Regionale Strategien für resiliente und inklusive Räume
Für eine kohärente Raumentwicklung arbeiten lokale Akteure über Gemeindegrenzen hinweg zusammen. Indem sie Attraktivität, öffentliche Dienstleistungen und Nachhaltigkeit miteinander verbinden, fördern sie mit regionalen Strategien widerstandsfähigere und inklusivere Räume.
Öffentliche Dienstleistungen und Raumplanung: Kritische Grössen in funktionalen Räumen finden
In seinem jüngsten Bericht von 2024 stellt der Rat für Raumordnung (ROR) fest, dass periphere Gebiete im Vergleich zu Zentren durch das Fehlen einer kritischen Masse an Bevölkerung und Institutionen gekennzeichnet sind. Dies schwächt das Potenzial der für eine nachhaltige Entwicklung erforderlichen dynamischen Zusammenarbeit. Während grosse Agglomerationen auf ihre kritische Masse zurückgreifen können, um finanzielle und personelle Ressourcen (qualifizierte und ausreichend verfügbare Fachkräfte) zu mobilisieren, sind ländliche Räume und Bergregionen mit einem Ressourcenmangel konfrontiert.
Früher prägte die Wirtschaft den Raum – heute prägt der Raum die Wirtschaft
Das Raumplanungsgesetz (RPG) schreibt eine regionale Zusammenarbeit bei der Bewirtschaftung der Bauzonen vor. Dies wirkt sich wirtschaftlich aus, insbesondere auf ländliche Gebiete und Bergregionen. Diese Regionen, die historisch durch Zersiedlung geprägt waren, müssen nun auf verdichtende Entwicklungen setzen, um neue Einwohnerinnen und Einwohner anzuziehen. Viele Regionen setzen auf Lebensqualität als Standortfaktor – anstelle von Flächenexpansion. Pendelbewegungen und Home Office bieten hier Chancen. Neue Bewohnerinnen und Bewohner arbeiten auch vor Ort – z. B. in der Industrie – und stellen somit ein Fachkräftepotenzial dar. Um Talente anzuziehen, ist Lebensqualität zu einem entscheidenden Argument geworden. Um Einwohner zu gewinnen und mobilen Konsumentinnen und Konsumenten Dienstleistungen bereitzustellen, braucht es eine strategische, sektorenübergreifende Vision auf regionaler Ebene. Diese Visionen müssen auch landwirtschaftliche Fragestellungen einbeziehen, denn wo der territoriale Mehrwert zur Wettbewerbsfähigkeit beiträgt, kann ein starkes Alleinstellungsmerkmal (USP) entstehen. Das wiederum erfordert eine koordinierte Zusammenarbeit.
Die Region als Koordinationsebene
Über wirtschaftliche Fragen hinaus – auch wenn sie durch Lebensqualität mitbedingt sein können – sind auch Themen wie Biodiversität, Landschaftspflege, Kulturerbe und Kultur zunehmend regionalisiert worden. Diese Regionalisierung berührt verschiedenste Themen, folgt unterschiedlichen räumlichen Abgrenzungen und wird in unterschiedlichen Governance-Formen umgesetzt. Damit trägt sie zur Überwindung des kommunalen Denkrahmens bei. Die Einführung einer zusätzlichen Bezugsebene zur Gemeindeebene und der Alltag im Spannungsfeld dazwischen gelingen nicht ohne Schwierigkeiten: Diese Entwicklungen verlangen von allen Beteiligten ein Umdenken, ein Verlassen gewohnter Denkmuster – und letztlich möglicherweise auch eine Neuausrichtung ihrer Identität. Es geht auch darum, Synergien zwischen urban geprägten Zentrumsgemeinden und ländlich geprägten Randgemeinden zu entwickeln. Regionen sind heute allgegenwärtig – auch wenn sie institutionell noch nicht überall fest verankert sind.
Regionale Strategien: Erarbeiten und Umsetzen
Gemeinden und Regionen entwickeln verschiedenste sektorale Strategien (z. B. in den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, Umwelt), die teils auch in umfassende strategische Visionen eingebettet sind – etwa in die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030. Dies wirft Fragen nach der Umsetzung und der Koordination dieser unterschiedlichen Ansätze auf.
Das Programm Agglomerationsverkehr hat wesentlich zur interkommunalen und sektorübergreifenden Zusammenarbeit (insbesondere im Bereich Verkehr und Siedlungsentwicklung) in städtischen Räumen beigetragen. Der Bund hat hier eine Anreizfunktion übernommen und so Kooperationen auf funktionaler Ebene gefördert. Auch wenn diese formell auf Mobilität und Raumplanung fokussieren, reichen ihre Wirkungen mittlerweile weit über diese Themen hinaus und sind in der Praxis verankert.
Über die Neue Regionalpolitik (NRP) können Regionen Unterstützung für die Entwicklung wirtschaftsorientierter Strategien erhalten. Im Sinne einer kohärenten Raumentwicklung wurden durch Begleitmassnahmen des Bundes einzelne strategisch ausgerichtete Projekte gefördert, die über rein wirtschaftliche Fragestellungen hinausgehen (siehe Beispiele in den Infoboxen).
Im Rahmen des Aktionsplans zur Umsetzung der Agglomerationspolitik sowie der Politik für ländliche Räume und Berggebiete 2024–2031 soll das Programm «Entwicklungsprozess ländlicher Raum (ELR)» des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) weiterentwickelt werden, um noch umfassender zu werden – auch unter Mitwirkung des SECO. Dabei geht es etwa um die Integration urbaner Herausforderungen in ländlichen Zentren sowie die Entwicklung von Synergien zwischen diesen Zentren und den umliegenden ländlichen Räumen. Ein weiterer Fokus liegt auf der Unterstützung der Regionen bei der Mittelbeschaffung (z. B. über kantonale oder nationale sektorale Politiken) zur Umsetzung von Projekten, die im Rahmen von Strategien erarbeitet wurden, sowie auf der besseren Koordination zwischen diesen Strategien.
Zwischen 2020 und 2024 wurden fünf Modellvorhaben entwickelt, die auf integrierte Entwicklungsstrategien abzielten. Sie verknüpften einen intersektoralen Ansatz mit einer Koordination zwischen institutionellen Ebenen und förderten so den politischen Diskurs und einen Paradigmenwechsel.
An die lokalen Gegebenheiten angepasst, legten einige Projekte den Fokus auf institutionelle Aspekte, andere auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Vorhaben zeigten, dass die kantonale Governance eine zentrale Rolle in diesen strategischen Prozessen einnehmen muss. Gleichzeitig wurde der Mehrwert von Synergien zwischen Institutionen und lokalen Akteuren deutlich – zur Stärkung der Regionen und zur Strukturierung eines wirkungsvollen Dialogs.
Projekt RURALPLAN (ESPON-Programm, gezielte Analyse)
Das 2024 durchgeführte Projekt RURALPLAN untersuchte Entwicklungsstrategien für ländliche Gebiete ohne Bevölkerungswachstum. In Albula wurden partizipative Workshops organisiert, in denen fünf Prototypen zur Verbesserung von Wohnen, Beschäftigung und Dienstleistungen entwickelt wurden. Co-Design-Workshops wurden abgehalten, um Lösungen zu erarbeiten. Zwei weitere Regionen, in Schweden und Norwegen, verfolgten denselben Ansatz.
Die Ergebnisse des Projekts wurden in die regionale Entwicklungsstrategie von Albula integriert. Die gewonnenen Erkenntnisse fliessen auch in nationale Initiativen zur ländlichen Entwicklung ein.
Ein Macherort für die Bodensee-Region
In Arbon entstand der Macherort «ZIKpunkt». Ein Ort, an dem Unternehmen, Organisationen und weitere engagierte Akteurinnen und Akteure der Region zusammenkommen, um gemeinsam Projekte zu verwirklichen. Der Verein ZIKpunkt wichtiger Impulsgeber, besonders für die regionale Wirtschaft. Im Video erläutert Gilbert Piaser, Geschäftsleiter der Region Oberthurgau, die Vision und Bedeutung des ZIKpunkts und wie die Förderung durch die Neue Regionalpolitik (NRP) bei der Umsetzung des Projekts geholfen hat.
«Dank der NRP geht es in unserer Region vorwärts»
In seiner Tätigkeit als Geschäftsleiter der Region Oberthurgau vermisste Gilbert Piaser etwas, das das Engagement für die Region spür- und sichtbar machte: «Als Räumlichkeiten im ZIK-Areal, dem ehemaligen Saurer-Werk, frei wurden, war das unsere Chance und wir starteten das Projekt Initiative ZIKpunkt.» Bereits beim Aufbau des Projekts setzten die Initianten auf NRP-Fördermittel.
Die Region Oberthurgau hat schon diverse Projekte mithilfe von NRP-Fördermitteln umgesetzt. «Dank der NRP geht es in unserer Region vorwärts», so Gilbert Piaser über die wertvolle Unterstützung. Bei der Initiative ZIKpunkt wurden die NRP-Gelder hauptsächlich während der Konzeptions- und Aufbauphase eingesetzt und ermöglichten damit wichtige Grundlagenarbeit.
Im Innovations-Hub vorwärts machen
Inzwischen wird der ZIKpunkt von einem eigens dafür gegründeten Verein geführt, inklusive Initianten und weiteren neuen Vorstandsmitgliedern. Gemeinsam mit den Vereinsmitgliedern verfolgen sie ambitionierte Ziele für die Region:
die Wirtschaftskraft stärken
die Abwanderung von hochqualifizierten Fachkräften minimieren
qualifizierte Fachkräfte gewinnen und ausbilden
Der ZIKpunkt dient dabei als Innovations-Hub. Der Verein lanciert gemeinsam mit Unternehmen, Gemeinden, Organisationen und Institutionen aus der Region innovative Projekte. Der Fokus liegt dabei bewusst auf der Umsetzung. «Wir sind da, wenn jemand etwas Konkretes umsetzen will», betont Gilbert Piaser, «der ZIKpunkt ist ein Macherort und keine Denkfabrik.»
Kompetenzen bündeln und Teilzeitstellen schaffen
Zu Beginn der Aktivitäten im ZIKpunkt wurden verschiedene Formate angeboten, um Erfahrungen zu sammeln und wichtige Erkenntnisse zu erhalten. Das war Gilbert Piaser wichtig: «Das erste Betriebsjahr lief unter dem Motto Trial-and-Error. Dank dieser Einstellung wissen wir nun, was im ZIKpunkt funktioniert und was nicht.»
Daraus entstanden im Jahr 2024 konkrete Mandate. So unterstützt der ZIKpunkt etwa den Verein «PhytoValley Switzerland» aus dem Bereich der Naturmedizin mit einer professionellen Geschäftsstelle und Begleitung. Das Wachstum der Aufgabenbereiche machte es zudem möglich, zwei neue Teilzeitstellen für Administration und Geschäftsleitung zu schaffen. Der ZIKpunkt ist also bereit, weitere innovative Projekte zu starten und die regionale Wirtschaftskraft nachhaltig auszubauen.
Weniger Ressourcen zu verschwenden dank guter nachbarschaftlicher Beziehungen zwischen Unternehmen: Das ist das Ziel der Kreislaufwirtschaft im Rahmen von Arealentwicklungen. Im Ecoparc de Daval in Sierre VS wird das nun versucht.
Ein über 27 Fussballfelder grosser Industriepark: Das hört sich erst mal nicht besonders attraktiv an. Doch das Ziel in Sierre ist, auf dieser Fläche eine ökologischere und ökonomisch optimierte Gemeinschaft von Unternehmen zu schaffen. Zwanzig Jahre ist es her, seit die Idee des Ecoparc de Daval in Sierre entstanden ist. Die Gemeinde hat das Projekt schliesslich 2016 gestartet, die Umzonung und die Änderungen des Zonennutzungsplans nahmen erwartungsgemäss einige Zeit in Anspruch. Heute sind zehn Unternehmen Teil des Projekts – kleine Familienbetriebe ebenso wie international tätige Unternehmen, etwa Aqua4D, das wassersparende Bewässerungsanlagen für Industrie und Landwirtschaft produziert, ein Chocolatier oder das ehemalige Walliser Start-up Eversys, das mittlerweile mit seinen über 170 Angestellten führend ist im Segment der Premium-Kaffeemaschinen. Weniger Ressourcen zu verschwenden dank guter nachbarschaftlicher Beziehungen zwischen Unternehmen: Das ist das Ziel der Kreislaufwirtschaft im Rahmen von Arealentwicklungen. Im Ecoparc de Daval in Sierre VS wird das nun versucht.
Die Anfrage von Unternehmen um einen Platz im Ecoparc de Daval ist aber viel grösser. «Land, vor allem Industrieland, ist Mangelware», betont Stéphane Revey, Leiter der Wirtschaftsförderung Sierre. Da ist man begehrt, wenn man 200 000 Quadratmeter zur Verfügung hat. Es habe zu Beginn geradezu eine Flut von Anfragen gegeben. Dass der Ecoparc trotzdem nicht schneller wächst, sei Absicht. «Wir haben unsere Auswahlkriterien, die erfüllt sein müssen, um Teil des Ecoparc zu werden», so Revey. Diese umfassen unter anderem obligatorische Grünflächen für alle Parzellen und faire Arbeitsbedingungen für die Angestellten. Empfohlen wird den Unternehmen auch die Nutzung von Solarenergie. Mit den Jahren soll auch die Energieeffizienz gesteigert werden; so soll etwa der Abfall der einen zur Energiequelle für andere werden.
Das Gelände liesse sich innerhalb von zwei Jahren mit Unternehmen füllen, die einigermassen das erwünschte Profil aufwiesen. Bringe man aber die Geduld auf und gebe sich zehn oder gar zwanzig Jahre, habe man dafür Firmen an Bord, die sich voll und ganz mit den Ideen identifizieren. «Wir wollen eine nachhaltige Entwicklung, sowohl ökonomisch als auch ökologisch», sagt Revey. Das beinhalte den Umgang mit Ressourcen und die Nutzung von Raum, Materie und Energie. «Und wir wollen weise mit dem Land umgehen», ergänzt er. So weiden rund um die Gebäude der Firma Eversys öfter Schafe. Regenwasser, abgeleitet von den Gebäuden, fliesst zurück in den natürlichen Kreislauf.
Unter der Sonne
Gerade aus dem Solarenergiebereich seien derzeit Unternehmen daran interessiert, sich im Ecoparc de Daval niederzulassen – «denn Sierre ist mit 2200 Sonnenstunden pro Jahr eine der sonnenreichsten Städte der Schweiz», betont Stéphane Revey – ein weiterer Pluspunkt für das Gelände. Schon zu Beginn wurde eine effiziente öffentliche Led-Beleuchtung mit Bewegungssensor und Fernverwaltung auf dem Gelände installiert. Alleebäume wurden gepflanzt. Die Firmen profitieren von gemeinsamen Abfallsystemen, dem Postdienst und einer Bauberatung. Weiter könnten Logistik- und Sicherheitssysteme geteilt werden, Kantinen und Kinderbetreuungsangebote.
Alles Dinge, die funktionieren können, weiss Benoît Charrière, Leiter Wissensgemeinschaften bei regiosuisse, der Netzwerkstelle für Regionalentwicklung und stellvertretender Leiter des Beratungsunternehmen dss+ Genf. Das Problem dabei sei jedoch oft die Abhängigkeit voneinander. Was, wenn eine Firma plötzlich aussteigt, die bisher die gemeinsame Kantine, die Solaranlage oder die Krippe auf ihrem Gelände geführt hat? «Miteinander zu arbeiten, birgt immer auch ein gewisses Risiko», so Charrière. Zudem falle es vielen Unternehmen schwer, eine allfällige Zusammenarbeit mit Nachbarn überhaupt anzugehen, betont er.
Oft wüssten Unternehmen gar nicht, was die Nachbarfirma tue, geschweige denn, welche Ressourcen sich gemeinsam nutzen liessen. Das sei verständlich, wenn man bereits mit wirtschaftlichen Herausforderungen kämpfe. Da könne man sich nicht auch noch darauf konzentrieren, wie man mit der Firma im Nachbargebäude zusammenarbeiten könnte. «Es ist dann viel einfacher, erst mal nur an sich zu denken.» Trotzdem bestehe in diesem Bereich extrem viel Potenzial. «Natürlich sind die Kosten, finanziell und personell, zu Beginn höher. Es zahlt sich jedoch langfristig aus – für die Region, die Umwelt, aber auch für die Unternehmen selbst. Es braucht aber immer auch Personen und Firmen, die vorausgehen», so Charrière.
Daher ist es wichtig, dass ein initialer Akteur solche Projekte anstösst – ein Verband, eine öffentliche Institution oder ein Privatunternehmen, das die Aufgabe übernimmt, die Zone zu beleben und Dienstleistungen für die Unternehmen zu betreiben. Revey startete vor zwei Jahren als Leiter der Wirtschaftsförderung von Sierre. «Nachdem ich mit jeder einzelnen Firma Gespräche geführt hatte, sah ich den Willen zur Zusammenarbeit bei allen. Aber niemand ergriff die Initiative», sagt er. Also machte die Gemeinde die ersten Schritte und übernahm eine unterstützende und koordinierende Rolle. Im vergangenen Jahr wurde ein Gewerbeverband gegründet, um diese Synergien zu fördern. Im Vordergrund stehen vorerst der Austausch und möglicherweise die Zusammenarbeit bei gemeinsamen Anfragen bei der öffentlichen Hand. Gemeinsame Investitionen wären ein weiterer Schritt.
Vor zwei Jahren wurde ein Ingenieurbüro mit der Entwicklung eines nachhaltigen Mobilitätskonzepts beauftragt. Über die Auseinandersetzung mit der Mobilität kann ökologischer Fortschritt erzielt, aber auch die Kommunikation gefördert werden. Ein gemeinsamer, aber kleiner Parkplatz bringt die Unternehmen eher dazu, Car-Sharing zu unterstützen, sich gemeinsam für Busverbindungen einzusetzen oder für einen direkten Veloweg vom Stadtzentrum in den Industriepark.
«Schliessen sich Unternehmen zusammen und treten mit Hunderten oder gar Tausenden Angestellten gemeinsam auf, haben sie gegenüber anderen Anbietern oder der Politik grössere Chancen», versichert Benoît Charrière. Auf diesem Weg lassen sich gemeinsame ökologische Ziele auch erreichen.
Jedes Jahr fallen im Kanton Genf Millionen Tonnen mineralischer Abfälle aus dem Baubereich an. Die Kapazität der Steinbrüche und Deponien des Kantons reichen nicht aus, diese Materialien aufzunehmen. Ein Grossteil davon wird deshalb ins benachbarte Frankreich exportiert. Dieser Problematik nimmt sich seit Dezember 2020 das Interreg-Projekt VADEME («Valorisation agronomique des déchets minéraux»/ «Agronomische Verwertung mineralischer Abfälle») auf grenzüberschreitender Ebene in der Region Genf-Annecy an.
Daran beteiligt sind neun öffentliche und privatwirtschaftliche Partner aus Frankreich und der Schweiz, die sich mit ihren Fachkenntnissen ergänzen. Durch die Verknüpfung der Netzwerke der Akteurinnen und Akteure soll die Zusammenarbeit verstärkt und strukturiert werden, damit ein grösserer Anteil der Abfälle verwertet werden kann.
Erprobt werden unter anderem innovative Lösungen, bodenhaltige Abfälle biologisch zu aktivieren. Organische und mikrobielle Bodenverbesserer werden dabei sterilem mineralischem Material hinzugefügt, um eine natürliche Dynamik und natürliche Prozesse in Gang zu setzen und fruchtbaren «Mutterboden» zu schaffen. Der Ansatz wird im industriellen Massstab bei Revitalisierungsarbeiten am Fluss Aire in Genf (vgl. «regioS» Nr. 20) und auf einer Abfallbehandlungsplattform des Projektpartners Chavaz getestet. Dabei werden die Machbarkeit und die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Prozesses analysiert. Die Qualität der gewonnenen Erde soll so gut werden, dass sie Landschaftsgärtnern und Privatpersonen verkauft werden kann. Langfristig soll das Projekt die Kreislaufwirtschaft im Bereich von Aushubmaterial fördern und der Region sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Vorteile bringen.
Öffentliche Beschaffung – Hebelwirkung für die Kreislaufwirtschaft
Pirmin Schilliger
Mit einem Volumen von rund 40 Milliarden Franken ist der öffentliche Sektor der wichtigste Einkäufer auf dem Beschaffungsmarkt. Dies bietet einen mächtigen Hebel, die Kreislaufwirtschaft voranzubringen. Das Kompetenzzentrum Prozirkula wurde vor zwei Jahren gegründet mit dem Ziel, die Transformation von der Wegwerf- zur Kreislaufwirtschaft bei der öffentlichen und der privaten Beschaffung zu beschleunigen.
Die Niederlande setzen schon seit Jahren Milliardenbeträge ein, um die Kreislaufwirtschaft über das öffentliche Beschaffungswesen anzukurbeln. Vor vier Jahren starteten die Organisation Circular Economy Switzerland und das Beratungsunternehmen ecos mit dem Projekt «Circular Cities Switzerland» damit, das niederländische Know-how in der Schweiz fruchtbar zu machen. Aufgrund der Erfahrungen daraus entwickelten die beiden Kreislaufexperten Marco Grossmann (ecos) und Raphael Fasko (Beratungs- und Ingenieurbüro Rytec Circular) die Idee eines Kompetenzzentrums für kreislauffähige öffentliche Beschaffung, was schliesslich in die Gründung von Prozirkula mündete.
Mithilfe einer Anschubfinanzierung durch die MAVA-Stiftung starteten Rytec und ecos im Frühjahr 2020 mit dem Aufbau des Kompetenzzentrums. Nach zweijähriger Startphase firmiert Prozirkula seit April 2022 als schlanke GmbH mit Geschäftsführerin Antonia Stalder als einziger Angestellten. Zusätzlich sind Mitarbeitende von ecos und Rytec Circular auf Mandatsbasis regelmässig für Prozirkula tätig. Das Geschäftsmodell sieht vor, dass sich die junge Firma mit ihrem Dienstleistungsangebot spätestens ab 2024 selbst finanzieren sollte. Stalder gibt sich optimistisch: «Von Beginn weg hat sich gezeigt, dass das Interesse an unserem Angebot sehr gross ist und sich laufend vergrössert.»
Ein wesentlicher Grund für das steigende Interesse ist das revidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB), das seit 2021 in Kraft ist. Die Verwaltungsangestellten und die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene stehen seither mehr oder weniger in der Pflicht, Kriterien der Nachhaltigkeit und spezifisch der Kreislaufwirtschaft bei der Beschaffung stärker zu gewichten. Nicht allein der Preis soll das entscheidende Zuschlagsargument sein. Kriterien wie Ressourcenschonung, Energieeffizienz, Klimaneutralität usw. sollen viel stärker einbezogen werden.
Nicht von ungefähr richtet sich der Fokus von Prozirkula primär auf die öffentliche Beschaffung: Mit einem Einkaufsvolumen von rund 40 Milliarden Franken ist der öffentliche Sektor der grösste Player auf dem Beschaffungsmarkt. Lässt er seine Muskeln spielen, verfügt er über den grössten Hebel zur Beschleunigung der Kreislaufwirtschaft. Mit seinen Entscheiden für kreislauffähige Beschaffungslösungen kann er die entscheidenden Weichen für eine nachhaltige Entwicklung stellen. Bedauerlich ist allerdings, dass das Gesetz es bei Empfehlungen bewenden lässt. Den Entscheidungstragenden bleibt dadurch weiterhin viel Spielraum, bei der Beschaffung zwischen der günstigsten und der ökologischsten Variante zu wählen.
Pionierarbeit und Pilotprojekte
Prozirkula startete unmittelbar nach der Gründung ein erstes Pilotprojekt, dem mittlerweile weitere Projekte folgten. Auf Basis des «Leitfadens für den Wiedereinsatz von Möbeln» hat das Amt für Umwelt und Energie Basel-Stadt (AUE) beispielsweise das alte Mobiliar im 2021 fertiggestellten Neubau im Zentrum von Basel wiederverwendet. Auch das Gebäude selbst, ein Hybrid aus Holz und Beton, mit Photovoltaikfassade und im Minergie-A-Eco-Standard gebaut, ist grösstenteils kreislaufkonform. Die Industriellen Werke Basel (IWB) hat Prozirkula unterstützt, Kreislaufwirtschaftsprinzipien in die Ausschreibung für Elektroladesäulen zu integrieren. Auch Armasuisse setzt neuerdings auf Ausschreibungskriterien von Prozirkula, wann immer sie elektronisches Gerät einkauft. Die SBB arbeiten mit einem von Prozirkula mitentwickelten Analysewerkzeug, um einzelne Warengruppen in Bezug auf ihre Kreislaufchancen und -risiken zu bewerten.
«Wann immer Kreislaufwirtschaft-Projekte angestossen werden, kommen die Beteiligten nicht darum herum, Pionierarbeit zu leisten», meint Stalder. Es gebe erst wenige Vorzeigebeispiele; Standardlösungen, die man einfach so übernehmen könne, seien noch kaum verfügbar. «Die Beschaffungsverantwortlichen können selten fertige Angebote und Produkte ab Stange einkaufen, sondern müssen zusammen mit den Lieferanten neue Lösungen entwickeln», skizziert Stalder die eigentliche Herausforderung. Der Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft beginne dabei im Kopf, denn die zirkuläre Beschaffung basiere auf einer neuen Denkweise. Die Verwaltungsangestellten und Manager betreten in der Regel Neuland und werden mit ungewohnten Anforderungen konfrontiert, wenn sie sich für eine kreislauffähige Beschaffung interessieren. Prozirkula bietet ihnen in dieser Situation professionelle Unterstützung. «Wir begleiten die Beschaffungsprozesse und sorgen dafür, dass die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft bereits in die Ausschreibungen einfliessen», so Stalder. Das Kompetenzzentrum Prozirkula fördert die Transformation zu kreislauffähigen Produktions- und Konsumpraktiken mittels Beratung, Weiterbildung, Wissenstransfer, Vernetzung und durch eine Wissensdatenbank. «Über Leuchtturmprojekte und über unsere Erfahrungen berichten wir regelmässig an Veranstaltungen, unter anderem am ‹Anwenderforum Kreislaufwirtschaft› im September dieses Jahres», sagt Stalder.
Ökologischer und ökonomischer Mehrwert
Das Kompetenzzentrum spricht mit seinen Dienstleistungen zwar primär die öffentlichen Beschaffungsstellen an, doch auch die Procurement-Managerinnen und -Manager der Unternehmen liegen bei den Kreislaufwirtschaft-Spezialisten von Prozirkula grundsätzlich richtig. «Firmen, die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft strategisch in ihre Prozesse integrieren, können sich bessere Chancen ausrechnen, bei öffentlichen Aufträgen die Nase vorn zu haben», zeigt sich Stalder überzeugt. Gefragt sind immer häufiger Geschäftsmodelle, bei denen ökologischer und ökonomischer Mehrwert Hand in Hand gehen. Gute Karten hat in dieser Beziehung beispielsweise der Möbelhersteller Zesar in Tavannes JU, der kreislauffähige Schul- und Büromöbel entwickelt hat.
Nutzt die öffentliche Beschaffung konsequent ihre Nachfragemacht und setzt nur noch auf Anbietende mit kreislauftauglichen Geschäftsmodellen, bewirkt dies einen Schneeballeffekt. Die Transformation in Richtung Kreislaufwirtschaft wird so auch in der Industrie und im Gewerbe angekurbelt. Nicht zuletzt leisten damit alle Beteiligten einen entscheidenden Beitrag dazu, das Sustainable Development Goal (SDG) 12, «Verantwortungsvolle Konsum- und Produktionsmuster», und weitere SDG zu erreichen.
Die Schweiz bleibt 2021 zum elften Mal in Folge die Nummer eins in Sachen Innovation, so die UNO. Auch beim Abfallrecycling ist sie mit einer Quote von 53 Prozent vorbildlich, auch wenn die europäischen Länder aufholen. Allerdings verursacht jede Schweizerin, jeder Schweizer jährlich 2,7 Tonnen Abfall, davon mehr als 700 Kilogramm Siedlungsabfall, womit die Schweiz im globalen Vergleich eine unrühmliche Spitzenposition beim Pro-Kopf-Abfallaufkommen einnimmt.
Wollen wir bis 2050 die CO2-Neutralität erreichen, ist es unerlässlich, zu überdenken, wie wir mit Ressourcen umgehen. Die Kreislaufwirtschaft fördert einen Paradigmenwechsel. Die Schweizer Gesetzgebung wird derzeit weiterentwickelt mit dem Ziel, einen Rahmen für die bessere Nutzung der Ressourcen zu schaffen. Gleichzeitig lassen sich viele lokale Initiativen und Projekte beobachten.
Die Herausforderung liegt in der Skalierung. Wie lässt sich die notwendige Transformation der Wirtschaft beschleunigen, und welche Rolle können Gemeinden, Regionen und Kantone spielen? Verschiedene öffentliche Bereiche liessen sich nach den Regeln der Kreislaufwirtschaft ausgestalten. Die NRP stellt in dieser Hinsicht eine Chance dar, diesen Übergang zu begleiten. Die vorliegende Ausgabe von «regioS» gibt einen kurzen Überblick über die grundlegenden Überlegungen zur Kreislaufwirtschaft und stellt konkrete Beispiele vor.
Die von regiosuisse entwickelte Toolbox Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab, die öffentlichen Akteure zu unterstützen. Im laufenden Jahr lanciert regiosuisse das RegioLab Kreislaufwirtschaft, damit die Regionen potenzielle Projekte starten können. Auf die Plätze, fertig, kreisen!
Beispiele zur Kreislaufwirtschaft in der Schweiz und in Liechtenstein
Das Projekt «circter» untersuchte im Rahmen des europäischen Forschungsprogramms espon räumliche Bedingungen, um die Kreislaufwirtschaft erfolgreich zu etablieren. Unter die Lupe genommen wurden auch die Schweiz und Liechtenstein. Zu den regionalspezifischen Stärken der beiden Länder für den Übergang zur Kreislaufwirtschaft gehören gemäss einer im September 2021 publizierten Fallstudie gut etablierte Plattformen und Netzwerke, die helfen, Erfahrungen auszutauschen und Innovationen zu verbreiten. Weitere Stärken sind hochmoderne Rücknahmesysteme sowie Industriezweige und fortschrittliche Produktionsmethoden, die von Bildungs- und Forschungseinrichtungen unterstützt werden, ein günstiges Finanz- und Geschäftsumfeld, die Lage an logistischen Verkehrsknotenpunkten beziehungsweise an für Europa wichtigen Korridoren sowie ein starkes öffentliches Bewusstsein und institutionelle Kommunikation zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen.
Kreislaufwirtschaft – die besonderen Chancen der Regionen
Pirmin Schilliger & Urs Steiger
Die Kreislaufwirtschaft (KLW) steht schon seit Jahrzehnten auf der ökologischen Agenda. Mittlerweile ist daraus ein
ausgereiftes und umfassendes Konzept für nachhaltiges Wirtschaften entstanden. Es soll nun in der gesamten Wirtschaft umgesetzt werden und damit auch im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) die regionale Entwicklung
inspirieren.
In der globalen Wirtschaft stammen 90 Prozent der Materialien aus neu gewonnenen Rohstoffen, 40 Prozent davon sind fossile Energieträger. Angesichts dessen ist eine ressourcenschonende Wirtschaftsform vonnöten. Das Konzept der Kreislaufwirtschaft bietet einen Lösungsansatz, der auf einem System aus erneuerbaren Energien und geschlossenen Materialkreisläufen basiert. Alle bedenklichen Stoffe, die die Umwelt belasten und die Gesundheit gefährden, sollten durch unbedenkliche ersetzt werden.
Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft
Als Begründer der Kreislaufwirtschaft (KLW) gilt der britische Wirtschaftswissenschafter David W. Pearce. Zu Beginn der 1990er-Jahre leitete er das Konzept der Kreislaufwirtschaft aus der industriellen Ökologie ab. Der Deutsche Michael Braungart, Professor für chemische Verfahrenstechnik, und der amerikanische Architekt William McDonough entwickelten diesen Ansatz um die Jahrtausendwende konsequent weiter. In ihrem Buch «Cradle to Cradle»1 («Von der Wiege zur Wiege») propagierten sie ein fundamental neues Produktionssystem: Keine Stoffe landen mehr auf der Deponie oder in der Verbrennungsanlage. Alle nicht natürlich abbaubaren Stoffe werden stattdessen zur Produktion neuer Güter wiederverwendet.
In der Kreislaufwirtschaft nach dem «Cradle-to-Cradle»-Prinzip unterscheiden sie drei Kategorien von Stoffen:
➊ Verbrauchsgüter wie Reinigungsmittel, Shampoos oder Verpackungsmaterialien sind in der Kreislaufwirtschaft konsequent aus biologischen Nährstoffen zu fertigen, sodass sie schliesslich kompostiert und getrost wieder der Umwelt überlassen werden können.
➋ Gebrauchsgüter wie Autos, Waschmaschinen oder Fernsehgeräte, die aus «technischen Nährstoffen» bestehen, sind so zu gestalten, dass sie am Ende ihres Lebenszyklus restlos in wiederverwertbare Bestandteile zerlegt werden können. Die Stoffe dieser Gebrauchsgüter zirkulieren also im industriellen Produktionssystem in einem ewigen Kreislauf.
➌ Ausgedient hat in der Kreislaufwirtschaft die dritte Kategorie, alle jene Stoffe, die wir heute als Abfall verbrennen oder deponieren.
«Es geht in der Kreislaufwirtschaft nicht einfach darum, Abfälle zu reduzieren oder zu minimieren, sondern die Entstehung von Abfall zu vermeiden», betont Michael Braungart, einer der geistigen Väter des Konzepts. Lassen sich Stoffe in Gebrauchsgütern (noch) nicht durch kreislauffähige Alternativen ersetzen, gilt es, den Ressourcenverbrauch zumindest zu reduzieren und die Produkte länger zu gebrauchen.
Der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern bildet eine unabdingbare Voraussetzung für eine künftige Kreislaufwirtschaft. Mit der Energiewende ist die Schweiz diesbezüglich politisch auf Kurs, die Rück- beziehungsweise die Überführung sämtlicher Materialflüsse in einen Kreislauf bildet hingegen eine enorme Herausforderung. Damit die Transformation gelingt, bedarf es weiterer Weichenstellungen – auch auf politischer Ebene. «Es gibt für die Hersteller keine Notwendigkeit, freiwillig dem ‹Wiege-zur-Wiege›-Prinzip zu folgen, solange die Steuerzahlenden für die Entsorgung in den teuren Kehrichtverbrennungsanlagen aufkommen», bemängelt Braungart. Die Transformation der linearen in eine zirkuläre Wirtschaft ist ein globales interdisziplinäres Projekt, in das alle Akteurinnen und Akteure eingebunden werden müssen, von der Rohstoffgewinnung über die Entwicklung und das Design der Produkte, die Herstellung und Distribution/Logistik, den Konsum bis hin zum Abfallmanagement. Letzteres sorgt dafür, dass die Stoffe nicht länger «entsorgt» werden, sondern zwingend als Sekundärrohstoffe in den Kreislauf zurückfliessen. Doch betrifft die Kreislaufwirtschaft auch die Formen der Nutzung und damit der Geschäftsmodelle. Die Devise lautet: mieten (statt kaufen), teilen/sharing (statt besitzen), reparieren/wiederaufbereiten/erneuern (statt wegwerfen)! Die Konsumentinnen und Konsumenten können mit ihren Konsumgewohnheiten und Verhaltensmustern wesentlich zum Wandel beitragen.
Mit Kreislaufwirtschaft ökonomisch erfolgreich
Im Bereich der Produktion sind vor allem die Unternehmen gefordert. Verschiedene Pioniere haben mit Produkten wie Stühlen, Turnschuhen oder Teppichböden bereits gezeigt, dass kreislaufähige Geschäftsmodelle wirtschaftlich erfolgreich sein können. Die Firma Forster Rohner in St.Gallen hat vor Jahren kompostierbare Polsterbezüge für Büro- und Flugzeugstühle entwickelt. Die strengen Vorgaben des Labels «Cradle to Cradle» erfüllen allerdings erst wenige Unternehmen. Vögeli Druck in Langnau im Emmental zum Beispiel hat 2016 als weltweit erste Druckerei die «Cradle-to-Cradle»-Goldzertifizierung (Cradle to Cradle Products Innovation Institute, c2ccertified.org) erhalten.
In der Metall- und Maschinenindustrie führt der Weg zur Kreislaufwirtschaft meist über einen mehrstufigen Optimierungsprozess. Der Schweizer Küchenhersteller Franke verbraucht für seine Edelstahlspülen dank Prozessverbesserungen heute drei Viertel weniger Energie als noch vor wenigen Jahren und bloss noch halb so viel Edelstahl. In der Industrie ist es heute Standard, dass viele Metalle, vor allem Platin, Gold und Palladium, rezykliert werden; einfach weil diese Stoffe zu wertvoll sind, um im Abfall zu landen, und sich viele Metalle ohne Qualitätseinbusse problemlos für einen nächsten Produktionszyklus aufbereiten lassen. Rund 1,6 Millionen Tonnen Eisen- und Stahlschrott werden so in der Schweiz jährlich zu Bau- und Edelstahl aufbereitet. Ausserdem gelangen 3,2 Millionen Tonnen separat gesammelte Siedlungsabfälle wieder in den Kreislauf. Im Hoch- und Tiefbau werden knapp 12 Millionen Tonnen oder zwei Drittel der Rückbaumaterialien wie Beton, Kies, Sand, Asphalt und Mauerwerk wiederverwertet. «Weitere 5 Millionen Tonnen Rückbaumaterialien sowie 2,8 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle sind hingegen (noch) nicht im Kreislauf», sagt David Hiltbrunner von der Sektion Rohstoffkreisläufe des Bundesamtes für Umwelt (BAFU). Eine besondere Herausforderung bleiben vorderhand Textilfasern, Kunst- und Verbundstoffe, Elektroschrott, Chemikalien sowie gewisse biogene Abfälle. Es sind Stoffe, die sich – wenn überhaupt – nur mit enormem Aufwand zerlegen und wiederaufbereiten lassen. Allerdings wächst auch in diesen heiklen Bereichen die Zahl der Firmen, die nach Prinzipien der Kreislaufwirtschaft innovative Geschäftsmodelle entwickeln. So bietet etwa die Möbelhandelsfirma Pfister seit 2018 entsprechend zertifizierte Vorhänge an. Das Start-up trs (Tyre Recycling Solutions) in Yvonand VD macht alte Pneus wieder verkehrstüchtig, und die Firma Bauwerk in St. Margrethen SG bereitet alte Parkettböden auf.
Damit auch komplexe Konsumgüter wie Waschmaschinen, Computer oder Autos kreislauffähig werden, sind griffige politische Rahmenbedingungen erforderlich. Die EU-Ökodesign- und Abfallrahmenrichtlinien verlangen ausdrücklich die Förderung nachhaltiger Produktions- und Konsummodelle, insbesondere eine Gestaltung, die auf Langlebigkeit ausgerichtet ist, sowie die Reparierbarkeit von Elektrogeräten, Massnahmen gegen Lebensmittelverschwendung und Informationskampagnen in der Bevölkerung. Einzelne Länder sind in der Umsetzung schon weit. Die Niederlande etwa setzen in der öffentlichen Beschaffung seit zehn Jahren gezielt auf Güter, die nach dem «Wiege-zur-Wiege»-Prinzip gefertigt sind, und geben für die öffentliche Beschaffung nach Kreislaufwirtschaft-Kriterien zweistellige Milliardenbeträge aus. Mit dem Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft («Circular Economy Action Plan») hat die EU ihre Bemühungen 2020 nochmals verstärkt. Derzeit wird darüber diskutiert, die Ökodesign-Richtlinien auf sämtliche Konsumgüter auszuweiten, denn die EU möchte sich dereinst definitiv vom System der Wegwerfgesellschaft verabschieden. Die EU-Richtlinien gelten auch für alle Schweizer Hersteller, die Produkte in die EU-Länder exportieren möchten.
Es ist kein Zufall, dass das Ökodesign im EU-Aktionsplan an erster Stelle steht: Bis zu 80 Prozent der späteren Umweltbelastung eines Produktes werden in der Design-Phase vorbestimmt, ebenso dessen Lebensdauer und Reparaturanfälligkeit. Zudem gilt die ökologische Faustregel: Suffizienz vor Kreislauf! Ein schonender Umgang mit Ressourcen, der sich auf das Notwendigste beschränkt, vermeidet Leerläufe und erspart viel späteren Aufwand. «Zur Kreislaufwirtschaft tragen alle Strategien bei, die helfen, die Stoffe und Materialien sparsamer, effizienter und länger zu verwenden», meint Hiltbrunner.
Die Agenda der Schweiz
Auch in der Schweiz steht die Kreislaufwirtschaft auf der politischen Agenda weit oben. Aus gutem Grund: In kaum einem anderen Land fällt – trotz hoher Recyclingquoten – pro Kopf der Bevölkerung so viel Siedlungsabfall an wie in der Schweiz.
Im Parlament sind mindestens acht Vorstösse hängig, die sich auf die Kreislaufwirtschaft beziehen, als wichtigste die parlamentarische Initiative 20.433 «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» und der Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 11. Oktober 2021. Eine aktuelle Standortbestimmung zur Kreislaufwirtschaft hat der Bundesrat in diesem Frühjahr vorgenommen. Relevante Potenziale für die Kreislaufwirtschaft gibt es demnach vor allem in den Bereichen «Bauen und Wohnen», «Land- und Ernährungswirtschaft», «Mobilität», «Maschinenbau» sowie «chemische Industrie».Die Bundesverwaltung hat eine ganze Reihe von Vorschriften und Normen identifiziert, die eine Kreislaufwirtschaft noch behindern. Wie sich diese Hürden beseitigen lassen, wird abgeklärt. Klar scheint, dass die Aspekte einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft künftig in die Sektoralpolitiken des Bundes einfliessen müssen. Laut Bundesrat geschieht dies am besten in Übereinstimmung mit der «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030» (SNE 2030) des Bundes und mit den nationalen Langfriststrategien zur Klima-, Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik.
Die explizite Förderung der Kreislaufwirtschaft – bisher kein Programmpunkt der NRP – dürfte als ein Element in die nächste Programmperiode einfliessen. Dies deckt sich auch mit dem Anliegen von Romed Aschwanden, dem Geschäftsführer des Urner Instituts «Kulturen der Alpen» an der Universität Luzern, wonach die NRP radikal am Prinzip der Nachhaltigkeit auszurichten sei. «Denn die Lohnungleichheit ist nicht länger das eigentliche Problem in den Randregionen und Berggebieten, sondern der Klimawandel», argumentiert er.
Bei den zuständigen Ämtern, allen voran dem SECO und den kantonalen NRP-Fachstellen, laufen bereits die notwendigen Vorarbeiten. Den Rahmen für die Weichenstellung setzen die siebzehn Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDS) der Vereinten Nationen (UNO). Diese sogenannte «Agenda 2030» bildet für die Schweiz bereits heute den Orientierungsrahmen für die «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030». Entsprechend kann sich die Direktion für Standortförderung des SECO darauf stützen, wenn es gilt, die Ideen und Ziele der nachhaltigen Entwicklung in der NRP zu verankern. «Im Schwerpunktthema ‹nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion› wird die Kreislaufwirtschaft eine wichtige Rolle spielen», sagt Ueli Ramseier, der die Arbeiten für die Nachhaltigkeit in der NRP beim SECO koordiniert. Zudem fördert die NRP mit dem Schwerpunkt «Klima, Energie und Biodiversität» seit Jahren erneuerbare Energien und die Gestaltung nachhaltiger und resilienter Siedlungsräume.
Die Abstimmung der NRP auf die nachhaltige Entwicklung ist als Weiterentwicklung und Ergänzung der NRP zu verstehen, nicht als Systemwechsel. Die Beiträge zu den gesellschaftlichen und ökologischen Aspekten der nachhaltigen Entwicklung sollen in der Programmperiode 2024–2027 weiter ausgestaltet und stärker gewichtet werden. Die NRP wird jedoch auch in Zukunft ihren regionalwirtschaftlichen Fokus beibehalten, die kantonalen NRP-Fachstellen und das SECO sollen aber vermehrt NRP-Projekte mitfinanzieren, die die Kreislaufwirtschaft ins Zentrum stellen. «An den übergeordneten Zielen – die Wettbewerbsfähigkeit der Regionen zu stärken, Arbeitsplätze zu schaffen, eine dezentrale Besiedlung zu erhalten und regionale Disparitäten abzubauen – hält die NRP fest», betont Ramseier.
Stärken der Regionalpolitik nutzen
Bei der Förderung der Kreislaufwirtschaft spielen die Regionen eine wichtige Rolle, auch wenn sie sich nicht auf den ersten Blick erschliesst. Dieser Herausforderung hat sich im letzten Jahr regiosuisse – die Netzwerkstelle für Regionalentwicklung – angenommen. «Wir möchten Know-how aufbauen, das notwendige Wissen vermitteln und konkrete Hilfestellungen für Regionen entwickeln», erläutert Lorenz Kurtz, Projektleiter regiosuisse. Im Rahmen der regiosuisse-Wissensgemeinschaft «Kreislaufwirtschaft und Regionalentwicklung» wurde in den vergangenen Monaten relevantes Wissen in Form einer Praxistoolbox mitsamt inspirierenden Beispielen aufbereitet. Um das komplexe Thema für die Regionen umsetzungsreif weiterzuentwickeln, startete regiosuisse im März dieses Jahres mit dem «Kreislaufwirtschafts-RegioLab». Dessen Ziel ist es, aufzuzeigen, wie die Regionen die Kreislaufwirtschaft in ihre regionalen Strategien integrieren können.
Chancen eröffnen sich den Regionen mit der Kreislaufwirtschaft, wenn sie auf Themen und Bereiche fokussieren, die ohnehin bereits regional und weniger global strukturiert sind: Land- und Forstwirtschaft, Lebensmittelproduktion, Holzverarbeitung, erneuerbare Energien, Infrastrukturen, regionale Dienstleistungen und damit auch der Tourismus. Eine systematische Analyse der Materialflüsse und Produktionsketten in diesen Bereichen zeigt, dass das regionale Potenzial für die Kreislaufwirtschaft riesig ist. Um die Kreislaufwirtschaft zu fördern, sind nebst der Bildungs- und Wissensvermittlung zusätzliche finanzielle Anreize notwendig. Geld braucht es für die Projekte an sich, aber auch für die professionelle Projektbegleitung und die Ausarbeitung regionaler Kreislaufwirtschaft-Entwicklungsstrategien. «Denkbar ist, für besonders anspruchsvolle Projekte der Kategorie ‹5-Sterne-Nachhaltigkeit› den Förderrahmen zu erweitern und dafür künftig mehr Bundesmittel zu sprechen», meint Ramseier.
Norman Quadroni, Leiter Regionalpolitik Arcjurassien, sieht in der Kreislaufwirtschaft eine grosse Chance, den natürlichen Reichtum der ländlichen Regionen, Grenz- und Berggebiete besser zu nutzen. Er ist überzeugt, dass sich damit Ressourcen in Wert setzen lassen, die unter einer rein exportorientierten Entwicklungsperspektive auf der Strecke bleiben würden. «Bestimmte wirtschaftliche Aktivitäten, die heute international organisiert sind, könnten wieder in die Region zurückgeholt und in kurze Kreisläufe eingebunden werden», so Quadroni. Die Regionen sind dank ihrer Eigenschaften und Qualitäten wie Kleinräumigkeit, Überschaubarkeit und Nähe für die Initiierung von Kreislaufprozessen grundsätzlich prädestiniert. Denn die interdisziplinäre und überbetriebliche Zusammenarbeit in Netzwerken, wie sie die NRP seit Anbeginn praktiziert, ist in der Kreislaufwirtschaft besonders gefragt.
Neben regiosuisse engagieren sich verschiedene Organisationen dafür, interessierten Akteurinnen und Akteuren Know-how, Empowerment und Coaching zur Kreislaufwirtschaft anzubieten:
Go for impact Der vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) mitinitiierte Verein «Go for impact» versteht sich als Impulsgeber für die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz. Er setzt sich politisch und wirtschaftlich dafür ein, die Kreislaufzukunft der Schweizer Wirtschaft mitzugestalten.
Circular Economy Switzerland Das wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich breit abgestützte Netzwerk richtet sich mit seiner Plattform an alle an der Kreislaufwirtschaft interessierten Organisationen, Firmen und Personen. Es hat eine Charta zur KLW ausgearbeitet und unterstützt sämtliche Initiativen mit Wissen, Veranstaltungen und politischem Lobbying.
CircularHub Die Wissens- und Netzwerkplattform zur Kreislaufwirtschaft in der Schweiz adressiert innovative Unternehmen und Startups mit Ausbildungs-, Beratungs- und Projektbegleitungsangeboten.
Netzwerk Ressourceneffizienz Schweiz(Reffnet) Expertinnen und Experten des Reffnet beraten und begleiten Firmen bei der Erarbeitung eines Massnahmenplans für eine höhere Ressourceneffizienz.
Ressourcendruck-Designmethode Eine Forschungsgruppe an der Empa hat im Rahmen des NFP 73 «Nachhaltige Wirtschaft» die Ressourcendruck-Designmethode entwickelt. Der neue Ansatz soll beim Design von Produkten und Dienstleistungen zu nachhaltigeren Entscheidungen beitragen.
PRISMA Die Interessengemeinschaft von Unternehmen aus der Lebensmittelindustrie und der Konsumgüterbranche sowie der Verpackungsindustrie strebt die Realisation der Kreislaufwirtschaft im Bereich der Verpackungen an.
WÖB Wissensplattform des Bundes für nachhaltige öffentliche Beschaffung.
Kompass Nachhaltigkeit Vom SECO finanzierte und von der Stiftung Pusch zusammen mit dem Verband für nachhaltiges Wirtschaften (öbu) betriebene Wissensplattform.
Die Ideenbörse – Initiativen und Projekte zur Kreislaufwirtschaft
Landwirtschaft/Lebensmittel
Star’Terre Regionale Produktion/regionale Vermarktung/kurze Kreisläufe, interkantonale Lebensmittel-Plattform in der Region Genfersee (vgl. Artikel Vernetzung von Landwirtschaft und Start-ups).
Aquaponik Verbindung von Fischzucht und bodenunabhängiger Landwirtschaft in einem Kreislauf. Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft (ZHAW) forscht und lehrt auf diesem Gebiet und bietet Kurse für Einsteiger und Interessenten an.
«Kreislaufwirtschaft im Seeland» (NRP-Projekt 2021–2023): Restaurants, Bäckereien und Betriebe der Gemeinschaftsgastronomie versuchen zusammen mit weiteren Akteuren (Gemüseproduzenten, Konsumenten), die Kreisläufe der Wertschöpfungskette zu schliessen.
Centravo AG in Lyss BE Das Unternehmen verwertet seit 25 Jahren tierische Bestandteile, die von den Metzgereien nicht genutzt werden.
Fine Funghi AG Das Zürcher Unternehmen produziert Bio-Pilze aus dem Abfall (Weizenkleie) einer Getreidemühle.
RethinkResource Das Start-up hat den B2B-Marktplatz «Circado» aufgebaut, um industrielle Nebenprodukte der Lebensmittelproduktion zu verwerten.
Ricoter Erdaufbereitung AG Das 1981 gegründete Unternehmen produziert in Aarberg BE und Frauenfeld TG Gartenerde aus den organischen Abfällen der Zuckerraffinerien.
Eberhard Bau AGDas Unternehmen ist seit vier Jahrzehnten Pionier des Baurecyclings. Es verwandelt Bauschutt ohne Qualitätseinbusse in Sekundärrohstoffe.
enoki in Fribourg Das Freiburger Start-up entwirft und plant kreislauffähigere Quartiere und Städte.
Terrabloc in Genf Die Genfer Firma Terrabloc produziert Bau- und Dämmstoffe aus Lehm.
VADEMEDas Interreg-Projekt zielt auf eine koordinierte Lösung für mineralische Bauabfälle in den Regionen Genf und Annecy ab (vgl. Artikel VADEME: mineralische Abfälle aufwerten).
ORRAP Interreg-Projekt (2016–2019) für das Recycling von Ausbauasphalt in der Region Basel.
Organisatorische und strategische Ansätze
AlpLinkBioEco Das im April 2021 abgeschlossene Interreg-Projekt hat einen Wertschöpfungskettengenerator und einen Masterplan entworfen für eine auf natürlichen lokalen Rohstoffen basierende Kreislaufwirtschaft im Alpenraum.
SharelyDas Start-up betreibt eine Miet- und Vermietungsplattform für Alltagsgegenstände.
Make furniture circular Eine Initiative der Stiftung Pusch und des Migros-Pionierfonds zur Förderung von «Kreislauf-Möbeln».
Reparatur- und Recyclingnetzwerke Verschiedene regionale Initiativen zur Förderung von Reparatur- und Recyclingstellen. Dazu zählen auch Secondhand-Days, Secondhand-Shops, Repair-Werkstätten, Up-Cycling-Stellen usw.
Kreislaufwirtschaft im Parc Naturel Régional Chasseral: Relokalisierung von Wertschöpfungsketten, Erhalt und Inwertsetzung von natürlichen lokalen Ressourcen.
Plattform 1PEC Ideenbörse zur Förderung der Kreislaufwirtschaft im Wallis.
Kreislaufwirtschaft Oberwallis Kreislaufwirtschaft in einem ländlich abgeschlossenen Gebiet (gefördert durch das Programm «Nachhaltige Entwicklung», ARE, 2022).
Share Gallen Networking-Workshop und öffentlicher Markt in St. Gallen (Projekt aus Förderprogramm «Nachhaltige Entwicklung», ARE, 2018).
Wie kann die Kreislaufwirtschaft in die Wirtschaft und die Gesellschaft integriert und als zukunftsweisendes Modell einer nachhaltigen Entwicklung gezielt gefördert werden? Welche besonderen Chancen eröffnen sich damit der regionalen Wirtschaft? Diese Fragen diskutierten im Gespräch mit «regioS» Marie-Amélie Dupraz-Ardiot, Sustainability-Managerin und Verantwortliche des Kantons Freiburg für die Strategie «Nachhaltige Entwicklung», Antonia Stalder, Geschäftsführerin von Prozirkula, sowie Ökonomieprofessor Tobias Stucki, Co-Leiter des Instituts Sustainable Business an der Berner Fachhochschule Wirtschaft.
regioS: Kreislaufwirtschaft ist ein älteres Konzept. In der Schweiz hat sich die Abfallkampagne des Bundes bereits in den 1990er-Jahren mit Aspekten davon auseinandergesetzt. Können wir folglich heute auf Bestehendem aufbauen, oder starten wir neu?
Marie-Amélie Dupraz-Ardiot: Das Konzept der Kreislaufwirtschaft ist heute relevanter als je zuvor. Wir können dabei zwar auf Bestehendem aufbauen, aber wir müssen deutlich mehr machen als bisher. Wir dürfen nicht nur das Recycling ansprechen, sondern müssen eine breitere Perspektive entwickeln, in der Themen wie «Abfall vermeiden», «Reparieren» und «Wiederverwenden» eine grosse Rolle spielen.
Tobias Stucki:Wir haben das Denken in Kreisläufen generell noch zu wenig verinnerlicht. Wir müssen dieses Denken auch bei uns wieder in die Köpfe reinkriegen, so wie das früher normal war und heute in ärmeren Ländern noch ganz normal ist. In einer Vorlesung hat ein Student aus Kuba gesagt: «Kreislaufwirtschaft ist, wie wir bei uns leben.»
Antonia Stalder: Einen – zumindest historischen – Anknüpfungspunkt gibt es auch bei uns. In unseren Schulungen erzählen die Teilnehmenden immer wieder, dass ihre Grosseltern noch auf diese Art und Weise gewirtschaftet hätten. Sie haben zum Beispiel ihre Möbel dreissig Jahre lang zweimal im Monat geölt, um sie möglichst lange nutzen zu können. Wir haben solch sorgfältiges Wirtschaften irgendwie verlernt. Wir sind nicht mehr interessiert daran, Dinge mit langlebiger Qualität zu bauen und sie entsprechend zu unterhalten und zu pflegen. Es geht bei der Kreislaufwirtschaft tatsächlich nicht einfach nur um Recycling, sondern um die richtigen Werte. Diese beruhen darauf, dass die Dinge nicht einfach neu und chic sein müssen, sondern dass sie von guter Qualität sind, sodass sie sich mehrmals aufbereiten und immer wieder reparieren lassen – und dabei noch edler aussehen als Neueinkäufe.
Wo stehen wir heute in der Umsetzung gemessen am Fernziel einer konsequent auf erneuerbare und wiederverwertbare Ressourcen ausgerichteten Kreislaufwirtschaft?
Marie-Amélie Dupraz-Ardiot:Wir sind vom Fernziel noch weit entfernt. Um die Kreislaufwirtschaft überhaupt umsetzen zu können, brauchen wir eine neue Denkweise. Solange in unseren Köpfen nichts passiert, nehmen die Materialflüsse in unserer Wirtschaft unentwegt zu. Wir müssen uns wieder an all das erinnern, was wir von unseren Grosseltern hätten lernen können.
Antonia Stalder: In der Baubranche beispielsweise verbauen wir mengenmässig so viel, dass wir mit den eingesetzten Materialien jeden Monat New York City frisch aus dem Boden stampfen könnten. Laut Prognosen wird sich bis 2050 daran auch nichts Entscheidendes ändern.
Tobias Stucki: Wir haben erst kürzlich gemeinsam mit der ETH eine repräsentative Befragung bei Unternehmen in der Schweiz durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass lediglich bei rund zehn Prozent der Firmen die Kreislaufwirtschaft schon ernsthaft ein Thema ist. Rund vierzig Prozent der Unternehmen haben hingegen in den letzten Jahren keine Massnahmen zur Steigerung der ökologischen Nachhaltigkeit umgesetzt.
Lässt sich Kreislaufwirtschaft in der Schweiz, deren Wirtschaft bekanntlich extrem in globale Wertschöpfungsketten eingebettet ist, überhaupt umsetzen? Wie können sich die Betriebe organisieren, um zirkulär zu werden?
Tobias Stucki: Die zirkuläre Transformation setzt in den meisten Fällen voraus, dass man die gesamten Lieferketten überdenken und – zum Teil mit neuen Partnern – neu organisieren muss. Dabei ist nicht die Logistik das grösste Problem. Die eigentliche Herausforderung bilden die Produkte selbst. Zentral ist die Frage, welche Materialien und Stoffe in welchen Produkten überhaupt eingesetzt werden sollen.
Antonia Stalder: Ich glaube nicht, dass wir uns die globalen Wertschöpfungsketten mitsamt allem logistischen Aufwand in diesem Ausmass auch in Zukunft leisten können. Heute produzieren wir – das Wort sagt es – entlang von Ketten, sogenannten Wertschöpfungsketten, die per se linear und nicht zirkulär sind. Wir werden nicht darum herumkommen, in Zukunft viel mehr Produkte und Geräte aufzubereiten, zu reparieren und zu teilen, und zwar im regionalen und lokalen Rahmen. Wenn wir stattdessen unseren globalen Warenverkehr noch stärker ausweiten, sehe ich grosse Probleme auf uns zukommen.
Tobias Stucki: Letztendlich stehen wir bei der Umsetzung einer effizienten Kreislaufwirtschaft einem Trade-off gegenüber: Einerseits macht es natürlich Sinn, Kreisläufe möglichst lokal zu schliessen, andererseits wird dies technisch nicht immer möglich sein. Wir brauchen in Zukunft einen gewissen Mix aus lokalen, regionalen und globalen Wertschöpfungskreisläufen.
Wie beurteilen Sie, Frau Dupraz-Ardiot, die Notwendigkeiten und Möglichkeiten, die Kreislaufwirtschaft in unserem System einzuführen?
Marie-Amélie Dupraz-Ardiot: Die Kreislaufwirtschaft wird über kurz oder lang ein wesentlicher Teil der Ökonomie, denn sie ist ein entscheidender Kostenreduktionsfaktor und auch ein Faktor der Wettbewerbsfähigkeit. Ausserdem trägt sie zur Resilienz bei in einer Zeit, in der die Rohstoffpreise rasant steigen und es Engpässe in den Lieferketten gibt. So betrachtet wird die Kreislaufwirtschaft immer mehr auch zum Faktor der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit einer Region.
Marie-Amélie Dupraz-Ardiot: Im Kanton Freiburg haben wir eine Agrar- und Lebensmittelstrategie entwickelt, die sich stark auf die Umsetzung einer regionalen Kreislaufwirtschaft mitsamt der Vernetzung der Akteurinnen und Akteure konzentriert. Eine der Leitideen ist dabei, die sekundäre Biomasse wiederzuverwerten.
Wo liegen die eigentlichen Knackpunkte bei der Umsetzung?
Antonia Stalder: Der Knackpunkt in der öffentlichen Beschaffung zum Beispiel liegt in der Komplexität. In unserer Beratung versuchen wir, diese auf eine verständliche Ebene herunterzubrechen. Der Bedarf nach dieser Art von Beratung ist vor allem in kleineren Strukturen gross. Ein Kanton hat vielleicht noch die notwendigen Ressourcen, aber eine Gemeinde ist mit dem Thema schnell überfordert. Es fehlen allerdings praktische Instrumente zur Umsetzung. Ich denke an Checklisten, verbindliche Ausschreibungskriterien, Blueprints für klare Entscheidungsgrundlagen und Ähnliches. Dazu wollen wir von Prozirkula in der Beratung und mit unserem Kompetenzzentrum einen Beitrag leisten.
Tobias Stucki: Die Herausforderungen in der Privatwirtschaft sind ähnlich wie bei der öffentlichen Beschaffung: Das Konzept der Kreislaufwirtschaft ist den Verantwortlichen zwar einigermassen bekannt, aber die Umsetzung im eigenen Betrieb erweist sich als schwierig. Es gibt kaum Standardlösungen dafür. Gefragt ist ein individueller Ansatz, und diesen zu entwickeln, ist meistens nicht ganz einfach. Hinzu kommt, dass der Wandel zur Kreislaufwirtschaft mit Finanzierungskosten verbunden ist.
Marie-Amélie Dupraz-Ardiot: Auf Kantonsebene haben wir zwar die Ressourcen, um den strategischen Rahmen zu entwickeln, in der Umsetzung fehlen uns aber die Kenntnisse. Kreislaufwirtschaft ist eine interdisziplinäre Disziplin, bei der alle Beteiligten zusammenarbeiten müssen. Es funktioniert nur, wenn alle miteinander reden, die Akteure der Wirtschaftspolitik mit jenen der Agrarpolitik, die Akteurinnen der Agrarpolitik mit jenen der Abfallwirtschaft. Ein weiterer Knackpunkt ist rein technischer Art: Die meisten Materialien lassen sich nicht beliebig oft recyceln und wiederverwenden. Sie verlieren nach jedem Durchlauf an Qualität. Zirkularität ist eine Möglichkeit, den Ressourcenverbrauch zu verlangsamen und zu reduzieren, aber sie kann ihn nicht gänzlich aufhalten.
Wer ist in der Umsetzung besonders gefordert? Welche Akteure spielen die entscheidende Rolle?
Tobias Stucki: Entscheidend sind nicht nur die Produzenten, sondern auch die Konsumentinnen und Konsumenten. Auch sie müssen sensibilisiert werden, damit die Kreislaufwirtschaft wirklich funktionieren kann. Sie müssen bereit sein, Produkte länger und zirkulär zu nutzen. Eine Schlüsselrolle spielt das öffentliche Beschaffungswesen, etwa wenn es darum geht, Pilotprojekte zu finanzieren. Mitspielen muss auch der Finanzsektor. Und selbstverständlich ist die Politik gefordert, wenn es gilt, die entsprechenden Rahmenbedingungen festzulegen. Wie generell bei der Nachhaltigkeit bringt es nichts, sich bei der Kreislaufwirtschaft nur auf einzelne Punkte zu fokussieren. Als Bildungsanbieter stehen wir zudem in der Pflicht, die Leute zu schulen und das notwendige Wissen zu vermitteln.
Verfügt die Schweiz bereits über die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen?
Tobias Stucki: An unseren Zielen gemessen: Nein! Sieht man, was die EU im Moment macht, sind wir völlig im Rückstand – obwohl wir aufgrund unserer Ressourcenknappheit und unseres Innovationswissens prädestiniert wären, eine Vorreiterrolle einzunehmen. Beginnen wir nicht sofort und energisch, an unseren Rahmenbedingungen zu arbeiten, laufen wir Gefahr, gegenüber anderen Ländern in einen Wissensrückstand zu geraten, den wir nicht mehr so schnell werden aufholen können.
Antonia Stalder:Speziell in der öffentlichen Beschaffung hätten wir mit dem revidierten öffentlichen Beschaffungsgesetz seit Januar 2021 eigentlich genug Spielraum. Es wäre klug und nützlich, diesen Spielraum auszuschöpfen und die entsprechenden Projekte aus dem Boden zu stampfen. Natürlich müssen die Rahmenbedingungen noch weiter angepasst werden, aber man könnte bereits jetzt sehr viel mehr tun, als tatsächlich geschieht.
Marie-Amélie Dupraz-Ardiot: Wir hätten, wie es Herr Stucki erwähnt hat, in der Schweiz vor einigen Jahren eine Vorreiterrolle übernehmen können. Mittlerweile ist die EU schon viel weiter, und auch einzelne Länder wie Frankreich haben mehr gesetzliche Grundlagen als die Schweiz.
Wo könnte und sollte man in der Gesetzgebung Nägel mit Köpfen einschlagen?
Marie-Amélie Dupraz-Ardiot: In der laufenden Revision des Umweltschutzgesetzes könnte man viel machen. Der Bund hat die Revision in die Vernehmlassung geschickt. Der Kanton Freiburg hat vorgeschlagen, in verschiedenen Punkten weiter zu gehen als vorgeschlagen. Wichtig sind gesetzliche Rahmenbedingungen, die wir dann auch tatsächlich umsetzen können. Ich habe Bedenken, ob wir bereits über genügend fähige Leute mit dem notwendigen Wissen und den erforderlichen Kompetenzen verfügen. Es gibt zweifellos noch grösseren Ausbildungs- und Schulungsbedarf.
Tobias Stucki: In der Schweiz setzen wir extrem stark auf das Prinzip der Freiwilligkeit. Die EU geht da entschieden einen Schritt weiter und versucht, die Kreislaufwirtschaft gesetzlich klar zu regeln. Es gibt Vorschriften, die für Druck sorgen, sodass die Unternehmen sich wirklich bewegen müssen. Und wer nichts unternimmt, muss mit Sanktionen rechnen.
Antonia Stalder: Mehr Vorgaben und ein bisschen mehr Verbindlichkeit täten uns sicher gut. Wenn wir es nur bei der Freiwilligkeit belassen, bleiben wir Schweizerinnen und Schweizer in der Regel ziemlich träge.
Kreislaufwirtschaft ist als wesentliches Element einer nachhaltigen Entwicklung auf der Agenda der Neuen Regionalpolitik (NRP) weit nach oben gerückt. In welchen Bereichen sehen Sie besondere Chancen und Vorteile, in den Regionen die Kreislaufwirtschaft erfolgreich umzusetzen?
Antonia Stalder: Haben sich kreislauffähige Lösungen einmal etabliert, haben sie das Potenzial, ökonomisch und ökologisch grundsätzlich besser zu sein als lineare Lösungen. In der linearen Wirtschaft vernichtet man ja Werte, indem man Dinge wegwirft, die noch wertvoll wären. Rückt man von dieser Praxis ab und stellt stattdessen den Werterhalt in den Vordergrund, gewinnt man auf der ganzen Linie, egal, ob in der Stadt oder in einer ländlich geprägten Region. Hinzu kommen weitere Vorteile wie Liefersicherheit und Resilienz. Kürzlich hatten wir den Fall eines Kaffeeautomatenherstellers, der uns in grosser Verzweiflung gesagt hat: «Nennt mir die grösste Deponie in Deutschland, ich schicke zehn meiner Mitarbeiter dorthin, damit sie unsere Geräte raussuchen und die Chips ausbauen. So können wir weitere drei Monate produzieren und überleben.» Die Region kann also in der Kreislaufwirtschaft zur entscheidenden Drehscheibe werden.
Frau Dupraz-Ardiot, wie bringen Sie die Kreislaufwirtschaft gezielt in die Regionen des Kantons Freiburg?
Marie-Amélie Dupraz-Ardiot: Meine Hauptaufgabe ist es, das Bewusstsein über die Herausforderungen der Nachhaltigkeit in die verschiedenen Sektoralpolitiken des Kantons einzubringen. Notwendig ist dafür eine Kultur der Interdisziplinarität. Wer in der Wirtschaftspolitik tätig ist, muss also auch an die ökologischen und sozialen Aspekte denken und umgekehrt. Wir versuchen, mit Beteiligten aus allen Bereichen der Verwaltung verschiedene Projekte zu lancieren, die diese Kultur der Interdisziplinarität leben.
Herr Stucki, wird die Kreislaufwirtschaft bei den Unternehmen als Chance begriffen oder als mühsame Last?
Tobias Stucki: Es gibt Unternehmen, die sich bereits um Kreislaufwirtschaft bemühen und entsprechend handeln, gerade weil sie da Chancen sehen. Die vielen anderen wittern in der Kreislaufwirtschaft vor allem Risiken und Gefahren. Mittlerweile gibt es aber in allen Branchen «Leuchttürme», die zeigen, dass es funktioniert. Um die Berührungsängste abzubauen, müsste man diese noch stärker ins Schaufenster stellen. Dabei geht es nicht um den sorgfältigen und effizienten Umgang mit Ressourcen, die immer knapper werden. Eine Wirtschaft, die das nicht begreift und nicht bereit ist, die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen, wird eines Tages nicht mehr wettbewerbsfähig sein.
Benötigen wir zusätzliche Signale von der Politik, um die Kreislaufwirtschaft bei uns zu etablieren?
Marie-Amélie Dupraz-Ardiot: Die aktuelle Situation mit Engpässen in den Lieferketten trägt dazu bei, dass sich viele Unternehmen der Bedeutung einer effizienten Ressourcenbewirtschaftung erstmals so richtig bewusst werden. Die Mangellage löst wohl mehr aus als manches politische Druckmittel. Gleichzeitig hoffe ich, dass die Änderung des Umweltschutzgesetzes etwas bringen wird, auch den Regionen. Im Kanton Freiburg versuchen wir mit dieser neuen Perspektive einen Plan für die Abfallbewirtschaftung zu erarbeiten, der ganzheitlich ist und weit über das Recycling hinaus die gesamte Kreislaufwirtschaft ansprechen wird.
Wie wird sich die Wirtschaftsstruktur in der Schweiz langfristig entwickeln? Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE), das Bundesamt für Energie (BFE) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) haben Szenarien für die Branchenentwicklung in der Schweiz bis 2060 erarbeiten lassen. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für Analysen und Perspektiven, beispielsweise für die Raum- und Verkehrsentwicklung oder im Energiebereich. Nebst dem nationalen wirtschaftlichen Strukturwandel weisen die Szenarien die Entwicklung der Beschäftigung, der Wertschöpfung und den Output (Bruttoproduktionswert) nach Sektoren auch für die Kantone und die Arbeitsmarktregionen aus. Resultate der nationalen und regionalen Szenarien sowie ein Bericht mit den wichtigsten Ergebnissen finden sich auf der Website des Bundes.
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