie» setzen, einen Umsatz von 1,7 Milliarden Franken pro Jahr.

Ein blauschimmeliges Zufallsprodukt als Auslöser

Als Wegbereiter für regionale Produkte gilt das Siegel Appellation d’Origine Contrôlée (AOC) für die kontrollierte beziehungsweise seit 2011 Appellation d’Origine Protégée (AOP) für die geschützte Ursprungsbezeichnung. Dieses Siegel für die geografische Herkunft bestimmter Spezialitäten blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits im 15. Jahrhundert erhielten in Frankreich die Bewohnerinnen und Bewohner von Roquefort ein königliches Monopol für die Herstellung des legendären Blauschimmel-Käses aus dem Zentralmassiv. 1925 wurde dieses Produkt per Dekret gesetzlich geschützt. Viele europäische Länder handeln inzwischen bei ihren berühmtes­ten regionalen Spezialitäten nach französischem Vorbild. Sie kennzeichnen sie entweder mit dem Qualitätszeichen AOC oder mit IGP (Indication géographique protégée/geschützte geografische Angabe).

1999 lancierte die Migros-Genossenschaft Luzern mit «Aus der Region. Für die Region» ein eigenes regionales Programm. Bald übernahmen andere Migros­Genossenschaften das Konzept. 2005 zogen Volg mit «Feins vom Dorf» und 2014 Coop mit «Miini Region» nach, worauf als nächste Detailhändler 2016 die Landi («Natürlich vom Hof»), im Sommer 2022 Aldi mit «Saveurs Suisses» und wenig später Lidl Schweiz mit «Typisch» auf den Zug aufsprangen. Bei den Regio­nalprodukten abseitszustehen, kann sich heute keine Händlerin, kein Händler mehr leisten.

Die Treiber der Entwicklung

Der Boom beruht auf mehreren Faktoren. Stephan Feige erklärt: «Regionalität liegt bei einem rasch wachsenden Teil der Bevölkerung im Trend. Ein Grund dafür ist die Suche nach Authentizität und Herkunft, auch als Reaktion gegen die Globalisierung.» Die Konsumentinnen und Konsumenten verknüpfen mit den regionalen Produkten Qualität und Identität, ausserdem ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Vor allem Frauen assoziieren laut der HWZ-Studie damit überdies Werte wie soziale Wertschöpfung, Fairness und Tierwohl. Ein weiteres Argument ist die Rückverfolgbarkeit der Produkte, die dank Transparenz und der Nähe zum Produzenten Ver­ trauen schafft. Die Metzgerei Meaty in Genf und Lausanne beispielsweise verkauft ausschliesslich Fleisch von Landwirtschaftsbetrieben aus der Umgebung. Die meist urbane Kundschaft kann sich via Website über die Tierhaltung bis ins letzte Detail informieren. Die Regionalität stösst auf grosse Zahlungsbereitschaft bei den Konsumenten und Konsumentinnen. Laut HWZ-Studie sind sie bereit, für Eier, die von Hennen aus der Region kommen, 45 Prozent mehr zu zah­len. Regionales Gemüse darf 30 Prozent, Hartkäse 20 Prozent teurer sein.

Die Erfolgsgeschichte der Regionalprodukte lässt sich nicht ohne die vielen weiteren Akteurinnen und Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette erzählen. Entscheidenden Support leisten neben einigen Non-Profit-Organisationen verschiedene Förderprogramme des Bundes. Eine führende Rolle nimmt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) ein. Es unterstützt Projekte zur Regionalen Entwicklung (PRE), an denen die Landwirtschaft massgeblich beteiligt ist. Ausserdem fördert es Qualität und Nachhaltigkeit im Rahmen einer eigens dafür entwickelten Verordnung (QuNaV). Das BLW unterstützt auch Projekte über den 1999 lancierten Nationalen Aktionsplan zum Erhalt und zur nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (NAP-PGREL). Schliesslich fördert es den Erhalt tiergenetischer Ressourcen – ein Überlebensprogramm für zurzeit fünfundzwanzig alte Nutztierrassen. Auch beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) ist die Förderung regionaler Produkte ein Schwer­punktthema, und zwar in Zusammenarbeit mit den Kantonen im Rahmen der Neuen Regional­politik (NRP) und über das Tourismusförderprogramm Innotour. Schliesslich zielt der Bund auch mit dem Produktelabel der Pärkepolitik sowie einzelnen «Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung» auf die Stärkung der Regionalprodukte ab. Weil regionale Wertschöpfung bei vielen dieser Programme im Zentrum steht, finanzieren die Kantone viele dieser Projekte subsidiär mit.

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Langzeitprojekt «regionale Dachmarke»

Die verschiedenen Förderprogramme mögen sich gelegentlich inhaltlich überlappen. Trotz­ dem hat jedes Instrumentarium seinen unverwechselbaren Charakter. Die QuNaV beispielsweise zielt auf bessere Produktions-­ und Qualitätsstandards ab. Entsprechende Projekte werden über alle Stufen der betreffenden Wertschöpfungskette unterstützt. Zu den Bedingungen gehört, dass sie Modellcharakter für die gesamte Branche haben, die Marktchancen für die Landwirtschaft und die nachgelagerten Branchen verbessern sowie die landwirtschaftliche Wertschöpfung in der Region erhöhen. Zahlreiche innovative Produkte aus der Land­ und Ernährungswirtschaft verdanken der Starthilfe aus dem QuNaV­-Topf ihre (Wieder­)Geburt, beispielsweise Bio­-Soja, Bio­-Weidemilch, Brennnessel-Produkte, Fleisch von Schweizer Hennen, Quinoa, Trüffel oder Wildbeeren. Daneben gibt es QuNaV­-Projekte, die auf Infrastrukturen oder die Verbreitung nachhaltiger Technologien ausgerichtet sind, etwa jene, Pilze bei Reb­- und Beerenkulturen mittels UV-­C­-Licht zu bekämpfen. Die NRP fokussiert vor allem auf vorwettbewerbliche Massnahmen, die Wertschöpfung in die Region bringen. Auffällig sind dabei Projekte zur Vernetzung von Akteurinnen und Akteuren, die meist im Rahmen einer Gesamtstrategie umgesetzt werden, etwa die «Förderung Regional­ produkte Berner Oberland» (Projektbeginn: 2017) oder die «Wertschöpfungskette natürli-Regio­nalprodukte» (2020 ZH/TG). Auch die Plattform «food & nutrition» ist aus einem NRP-Projekt ent­standen. Sie vernetzt im Kanton Freiburg alle Personen, die an der Produktion und Verarbeitung nachhaltiger Lebensmittel interessiert sind. Der Trägerverein soll auch die kreislauffähige Lebensmittelstrategie umsetzen, die der Kanton 2021 verabschiedet hat.

Fördergelder für Verarbeitung und Vermarktung

Bei den Förderprogrammen steht die Landwirtschaft im Zentrum, mitsamt den nachgela­gerten Bereichen. Besonders gross erscheint der Investitionsbedarf in der Verarbeitung. Dies ver­deutlichen Vorhaben wie der Bau des regionalen Schlachthofs in Klosters­-Serneus oder die neue Produktionsanlage für Rohziger der Glarner Milch AG. Letztere, ein 2017 abgeschlossenes 10-Millionen­Franken­-Projekt, umfasst unter anderem ein Käsereifungslager und eine Erlebniskäserei. Das Projekt wurde vom Bund im Rahmen eines PRE mit 2,17 Millionen Franken unterstützt.

Ein häufiges Thema bei vielen Projekten ist die Vermarktung. Dabei geht es sowohl um neue, digitale als auch um wiederbelebte, traditionelle Promotions­ und Vermarktungskanäle. Das Projekt «Konzept Hofladen Willisau» wurde 2022 als NRP-Projekt lanciert. «Alpomat – der kleinste Hofladen der Stadt Zürich» startete 2017 als QuNaV-Projekt. Regionale Distributionska­näle fördert auch die Post – digital und physisch: Über die Plattform «Local only» können Produ­zentinnen und Produzenten ihre regionalen Produkte online verkaufen. Die Post übernimmt die Logistik – ohne Extrafahrt, indem sie die bestellte Ware zusammen mit der normalen Briefpost der Bevölkerung an die Haustüre bringt.

Mit Holz wäre fast alles möglich

Viel regionales Potenzial schlummert in der Wertschöpfungskette Holz. In den vergangenen Jahren haben verschiedene Kantone eigene Förderprogramme gestartet, angestossen unter ande­rem von der NRP und vom Aktionsplan Holz des Bundes. Dieser unterstützt seit 2009 Projekte, die sich mit dem Rohstoff Holz und seiner Verwertung auseinandersetzen. Ein aktuelles Ergebnis dieser Bemühungen ist die Interessengemeinschaft Truberwald, gegründet von Waldbesitzern, Landwirten, Forstwarten, Zimmerleuten und Schreinern. Sie realisierten 2022 mit der Turnhalle in Trub BE ein Vorzeigeprojekt. Der Bau ist ausschliesslich aus Holz aus dem Truber Wald gefertigt. «Jede Leiste, jede Rostlatte, selbst die Akustikdecke – alles ist aus regionalem Holz», verrät Samuel Zaugg, Forstwart und Mitgründer der IG Truberwald. Diese wirkte bei der Beschaffung als Dreh- und Angel­punkt. Die Erfahrungen aus dem Turnhallenbau fliessen nun in das eigentliche Geschäftsmodell der IG ein, interessierten Bauherren alle logistischen und organisatorischen Informationen rund ums Bauen mit regionalem oder eigenem Holz zu vermitteln. Die eigentliche Herausforderung liege darin, die Konsumentinnen und Konsumenten so weit zu bringen, dass sie konsequent nach Schweizer Holz verlangten, betont Zaugg, denn «heute ist mit Holz auf dem Bau fast alles möglich».

Lange Zeit lag auch das Potenzial der regionalen Zusammenarbeit zwischen der Landwirt­schaft und dem Tourismus brach. Mittlerweile ist aber einiges in Bewegung geraten. «Genuss aus Stadt und Land» ist ein strategisch ausgelegtes PRE, mit dem seit 2017 im Grossraum Basel neue Formen der regionalen Produktion und der Kooperation zwischen Landwirtschaft, Gastronomie, Hotellerie und Detaillisten entwickelt werden sollen. In der Region Biel/Seeland verbindet ein 2020 lanciertes NRP-Projekt mit Murten Tourismus als Kooperationspartner «touristische Erleb­nisse mit regionaler Kulinarik». Die Bemühungen der Region Jura, mit Mitteln der Agrar-­, Regio­nal­- und Tourismuspolitik regionale Wertschöpfungsketten aufzubauen, haben das BLW und das SECO Ende 2022 mit der erstmaligen Vergabe des «Cercle Régional» ausgezeichnet.

Nicht zu vergessen ist zudem die seit rund zehn Jahren laufende Partnerschaft zwischen dem Netzwerk Schweizer Pärke und Coop. Die Mischung aus sanftem Tourismus, Natur und extensiver Landwirtschaft kommt bei Konsumentinnen und Konsumenten gut an. Coop verkauft in den jewei­ligen Verkaufsregionen von Jahr zu Jahr mehr regionale Park-Spezialitäten.

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Blick in die Zukunft

Soll sich der Boom der Regionalprodukte fortsetzen, bedarf es weiterer Anstrengungen auf sämtlichen Stufen der Wertschöpfungskette. «Klar ist ausserdem, dass es für Kundinnen und Kunden künftig noch einfacher werden muss, regionale Produkte im Laden einzukaufen», ist Stephan Feige überzeugt. Beträchtlichen Spielraum sieht er vor allem für kleine, spezialisierte Händlerinnen und Händler.

Über die Produkt­ und Angebotspalette hinaus gewinnen grundsätzlich die Kriterien der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit, der Kreislaufwirtschaft und der Biodiversität immer mehr Gewicht. «Konsumenten achten nicht einfach bloss auf die regionale Herkunft; Tierwohl, Artenvielfalt und die Umwelt liegen ihnen ebenso sehr am Herzen», so Feige. Diesen Aspekten soll künftig auch in den Förderprogrammen noch mehr Gewicht beigemessen werden. So wer­ den etwa Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft verstärkt in die nächste Programmperiode, NRP24+, einfliessen. Die Stärkung kurzer Versorgungswege für ein resilientes Ernährungssystem bleibt ein wichtiges Element in der künftigen Ausrichtung der Agrarpolitik. Nachhaltige regionale Ernäh­rungssysteme, von der Produktion bis zum Konsum, können die langfristige Ernährungssicherheit der Schweiz nachhaltig voranbringen. Die Regionen können dabei als «Zukunftslabors» für ein nachhaltiges Ernährungssystem der Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

Was ist wirklich regional?

Die «Region» ist weder politisch noch geografisch ein klar definierter Begriff. Entsprechend versuchen die Detailhändler, mit eigenen Labeln und nach eigenen Kriterien ihre jeweiligen Regionalprodukte in diesem Markt zu positionieren. Dagegen bemühen sich verschiedene Organisationen, mittels einheitlicher Richtlinien Licht in den regionalen Label-Dschungel zu bringen und den Konsumentinnen und Konsumenten die Orientierung zu erleichtern.

Pirmin Schilliger Luzern

Die Schweizerische Vereinigung AOP-IGP (Appellation d’Origine Protégée/Indication Géographique Protégée) vertritt die Interessen aller Branchenorganisationen, die unter diesen Siegeln regionale Produkte vermarkten. Der Unterschied zwischen ihnen: Bei AOP-Spezialitäten muss vom Rohstoff über die Verarbeitung bis hin zum Endprodukt alles aus der definierten Ursprungsregion sein; bei IGP-Spezialitäten genügt es hingegen, wenn sie in der Ursprungsregion entweder erzeugt, verarbeitet oder veredelt worden sind. Die offizielle Liste der Schweiz umfasst aktuell 25 AOP- Produkte und 16-IGP-Spezialitäten, darunter viele Käsesorten, Wurstspezialitäten und einige Obstbranntweine, aber auch Walliser Roggenbrot oder die Zuger Kirschtorte. Die Schweiz ist im Rahmen des bilateralen Agrarabkommens mit der EU dem europaweiten AOP-IGP-System angeschlossen. Die von beiden Seiten anerkannte Liste mit einigen hundert geschützten Produkten wird regelmässig aktualisiert. Die jüngsten registrierten Produkte für das AOP-Gütesiegel sind die Schweinefleischwurst «Boutefas» und der Beinschinken «Jambon de la Borne» aus dem Kanton Waadt und dem Kanton Freiburg und das Walnussöl «Huile de Noix vaudoise». Verantwortlich für die Zulassung in der Schweiz ist das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), das das Register auch mit der EU koordiniert.

ProSpecieRara als Pionierin

Zu den eigentlichen regionalen Pionieren in der Schweiz gehört die Stiftung ProSpecieRara (PSR), die gerade ihr 40-Jahr-Jubiläum fei- ern kann. Hauptsächlich ihr Verdienst ist es, dass hierzulande – vom Appenzeller Spitzhaubenhuhn bis zur Stiefelgeiss – 38 seltene Nutztierrassen und rund 4800 Nutz- und Zierpflanzensorten vor dem Aussterben gerettet werden konnten. PSR arbeitet mit vielen Landwirtinnen und Landwirten, mit dem BLW, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Wädenswil (ZHAW), gemeinnützigen Organisationen und dem Detailhandel zusammen. Ausserdem agiert PSR als Schnittstelle zur SAVE Foundation, die sich im europäischen Rahmen für den Erhalt der Biodiversität engagiert.

Ein kommerziell erfolgreiches Nutzungsbeispiel alter «tiergenetischer Ressourcen» ist die Wertschöpfungskette «Pro-Montagna Bio- Gitzifleisch». Daran beteiligt sind Bündner Bergbauern, der Schweizer Ziegenzuchtverband, die Metzgerei Zanetti in Poschiavo GR und Coop. Ein anderes Projekt von PSR mit Coop als Partnerin nennt sich «Simmentaler Original». Als Resultat der Kooperation mit PSR finden sich in den Regalen von Coop zudem mehr als hundert traditionelle, vom Aussterben bedrohte Kulturpflanzensorten, etwa die «halblange Turga», eine Sorte der in Mitteleuropa weit verbreiteten Pastinaken. Über die Plattform stadttomaten können Hobbygärtnerinnen und -gärtner bei Coop ausserdem seltene Tomaten-, Peperoni- und Salatsamen beziehen und auf dem eigenen Balkon zum Spriessen bringen.

Koordinationsbemühungen

Die wichtigsten Mitglieder des 2015 gegründeten Vereins Schweizer Regionalprodukte (VSR) sind die vier Vermarktungsorganisationen alpinavera (mit Regionalprodukten aus den Kantonen GR, UR, GL und TI), Culinarium (Ostschweiz), Das Beste der Region (Zentral- und Nordwestschweiz, JU, BE, SO) und regio.garantie Romandie (Westschweiz und Berner Jura). Als Dachorganisation repräsentiert der VSR über 18 500 regionale Produkte aus der ganzen Schweiz, die mit «regio.garantie» gekennzeichnet sind. Der VSR konzentriert sich auf einheitliche Qualitätsstandards nach klaren Richtlinien und sorgt für einen sauberen Vollzug. Demgemäss müssen unter anderem mindestens zwei Drittel der Wertschöpfung sowie die Produktions- und Verarbeitungsschritte, die die Eigenschaften des Produkts bestimmen, in der jeweiligen Region stattfinden.

Trotz aller Koordinationsbemühungen des VSR existieren weiterhin verschiedene Labels, die Regionalität kennzeichnen: Die Migros tut dies mit einer eigenen regionalen Etikette, auf der zusätzlich oft auch der Name der Produzentin oder des Produzenten steht. Coop hingegen markiert in der Regel lediglich die Regale mit dem Regionen-Label. Trotzdem heisst es auch bei Coop: «Alle regionalen landwirtschaftlichen Zutaten und jedes Produkt müssen bis zum Ursprungsort rückverfolgbar sein.»

Gemäss der Studie «Regionalprodukte 2022» der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) möchten die Konsumentinnen und Konsumenten in jedem Fall wissen, aus welcher Region die Rohstoffe kommen, wo sie verarbeitet werden und welchen Weg sie zurückgelegt haben. «Bei den heutigen Labels ist das alles jedoch längst nicht immer klar», stellt Stephan Feige, Co-Autor der Studie, fest. In der Praxis legen die Detailhändler wichtige Kriterien – wie etwa den regionalen Perimeter – meist nach eigenem Gutdünken fest. Sie hoffen auf das Vertrauen ihrer Kundinnen und Kunden, und dies nicht zu Unrecht. «Wenn auf der Verpackung ‹regional› steht, wird das in der Regel auch geglaubt», meint Feige. Zudem möchte sich kaum jemand vor den Regalen durch mehrseitige schriftliche Label-Richtlinien kämpfen müssen.

© regiosuisse
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Klärungsbedarf

Fazit: Der gemeinsame Nenner der regionalen Marken beschränkt sich darauf, dass sich zum Verkauf angebotene Ware einer bestimmten Region zuordnen lässt. Nach welchen genaueren Vorschriften und Kriterien dies erfolgt, ist aber von Label zu Label unterschiedlich. Die Definition der Region selbst bleibt dehnbar: So formuliert das Coop-«Miini-Region»-Reglement umständlich: «Eine Region ist ein geografisch bestimmter Raum mittlerer Grössenordnung, das heisst zwischen lokaler beziehungsweise kommunaler und nationaler Ebene, der als zusammengehörig angesehen wird, sich also anhand bestimmter Merkmale von anderen abgrenzen lässt.» Coop-Sprecher Caspar Frey versucht klarzustellen, dass Coop in Bezug auf Wertschöpfung sowie die Produktions- und Verarbeitungsschritte den VSR-Vorgaben folgt. Dies gilt auch für die Migros, obwohl diese Bestimmungen laut Mediensprecherin Carmen Hefti «die Verfügbarkeit der regionalen Produkte in der Alltagspraxis zuweilen arg limitieren». Feige erklärt: «Es gibt den Begriff ‹regional›, gleichbedeutend mit ‹ist von hier› – da will der Konsument zum Produzenten gleich um die Ecke. Daneben gibt es aber auch regionale Produkte wie die Waadtländer Saucisson oder die Basler Läckerli, die nicht nur vor Ort, sondern in der ganzen übrigen Schweiz als berühmte regionale Spezialitäten wahrgenommen werden.» Eine einheitliche Definition von Regionalität unter einem einzigen Label würde solchen Unterschieden und dem Charakter der einzelnen Produkte wohl kaum gerecht, gibt Feige weiter zu bedenken. Wenig sinnvoll wäre es also, für verarbeitete Produkte wie Wein, Hartkäse, Gebäck oder eine weit über ihre Ursprungsregion hinaus bekannte Rauchwurst die gleichen regionalen Kriterien anzuwenden wie für frisches Gemüse oder Eier aus der näheren Umgebung.

Kein Wunder, ist es bis heute nicht gelungen, dieses Definitionsdilemma aus der Welt zu schaffen, obwohl es die Konsumentinnen und Konsumenten ziemlich verunsichert. «Alle müssen bereit sein, ein einheitliches nationales Regelwerk zu pflegen», betont VSR- Geschäftsführerin Gabi Dörig-Eschler. «Und», schiebt sie nach, «die Glaubwürdigkeit unseres Regelwerks ist das eigentliche Fundament des Erfolgs.»

Regionalprodukte – stark in der Nische, mit Potenzial für weiteres Wachstum

Pirmin Schilliger & Urs Steiger

Was steckt hinter dem Erfolg der Regionalprodukte? Und wie steht es um deren Zukunftsaussichten? Diese und weitere Fragen diskutierten eine Expertin und zwei Experten am Round Table von «regioS»: Eliane Kern, Verantwortliche für Kommunikation und Events von «Feld zu Tisch», einer B2B-Vermarktungsplattform für Regionalprodukte im Raum Basel, Peter Stadelmann, Verantwortlicher für die Regionalprodukte der UNESCO-Biosphäre Entlebuch, und Urs Bolliger, Geschäftsführer und Leiter Märkte von «Culinarium», dem Trägerverein der Marke «regio garantie» in der Ostschweiz.

Steile Zuwachsraten in den letzten zehn Jahren belegen die eindrückliche Erfolgsgeschichte der Regionalprodukte. Welchen Anteil haben die Fördergefässe des Bundes wie die Neue Regionalpolitik (NRP), die Projekte Regionale Entwicklung (PRE) der Landwirtschaftspolitik oder die Tourismusförderung von Innotour?

Urs Bolliger: Die dem Verein Schweizer Regionalprodukte (VSR) angeschlossenen Marken, also auch wir von «Culinarium» in der Ostschweiz, profitieren vor allem vom Absatzförderungsprogramm des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), das seit 2001 läuft. In den entsprechenden Projekten handelt es sich schwerpunktmässig um Marketing- und Kommunikationsmassnahmen, wobei jeweils zwischen 30 und 50 Prozent der eingesetzten Mittel vom Bund stammen.

Eliane Kern: Auch beim Aufbau von «Feld zu Tisch» ist die Unterstützung durch das BLW über das Projekt zur Regionalen Entwicklung (PRE) «Genuss aus Stadt und Land» massgebend.

Peter Stadelmann: Als Biosphäre-Reservat Entlebuch sind wir primär Teil der Pärkepolitik, für die das Bundesamt für Umwelt (BAFU) zuständig ist. Dieses unterstützt die Pärke zwar nicht bei der Produktentwicklung. Trotzdem profitieren auch wir von Bundeshilfen, und zwar über die erwähnten Fördergefässe des BLW. Besonders wichtig ist die PRE-Unterstützung beim Aufbau der «Biosphäre Markt AG» als Vermarktungsplattform für die Region. Ohne die staatliche Hilfe wäre es kaum möglich gewesen, diese Organisation auf die Beine zu stellen und auf dem Markt zu positionieren.

Peter Stadelmann © regiosuisse

Welches ist Ihre eigene, bislang grösste regionale Erfolgsgeschichte?

Eliane Kern: Wir konnten in den letzten zwei Jahren in der Region Basel ein Netzwerk aufbauen, unter anderem mit einem Format, das wir «Speed Dating» für den regionalen Direkthandel nennen. Mit diesem Format kommen Produzentinnen und Produzenten mit Abnehmerinnen und Abnehmern zusammen und lernen sich kennen, sodass die gewünschten Handelsbeziehungen beinahe automatisch entstehen. Da treffen sich etwa die Betreiber eines Lokalladens in Basel, die mit regionalen Produkten handeln, mit einer Tempeh-Produzentin in Liestal BL oder einem Produzenten von Kichererbsen in Wenslingen BL, um nur zwei Beispiele von vielen direkten Geschäftsbeziehungen zu erwähnen. Auch die runden Tische, die wir regelmässig veranstalten, um unsere Ideen und Werkzeuge weiterzuentwickeln, stossen auf grosses Interesse. Wir erfahren dabei im Gespräch mit Produzentinnen und Abnehmern von ihren unmittelbaren Bedürfnissen, etwa in Bezug auf die technischen Anforderungen, und wir können dann umso zielgerichteter handeln.

Peter Stadelmann: Aus Sicht der Biosphäre Entlebuch ist der Aufbau der Markt AG der wichtigste Meilenstein der letzten Jahre. Die Organisation ist für die Regionalproduzenten zum entscheidenden Türöffner geworden, um mit den Grossverteilern ins Geschäft zu kommen. Eine zentrale Stelle ist das A und O, um in diesem Bereich Absatz zu generieren. Die Grossverteiler möchten schliesslich nicht mit jedem Käser und jedem Metzger individuell verhandeln müssen. Die Schwelle zur Zusammenarbeit wird deutlich niedriger, wenn es dafür eine Ansprechperson für die gesamte Region gibt. Neben dieser eher organisatorischen fallen mir verschiedene weitere Erfolgsgeschichten mit einzelnen Produkten ein. Ich denke zum Beispiel an Urdinkel, mit dessen Anbau wir vor vierzehn Jahren auf Initiative eines Verarbeiters begonnen haben. Mittlerweile blüht diese Kultur in der Region, nicht zuletzt, weil alle Abnehmer – also der Müller, Bäcker, Teigwarenhersteller – und die Endverbraucherinnen und -verbraucher bereit sind, den Mehrpreis zu bezahlen, den es aufgrund der höheren Produktionskosten in unserer Höhenlage einfach braucht.

Urs Bolliger: Zentral und entscheidend für unsere Erfolgsgeschichte ist die Zusammenarbeit mit der Migros, die schon vor Jahren das Programm «Aus der Region, für die Region» lanciert hat. Wir arbeiten mit der Migros Ostschweiz seit 2003 zusammen, und ähnlich ist die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern unserer Dachorganisation im Verein Schweizer Regionalprodukte (VSR) mit den weiteren Migros-Genossenschaften in der ganzen Schweiz. Dass die Migros mit uns zusammen Regionalität definiert hat und dass die Richtlinien von allen Beteiligten respektiert werden, erachte ich als einen sehr grossen Meilenstein. Wenn man sich die Umsatzstatistiken anschaut, dann ist definitiv die Migros mit dem Programm «Aus der Region, für die Region» der eigentliche Absatztreiber.

Urs Bolliger © regiosuisse

Trotz allen Erfolgsgeschichten mussten Sie auch Lehrgeld zahlen. Wo zum Beispiel?

Urs Bolliger: Schwieriger als mit dem Detailhandel ist die Zusammenarbeit mit der Gastronomie. Die Gastronomie wurde von der ganzen Corona-Geschichte richtiggehend durchgeschüttelt. Zudem steht sie schon lange unter heftigem Preisdruck, sodass wir uns den Kopf darüber zerbrechen, wie wir mit einem vernünftigen Aufwand zusammenarbeiten könnten. Es finden sich zwar einzelne Gastrobetriebe, die länger schon intensiv mit Regionalprodukten arbeiten. Leider aber gibt es eine grosse Anzahl Betriebe, die über die Speisekarte den Anschein zu erwecken versuchen, ein bisschen auf regionale Produkte zu setzen. Sieht man genauer hin, sind die meisten Angebote auf dem Teller alles andere als regional.

Eliane Kern: Auch in der Region Basel beschäftigt uns die Frage, wie wir mit der Gastronomie besser zusammenarbeiten könnten. Viel Lehrgeld mussten wir ausserdem bei der Entwicklung der Software für unsere B2B-Plattform zahlen. Wir haben uns dies einfacher vorgestellt und gehofft, auf eine bereits bestehende Lösung zurückgreifen zu können. Mittlerweile sind wir in der Rolle, dass wir auf nationaler Ebene eine Eigenentwicklung anstossen, also eine Open-Source-Lösung, die von ähnlichen Projektträgern ebenfalls genutzt werden kann. Zu schaffen machen uns auch die Nachhaltigkeit und die vergleichsweise hohen Kosten der kleinteiligen Lebensmittellogistik.

Herr Stadelmann, wo liegen die Stolpersteine im Entlebuch?

Peter Stadelmann: Damit der Aufbau der Markt AG nicht zum Stolperstein wurde, brauchte es viele Gespräche, und wir benötigten sehr viel Feingefühl. Wir mussten zum Beispiel die Käsereien, die bisher sehr selbständig agiert und ihre eigene kleine Marke aufgebaut hatten, für unser Anliegen gewinnen. Für die einzelne Käserei bedeutete dies, dass sie einen grossen Teil der Marktverantwortung an die neue Organisation, die Markt AG, abgeben musste, die fortan die Koordination und den Verkauf übernahm. Diese Veränderung ist ein schwieriger und langwieriger Prozess, bei dem nicht alles reibungslos funktioniert. Unser einheitlicher Auftritt heisst für den einzelnen Betrieb, dass er seine eigene Unternehmensmarke zurückstellen muss. Ausserdem muss er in der Vermarktung plötzlich mit Betrieben zusammenarbeiten, die er bislang vor allem als Konkurrenten wahrgenommen hat.

Läuft es mit der Gastronomie im Entlebuch besser als etwa in der Ostschweiz oder in Basel?

Peter Stadelmann: Nein, die Gastronomie ist auch hier im Entlebuch ein hartes Brot. Der Preiskampf ist heftig, und die vielen Kleinproduzenten in unserer Region können die Nachfrage etwa bei Grossbanketten nicht immer abdecken. Ausserdem ist die Bereitschaft der Gastronomen wie auch der Gäste gering, sich beim Essen nicht nur auf Steaks und Schnitzel einzulassen, sondern auf die Verwertung des ganzen Tieres. Es braucht generell ein Umdenken, damit auch mal ein regionales Nichtedelstück auf der Menükarte landet.


Eliane Kern: Die Preissensitivität ist in der Gastrobranche tatsächlich ausschlaggebend dafür, wo die Lebensmittel letztlich eingekauft werden. Hinzu kommen Kriterien wie Praktikabilität und Effizienz des Marktplatzes. Wie sind die Lieferzyklen? Wie lange dauert es von der Bestellung bis zur Anlieferung? Wie ist die Verfügbarkeit des Angebotes? Wie zuverlässig und effizient funktioniert die Lieferkette? Wir können auf unserem B2B-Marktplatz zwar einiges gewährleisten, müssen aber einräumen, dass gewisse Herausforderungen von einem grösseren Handelsbetrieb einfacher zu bewältigen sind als von einer kleinteiligen Logistik.

Eliane Kern © regiosuisse

Gibt es für diese Fälle überhaupt vernünftige Lösungsansätze?

Urs Bolliger: Man muss die Relationen im Auge behalten. Regionalprodukte werden in den Medien zwar gehypt, aber Gäste, die im Restaurant explizit danach fragen, bleiben eine Minderheit. Wir sprechen von einem Marktanteil zwischen 5 und 10 Prozent, den die Regionalprodukte über alle Verkaufskanäle hinweg insgesamt besetzen. Ein ähnliches Phänomen habe ich schon mehrere Male erlebt beim «Bio». Wenn man den Durchschnittskonsumenten fragt: «Was denkt ihr, wie hoch ist mittlerweile der Anteil Bio am Verkauf?», lautet die Antwort: «Sicher 50 Prozent.» Tatsächlich liegt der Marktanteil von Bio-Produkten zwischen 15 und 18 Prozent. Die Wahrnehmung des Konsumenten entspricht nicht seinem tatsächlichen Konsumverhalten. Das fällt mir besonders auf, wenn ich mit Metzgereien rede, die auch ein Catering betreiben. Beim Catering scheint es zwar erwünscht, Regionalprodukte im Angebot zu haben. Aber kaum jemand ist bereit, Regionalität explizit einzufordern. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir mit Regionalität eine Nische besetzen. Der Lösungsansatz müsste sein, dass wir uns auf diese Nische fokussieren und dort versuchen, erfolgreich zu arbeiten mit zuverlässig funktionierenden Konzepten. Wir können aber nicht erwarten, dass die Bäume in den Himmel wachsen.

Regionalprodukte haben also nur geringe Chancen auf dem Massenmarkt?

Urs Bolliger: Die gute Zusammenarbeit mit der Migros zeigt, dass wir im Detailhandel durchaus mit Klasse und Masse punkten können. Wir sprechen hier von rund 1 Milliarde Franken, die die Migros mittlerweile jährlich über den Kanal «Aus der Region, für die Region» umsetzt. Darüber hinaus arbeiten wir mit weiteren Detailhändlern zusammen. Jüngstes Beispiel ist Aldi Suisse mit der Marke «Saveur Suisse». Aktuell sind wir mit weiteren Detailhändlern im Gespräch, und es zeichnen sich weitere Absatzmöglichkeiten in anderen Bereichen ab. So haben die SBB die Bewirtschaftung ihrer rund 4000 Automaten in diesem Jahr neu ausgeschrieben mit der Bedingung, dass mindestens 10 Prozent der Artikel Regionalprodukte sein müssen. Das hat dazu geführt, dass uns ein grosser Automatenbetreiber kontaktiert hat, der nun von den SBB für die nächsten Jahre den Zuschlag erhalten hat. Es gibt also weitere Absatzkanäle, über die noch mehr echte Regionalität zum Konsumenten fliessen kann.

Frau Kern, wie beurteilen Sie die Möglichkeiten, in einen breiteren Markt vorstossen zu können?

Eliane Kern: Wir suchen derzeit sehr gezielt den Kontakt mit der Gemeinschaftsgastronomie. Ob uns die gewünschte Absatzerhöhung in diesem Segment gelingen wird, hängt jedoch vom Ausbau unserer Produktionsinfrastruktur ab. Gefragt sind in diesem Fall vorgerüstete Produkte mit einem höheren Convenience-Grad. Wir gehen bei der Umsetzung schrittweise vor und versuchen mittels Marktanalysen herauszufinden, was wirklich funktionieren kann.

Wie kommt die Biosphäre Entlebuch in diesen breiteren Markt?

Peter Stadelmann: Hätten wir das Rezept, mit Regionalprodukten den Massenmarkt zu erobern, würde ich es nicht verraten. Letztlich ist unsere Arbeit ein stetes Strampeln mit kleinen Projekten. Der Kanton Luzern als bisher tierintensiver Kanton startet neuerdings eine Bio-Kampagne und eine Offensive für Spezialkulturen. Hier suchen wir aktuell die Zusammenarbeit, allerdings im Bewusstsein, dass wir uns auch in diesem Bereich in einem Verdrängungskampf befinden. Aus meiner Sicht ist es entscheidend, dass man die speziellen Produkte, die eine Region zu bieten hat, auf dem Markt an richtiger Stelle zu platzieren versucht. Wir im Entlebuch sind ein Grasland, Bergzone 1 und höher – da unterliegen wir bezüglich Vielfalt und Produktivität starken Einschränkungen. Umso wichtiger scheint mir das Denken in Richtung von noch mehr Qualität statt Quantität. Wir müssen uns mit unseren Regionalprodukten so abheben, dass wir in jeder Beziehung einzigartig sind.

Konsumentinnen und Konsumenten stellen sich unter «regional» kurze Wege, Nachhaltigkeit, gesunde Produkte und oft auch «Bio» vor. Können die Produzentinnen und Produzenten diese Erwartungen erfüllen?

Urs Bolliger: Laut Umfragen erwarten die Konsumentinnen und Konsumenten vom Regionalprodukt nicht zwingend auch «Bio». Jedoch ist es eine Tatsache, dass der Konsument manchmal zu viele positive Argumente in die Regionalprodukte hineininterpretiert. Grundsätzlich geniessen Regionalprodukte ein sehr hohes Vertrauen, was uns zu höchster Sorgfalt verpflichtet. Massgebend für die Qualitätskriterien aller «regio.garantie»-Produkte ist der sogenannte ökologische Leistungsnachweis (ÖLN), wie er in den Richtlinien für die Regionalmarken im Detail festgehalten ist.

Eliane Kern: Wir stellen fest, dass gewisse regionale Produkte national herumspediert werden. Das muss nicht unbedingt heissen, dass diese Produkte weniger nachhaltig sind, denn in einer CO2-Bilanz fallen andere Kriterien wie Kühllager viel stärker ins Gewicht als die gefahrenen Kilometer. Trotzdem arbeiten wir daran, uns bezüglich Nachhaltigkeit in sämtlichen Bereichen zu verbessern. Das ist und bleibt eine grosse Herausforderung, die einen Systemwechsel erfordert, der nicht einfach so über Nacht passieren wird.

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AlpFoodway

«regioS 15» berichtete über das Projekt «AlpFoodway», das sich seit 2016 alpiner Esskultur in sechs Alpenländern widmet. Es soll die Grundlage bereitstellen, um Teil des immateriellen Kulturerbes der UNESCO zu werden.

Die Schweizer Pärke auf dem Teller

Patricia Michaud

Wein, Käse, Brot, Tee und Trockenfleisch: Die Schweizer Pärke lassen sich nicht nur mit den Beinen und Augen, sondern auch mit dem Mund besuchen. Rund 2600 Lebensmit­tel tragen stolz das grüne Parklogo, das ihre Regionalität und Nachhaltigkeit garantiert und ihren Produzentinnen und Produzenten ein wirksames Marketinginstrument an die Hand gibt. Um dieses Label zu erhalten, müssen Richtlinien eingehalten werden, die das bAfu derzeit aktualisiert.

Eingelullt von den Bewegungen des Zuges, döst die Wanderin fast ein. Ihre Beine fühlen sich nach dem langen Wandertag herrlich schwer an und ihre Haut ist warm von der Sonne. Dieser Moment der Ekstase wird kurz unterbrochen, als die Sportlerin daran erinnert wird, dass ihr Kühlschrank leer ist. Wird sie nach der Rückkehr noch schnell in den nahen Supermarkt gehen müssen, um vor Ladenschluss noch etwas einzukaufen? Ein Blick auf den Rucksack, aus dem mehrere Verpackungen mit dem gleichen grünen Aufkleber herausra­gen, beruhigt sie: Sie bringt von ihrem Ausflug nicht nur ein leckeres Abendessen, sondern auch ein ebenso feines Früh­stück mit nach Hause.

In der Schweiz können die Inhaber des Parklabels – rund zwanzig Regionen, die hauptsächlich in den Alpen, den Voralpen und im Jurabogen liegen – ihre Waren und Dienst­leistungen mit dem entsprechenden Logo kennzeichnen. «Ins­gesamt gibt es derzeit im Netzwerk der Schweizer Pärke rund 2600 Produkte mit dem Label», stellt Johann Dupuis fest, der beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) mit dem Dossier betraut ist. Zwar könnten gemäss den 2013 vom BAFU herausgegebe­nen Richtlinien zur Vergabe und Verwendung des Labels auch Dienstleistungen mit dem Label vermarktet werden, bis heute tragen aber nur Lebensmittel das wertvolle Logo. «Es handelt sich hauptsächlich um Bergprodukte, die in kleinen Mengen auf handwerkliche Weise zubereitet werden.» Dazu gehören Käse, Trockenfleisch, Weine, Tees, Kräuter oder einige Nischen­produkte wie Safran in Graubünden.

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Um das Label tragen zu dürfen, müssen die Produkte eine Reihe von Kriterien erfüllen, die in einem vom Bund festgelegten Zertifizierungsprozess überprüft werden. «Das Pro­duktlabel, das sich direkt aus der Pärkeverordnung ableitet, unterscheidet sich somit von der grossen Mehrheit privater Labels», betont Johann Dupuis. Ein Produkt mit Parklabel muss im Wesentlichen auf dem Gebiet des betreffenden Parks herge­ stellt werden, einen Produktionsprozess durchlaufen, der den Zielen des Parks entspricht, und die Richtlinien des Verbands Schweizer Regionalprodukte (VSR) erfüllen. «Das Label soll den Konsumentinnen und Konsumenten die Garantie für regio­nale und nachhaltige Produkte bieten», so Dupuis.

Symbol für Integration

Ein Käse aus dem Naturpark Thal im Solothurner Jura erhielt 2010 als Erstes das Parklabel. Der Naturpark Pfyn-Finges hat inzwischen mehr als fünfzig Produkte damit ausgezeich­net. Für diese bekannte Weinregion nicht überraschend, «han­delt es sich hauptsächlich um Wein sowie um einige Frucht­säfte und Backwaren wie Roggenbrot oder Roggenchips», berichtet Andreas Gattlen, Verantwortlicher für regionale Entwicklung im Park. Die Produzentinnen und Produzenten, die das grüne Logo verwenden dürfen, verzeichnen in der Regel mehr Verkäufe.

Nach Ansicht von Andreas Gattlen liegen die Hauptvor­teile des Produktlabels jedoch woanders: «Es symbolisiert den Willen der lokalen Produzenten, sich für die starken Werte des Parks – Authentizität, Regionalität und Nachhaltigkeit – zu en­gagieren.» Kurzum: Es ist ein idealer Marketingaufhänger. Gleichzeitig können die Produzentinnen und Produzenten auf die Unterstützung des Naturparks zählen. «Wir organisieren zum Beispiel einen jährlichen Anlass, an dem sich alle Produ­zenten mit Label kennenlernen und Ideen austauschen können.» Dieses Netzwerk führt auch zu kreativen Synergien. So entwi­ckelte ein Bäcker in Partnerschaft mit einem Winzer ein Mehl und ein Öl aus Traubenkernen, die eigentlich für den Müll bestimmt waren – ein gutes Beispiel für die Wertschöpfung durch Kreislaufwirtschaft.

© regiosuisse

Champion der Regionalität

«Die lokale und nachhaltige Wirtschaft anzukurbeln, insbesondere durch die Zusammenführung der Akteurinnen und Akteure, ist eine spezifische Aufgabe der Schweizer Pärke», kommentiert Johann Dupuis vom BAFU. Und die Mis­sion ist erfolgreich: Nach jüngsten Schätzungen beläuft sich der entsprechende Jahresumsatz auf rund 30 Millionen Fran­ken, wobei grosse Einzelhändler wie Coop einen Teil dieser Einnahmen generieren. Aber, so Johann Dupuis: «Der Grossteil der Produkte mit dem Label wird in kleinen Mengen herge­stellt und direkt im Parkgebiet verkauft, in Dorfläden, über Selbstbedienungskühlschränke, Hofläden, Tourismusbüros, Informationszentren des Parks oder online.» Johann Dupuis stimmt Andreas Gattlen zu: «Für diese kleinen Produzentin­nen und Produzenten ist das vor allem eine Möglichkeit, die Qualität ihrer Produkte hervorzuheben und regionale und nachhaltige Werte hochzuhalten.»

Es  geht  dabei  immer  um  die  beiden  Komponenten «Regionalität» und «Nachhaltigkeit», die das Wesen des Produktlabels ausmachen: «Das Parklabel ist in Bezug auf die Regionalität auf schweizerischer Ebene fast unschlagbar», betont Johann Dupuis. «Die Pärke decken im Gegensatz zu anderen Labels kleine Gebiete ab, manchmal nur das Territo­rium  einiger  Gemeinden.»  Hinsichtlich  der  Nachhaltigkeit «besteht jedoch Verbesserungspotenzial». Dies liegt vor allem daran, dass «jeder Park sie auf unterschiedliche Weise definiert und bewertet». Zehn Jahre nach der Veröffentlichung bedürfen die massgeblichen Richtlinien einer Auffrischung. «Wir denken darüber nach, die Nachhaltigkeitskriterien zu harmonisieren und gleichzeitig flexibel zu bleiben.»

parks.swiss

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Aus der Region – für Hotelgäste schon zum Frühstück

Pirmin Schilliger

Das Schweizer Frühstück ist mehr als bloss Birchermüesli: Hotelbetriebe, die gezielt auf regionale Frischeprodukte und lokale Spezialitäten setzen, können bei ihren anspruchsvollen Gästen mit einem unverwechselbaren Geschmacks- und Genusserlebnis punkten. Mit diesem Ziel vor Augen lancierten mehrere Branchenorganisationen gemeinsam das Innotour-Projekt «Schweizer Regionalfrühstück als Positionierungsmerkmal». Die Ergebnisse des Ende 2022 abgeschlossenen Vorhabens sind in eine Broschüre eingeflossen – eine Handlungsanleitung für alle Betriebe, die nun ihr eigenes Regionalfrühstück kreieren möchten.

Die Brotauswahl am Frühstücksbuffet in der Kartause Ittingen TG klingt verführerisch: Zopf mit und ohne Sesam, Roggen- und Hausbrot, alles direkt aus dem Holzofen, darüber hinaus Sauerteig- und Grahambrot sowie vier Sorten Gipfeli. Zudem Konfitüren aus Äpfeln, Aprikosen und Brombeeren, Brie-, Blauschimmel- und verschiedene Hartkäse, Kräuterquark, Molkereibutter, saftiger Schinken, eine vegane Paste aus gegrillten Peperoni, Apfelringli und Birnbrot sowie ein rustikales Birchermüseli. Zum Trinken gibt es Molke mit pürierten Erdbeeren und einen Saft aus ausgepresstem Dinkelgras und Süssmost. Sämtliche Speisen sind frisch zubereitet und schmecken vorzüglich. «Fast alles ist hausgemacht», sagt Valentin Bot, Direktor des auf Seminar- und Feriengäste ausgerichteten Drei-Sterne-Superiorhotels. Die meisten Zutaten stammen aus der Region – mal abgesehen von den Kaffeebohnen. Industrielle Convenience-Produkte wie Käse in roter Wachshülle? Fehlanzeige!

Tradition und Trend zugleich

Der Frühstückstraum, den das Team in Ittingen den Gästen jeden Morgen hinzaubert, ist das Paradebeispiel des Innotour-Projektes «Schweizer Regionalfrühstückals Positionierungsmerkmal». Lanciert haben das Vorhaben der Branchenverband HotellerieSuisse, der Schweizer Kochverband (SKV), die Hotelfachschule Thun und das Culinarium Alpinum, ein Kompetenzzentrum für alpine Regionalkulinarik in Stans NW. Das zweijährige, Ende 2022 beendete Innotour-Projekt hat der Bund mit knapp 100’000 Franken unterstützt.

Für die Kartause Ittingen, die sich als einer von acht Testbetrieben mit Begeisterung engagierte, war nicht alles neu. «Regionalität hat bei uns Tradition und geniesst schon lange einen hohen Stellenwert», betont Bot. Das wissen auch immer mehr Hotelgäste zu schätzen. «Die Nachfrage nach regionalen Produkten auf dem Esstisch gehört heute zu einem der stärksten Trends in unserer Branche», bekräftigt der Hoteldirektor.

Bei der Zubereitung ihres Thurgauer Frühstücks profitiert die Kartause Ittingen von ihrem hohen Selbstversorgungsgrad. Zum früheren Kloster in der Nähe von Frauenfeld gehört ein Gutsbetrieb mit hundert Hektaren Äckern, Wald und Wiesen, Rindern, Schweinen, Schafen und Hühnern, einem Rebberg, Gemüse- und Kräuterbeeten, einer Imkerei sowie einer Forellenzucht. «Ausserdem betreiben wir eine Bäckerei, eine Käserei und eine Metzgerei», erklärt Bot. Von so vielen Vorteilen bei der Beschaffung können die meisten Hotels nur träumen. Dies hinderte die sieben weiteren Pilotbetriebe dieses Projektes nicht daran, sich ebenso ambitiöse Ziele bezüglich Regionalität zu stecken.

© regiosuisse

Grundlagenarbeit und Expertenerwartungen

Um die Einstiegshürde für alle interessierten Betriebe zu senken, erarbeiteten Hotelfachstudierende und Berufsfachschülerinnen und -schüler wichtige Grundlagen. Sie identifizierten die Vielfalt der regionalen Spezialitäten in den jeweiligen Regionen, analysierten Angebot und Nachfrage und erstellten Businessanalysen. Dann ging es für die acht Pilotbetriebe darum, zu zeigen, wie ihr eigenes Regionalfrühstück aussehen könnte. Fasst man das leckere Resultat dieser Bemühungen zusammen, präsentiert sich auf den Tellern ein überraschend vielfältiger regionaler Querschnitt durch die Schweizer Frühstückslandschaft. Ihren Beitrag dazu leisteten die Hotels Steinenschanze (Basel), Grand Hôtel Les Endroits (La Chaux-de-Fonds NE), Saratz (Pontresina GR), Adler (Adelboden BE), Federale (Lugano TI), Paxmontana (Flüeli-Ranft OW), das Chandolin Boutique Hotel (Chandolin VS) und die erwähnte Kartause Ittingen.

Lohnender Mehraufwand

Die Erwartungen von Dominik Flammer, Ernährungsexperte und Initiator des Culinarium Alpinum, gingen allerdings nicht auf Anhieb in Erfüllung. «Zum Frühstück wünsche ich mir auch Produkte, die die Landschaft zum Ausdruck bringen und die Gäste überraschen; in Graubünden etwa mit einer Grauviehbutter mit Baumnüssen, im Wallis mit Evolener Butter mit Rauchsalz der Saline von Bex, ausserdem mit Tee aus regionalen Kräutern und mit regionalen Käsesorten», zählt Flammer einige Spezialitäten auf, die schliesslich in einer zweiten Projektrunde kreiert wurden. Im Kanton Zug seien sortenreine Konfitüren aus verschiedenen Kirschen geradezu Pflicht, im Jura ein Vacherin Mont d’Or und ein Jura-Gruyère, doppelt der Experte nach.

Die grösste Herausforderung des Projekts war die Logistik. Die meisten Betriebe hatten die Beschaffung fürs Frühstück neu zu organisieren und dafür lokale und regionale Lieferanten zu gewinnen. Der damit verbundene Mehraufwand dürfte auch in Zukunft die grösste Hürde bleiben für Hotels, die auf Regionalfrühstück umstellen möchten. Zwar können die Betriebe mit Fertigprodukten beliebiger Marken unbestritten Geld sparen. Lukas Gasser, Projektverantwortlicher von HotellerieSuisse, bezweifelt allerdings, dass mit einem solchen Sparregime die Rechnung wirklich aufgeht. «Ein hochwertiges Frühstück aus regionalen Produkten gehört heute zu den entscheidenden Faktoren des Gesamtangebotes eines Hotels», äussert er mit Nachdruck.

Um die im Rahmen der acht Pilotversuche entwickelten Frühstücksvorschläge zugänglich zu machen, sind die Ergebnisse in eine kürzlich erschienene Broschüre* eingeflossen. Diese dient als Ratgeber und praxisbezogenes Hilfsmittel zugleich. Ab sofort gibt es also keinen Grund mehr, am Morgen auf ein umfassendes und authentisches Genusserlebnis im Hotel zu verzichten.

* kostenlos für Mitglieder von HotellerieSuisse, CHF 50.00 für Nichtmitglieder

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Verzasca 2030

«regioS 17» (Dezember 2019) berichtete über den Masterplan «Verzasca 2030», der in einem partizipativen Prozess entwickelt wurde.

Erste Projekte sind realisiert

Seit 2019 läuft im Tessiner Verzascatal die Umsetzung von Projekten im Rahmen des Masterplans «Verzasca 2030». Neben dem Minibus-Projekt ist auch jenes des «Albergo diffuso» realisiert worden. Der dezentral organisierte Gasthof in Corippo öffnete im Mai 2022 seine Tore. Er umfasst eine zentrale Réception und 25 Betten, die auf fünf restaurierte historische Häuser im Dorfkern verteilt sind. Das ebenfalls realisierte Projekt «Vera Verzasca» fördert den Vertrieb lokaler Nahrungsmittel und handwerklicher Produkte. Kurz bevor steht der Start zum Bau des Alpin-Campingplatzes in Brione: Er soll sechzig Stellplätze aufweisen und über eine Wellness-Zone sowie Lodges für anspruchsvollere Kundinnen und Kunden verfügen. Für das grösste Projekt, das multifunktionale Sportzentrum in Sonogno, laufen die Arbeiten am Businessplan; die Bauarbeiten sollen 2024 starten.

Vernetzung von Landwirtschaft und Start-ups

Patricia Michaud

Star’Terre ist die Fortsetzung eines vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) unterstützten Pilotprojekts, das landwirtschaftliche und unternehmerische Kreise in den Kantonen Waadt, Genf, Freiburg und Wallis vernetzt. Es legt den Fokus auf den lokalen Konsum, kurze Wege und die Rückführung der Wertschöpfung in die Region auf Basis der Kreislaufwirtschaft.

Dies ist die – ebenso banale wie fiktive – Geschichte einer Familie, die in einer Wohnung im Zentrum von Nyon VD lebt. Die älter werdenden Kinder interessieren sich immer stärker für den Boden und die Nahrungsmittel. Der schmale Balkon des Familienhauses ist bereits mit einem Tisch und einer
Mini-Entsorgungsstelle vollgestopft. Für das Pflanzen von Gemüse bleibt kein Platz. Es reicht gerade für ein paar Töpfe mit aromatischen Kräutern. Jeden Sonntag macht sich die kleine Truppe deshalb auf den Weg zu ihrer Parzelle in einem lokalen Gemeinschaftsgarten des Vereins «Au-Potager». Unter fachkundiger Anleitung widmen sich Eltern und Kinder gemeinsam dem Giessen, Jäten und – als Belohnung – dem Ernten.

© regiosuisse

Der Verein «Au-Potager» hat sich zum Ziel gesetzt, die Vertragslandwirtschaft als neuen Weg des Lebensmittelkonsums zu ermöglichen. Im Kanton Waadt betreibt der Verein bereits drei Standorte. Er bietet Dienstleistungen an, um diese Art von Gärten in der Westschweiz zu verbreiten. «Au-Potager» gehört seinerseits zu den vier Projekten, die 2022 eine Star’Terre-Begleitung erhalten haben. Die weiteren sind «Local Impact» in Freiburg, Entwickler der digitalen Plattform «Cuisinons notre région», «L’Ortie», ein gemeinsam geführtes Gemüseanbauprojekt im Kanton Genf, und «Lupi Food», das eine neue Wertschöpfungskette für pflanzliche Proteine auf Basis von Schweizer Lupinen im Kanton Waadt entwickeln will.

Die Begleitung durch Star’Terre im Umfang von rund 12 000 Franken pro Projekt erstreckt sich über drei Jahre. Die Projekte erhalten dabei thematische Beratung durch Fachleute, beispielsweise in Bezug auf die Wertschöpfungskette, rechtliche Aspekte, das Öko-Design oder die Wirtschaftsstrategie. Darüber hinaus haben sie Zugang zu einer Informationsdatenbank und spezifischen Instrumenten. Sie können sich zudem auf das starke Akteurnetzwerk im Umfeld von Landwirtschafts-, Unternehmens-, Innovations- und akademischen Kreisen stützen, an deren Schnittstelle Star’Terre sich aktiv positioniert.

© regiosuisse

Förderung des lokalen Konsums

Der Name Star’Terre sagt viel über die Natur und die Ziele dieser Organisation aus, die sich unter anderem als Bindeglied zwischen der Welt der Start-ups und der Welt der Bodenbewirtschaftung versteht. «Unser Ziel ist es, die Bereiche Landwirtschaft, Lebensmittel, Innovation und Unternehmertum im Kontext des lokalen Konsums zusammenzubringen», erklärt Magali Estève, Mitglied des Koordinationsteams. Mit «lokal» ist hier der Metropolitanraum rund um den Genfersee gemeint, der die Kantone Waadt, Genf, Freiburg und Wallis einschliesst, in denen Star’Terre aktiv ist.

Star’Terre ist eine sehr junge Organisation, die in ihrer jetzigen Form erst seit März 2020 besteht. Es handelt sich dabei um eine Fortsetzung des interkantonalen Projekts «Lokaler Konsum in der Genferseemetropole», das im Rahmen des vom seco entwickelten «Pilotprogramms Aktionsgebiet Wirtschaft» durchgeführt wurde. Dieses nationale Programm umfasste sechs Projekte und dauerte von 2017 bis 2019. Aufgrund der gesammelten Erfahrungen beschlossen die in der Region Genfersee Beteiligten, die Organisation zu verstetigen. Zum einen, weil sich dadurch Mängel beheben liessen – insbesondere die mangelnde Unterstützung an der Schnittstelle zwischen landwirtschaftlichem und nichtlandwirtschaftlichem Unternehmertum sowie fehlende Synergien zwischen den verschiedenen Förderprogrammen – und zum anderen, weil die Fortführung ermöglichte, das Potenzial der Metropole am Genfersee in Wert zu setzen.

«Star’Terre zielt auf einen echten Modellwechsel ab», betont Magali Estève. «Wir unterstützen die lokalen Akteure in ihrem Bestreben, innovativ zu sein, Know-how aus der Landwirtschaft und der Lebensmittelbranche zu teilen und besser zu verwerten.» Dies alles mit dem Ziel, «die Wertschöpfung zu den Produzenten und in die Region zurückzubringen.» Star’Terre war von Anfang an eine interkantonale Initiative und wird getragen von den Landwirtschaftsämtern der vier beteiligten Kantone sowie von agridea, der landwirtschaftlichen Beratungszentrale der kantonalen Landwirtschaftsfachstellen, der Magali Estève angehört.

Return on Investment

Über diese Funktion als Anlaufstelle hinaus versteht sich Star’Terre auch als Ort der Vernetzung von Kompetenzen oder Ressourcen sowie als Wissensdatenbank. «Wir veröffentlichen Dokumentationen, etwa einen Leitfaden für die Gründung eines partizipativen Lebensmittelladens.» Nicht zu vergessen ist die Organisation von Veranstaltungen. In einem kostenlosen Webinar wurden innovative Instrumente mit Fokus auf kurze Kreisläufe für Landwirte, Start-ups und kmu vorgestellt. Im Rahmen thematischer Treffen konnten die Teilnehmenden die Fortschritte bei den Techniken zur Verwertung von Nebenprodukten und Abfällen aus der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie kennenlernen. «Wir stellen ein immer stärkeres Interesse an den Konzepten der Lebenszyklusanalyse und der Kreislaufwirtschaft fest; das ist ein Pfeiler, den wir weiter
stärken werden.»

Dennoch: Das Kerngeschäft von Star’Terre besteht weiterhin in der Begleitung von Projekten in der Startphase. «Es muss sich um Projekte handeln, die weniger als drei Jahre alt sind und sich auf die Produktion, die Verarbeitung, den Vertrieb oder die Verwertung beziehen», erläutert die Leiterin. Selbstverständlich muss, wer einen Antrag auf Unterstützung stellt, im Aktivitätsperimeter von Star’Terre tätig sein. Zudem muss das Projekt «auf die eine oder andere Weise zu einer Erhöhung des Verbrauchsvolumens an lokalen Produkten beitragen und einen Mehrwert für die lokale Landwirtschaft aufweisen.» Schliesslich müssen die dem Auswahlkomitee vorgelegten Initiativen innovativ sein, Erfolgsaussichten haben, «leicht in einem anderen Kanton umsetzbar sein und potenziell einen Markt erreichen, der über die Metropole am Genfersee hinausgeht».

© regiosuisse

Nachahmer erwünscht

Seit dem Start des Pilotprojekts im Jahr 2017 wurden 26 Projekte von Star’Terre begleitet. Zu ihnen gehört auch eines von «Les Fruits de Martigny», einer Aktiengesellschaft, die seit über zwanzig Jahren in der Vermarktung von Walliser Obst und Gemüse tätig ist. «Sie wollte innovativ sein und eine Reihe von Frucht- und Gemüsesäften herstellen, deren Nährwerte dank ‹Pascalization› – eines Verfahrens der Kaltpasteurisierung unter hohem Druck – erhalten bleiben», berichtet Georg Bregy, der stellvertretende Leiter der Walliser Dienststelle für Landwirtschaft und Mitglied des Star’Terre Steuerungsausschusses. Dieses seit 2020 unterstützte Projekt sei ein schönes Beispiel für den Beitrag von Star’Terre zur regionalen Wirtschaft. «In einem Alpen- und Tourismuskanton wie dem Wallis ist es besonders interessant, Innovation zu nutzen, um den Konsum der lokalen Produktion zu fördern», fährt er fort.

Anderer Kanton, gleicher Ton. Jean-Marc Sermet ist Leiter des Sektors «Beiträge und Strukturen» im Genfer Amt für Landwirtschaft und Natur. Auch er ist Mitglied des Star’Terre- Lenkungsausschusses. «Früher neigten wir dazu, uns auf die Landwirtschaft zu konzentrieren. Wenn wir aber darüber hinausgehen und innovative Wege finden, um Produzenten und Konsumenten über Start-ups zusammenzubringen, schaffen wir einen echten Mehrwert für die Landwirtschaft und die Wirtschaft des Kantons.» Er nennt als Beispiel die «Manufacture de Terroir», ein 2021 unterstütztes Genfer Projekt. «Dabei handelt es sich um eine gemeinsam genutzte Werkstatt zur Verarbeitung kleiner Mengen an Obst und Gemüse. Sie stellt lokalen Produzenten die Infrastruktur und die Werkzeuge zur Verfügung, mit denen sie Säfte, Suppen usw. herstellen können.»

Die beiden Kantonsverantwortlichen begrüssen unisono, dass die Vision von Star’Terre nicht bei der Parzelle endet. «Nur weil man in der Landwirtschaft tätig ist, heisst das nicht, dass man nicht über das eigene Feld, die eigene Gemeinde und den eigenen Kanton hinausschauen sollte», betont Jean-Marc Sermet. «Während der Pilotphase unseres Projekts haben wir festgestellt, dass der Genfer Metropolitanraum hinsichtlich der Konsumströme eine Tatsache ist», ergänzt Magali Estève. «Es ist ein Raum, in dem lange und kurze Kreisläufe harmonisch koexistieren und zusammenfliessen können.» Dieses Modell stösst auch anderswo in der Schweiz auf Begeisterung. Es wäre daher nicht überraschend, wenn Star’Terre auch jenseits der Saane Nachahmer finden würde.

starterre.ch

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