Regionale Strategien für resiliente und inklusive Räume

Für eine kohärente Raumentwicklung arbeiten lokale Akteure über Gemeindegrenzen hinweg zusammen. Indem sie Attraktivität, öffentliche Dienstleistungen und Nachhaltigkeit miteinander verbinden, fördern sie mit regionalen Strategien widerstandsfähigere und inklusivere Räume.

Öffentliche Dienstleistungen und Raumplanung: Kritische Grössen in funktionalen Räumen finden

In seinem jüngsten Bericht von 2024 stellt der Rat für Raumordnung (ROR) fest, dass periphere Gebiete im Vergleich zu Zentren durch das Fehlen einer kritischen Masse an Bevölkerung und Institutionen gekennzeichnet sind. Dies schwächt das Potenzial der für eine nachhaltige Entwicklung erforderlichen dynamischen Zusammenarbeit. Während grosse Agglomerationen auf ihre kritische Masse zurückgreifen können, um finanzielle und personelle Ressourcen (qualifizierte und ausreichend verfügbare Fachkräfte) zu mobilisieren, sind ländliche Räume und Bergregionen mit einem Ressourcenmangel konfrontiert.

Früher prägte die Wirtschaft den Raum – heute prägt der Raum die Wirtschaft

Das Raumplanungsgesetz (RPG) schreibt eine regionale Zusammenarbeit bei der Bewirtschaftung der Bauzonen vor. Dies wirkt sich wirtschaftlich aus, insbesondere auf ländliche Gebiete und Bergregionen. Diese Regionen, die historisch durch Zersiedlung geprägt waren, müssen nun auf verdichtende Entwicklungen setzen, um neue Einwohnerinnen und Einwohner anzuziehen. Viele Regionen setzen auf Lebensqualität als Standortfaktor – anstelle von Flächenexpansion. Pendelbewegungen und Home Office bieten hier Chancen. Neue Bewohnerinnen und Bewohner arbeiten auch vor Ort – z. B. in der Industrie – und stellen somit ein Fachkräftepotenzial dar. Um Talente anzuziehen, ist Lebensqualität zu einem entscheidenden Argument geworden.
Um Einwohner zu gewinnen und mobilen Konsumentinnen und Konsumenten Dienstleistungen bereitzustellen, braucht es eine strategische, sektorenübergreifende Vision auf regionaler Ebene. Diese Visionen müssen auch landwirtschaftliche Fragestellungen einbeziehen, denn wo der territoriale Mehrwert zur Wettbewerbsfähigkeit beiträgt, kann ein starkes Alleinstellungsmerkmal (USP) entstehen. Das wiederum erfordert eine koordinierte Zusammenarbeit.

Die Region als Koordinationsebene

Über wirtschaftliche Fragen hinaus – auch wenn sie durch Lebensqualität mitbedingt sein können – sind auch Themen wie Biodiversität, Landschaftspflege, Kulturerbe und Kultur zunehmend regionalisiert worden.
Diese Regionalisierung berührt verschiedenste Themen, folgt unterschiedlichen räumlichen Abgrenzungen und wird in unterschiedlichen Governance-Formen umgesetzt. Damit trägt sie zur Überwindung des kommunalen Denkrahmens bei. Die Einführung einer zusätzlichen Bezugsebene zur Gemeindeebene und der Alltag im Spannungsfeld dazwischen gelingen nicht ohne Schwierigkeiten: Diese Entwicklungen verlangen von allen Beteiligten ein Umdenken, ein Verlassen gewohnter Denkmuster – und letztlich möglicherweise auch eine Neuausrichtung ihrer Identität. Es geht auch darum, Synergien zwischen urban geprägten Zentrumsgemeinden und ländlich geprägten Randgemeinden zu entwickeln. Regionen sind heute allgegenwärtig – auch wenn sie institutionell noch nicht überall fest verankert sind.

Regionale Strategien: Erarbeiten und Umsetzen

Gemeinden und Regionen entwickeln verschiedenste sektorale Strategien (z. B. in den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, Umwelt), die teils auch in umfassende strategische Visionen eingebettet sind – etwa in die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030. Dies wirft Fragen nach der Umsetzung und der Koordination dieser unterschiedlichen Ansätze auf.

Das Programm Agglomerationsverkehr hat wesentlich zur interkommunalen und sektorübergreifenden Zusammenarbeit (insbesondere im Bereich Verkehr und Siedlungsentwicklung) in städtischen Räumen beigetragen. Der Bund hat hier eine Anreizfunktion übernommen und so Kooperationen auf funktionaler Ebene gefördert. Auch wenn diese formell auf Mobilität und Raumplanung fokussieren, reichen ihre Wirkungen mittlerweile weit über diese Themen hinaus und sind in der Praxis verankert.

Über die Neue Regionalpolitik (NRP) können Regionen Unterstützung für die Entwicklung wirtschaftsorientierter Strategien erhalten. Im Sinne einer kohärenten Raumentwicklung wurden durch Begleitmassnahmen des Bundes einzelne strategisch ausgerichtete Projekte gefördert, die über rein wirtschaftliche Fragestellungen hinausgehen (siehe Beispiele in den Infoboxen).

Im Rahmen des Aktionsplans zur Umsetzung der Agglomerationspolitik sowie der Politik für ländliche Räume und Berggebiete 2024–2031 soll das Programm «Entwicklungsprozess ländlicher Raum (ELR)» des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) weiterentwickelt werden, um noch umfassender zu werden – auch unter Mitwirkung des SECO. Dabei geht es etwa um die Integration urbaner Herausforderungen in ländlichen Zentren sowie die Entwicklung von Synergien zwischen diesen Zentren und den umliegenden ländlichen Räumen.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Unterstützung der Regionen bei der Mittelbeschaffung (z. B. über kantonale oder nationale sektorale Politiken) zur Umsetzung von Projekten, die im Rahmen von Strategien erarbeitet wurden, sowie auf der besseren Koordination zwischen diesen Strategien.

Erkenntnisse aus dem Themenbereich «Integrale Entwicklungsstrategien fördern» der Modellvorhaben für eine nachhaltige Raumentwicklung

Zwischen 2020 und 2024 wurden fünf Modellvorhaben entwickelt, die auf integrierte Entwicklungsstrategien abzielten. Sie verknüpften einen intersektoralen Ansatz mit einer Koordination zwischen institutionellen Ebenen und förderten so den politischen Diskurs und einen Paradigmenwechsel.

An die lokalen Gegebenheiten angepasst, legten einige Projekte den Fokus auf institutionelle Aspekte, andere auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Vorhaben zeigten, dass die kantonale Governance eine zentrale Rolle in diesen strategischen Prozessen einnehmen muss. Gleichzeitig wurde der Mehrwert von Synergien zwischen Institutionen und lokalen Akteuren deutlich – zur Stärkung der Regionen und zur Strukturierung eines wirkungsvollen Dialogs.

Projekt RURALPLAN (ESPON-Programm, gezielte Analyse)

Das 2024 durchgeführte Projekt RURALPLAN untersuchte Entwicklungsstrategien für ländliche Gebiete ohne Bevölkerungswachstum. In Albula wurden partizipative Workshops organisiert, in denen fünf Prototypen zur Verbesserung von Wohnen, Beschäftigung und Dienstleistungen entwickelt wurden. Co-Design-Workshops wurden abgehalten, um Lösungen zu erarbeiten. Zwei weitere Regionen, in Schweden und Norwegen, verfolgten denselben Ansatz.

Die Ergebnisse des Projekts wurden in die regionale Entwicklungsstrategie von Albula integriert. Die gewonnenen Erkenntnisse fliessen auch in nationale Initiativen zur ländlichen Entwicklung ein.

Ideen entwickelt – für eine attraktive Bergregion Albula

Viele ländliche Regionen suchen nach Wegen, wie sie ihre Zukunft gestalten können. Es geht oft um Themen wie Abwanderung, Arbeitsmöglichkeiten, Gesundheits- und Güterversorgung. Wie sollen diese Bereiche nachhaltig und zukunftsgerichtet angegangen werden? Die Region Albula mit rund 8000 Einwohnerinnen und Einwohnern hat diese Fragen in drei Workshops öffentlich diskutiert. Der Geschäftsführer und Regionalentwickler Mirko Pianta erzählt, wie er dieses partizipative Vorgehen erlebt hat und was daraus entsteht.

«Die an den Diskussionen beteiligten brachten ein breites Spektrum von Meinungen und Ideen ein.»

Geschäftsführer und Regionalentwickler Mirko Pianta

regiosuisse: Die Regionalentwicklung ist ihr Fachgebiet. Mit welchen Herausforderungen sehen Sie sich in der Region Albula konfrontiert?

Mirko Pianta: Das Gebiet liegt im Zentrum Graubündes, unweit der Hauptstadt Chur und der grossen touristischen Destinationen Oberengadin und Davos. Schon das alleine – und dass deshalb rund zwei Millionen Fahrzeuge pro Jahr die Region durchqueren – ist eine Herausforderung. Es wäre wünschenswert, wenn wir einen Bruchteil davon in der Region behalten und wirtschaftlich davon profitieren könnten. Innovation ist deshalb auch hier gefragt. Was an der Region Albula besonders interessant ist, ist die Vielfalt der Kulturen, da hier drei Subregionen mit unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Traditionen zusammenkommen. Es handelt sich dabei um die Subregionen Surses, in der man hauptsächlich rätoromanisch spricht sowie die Regionen Albulatal und Lenzerheide mit Deutsch und Rätoromanisch. Aufgrund der teils grossen Distanzen sind sie mehrheitlich wirtschaftlich autonom. Trotzdem einen gemeinsamen Nenner zu finden, der den regionalen Interessen gerecht wird und die individuellen Bedürfnisse und Autonomie fördert, ist ein spannender Prozess.

In Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB) haben Sie kürzlich im Rahmen eines europäischen Projekts zu einem zweiteiligen partizipativen Workshop eingeladen. Es ging um Ideen, wie die Standortqualität in der Region noch verbessert werden kann. Zwanzig Personen diskutierten dazu. Was waren die «brennendsten Themen»?  

Das bewegendste Thema war der fehlende Wohnraum, der mitunter auch ein Grund ist, dass die Bevölkerungszahlen rückläufig sind. Das zweite war die Gesundheitsversorgung und die damit verbundene Befürchtung, dass beispielsweise Physiotherapeuten, Psychologinnen oder andere Spezialisten in wirtschaftsstärkere Regionen wegziehen.

Welche Anliegen waren für Sie neu?

Ein Bedürfnis, das mir vorher nicht bekannt war, ist der Wunsch nach einer zentralen Informationsplattform. Die Idee ist, dass alle Veranstaltungen der Region, Angebote und Kurse aller Art oder touristische Angebote vereint zu finden sind. Eine solche Plattform wäre sowohl ein Gewinn für Einheimische als auch für Gäste. Ausserdem kam der Wunsch nach kreativen Begegnungsorten auf oder die Idee, einen Markt für den Verkauf regionaler Produkte zu veranstalten.

Was war Ihres Erachtens der grösste Gewinn dieses partizipativen Vorgehens?

Die Beteiligung der Menschen an diesen Diskussionen und die Ideen, die zusammengetragen wurden. Denn sie brachten ein breites Spektrum an Meinungen ein. Besonders daran war, dass wir zusätzlich zu den Einheimischen auch Zweitheimische und Personen, die in die Region pendeln, eingeladen haben, um mitzudiskutieren. Sie brachten eine gewisse Aussensicht ein und wir konnten auch auf ihre Anliegen eingehen.

Was hingegen konnte mit diesem Vorgehen nicht erreicht werden?

Gewisse Anliegen sind sehr komplex, es geht da auch um Rechtliches und um Politik. Gerade im Bereich Wohnungssituation:  Wir haben dazu Ideen ausgetauscht, z.B. über die Möglichkeit, Wohnbaugenossenschaften zu gründen. Doch gewisse gesetzliche Grundlagen schränken unseren Handlungsspielraum ein. Es gibt beispielsweise die gesetzliche Vorgabe, dass eine Gemeinde bei einer kontinuierlichen Abwanderung Bauparzellen reduzieren muss. Wie kann so neuer Wohnraum in einer Abwanderungsregion entstehen?

Gibt es Ideen oder Vorschläge aus den Diskussionsrunden, die trotzdem und schon jetzt umgesetzt werden können?

Ja, wir arbeiten bereits dran. Im Herbst 2025 werden wir beispielsweise die erste Berufsschau veranstalten, um die Arbeitgeberattraktivität zu fördern. Diese zeigt angehenden Lehrlingen auf, welche Ausbildungen sie in der Region machen können. So erreichen wir, dass Junge in der Region bleiben oder gar Jugendliche von Zweitwohnungsbesitzern sich entscheiden, hier eine Lehre zu machen. Mit einer Impulsveranstaltung für Arbeitgeber wollen wir aufzeigen, wie Jobs in hiesigen Betrieben attraktiv gestaltet und anpriesen werden können.

Welche Ideen könnten dazu führen, die Lebensqualität und die Versorgung in Ihrer Region langfristig weiter zu verbessern?

Unbestritten das Thema Wohnraum für Einheimische. Dieses hat einen grossen Einfluss darauf, ob eine Region attraktiv bleibt und so der Abwanderung entgegengewirkt werden kann. Unsere Jugend soll Möglichkeiten haben, hier zu arbeiten und wirtschaftlich tätig zu sein. Gleichzeitig müssen auch wirtschaftlich relevante Infrastrukturen geschaffen werden, etwa mit der Zonenplanung und der Netzwerkinfrastruktur.

Was möchten Sie als Regionalentwickler in 10 Jahren in der Region Albula erreicht haben?

Unsere Vision haben wir für eine längere Periode entwickelt. 2050 möchten wir ein Bevölkerungswachstum von 10 Prozent erreicht haben. Es soll dann auch 10 Prozent mehr Arbeitsplätze geben. Darauf arbeiten wir hin. Mit den in den Workshop diskutierten Themen und der angestrebten Umsetzung sind wir sicher auf einem guten Weg. Dafür setze ich mich gerne weiterhin ein.

Besten Dank für das Gespräch.

Die Workshops in der Region Albula wurde im Rahmen des ESPON-Projekts RURALPLAN durchgeführt – ein Projekt, das für ländliche Regionen ohne demografisches Wachstum Strategien für deren Entwicklung erforscht. Das Projekt in der Region Albula wurde via das EU-Programm ESPON (European observation network for territorial development and cohesion) mit Geldern der Neuen Regionalpolitik (NRP) mitfinanziert.

KI für KMU – mit NRP-Unterstützung in die digitale Zukunft

Künstliche Intelligenz (KI) für kleinere und mittlere Unternehmen in der Zentralschweiz nutzbar machen – das ist das Ziel des Vereins Local AI Community, kurz LAC genannt. Durch Beratung, Networking und praxisnahe Workshops erhalten Firmen das nötige Wissen, um KI gezielt und gewinnbringend einzusetzen. Ermöglicht wurde dieses Angebot durch die finanzielle Unterstützung der Neuen Regionalpolitik (NRP), die in die Infrastruktur und den Aufbau eines Artificial Intelligence (AI) Hub investiert wurde. Erfahren Sie mehr darüber, wie das funktioniert – unser Video gibt Einblicke.

Hinweis: Zum Zeitpunkt der Aufnahmen lautete der Vereinsname noch LAC2, weshalb im Video der ursprüngliche Name verwendet wird.

Mehr KI-Kompetenz für Unternehmen in der Zentralschweiz

Der gemeinnützige Verein LAC setzt sich dafür ein, dass Unternehmen und Institutionen in der Zentralschweiz KI nicht nur besser verstehen, sondern sie auch erfolgreich anwenden können. Denn oft fehlt es KMU an den richtigen Voraussetzungen, um das Potenzial von KI voll auszuschöpfen. Genau hier setzt der Verein an, mit gezieltem Wissenstransfer, einem starken Netzwerk, mit seinen Veranstaltungen und dem Zugang zu KI-Tools. Innovation soll zur Realität werden. Damit die Wettbewerbsfähigkeit der Region nachhaltig gestärkt und langfristig eine regionale KI-Community aufgebaut wird.

Der AI Hub in Luzern bietet nicht nur eine physische Anlaufstelle, sondern hält für KMU im Wirtschaftsraum Luzern mehrere Dienstleistungen und Angebote rund um KI bereit. Unter anderem:

  • Individuelle Beratungen und Coachings: Unternehmen lernen, welche KI-Anwendungen für sie sinnvoll sind.
  • Praxisnahe Workshops: Mitarbeitende werden geschult und können erste Anwendungen testen.
  • Zugang zu vortrainierten KI-Modellen
  • «AI Sandbox»: Eine digitale Testumgebung für eigene Proof of Concepts.
  • Austauschplattform: Vernetzung von Expertinnen und Experten, Unternehmen und Nachwuchstalenten.

Jamie Shelley, AI Hub Manager bei LAC, sagt über das Angebot: «Wir setzen auf konkrete Anwendungen. Lokale Unternehmen können direkt von unserem Know-how und Netzwerk profitieren. Wir wollen Synergien schaffen und die Innovation hier in der Region fördern.»

NRP-Unterstützung als entscheidender Erfolgsfaktor

Möglich wurde der Aufbau von LAC durch Fördermittel der Neuen Regionalpolitik (NRP). «Dank der NRP sind wir vom Reden ins Machen gekommen», sagt Dr. Patricia Feubli, Vereinspräsidentin von LAC. Die Fördermittel waren zentral, um die nötige Infrastruktur zu schaffen, den AI Hub mit seinem Team aufzubauen und Veranstaltungen zur Vernetzung und Weiterbildung zu organisieren.

Nicole Bachmann von der NRP-Fachstelle bestätigt: «Das Projekt ist für den Kanton wichtig, weil es KMU in der Zentralschweiz den Zugang zu innovativen Technologien erleichtert und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Region stärkt.»

KI in der Praxis: Zusammenarbeit mit dem lokalen KMU Schaltraum AG

Ein erfolgreiches Beispiel für die Arbeit von LAC ist das Zentralschweizer Unternehmen Schaltraum, das auf Gebäudeautomation spezialisiert ist. Seit Dezember 2024 arbeitet Schaltraum mit LAC zusammen, um das Potenzial von KI in seine betrieblichen Prozesse zu integrieren. «Die Vernetzung von Unternehmen, Wissenschaft und Expertise, die LAC bietet, hat uns überzeugt», sagt Jean-Christophe Martin, Geschäftsleiter der Schaltraum AG. «Gemeinsam bauen wir Wissen auf und machen unser Unternehmen fit für die Zukunft.» Im Rahmen der Zusammenarbeit sind weitere Coachings und Workshops geplant, die sich etwa mit dem Thema «KI im Office» befassen. «Ich freue mich weiterhin auf diesen wertvollen Austausch und die Entwicklung neuer Lösungen», so Jean-Christophe Martin.

Mit LAC haben Unternehmen in der Zentralschweiz eine kompetente Anlaufstelle, um die Möglichkeiten von KI zu entdecken und mit professioneller Begleitung erste Schritte in die digitale Zukunft zu wagen.

Foto: LAC

Weinwandern im Zürcher Weinland – Genuss, Wissen und digitale Innovation

Die Weinwanderwege im Zürcher Weinland haben sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt – auch dank der Neuen Regionalpolitik. Neue Routen, kulinarische Erlebnisse und digitale Highlights machen sie zu einem einzigartigen Ausflugsziel für Weinliebhaberinnen und Weinliebhaber sowie für Naturbegeisterte. Erfahren Sie, wie Tradition und Moderne hier perfekt verschmelzen!

Die acht Weinwanderwege des Zürcher Weinlands haben in den letzten vier Jahren eine beeindruckende Transformation durchlaufen. Im Jahr 2011 angelegt und ausgeschildert, boten sie von Anfang an nicht nur wunderschöne Routen durch die Reblandschaft, sondern auch interessante Einblicke in die Arbeit der Winzerinnen und Winzer. Doch Wind, Wetter und landwirtschaftliche Maschinen setzten den Tafeln und Wegweisern im Laufe der Zeit zu. Es war Zeit für eine Erneuerung – die zu einem Erfolg für alle Beteiligten und die Region Zürcher Weinland wurde.

Ein Neubeginn für die Weinwanderwege

Nach einer ausführlichen Begehung aller acht Routen entschied ProWeinland – auch dank den neuen Möglichkeiten ausgelöst durch die Neue Regionalpolitik (NRP) – das bestehende Konzept völlig zu überdenken. Ziel war ein noch attraktiveres Angebot, das sowohl den Wandernden als auch den regionalen Betrieben zugutekommt. Ein zentraler Schritt dabei: die direkte Einbindung von 16 Weinbaubetrieben entlang der Wege. Gemeinsam mit den Weinbaubetrieben und mit Unterstützung der Zürcher Wanderwege wurden die neuen Streckenverläufe so gestaltet, dass Wandernde an den Weingütern vorbeikommen, ohne Umwege gehen zu müssen. So ergibt sich eine perfekte Verbindung aus Natur, Genuss und direktem Kontakt zu den Produzierenden. Auch wurde die Beschilderung entlang der Route verbessert und basiert auf den Vorgaben der Zürcher Wanderwege.

Foto: ProWeinland

Genussvolle Erlebnisse entlang der Route

Ein weiteres Highlight der Erneuerung sind die vier kulinarischen Begleitangebote, die vor allem kleineren Gruppen die Möglichkeit bieten, den lokalen Wein in geselliger Atmosphäre zu degustieren. Dabei wurde eng mit fast dreissig lokalen Betrieben wie Restaurants, Bäckereien, Metzgereien und Käsereien zusammengearbeitet, um regionale Spezialitäten in das Wandererlebnis zu integrieren.

  • Wine, Dine & Hike: Auf zwei Routen – vom Rheinfall nach Rudolfingen und durch das Stammertal – geniessen Wandernde in drei Restaurants feine Speisen und dazu jeweils zwei Gläser Wein vom lokalen Weinbaubetrieb.
  • Schiterberg & Flaachtal: Hier erwartet die Gäste ein Wine-Bag mit Käse, Fleisch, Brot und einem Weinglas, mit dem sie an verschiedenen Stationen Weine probieren können. Am Schiterberg wird der Wein in den traditionellen «Räbhüsli» degustiert, während im Flaachtal eine Flasche im Wine-Bag integriert ist.
Foto: ProWeinland

Wirkung: Rekordzahlen und digitale Innovationen

Die Winzerinnen und Winzer profitieren von einer gesteigerten Wertschöpfung und erhöhten Sichtbarkeit, während die Wandernden ein einzigartiges Erlebnis geniessen.
Dass die Neuerungen wirken, zeigt der Blick auf die Besucherzahlen: Während 2023 noch 340 Gäste gezählt wurden, verdoppelte sich die Zahl 2024 beinahe! Dieser Erfolg motiviert, das Projekt weiter voranzutreiben.

Ab Frühjahr 2025 wird der Weinwanderweg im Stammertal durch eine digitale Innovation ergänzt: die App «mapstogo». Über QR-Codes an acht ausgewählten Punkten entlang der Route erhalten Wandernde vielseitige Informationen zum Rebbau, zu regionalen Besonderheiten und zu typischen Herausforderungen wie Rebkrankheiten oder Schädlingen. Diese niedrigschwellige Wissensvermittlung macht den Weinwanderweg nicht nur informativer, sondern auch interaktiver. Langfristig sollen alle Weinwanderwege mit «mapstogo» ausgestattet werden – und auch andere regionale Akteurinnen und Akteure, wie Ortsmuseen, können von dieser Plattform profitieren.

Foto: ProWeinland

Tradition trifft Innovation

Die Digitalisierung wertet das Erlebnis der Weinwanderwege weiter auf und macht den Weinbau im Zürcher Weinland noch greifbarer. Es ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie traditionelle Kulturlandschaften durch moderne Technologien neue Impulse erhalten können. Dank der engen Zusammenarbeit zwischen Winzerinnen und Winzern, Gastronomiebetrieben sowie Tourismusakteurinnen und Tourismusakteuren bleibt das Angebot dynamisch und wird kontinuierlich weiterentwickelt.

Die Weinwanderwege sind längst mehr als ein Spaziergang durch die Reben – sie sind eine Einladung zum Entdecken, Geniessen und Verstehen. Wer den Zürcher Wein in all seinen Facetten erleben möchte, findet hier eine perfekte Verbindung aus Natur, Kulinarik und digitaler Innovation.

Obwohl der Kanton Zürich ein wirtschaftsstarker Standort ist, erfüllen zwei Regionen die Voraussetzungen zur Berechtigung von Fördergeldern: das Zürcher Berggebiet und das Zürcher Weinland. Die Umsetzung der NRP im Kanton wird dabei vom Verein «Standortförderung Zürioberland» und dem Verein «ProWeinland» gewährleistet. Sie unterstützen zum einen externe Projektträgerschaften, können zum anderen aber auch eigene Projekte initiieren, welche den Schlüsselkriterien der NRP entsprechen und einen Mehrwert für die Region bieten.

Tourismusdestinationen: SECO und Kantone unterstützen bei der Neuausrichtung von Angeboten

Für viele Tourismusdestinationen ist das Wintergeschäft überlebenswichtig. Aufgrund des Klimawandels ist jedoch selbst mit technischer Beschneiung vielerorts mit kürzeren Wintersaisons zu rechnen. Eine Reihe von aktuellen Projekten, unterstützt vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) im Rahmen der Förderinstrumente Neue Regionalpolitik (NRP), Interreg und Innotour, begleiten Destinationen bei der Anpassung an den Klimawandel.

Ein weisses Band umgeben von grün-braunen Wiesen. An diesen Anblick mussten sich viele Skigebiete in den letzten Jahren gewöhnen.Die Anzahl Schneetage hat sich seit 1970 unterhalb von 800 m halbiert und auf 2000 m um 20 % reduziert. Das ist die ernüchternde Bilanz der bisherigen Auswirkungen des Klimawandels auf die Schneebedeckung in der Schweiz. Gemäss den Klimaszenarien von MeteoSchweiz wird diese Entwicklung auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weitergehen. Insbesondere für Skigebiete unterhalb von rund 1500 m (Seilbahnen Schweiz, 2024) dürfte es zunehmend schwierig werden, einen rentablen Skibetrieb aufrecht zu erhalten. Dies nicht nur aufgrund der steigenden Schneefallgrenze, sondern auch aufgrund der Abnahme der Anzahl Tage, die kalt genug für die technische Beschneiung sind. So hat sich beispielsweise in Engelberg auf 1037 m die Anzahl Eistage, an denen die Maximaltemperatur unter 0° C liegt, seit 1970 fast halbiert – von ca. 40 Tagen auf knapp über 20 Tage (MeteoSchweiz, 2024). Zu den klimatischen Veränderungen hinzu kommt auch die zunehmende internationale Konkurrenz sowie die demografische Entwicklung. Insgesamt hat dies zu einer schweizweiten Abnahme der Eintritte in Skigebiete (Skier-days) von über 30 % seit Anfang der 1990er Jahre geführt (Seilbahnen Schweiz, 2024c).Die im Folgenden vorgestellten Projekte zeigen Prozesse und Lösungsansätze auf, wie Tourismusdestinationen mit Schneemangel umgehen können und welche Chancen und Risiken es dabei gibt.

Innotour-Projekt «Kompass Schnee»: Schneesicherheit im sich erwärmenden Klima

Seilbahnen Schweiz hat zusammen mit dem Verein Schweizer Tourismusmanagerinnen und Tourismusmanager und Schweiz Tourismus das Projekt «Kompass Schnee» lanciert. Das Projekt wird gefördert durch Innotour und hat zum Ziel, Tourismusdestinationen im Umgang mit den sich verändernden Schneebedingungen zu unterstützen. Basierend auf aktuellen Klimadaten und -projektionen und in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich und dem Institut für Schnee und Lawinenforschung (SLF), entwickelt das Projekt ein Werkzeug für Wintersportregionen der Schweiz, um ihre aktuelle und zukünftige Schneesicherheit einzuschätzen und Massnahmen abzuleiten. Dazu gehören Optimierungen des Wintersportangebots beispielsweise durch technische Beschneiung und Veränderung der Saisondauer aber auch vermehrtes Setzen auf schneeunabhängige Angebote wie Kultur und Gastronomie. Ein Factsheet zu den Klimaszenarien für den Winter 2050 ist bereits verfügbar (Seilbahnen Schweiz, 2024). Das Projekt Kompass Schnee läuft von 2024–2026 und im Sommer 2025 sind weitere öffentliche Resultate zu erwarten (Seilbahnen Schweiz, 2024b).

Interreg-Projekt «Beyond Snow»: Weg vom reinen Wintertourismus

Viele Wintersportgebiete, die unterhalb von ca. 1500 m liegen, werden sich strategisch neu orientieren müssen, um unabhängiger vom klassischen Wintersportgeschäft zu werden. Das Interreg-Projekt «BeyondSnow» (2022–2025), finanziert im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP), unterstützt neun Wintertourismusdestinationen in sechs Alpenländern, die stark vom Schneemangel betroffen sind, bei diesem Wandel. Aus der Schweiz ist Sattel-Hochstuckli im Kanton Schwyz als Pilotdestination mit dabei. Dort mussten 2023 aufgrund der schwierigen finanziellen Situation zwei von drei Schleppliften geschlossen werden. «Das ist natürlich eine sehr emotionale Geschichte» sagt Peter Niederer, Vizedirektor bei der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), welche das Projekt mitinitiiert hat. «Sattel-Hochstuckli ist eines der ältesten Skigebiete in den Voralpen und das Skifahren fester Teil der Tradition.» Lokale Akteure der Destinationen werden bei «BeyondSnow» konsequent eingebunden. So wurden in Sattel-Hochstuckli mit der lokalen Bevölkerung 22 Massnahmen erarbeitet, welche die Destination zukunftsfähig machen sollen. Im Fokus stehen dabei der Ganzjahrestourismus, Investitionen in Events und Kooperationen, sowie die Reduktion von Fixkosten. Gleichzeitig soll die Skiinfrastruktur trotzdem flexibel einsetzbar sein, wenn es die Schneebedingungen erlauben. Die teilnehmenden Skigebiete profitieren auch von einem Erfahrungsaustausch untereinander. So überlegt man in Sattel-Hochstuckli, einen Ultra Trail Event auf die Beine zu stellen, inspiriert von Métabrief (FR), einer anderen Destination, die bei «BeyondSnow» mit dabei ist. In Zukunft soll zudem ein öffentlich zugängliches, digitales Entscheidungswerkzeug entwickelt werden, welches auch anderen Tourismusdestinationen helfen soll, sich durch Neuausrichtung und Diversifikation proaktiv der veränderten Schneesituation anzupassen (SAB, 2024).

Eine Serie schneearmer Winter machte eine Neuorientierung unumgänglich, Destination Sattel-Hochstuckli im Februar 2023 (Foto Thomas Egger, SAB)

Interreg-Projekt: «TransStat»: Nachhaltiger Skitourismus für die Alpen von Morgen

Ein ähnliches Ziel wie «Beyond Snow» verfolgt das Interreg-Projekt «TransStat» (2022–2025), das mit neun alpinen Skidestinationen in fünf Ländern zusammenarbeitet. Mit diesen Destinationen wird ein Vorgehen erprobt, um gemeinsam mit lokalen Akteurinnen und Akteuren wünschenswerte Zukunftsszenarien für einen nachhaltigen und zukunftsfähigen (Ski-)Tourismus zu entwickeln. Diese sollen als Grundlage für den Übergangsprozess der Skidestinationen dienen. Zu diesem Zweck entwickelt TranStat ein physisches und digitales Netzwerk von Orten im Wandel, um Wissen und Erfahrungen über die Zukunft auszutauschen. Ein weiteres Ziel ist es, politische Empfehlungen sowohl für den gesamten Alpenraum als auch für regionale Kontexte zu entwerfen.

Innotour-Projekt «Klimafitte Destinationen»: Ein ganzheitlicher Ansatz ist gefragt

Destinationen im Berggebiet sind von vielen weiteren Veränderungen durch den Klimawandel betroffen. Das Projekt «Klimafitte Destinationen» (2024–2026), unter der Trägerschaft von Graubünden Ferien und gefördert von Innotour, setzt daher auf eine ganzheitliche Betrachtung. «Wir möchten, dass unsere Destinationen die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel proaktiv angehen und sich so zukunftsfähig aufstellen», sagt Martina Hollenstein Stadler, Leiterin Nachhaltigkeit Graubünden Ferien. «Dabei geht es nicht nur um das allgegenwärtige Thema Schnee, sondern auch um weitere Chancen und Risiken, die der Klimawandel mit sich bringt». So werden die Sommer in den Städten und Agglomerationen des Mittellandes zunehmend heisser, weshalb Bergdestinationen vermehrt Gäste erwarten dürften, die Erholung von der Hitze suchen (Serquet & Rebetez, 2011).  Jedoch ist durch intensiver werdende Starkniederschlagsereignisse auch vermehrt mit Überschwemmung und Murgängen zu rechnen. Das Projekt soll helfen, sicherzustellen, dass die teilnehmenden Destinationen ihr touristisches Geschäftsmodell so weiterentwickeln, dass es langfristig tragbar ist. » Für die drei teilnehmenden Pilotdestinationen im Kanton Graubünden (Lenzerheide, Engadin Samnaun Val Müstair und vorderes Prättigau) wurde analysiert, wie sie vom Klimawandel betroffen sind und welche prioritären Chancen und Risiken sich bieten. Gemäss Hollenstein hat das Projektteam mit den Destinationen eine «Roadmap Klimafitness» erarbeitet und wird die erste Umsetzungsphase begleiten. Martina Hollenstein betont: «Klimafit werden ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Daher sehen wir unsere Rolle darin, einen Prozess anzustossen der weit über das Ende der Innotour-Förderung hinaus geht.» Zentral für den längerfristigen Erfolg einer Destination dürfte auch sein, wie gut sie die sich bietenden Chancen nutzen kann.

Workshopteilnehmende in der Destination Engadin Samnaun Val Müstair identifizieren Angebote und Infrastrukturen, welche vom Klimawandel betroffen sind (Foto: Raphael Portmann)

Neue Regionalpolitik (NRP) unterstützt Projekte zur touristischen Neuausrichtung

Der Wandel kann auch eine Chance sein: Die Neue Regionalpolitik (NRP), welche von Bund und Kantonen gemeinsam finanziert wird, bietet Destinationen und Betrieben eine Vielzahl von Möglichkeiten, diese Chancen zu nutzen. Gefördert werden beispielsweise Machbarkeitsstudien für Projekte zur touristischen Neuausrichtung, wie für die Fideriser Heuberge im Prättigau. Auch die strategische Neuausrichtung von Bergbahnen, etwa der Wiriehornbahnen AG, kann durch die NRP unterstützt werden. Darüber hinaus stellt die NRP Mittel für die Planung konkreter Massnahmen zum Ausbau des Sommertourismus bereit, wie das Mountainbikeangebot der Destination Engelberg-Titlis, oder für ganzheitliche Tourismusstrategien, etwa in Kandersteg.

Der Klimawandel stellt den Tourismus in der Schweiz vor grosse Herausforderungen. Durch die beschriebenen Projekte, von welchen einige auch im neusten Insight, dem Innotour-Magazin, vorgestellt werden, unterstützt das SECO den Tourismussektor dabei, diese zu meistern. Neben der Projektförderung hat auch die Tourismuspolitik des SECO das Ziel, die Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen, beispielsweise durch Wissensaufbau und -transfer im Rahmen des «Tourismus Forum Schweiz».

Innotour fördert die Innovation, Zusammenarbeit und den Wissensaufbau im Schweizer Tourismus. Innotour konzentriert die Förderung auf nationaler Ebene. Dies bedeutet, dass die Mehrheit der Mittel für Vorhaben mit nationaler Ausrichtung und für nationale Koordinationsaufgaben eingesetzt wird. Mit dem Instrument der Modellvorhaben werden jedoch auch regionale und lokale Vorhaben gefördert.

Interreg bietet die Möglichkeit für konkrete Projekte zur Weiterentwicklung der Regionen über Landesgrenzen hinweg. Die EU, die Nachbarländer, die Kantone, der Bund und Private finanzieren die Zusammenarbeit in zahlreichen Bereichen. Die Schweizer Teilnahme wird im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) finanziert. Die Bundesmittel stammen aus dem Fonds für Regionalentwicklung und sind für Projekte einzusetzen, die zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Regionen beitragen. Die Kantone können ihre Äquivalenzmittel hingegen auch in Projekte investieren, die nicht direkt der Erhöhung der Wertschöpfung oder der Entwicklung der regionalen Wirtschaft dienen.

Mit der Neuen Regionalpolitik (NRP) unterstützen Bund und Kantone das Berggebiet, den weiteren ländlichen Raum und die Grenzregionen in ihrer regionalwirtschaftlichen Entwicklung. Die NRP ist 2024 in ihre dritte achtjährige Mehrjahresperiode (2024–2031) gestartet. Die bisherigen thematischen Förderschwerpunkte «Industrie» und «Tourismus» werden weitergeführt. Neu können Kleininfrastrukturen unter bestimmten Voraussetzungen mit A-fonds-perdu-Beiträgen unterstützt werden. Als Querschnittsthemen erhalten neben der «lokalen Wirtschaft», welche die Exportorientierung der NRP ergänzt, die nachhaltige Entwicklung und die Digitalisierung besonderes Gewicht.

Links und Quellen

MeteoSchweiz, 2024. Klimaindikatoren.

NCCS, National Centre for Climate Services, 2024. CH2018 – Klimaszenarien für die Schweiz.

Schweiz Tourismus, 2024, Winter und Klimawandel.

Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), 2024. Projekt Beyond Snow.

Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, 2024, Innotour – Geförderte Projekte.

Graubünden Ferien, 2024.  Projekt Klimafitte Destinationen, letzter Zugriff: 15.12.2024.

SRF News, Schweizer Radio und Fernsehen, 2024. Tourismus im Misox: Auf die Flut folgen die Annullationen, letzter Zugriff: 10.01.2025.

Seilbahnen Schweiz, 2024. Factsheet Klimaszenarien Winter 2050 für die Schweiz, letzter Zugriff: 10.01.2025.

Seilbahnen Schweiz, 2024b, Fragen und Antworten zum Wintertourismus im Klimawandel, letzter Zugriff: 10.01.2025.

Seilbahnen Schweiz, 2024c. Saisonbilanz 2023/24. Frequentierung der Skigebiete, letzter Zugriff 21.01.2025

Interreg Alpine Space, 2024. TransStat – Transitions to Sustainable Ski Tourism in the Alps of Tomorrow, letzter Zugriff: 21.01.2025.

Kämpf, Richard, 2024. Proaktiver Umgang mit dem Klimawandel. EventEmotion, letzter Zugriff 21.01.2025.

Wissenschaftliche Literatur

Serquet, G., Rebetez, M. Relationship between tourism demand in the Swiss Alps and hot summer air temperatures associated with climate change. Climatic Change 108, 291–300 (2011). https://doi.org/10.1007/s10584-010-0012-6

Podcast: «Ticino a Te» – regionale Wertschöpfung für heute und morgen

Ende 2024 wurde das Tessin für seine starke regionale Wertschöpfungskette mit dem «Cercle régional» geehrt. Zur Auszeichnung verhalf ihm die erfolgreiche Verankerung von Regionalprodukten in der lokalen Gastronomie und Hotellerie, namentlich mit den Projekten «Ticino a Te» und «Ticino a Tavola». Sibilla Quadri, Geschäftsleiterin des Tessiner Zentrums für Agrar- und Lebensmittelkompetenzen, stellt die Projekte im Podcast «Region am Mikrofon» vor. Sie spricht darüber, wieso es so wichtig ist, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen, und wie Projekte von bereits bestehenden Ressourcen und Erfahrungen profitieren können.

«Wir sind das Bindeglied in der Wertschöpfungskette für Tessiner Lebensmittel.»

Alle Akteurinnen und Akteure an einem Tisch

Seit 2016 setzt sich «Ticino a Te» («das Tessin für dich») für die sektorenübergreifende Zusammenarbeit von Akteurinnen und Akteuren aus Tessiner Landwirtschaft, Lebensmittelverwertung, Gastronomie und Hotellerie ein. Die Projektverantwortliche Sibilla Quadri betont, wie wertvoll diese Vernetzung für alle Beteiligten ist: «Wir schaffen Sichtbarkeit für lokale Produzentinnen und Produzenten, dank der sie eine breitere Kundschaft ansprechen können. Konsumentinnen und Konsumenten können über unser Netzwerk herausfinden, welche Produkte von wem in ihrer Region produziert werden.»

Im Rahmen von «Ticino a Te» laufen verschiedene Initiativen, darunter auch «Ticino a Tavola» («das Tessin bei Tisch»), eine Initiative von GastroTicino und dem Tessiner Bauernverband. Dabei handelt es sich um eine Zusammenarbeit mit 103 Tessiner Gastronomiebetrieben. Die beteiligten Betriebe verpflichten sich, dass auf ihrer Speisekarte immer mindestens ein Menü mit drei Gängen oder vier einzelne Gerichte zu 60 Prozent aus Tessiner Produkten bestehen und dass Tessiner Weine mindestens 40 Prozent ihrer Weinkarte ausmachen. Im Rahmen von «Ticino a Tavola» werden jährlich 400’000 Gerichte aufgetischt. Das generiert 3,5 Millionen Franken, von denen ein Grossteil zurück an die Tessiner Landwirtschaft und Lebensmittelverwertung fliesst.

«Wer die Herkunft eines Produkts kennt, weiss es besser zu schätzen.»

Mehr als nur eine Frage des Preises

Auf die Frage, ob regionale Produkte preislich mit industriellen Produkten mithalten können, antwortet Quadri: «Wenn ein industrielles Produkt unter denselben Bedingungen produziert wurde, wie ein lokales, dann sind die Preise oft vergleichbar – ich denke da zum Beispiel an die tierfreundliche Haltung von Hühnern oder die Bezahlung der Arbeitenden. Aber sehr oft werden Produkte gegenübergestellt, die unter ganz anderen Bedingungen produziert wurden. Ich finde nicht, dass sie sich so vergleichen lassen.»

Um auf diese Unterschiede in der Produktion hinzuweisen, ist eine wichtige Aufgabe von «Ticino a Te» die Aufklärung: In Zusammenarbeit mit 90 Schulmensen setzt sich «Ticino a Te» dafür ein, dass bei Schülerinnen und Schülern Regionales auf dem Teller landet. «Es ist wichtig, dass Kinder den Wert von regionalen Produkten zu schätzen lernen, schliesslich sind sie die Kundschaft von morgen», so Quadri. Auch Stadtbewohnerinnen und -bewohner werden im Rahmen des Projekts über die Herkunft ihrer Lebensmittel aufgeklärt. «Wer die Herkunft eines Produkts kennt, weiss es besser zu schätzen», meint Quadri.

Langfristig Wirkung erzielen

Dass der Tessiner Beitrag zur regionalen Wertschöpfungskette gleich mehrfach ausgezeichnet wurde, ist kein Zufall: Die Jury für den «Cercle régional» lobte insbesondere das Herzblut, das in «Ticino a Te» steckt und zeigte sich beeindruckt davon, wie viel das Projekt auch mit limitierten finanziellen Mitteln bewirken konnte. Neben kantonalen Geldern erhielt «Ticino a Te» zu Beginn auch NRP-Fördermittel des Bundes. Ab dem fünften Jahr wurde das Tessiner Zentrum für Agrar- und Lebensmittelkompetenzen nur noch vom Kanton Tessin finanziert.

Stefano Rizzi, Direktor der Abteilung Wirtschaft des Kantons Tessin erklärt: «Wir haben das Tessiner Zentrum für Agrar- und Lebensmittelkompetenzen als Pilotprojekt mit der regionalen Wirtschaftspolitik unterstützt. Ziel war die Vernetzung aller Akteurinnen und Akteure in der Region, um die Entwicklung innovativer Projekte zu fördern, die den Reichtum der Tessiner Agrar- und Ernährungswirtschaft aufwerten können. Angesichts der positiven Auswirkungen – auch auf die Wettbewerbsfähigkeit des Primärsektors – beschloss der Kanton, die Initiative gemäss dem kantonalen Landwirtschaftsgesetz mit einem wiederkehrenden Beitrag zu unterstützen.»

Quadri betont, wie wichtig die Unterstützung zu Beginn war: «Dank den Geldern der NRP und des Kantons konnte das Projekt überhaupt auf die Beine gestellt werden. Uns ist es wichtig, dass unsere Arbeit dem Tessin langfristig weiterhilft – dafür braucht es viel Arbeit und nicht zuletzt finanzielle Ressourcen».

Das Tessiner Zentrum für Agrar- und Lebensmittelkompetenzen (CCAT) verwaltet, betreut und entwickelt Projekte im Agrar- und Ernährungssektor. Es verfügt über ein starkes Netzwerk von Kontakten und schafft Synergien zwischen Projekten. Durch die Erfahrungen, die im Rahmen der Entwicklung von «Ticino a Te» und die Zusammenarbeit mit dem Gastronomiesektor gewonnen wurden, ist es ein starker Partner für weitere Projekte der Regionalen Entwicklung, insbesondere PRE.

Fotos: Tessiner Zentrum für Agrar- und Lebensmittelkompetenzen (CCAT) 

Ein Macherort für die Bodensee-Region

In Arbon entstand der Macherort «ZIKpunkt». Ein Ort, an dem Unternehmen, Organisationen und weitere engagierte Akteurinnen und Akteure der Region zusammenkommen, um gemeinsam Projekte zu verwirklichen. Der Verein ZIKpunkt wichtiger Impulsgeber, besonders für die regionale Wirtschaft. Im Video erläutert Gilbert Piaser, Geschäftsleiter der Region Oberthurgau, die Vision und Bedeutung des ZIKpunkts und wie die Förderung durch die Neue Regionalpolitik (NRP) bei der Umsetzung des Projekts geholfen hat.

«Dank der NRP geht es in unserer Region vorwärts»

In seiner Tätigkeit als Geschäftsleiter der Region Oberthurgau vermisste Gilbert Piaser etwas, das das Engagement für die Region spür- und sichtbar machte: «Als Räumlichkeiten im ZIK-Areal, dem ehemaligen Saurer-Werk, frei wurden, war das unsere Chance und wir starteten das Projekt Initiative ZIKpunkt.» Bereits beim Aufbau des Projekts setzten die Initianten auf NRP-Fördermittel.

Die Region Oberthurgau hat schon diverse Projekte mithilfe von NRP-Fördermitteln umgesetzt. «Dank der NRP geht es in unserer Region vorwärts», so Gilbert Piaser über die wertvolle Unterstützung. Bei der Initiative ZIKpunkt wurden die NRP-Gelder hauptsächlich während der Konzeptions- und Aufbauphase eingesetzt und ermöglichten damit wichtige Grundlagenarbeit.

Im Innovations-Hub vorwärts machen

Inzwischen wird der ZIKpunkt von einem eigens dafür gegründeten Verein geführt, inklusive Initianten und weiteren neuen Vorstandsmitgliedern. Gemeinsam mit den Vereinsmitgliedern verfolgen sie ambitionierte Ziele für die Region:

  • die Wirtschaftskraft stärken
  • die Abwanderung von hochqualifizierten Fachkräften minimieren
  • qualifizierte Fachkräfte gewinnen und ausbilden

Der ZIKpunkt dient dabei als Innovations-Hub. Der Verein lanciert gemeinsam mit Unternehmen, Gemeinden, Organisationen und Institutionen aus der Region innovative Projekte. Der Fokus liegt dabei bewusst auf der Umsetzung. «Wir sind da, wenn jemand etwas Konkretes umsetzen will», betont Gilbert Piaser, «der ZIKpunkt ist ein Macherort und keine Denkfabrik.»

Kompetenzen bündeln und Teilzeitstellen schaffen

Zu Beginn der Aktivitäten im ZIKpunkt wurden verschiedene Formate angeboten, um Erfahrungen zu sammeln und wichtige Erkenntnisse zu erhalten. Das war Gilbert Piaser wichtig: «Das erste Betriebsjahr lief unter dem Motto Trial-and-Error. Dank dieser Einstellung wissen wir nun, was im ZIKpunkt funktioniert und was nicht.»

Daraus entstanden im Jahr 2024 konkrete Mandate. So unterstützt der ZIKpunkt etwa den Verein «PhytoValley Switzerland» aus dem Bereich der Naturmedizin mit einer professionellen Geschäftsstelle und Begleitung. Das Wachstum der Aufgabenbereiche machte es zudem möglich, zwei neue Teilzeitstellen für Administration und Geschäftsleitung zu schaffen. Der ZIKpunkt ist also bereit, weitere innovative Projekte zu starten und die regionale Wirtschaftskraft nachhaltig auszubauen.

Titelfoto: ZIKpunkt

Luzerner Bienentage: die Wertschöpfungskette der Bienen im Fokus

Honig, Propolis und Bienenwachskerzen sind weithin bekannt. Doch Bienen und ihre Produkte bieten noch viel mehr. Die Luzerner Bienentage in Sempach haben sich daher zum Ziel gesetzt, die gesamte Wertschöpfungskette der Biene aufzuzeigen. Der als viertägiger Kongress geplante Anlass spricht einerseits Fachleute und wirtschaftliche Akteure an, andererseits die Bevölkerung mit vielfältigen Informationen und regionalen Bienenprodukten.

Wie in einem geschäftigen Bienenstock herrschte am «Bienenzauber» reges Treiben. Im Unterschied zur Fachtagung für Imker am Tag zuvor nahmen am zweiten Kongresstag «Bienenzauber» Kinder und Erwachsene aus der breiten Bevölkerung teil. Die rund 600 Gäste konnten vor Ort auf eindrucksvolle Art erleben, wie bedeutend Bienen für unser Leben sind, wie gross die Themenvielfalt und wie breit die Palette an Bienenprodukten sind. Unmissverständlich wurde dabei auch aufgezeigt, welche zentrale Rolle Bienen als Bestäuber von Natur- und Nutzpflanzen innehaben. Denn sie gehören zu den wichtigsten Nutztieren überhaupt, da sie durch ihre Bestäubungsarbeit nicht nur die Biodiversität fördern, sondern auch indirekt den Artenreichtum unterstützen.

«Die Luzerner Bienentage waren ein voller Erfolg. Wir werden den Anlass auch nächstes Jahr nochmals in dieser Form organisieren und somit wieder einen ‹Bienenzauber› anbieten.»

Beat Lichtsteiner, Projektleiter Luzerner Bienentage

Am «Bienenzauber» gab es viel zu sehen, zu degustieren, auszuprobieren und zu erleben:

  • ein Bienenvolk im Plexiglasschaukasten und die dazugehörige Flugvoliere
  • Degustation unterschiedlicher Honige
  • Kochen und Backen mit Honig oder Met (Honigwein)
  • Degustation von Honigbier, Honigbrand und Honigwhisky
  • Herstellung von Wachstüchern
  • Kosmetika und Naturheilprodukte mit Bienenerzeugnissen
  • Bienenstocklufttherapie für Asthmatiker und zur Desensibilisierung
  • naturnah gestaltete Gärten
  • Anbringung von Pflege von Wildbienenhäusern

Regional, nachhaltig und umweltfreundlich

Im Sinne der Nachhaltigkeit und des Umweltbewusstseins setzt das Konzept des «Bienenzaubers» besonders auf das Präsentieren regionaler Produkte. Denn diese zeichnen sich durch einen minimalen Verbrauch an grauer Energie aus. Ihre Herstellung, ihr Transport und ihr direkter Verzehr vor Ort sind mit deutlich geringeren Umweltbelastungen verbunden als weit hergeholte Produkte. Darüber hinaus stärkt der Konsum regionaler Produkte die lokale Wirtschaft und unterstützt oft kleinere, familiär geführte Betriebe.  

Video: Luzerner Bienentage

Die Idee einer schrittweisen Erweiterung

Das professionell entwickelte Konzept für einen «Kongress zur Stärkung der Wertschöpfungskette Biene» konnte dank Geldern der neuen Regionalpolitik sowie Eigenfinanzierungen und -leistungen realisiert werden. Es sieht vor, dass der Kongress in drei Phasen schrittweise weiterentwickelt wird. Auf diese Weise lassen sich wertvolle Erkenntnisse gewinnen und die Organisation des Anlasses lässt sich kontinuierlich optimieren. Die erste Phase, die bereits 2024 erfolgreich umgesetzt wurde, umfasste die Durchführung von zwei Kongresstagen. Der erste Tag richtete sich an die Kerngruppe der Wertschöpfungskette – die Imker – und vermittelte dem Fachpublikum vertieftes Wissen. Der zweite Tag war als eine Art Festival für die breite Bevölkerung konzipiert.

Lokale Partnerschaften sollen ermöglicht werden

In der zweiten Phase soll zusätzlich zu den zwei Kongresstagen ein dritter eingeführt werden, der die Regional- und Privatwirtschaft mit der Kerngruppe der Imker vernetzen soll. Ziel ist es, die Zusammenarbeit zu fördern und die Wertschöpfungskette bei diesen wichtigen Zielgruppen stärker zu verankern, um so potenzielle Joint Ventures oder Partnerschaften zu ermöglichen. Darüber hinaus wird an diesem Tag auch der Dialog mit politischen Akteurinnen und Akteuren gesucht.

Die darauffolgende dritte Aufbauphase soll einen vierten Kongresstag umfassen. Dieser richtet sich an Kinder und Schulen. Ziel ist es, junge Menschen für Themen wie Artenvielfalt, Biodiversität und die Welt der Insekten zu sensibilisieren, während gleichzeitig auch Nachhaltigkeit und regionale Produktion thematisiert werden. Zu gegebener Zeit wird nach geeigneten Partnerinnen und Partnern gesucht, die dieses Format mitgestalten können.

«Wir konnten die Idee dank des NRP-Beitrags schnell und mit einer hohen Qualität umsetzen. In diesem Projekt ist die Hebelwirkung eines relativ kleinen Beitrags gross.»

Beat Lichtsteiner, Projektleiter Luzerner Bienentage

Projektdatenbank regiosuisse

Den regionalen Geschmack wiedergefunden

Patricia Michaud

Sein fruchtiger Geschmack und seine cremige Textur machen seine Verkostung zu einem intensiven kulinarischen Erlebnis. Der Vacherin Montd’Or, der zwischen Mitte August und Mitte März im Vallée de Joux (VD) und am Fusse des Waadtländer Juras handwerklich hergestellt wird, ist einer der bekanntesten Westschweizer Käse. Vor zwanzig Jahren erhielten die Mitglieder der Branchenorganisation Interprofession du Vacherin Mont-d’Or, die 1999 gegründet worden war, ihre Interessen rund um diesen Käse zu wahren und seine Produktion zu erhalten, die höchste Auszeichnung: die geschützte Ursprungsbezeichnung AOP. Der Käse ist auch wegen seiner runden Fichtenholzschachtel berühmt, die ihm als Kokon dient und ihn in den Kühlregalen der Lebensmittelgeschäfte auf den ersten Blick erkennbar macht.

Bis vor zwei Jahren wurde diese so charakteristische und sympathische Verpackung ausserhalb der Region hergestellt, sogar ausserhalb des Landes, im benachbarten Frankreich, zwar mit einheimischem Holz – der Risoud-Wald, der grösste zusammenhängende Wald Europas, liegt in Grenznähe –, aber in einer französischen Werkstatt. Interprofession wollte aber sicherstellen, dass die Schweizer Affineure die gesamte Produktionskette beherrschen und der Vacherin Mont- d’Or wieder ein vollständig lokaler Käse wird, einschliesslich der Verpackung.

Sie setzte dazu eine Kommission ein, die nach Lösungen suchen sollte, um die Schachteln wieder in der Region herzustellen. Getragen von einer öffentlich-privaten Finanzierung mit lokaler Ausrichtung, wurde 2021 eine GmbH mit dem Namen Valartibois gegründet, die die Schachteln wieder in der Region herstellt. Sie stützt sich auf das Know-how eines Forstunternehmens aus dem Vallée de Joux und nutzt historische Maschinen, die zu diesem Zweck aufgekauft wurden. Mit diesem Schritt sehen die Projektverantwortlichen auch die Bedeutung des AOP-Labels des Vacherin Mont-d’Or gestärkt. Davon profitiert die ganze Region.

NRP-Projekt in der regiosuisse-Datenbank

Hier finden Sie die Langfassung in Französisch.

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Regionale Produkte – eine Erfolgsgeschichte

Pirmin Schilliger & Urs Steiger
Nahrungs- und Genussmittel wie Obst und Gemüse, Milchprodukte, Brot, Fleisch und Wein, die mit einem regionalen Label gekennzeichnet sind, werden in der Schweiz immer beliebter. Zu verdanken ist dieser Erfolg Tausenden von Landwirtinnen und Landwirten, Lebensmitteldetailhändlern, privaten Non-Profit-Organisationen, Zwischenhändlerinnen und -händlern, handwerklichen und industriellen Verarbeitern, Logistikunternehmen und nicht zuletzt den Konsumentinnen und Konsumenten. Anteil am Erfolg haben auch verschiedene Förderprogramme der Landwirtschafts- und Regionalpolitik, mit denen der Bund und die Kantone viele Projekte entlang der gesamten regionalen Wertschöpfungskette unterstützen. Der regionale Boom hat inzwischen auch touristische Angebote und Non-Food-Produkte erfasst. Er dürfte sich weiter verstärken, zumal sich die nachhaltige regionale Produktion mit den Zielen einer zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft deckt.
© regiosuisse

Der Kopfsalat im Migros-Shop in Luzern ist taufrisch. Die Etikette verrät, dass er unmittelbar vor den Toren der Stadt geerntet worden ist. Das Blattgemüse ist eines von mittlerweile rund 18’500 zertifizierten regionalen Produkten, die schweizweit im Lebensmitteldetailhandel und auf den Märkten erhältlich sind. Das Segment boomt. Gemäss der Studie «Regionalprodukte 2022» der htp St. Gallen, eines Spin-offs der Universität St. Gallen, und dem Marktforschungsinstitut LINK in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) legten die Verkäufe in diesem Bereich zwischen 2015 und 2020 jährlich um 10 Prozent zu. Der damit erzielte Umsatz dürfte die Schwelle von 2,5 Milliarden Franken überschritten haben. «Regionale Produkte sind der wachstumsstärkste Sektor im Food-Bereich», erklärt Stephan Feige, Co-Autor der Studie und Leiter der Fachstelle für authentische Markenführung an der HWZ. Das rasante Wachstum widerspiegelt die erfolgreiche Marketingstrategie der Grossverteiler Migros und Coop. Doch es basiert ebenso auf dem Engagement von Tausenden von Bäuerinnen und Bauern, die in der Produktion für den notwendigen Nachschub sorgen. «Regionalprodukte sind längst keine Nische mehr. Vom Jura über die Alpen bis ins Tessin oder vom Bodensee bis zum Genfersee – überall gibt es Erfolgsgeschichten», sagt Gabi Dörig-Eschler, Geschäftsführerin des Vereins Schweizer Regionalprodukte (VSR). Dabei erzielen die rund 2800 Produzentinnen und Produzenten, die bei ihrem Sortiment auf die VSR-Kennzeichnung als Regionalprodukt «regio.garantie» setzen, einen Umsatz von 1,7 Milliarden Franken pro Jahr.

Ein blauschimmeliges Zufallsprodukt als Auslöser

Als Wegbereiter für regionale Produkte gilt das Siegel Appellation d’Origine Contrôlée (AOC) für die kontrollierte beziehungsweise seit 2011 Appellation d’Origine Protégée (AOP) für die geschützte Ursprungsbezeichnung. Dieses Siegel für die geografische Herkunft bestimmter Spezialitäten blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits im 15. Jahrhundert erhielten in Frankreich die Bewohnerinnen und Bewohner von Roquefort ein königliches Monopol für die Herstellung des legendären Blauschimmel-Käses aus dem Zentralmassiv. 1925 wurde dieses Produkt per Dekret gesetzlich geschützt. Viele europäische Länder handeln inzwischen bei ihren berühmtes­ten regionalen Spezialitäten nach französischem Vorbild. Sie kennzeichnen sie entweder mit dem Qualitätszeichen AOC oder mit IGP (Indication géographique protégée/geschützte geografische Angabe).

1999 lancierte die Migros-Genossenschaft Luzern mit «Aus der Region. Für die Region» ein eigenes regionales Programm. Bald übernahmen andere Migros­Genossenschaften das Konzept. 2005 zogen Volg mit «Feins vom Dorf» und 2014 Coop mit «Miini Region» nach, worauf als nächste Detailhändler 2016 die Landi («Natürlich vom Hof»), im Sommer 2022 Aldi mit «Saveurs Suisses» und wenig später Lidl Schweiz mit «Typisch» auf den Zug aufsprangen. Bei den Regio­nalprodukten abseitszustehen, kann sich heute keine Händlerin, kein Händler mehr leisten.

Die Treiber der Entwicklung

Der Boom beruht auf mehreren Faktoren. Stephan Feige erklärt: «Regionalität liegt bei einem rasch wachsenden Teil der Bevölkerung im Trend. Ein Grund dafür ist die Suche nach Authentizität und Herkunft, auch als Reaktion gegen die Globalisierung.» Die Konsumentinnen und Konsumenten verknüpfen mit den regionalen Produkten Qualität und Identität, ausserdem ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Vor allem Frauen assoziieren laut der HWZ-Studie damit überdies Werte wie soziale Wertschöpfung, Fairness und Tierwohl. Ein weiteres Argument ist die Rückverfolgbarkeit der Produkte, die dank Transparenz und der Nähe zum Produzenten Ver­ trauen schafft. Die Metzgerei Meaty in Genf und Lausanne beispielsweise verkauft ausschliesslich Fleisch von Landwirtschaftsbetrieben aus der Umgebung. Die meist urbane Kundschaft kann sich via Website über die Tierhaltung bis ins letzte Detail informieren. Die Regionalität stösst auf grosse Zahlungsbereitschaft bei den Konsumenten und Konsumentinnen. Laut HWZ-Studie sind sie bereit, für Eier, die von Hennen aus der Region kommen, 45 Prozent mehr zu zah­len. Regionales Gemüse darf 30 Prozent, Hartkäse 20 Prozent teurer sein.

Die Erfolgsgeschichte der Regionalprodukte lässt sich nicht ohne die vielen weiteren Akteurinnen und Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette erzählen. Entscheidenden Support leisten neben einigen Non-Profit-Organisationen verschiedene Förderprogramme des Bundes. Eine führende Rolle nimmt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) ein. Es unterstützt Projekte zur Regionalen Entwicklung (PRE), an denen die Landwirtschaft massgeblich beteiligt ist. Ausserdem fördert es Qualität und Nachhaltigkeit im Rahmen einer eigens dafür entwickelten Verordnung (QuNaV). Das BLW unterstützt auch Projekte über den 1999 lancierten Nationalen Aktionsplan zum Erhalt und zur nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (NAP-PGREL). Schliesslich fördert es den Erhalt tiergenetischer Ressourcen – ein Überlebensprogramm für zurzeit fünfundzwanzig alte Nutztierrassen. Auch beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) ist die Förderung regionaler Produkte ein Schwer­punktthema, und zwar in Zusammenarbeit mit den Kantonen im Rahmen der Neuen Regional­politik (NRP) und über das Tourismusförderprogramm Innotour. Schliesslich zielt der Bund auch mit dem Produktelabel der Pärkepolitik sowie einzelnen «Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung» auf die Stärkung der Regionalprodukte ab. Weil regionale Wertschöpfung bei vielen dieser Programme im Zentrum steht, finanzieren die Kantone viele dieser Projekte subsidiär mit.

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Langzeitprojekt «regionale Dachmarke»

Die verschiedenen Förderprogramme mögen sich gelegentlich inhaltlich überlappen. Trotz­ dem hat jedes Instrumentarium seinen unverwechselbaren Charakter. Die QuNaV beispielsweise zielt auf bessere Produktions-­ und Qualitätsstandards ab. Entsprechende Projekte werden über alle Stufen der betreffenden Wertschöpfungskette unterstützt. Zu den Bedingungen gehört, dass sie Modellcharakter für die gesamte Branche haben, die Marktchancen für die Landwirtschaft und die nachgelagerten Branchen verbessern sowie die landwirtschaftliche Wertschöpfung in der Region erhöhen. Zahlreiche innovative Produkte aus der Land­ und Ernährungswirtschaft verdanken der Starthilfe aus dem QuNaV­-Topf ihre (Wieder­)Geburt, beispielsweise Bio­-Soja, Bio­-Weidemilch, Brennnessel-Produkte, Fleisch von Schweizer Hennen, Quinoa, Trüffel oder Wildbeeren. Daneben gibt es QuNaV­-Projekte, die auf Infrastrukturen oder die Verbreitung nachhaltiger Technologien ausgerichtet sind, etwa jene, Pilze bei Reb­- und Beerenkulturen mittels UV-­C­-Licht zu bekämpfen. Die NRP fokussiert vor allem auf vorwettbewerbliche Massnahmen, die Wertschöpfung in die Region bringen. Auffällig sind dabei Projekte zur Vernetzung von Akteurinnen und Akteuren, die meist im Rahmen einer Gesamtstrategie umgesetzt werden, etwa die «Förderung Regional­ produkte Berner Oberland» (Projektbeginn: 2017) oder die «Wertschöpfungskette natürli-Regio­nalprodukte» (2020 ZH/TG). Auch die Plattform «food & nutrition» ist aus einem NRP-Projekt ent­standen. Sie vernetzt im Kanton Freiburg alle Personen, die an der Produktion und Verarbeitung nachhaltiger Lebensmittel interessiert sind. Der Trägerverein soll auch die kreislauffähige Lebensmittelstrategie umsetzen, die der Kanton 2021 verabschiedet hat.

Fördergelder für Verarbeitung und Vermarktung

Bei den Förderprogrammen steht die Landwirtschaft im Zentrum, mitsamt den nachgela­gerten Bereichen. Besonders gross erscheint der Investitionsbedarf in der Verarbeitung. Dies ver­deutlichen Vorhaben wie der Bau des regionalen Schlachthofs in Klosters­-Serneus oder die neue Produktionsanlage für Rohziger der Glarner Milch AG. Letztere, ein 2017 abgeschlossenes 10-Millionen­Franken­-Projekt, umfasst unter anderem ein Käsereifungslager und eine Erlebniskäserei. Das Projekt wurde vom Bund im Rahmen eines PRE mit 2,17 Millionen Franken unterstützt.

Ein häufiges Thema bei vielen Projekten ist die Vermarktung. Dabei geht es sowohl um neue, digitale als auch um wiederbelebte, traditionelle Promotions­ und Vermarktungskanäle. Das Projekt «Konzept Hofladen Willisau» wurde 2022 als NRP-Projekt lanciert. «Alpomat – der kleinste Hofladen der Stadt Zürich» startete 2017 als QuNaV-Projekt. Regionale Distributionska­näle fördert auch die Post – digital und physisch: Über die Plattform «Local only» können Produ­zentinnen und Produzenten ihre regionalen Produkte online verkaufen. Die Post übernimmt die Logistik – ohne Extrafahrt, indem sie die bestellte Ware zusammen mit der normalen Briefpost der Bevölkerung an die Haustüre bringt.

Mit Holz wäre fast alles möglich

Viel regionales Potenzial schlummert in der Wertschöpfungskette Holz. In den vergangenen Jahren haben verschiedene Kantone eigene Förderprogramme gestartet, angestossen unter ande­rem von der NRP und vom Aktionsplan Holz des Bundes. Dieser unterstützt seit 2009 Projekte, die sich mit dem Rohstoff Holz und seiner Verwertung auseinandersetzen. Ein aktuelles Ergebnis dieser Bemühungen ist die Interessengemeinschaft Truberwald, gegründet von Waldbesitzern, Landwirten, Forstwarten, Zimmerleuten und Schreinern. Sie realisierten 2022 mit der Turnhalle in Trub BE ein Vorzeigeprojekt. Der Bau ist ausschliesslich aus Holz aus dem Truber Wald gefertigt. «Jede Leiste, jede Rostlatte, selbst die Akustikdecke – alles ist aus regionalem Holz», verrät Samuel Zaugg, Forstwart und Mitgründer der IG Truberwald. Diese wirkte bei der Beschaffung als Dreh- und Angel­punkt. Die Erfahrungen aus dem Turnhallenbau fliessen nun in das eigentliche Geschäftsmodell der IG ein, interessierten Bauherren alle logistischen und organisatorischen Informationen rund ums Bauen mit regionalem oder eigenem Holz zu vermitteln. Die eigentliche Herausforderung liege darin, die Konsumentinnen und Konsumenten so weit zu bringen, dass sie konsequent nach Schweizer Holz verlangten, betont Zaugg, denn «heute ist mit Holz auf dem Bau fast alles möglich».

Lange Zeit lag auch das Potenzial der regionalen Zusammenarbeit zwischen der Landwirt­schaft und dem Tourismus brach. Mittlerweile ist aber einiges in Bewegung geraten. «Genuss aus Stadt und Land» ist ein strategisch ausgelegtes PRE, mit dem seit 2017 im Grossraum Basel neue Formen der regionalen Produktion und der Kooperation zwischen Landwirtschaft, Gastronomie, Hotellerie und Detaillisten entwickelt werden sollen. In der Region Biel/Seeland verbindet ein 2020 lanciertes NRP-Projekt mit Murten Tourismus als Kooperationspartner «touristische Erleb­nisse mit regionaler Kulinarik». Die Bemühungen der Region Jura, mit Mitteln der Agrar-­, Regio­nal­- und Tourismuspolitik regionale Wertschöpfungsketten aufzubauen, haben das BLW und das SECO Ende 2022 mit der erstmaligen Vergabe des «Cercle Régional» ausgezeichnet.

Nicht zu vergessen ist zudem die seit rund zehn Jahren laufende Partnerschaft zwischen dem Netzwerk Schweizer Pärke und Coop. Die Mischung aus sanftem Tourismus, Natur und extensiver Landwirtschaft kommt bei Konsumentinnen und Konsumenten gut an. Coop verkauft in den jewei­ligen Verkaufsregionen von Jahr zu Jahr mehr regionale Park-Spezialitäten.

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Blick in die Zukunft

Soll sich der Boom der Regionalprodukte fortsetzen, bedarf es weiterer Anstrengungen auf sämtlichen Stufen der Wertschöpfungskette. «Klar ist ausserdem, dass es für Kundinnen und Kunden künftig noch einfacher werden muss, regionale Produkte im Laden einzukaufen», ist Stephan Feige überzeugt. Beträchtlichen Spielraum sieht er vor allem für kleine, spezialisierte Händlerinnen und Händler.

Über die Produkt­ und Angebotspalette hinaus gewinnen grundsätzlich die Kriterien der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit, der Kreislaufwirtschaft und der Biodiversität immer mehr Gewicht. «Konsumenten achten nicht einfach bloss auf die regionale Herkunft; Tierwohl, Artenvielfalt und die Umwelt liegen ihnen ebenso sehr am Herzen», so Feige. Diesen Aspekten soll künftig auch in den Förderprogrammen noch mehr Gewicht beigemessen werden. So wer­ den etwa Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft verstärkt in die nächste Programmperiode, NRP24+, einfliessen. Die Stärkung kurzer Versorgungswege für ein resilientes Ernährungssystem bleibt ein wichtiges Element in der künftigen Ausrichtung der Agrarpolitik. Nachhaltige regionale Ernäh­rungssysteme, von der Produktion bis zum Konsum, können die langfristige Ernährungssicherheit der Schweiz nachhaltig voranbringen. Die Regionen können dabei als «Zukunftslabors» für ein nachhaltiges Ernährungssystem der Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

Was ist wirklich regional?

Die «Region» ist weder politisch noch geografisch ein klar definierter Begriff. Entsprechend versuchen die Detailhändler, mit eigenen Labeln und nach eigenen Kriterien ihre jeweiligen Regionalprodukte in diesem Markt zu positionieren. Dagegen bemühen sich verschiedene Organisationen, mittels einheitlicher Richtlinien Licht in den regionalen Label-Dschungel zu bringen und den Konsumentinnen und Konsumenten die Orientierung zu erleichtern.

Pirmin Schilliger Luzern

Die Schweizerische Vereinigung AOP-IGP (Appellation d’Origine Protégée/Indication Géographique Protégée) vertritt die Interessen aller Branchenorganisationen, die unter diesen Siegeln regionale Produkte vermarkten. Der Unterschied zwischen ihnen: Bei AOP-Spezialitäten muss vom Rohstoff über die Verarbeitung bis hin zum Endprodukt alles aus der definierten Ursprungsregion sein; bei IGP-Spezialitäten genügt es hingegen, wenn sie in der Ursprungsregion entweder erzeugt, verarbeitet oder veredelt worden sind. Die offizielle Liste der Schweiz umfasst aktuell 25 AOP- Produkte und 16-IGP-Spezialitäten, darunter viele Käsesorten, Wurstspezialitäten und einige Obstbranntweine, aber auch Walliser Roggenbrot oder die Zuger Kirschtorte. Die Schweiz ist im Rahmen des bilateralen Agrarabkommens mit der EU dem europaweiten AOP-IGP-System angeschlossen. Die von beiden Seiten anerkannte Liste mit einigen hundert geschützten Produkten wird regelmässig aktualisiert. Die jüngsten registrierten Produkte für das AOP-Gütesiegel sind die Schweinefleischwurst «Boutefas» und der Beinschinken «Jambon de la Borne» aus dem Kanton Waadt und dem Kanton Freiburg und das Walnussöl «Huile de Noix vaudoise». Verantwortlich für die Zulassung in der Schweiz ist das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), das das Register auch mit der EU koordiniert.

ProSpecieRara als Pionierin

Zu den eigentlichen regionalen Pionieren in der Schweiz gehört die Stiftung ProSpecieRara (PSR), die gerade ihr 40-Jahr-Jubiläum fei- ern kann. Hauptsächlich ihr Verdienst ist es, dass hierzulande – vom Appenzeller Spitzhaubenhuhn bis zur Stiefelgeiss – 38 seltene Nutztierrassen und rund 4800 Nutz- und Zierpflanzensorten vor dem Aussterben gerettet werden konnten. PSR arbeitet mit vielen Landwirtinnen und Landwirten, mit dem BLW, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Wädenswil (ZHAW), gemeinnützigen Organisationen und dem Detailhandel zusammen. Ausserdem agiert PSR als Schnittstelle zur SAVE Foundation, die sich im europäischen Rahmen für den Erhalt der Biodiversität engagiert.

Ein kommerziell erfolgreiches Nutzungsbeispiel alter «tiergenetischer Ressourcen» ist die Wertschöpfungskette «Pro-Montagna Bio- Gitzifleisch». Daran beteiligt sind Bündner Bergbauern, der Schweizer Ziegenzuchtverband, die Metzgerei Zanetti in Poschiavo GR und Coop. Ein anderes Projekt von PSR mit Coop als Partnerin nennt sich «Simmentaler Original». Als Resultat der Kooperation mit PSR finden sich in den Regalen von Coop zudem mehr als hundert traditionelle, vom Aussterben bedrohte Kulturpflanzensorten, etwa die «halblange Turga», eine Sorte der in Mitteleuropa weit verbreiteten Pastinaken. Über die Plattform stadttomaten können Hobbygärtnerinnen und -gärtner bei Coop ausserdem seltene Tomaten-, Peperoni- und Salatsamen beziehen und auf dem eigenen Balkon zum Spriessen bringen.

Koordinationsbemühungen

Die wichtigsten Mitglieder des 2015 gegründeten Vereins Schweizer Regionalprodukte (VSR) sind die vier Vermarktungsorganisationen alpinavera (mit Regionalprodukten aus den Kantonen GR, UR, GL und TI), Culinarium (Ostschweiz), Das Beste der Region (Zentral- und Nordwestschweiz, JU, BE, SO) und regio.garantie Romandie (Westschweiz und Berner Jura). Als Dachorganisation repräsentiert der VSR über 18 500 regionale Produkte aus der ganzen Schweiz, die mit «regio.garantie» gekennzeichnet sind. Der VSR konzentriert sich auf einheitliche Qualitätsstandards nach klaren Richtlinien und sorgt für einen sauberen Vollzug. Demgemäss müssen unter anderem mindestens zwei Drittel der Wertschöpfung sowie die Produktions- und Verarbeitungsschritte, die die Eigenschaften des Produkts bestimmen, in der jeweiligen Region stattfinden.

Trotz aller Koordinationsbemühungen des VSR existieren weiterhin verschiedene Labels, die Regionalität kennzeichnen: Die Migros tut dies mit einer eigenen regionalen Etikette, auf der zusätzlich oft auch der Name der Produzentin oder des Produzenten steht. Coop hingegen markiert in der Regel lediglich die Regale mit dem Regionen-Label. Trotzdem heisst es auch bei Coop: «Alle regionalen landwirtschaftlichen Zutaten und jedes Produkt müssen bis zum Ursprungsort rückverfolgbar sein.»

Gemäss der Studie «Regionalprodukte 2022» der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) möchten die Konsumentinnen und Konsumenten in jedem Fall wissen, aus welcher Region die Rohstoffe kommen, wo sie verarbeitet werden und welchen Weg sie zurückgelegt haben. «Bei den heutigen Labels ist das alles jedoch längst nicht immer klar», stellt Stephan Feige, Co-Autor der Studie, fest. In der Praxis legen die Detailhändler wichtige Kriterien – wie etwa den regionalen Perimeter – meist nach eigenem Gutdünken fest. Sie hoffen auf das Vertrauen ihrer Kundinnen und Kunden, und dies nicht zu Unrecht. «Wenn auf der Verpackung ‹regional› steht, wird das in der Regel auch geglaubt», meint Feige. Zudem möchte sich kaum jemand vor den Regalen durch mehrseitige schriftliche Label-Richtlinien kämpfen müssen.

© regiosuisse
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Klärungsbedarf

Fazit: Der gemeinsame Nenner der regionalen Marken beschränkt sich darauf, dass sich zum Verkauf angebotene Ware einer bestimmten Region zuordnen lässt. Nach welchen genaueren Vorschriften und Kriterien dies erfolgt, ist aber von Label zu Label unterschiedlich. Die Definition der Region selbst bleibt dehnbar: So formuliert das Coop-«Miini-Region»-Reglement umständlich: «Eine Region ist ein geografisch bestimmter Raum mittlerer Grössenordnung, das heisst zwischen lokaler beziehungsweise kommunaler und nationaler Ebene, der als zusammengehörig angesehen wird, sich also anhand bestimmter Merkmale von anderen abgrenzen lässt.» Coop-Sprecher Caspar Frey versucht klarzustellen, dass Coop in Bezug auf Wertschöpfung sowie die Produktions- und Verarbeitungsschritte den VSR-Vorgaben folgt. Dies gilt auch für die Migros, obwohl diese Bestimmungen laut Mediensprecherin Carmen Hefti «die Verfügbarkeit der regionalen Produkte in der Alltagspraxis zuweilen arg limitieren». Feige erklärt: «Es gibt den Begriff ‹regional›, gleichbedeutend mit ‹ist von hier› – da will der Konsument zum Produzenten gleich um die Ecke. Daneben gibt es aber auch regionale Produkte wie die Waadtländer Saucisson oder die Basler Läckerli, die nicht nur vor Ort, sondern in der ganzen übrigen Schweiz als berühmte regionale Spezialitäten wahrgenommen werden.» Eine einheitliche Definition von Regionalität unter einem einzigen Label würde solchen Unterschieden und dem Charakter der einzelnen Produkte wohl kaum gerecht, gibt Feige weiter zu bedenken. Wenig sinnvoll wäre es also, für verarbeitete Produkte wie Wein, Hartkäse, Gebäck oder eine weit über ihre Ursprungsregion hinaus bekannte Rauchwurst die gleichen regionalen Kriterien anzuwenden wie für frisches Gemüse oder Eier aus der näheren Umgebung.

Kein Wunder, ist es bis heute nicht gelungen, dieses Definitionsdilemma aus der Welt zu schaffen, obwohl es die Konsumentinnen und Konsumenten ziemlich verunsichert. «Alle müssen bereit sein, ein einheitliches nationales Regelwerk zu pflegen», betont VSR- Geschäftsführerin Gabi Dörig-Eschler. «Und», schiebt sie nach, «die Glaubwürdigkeit unseres Regelwerks ist das eigentliche Fundament des Erfolgs.»