Das NRP-Projekt «Programm graubünden nachhaltig» hat das Ziel, die Regionenmarke graubünden mit ihrem Netzwerk nachhaltig auszurichten. Rund 20 Partnerinnen und Partner aus unterschiedlichen Branchen tauschen sich im Programm aus, um die Region nachhaltig weiterzuentwickeln. Wie das geschehen soll und wie die Zusammenarbeit zwischen den Partnerinnen und Partner aussieht, davon berichten unsere Podcast-Gäste Tanja Jacobson, Marc Kollegger und Michael Caflisch.
Graubünden als nachhaltige Region etablieren
«Die Marke graubünden versteht sich als Akteurin des Wandels. Das NRP-Projekt «Programm graubünden nachhaltig» schafft die Rahmenbedingungen, sodass eine gemeinsame Entwicklung der Partnerinnen und Partner der Marke graubünden möglich wird», wie Tanja Jacobson, Programmleiterin «graubünden nachhaltig», erzählt. Das Ziel ist es, Graubünden in allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – also wirtschaftlich, ökologisch und sozial – weiterzuentwickeln. Dadurch werden die Partnerinnen und Partner im Kanton Graubünden zukunftsfähig und können gleichzeitig ihre Nachhaltigkeitsperformances verbessern.
Tanja Jacobson und ihr Team sorgen dafür, dass Partnerinnen und Partner aus den verschiedensten Branchen zusammenkommen, den Austausch pflegen, neue Ideen und Lösungen entwickeln sowie Innovationen zum Thema Nachhaltigkeit vorantreiben. Die «Werkstatt» ist ein solches Format, welches diesen Austausch fördert.
«Der Beitrag der Marke graubünden ist die Führung, Organisation und Moderation des Nachhaltigkeitsprozesses im graubünden-Netzwerk.»
Die Partnerinnen und Partner der Marke graubünden leisten aktiv einen Beitrag zur Zukunft des gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsraums und profitieren gleichzeitig vom Netzwerk. Ein Beispiel dafür sind die Psychiatrischen Dienste Graubünden (PDGR): Inspiriert durch den Austausch im Netzwerk serviert die PDGR deshalb an ihren Apéros neu regionalen Apfelsaft statt importierten Orangensaft. «Schon kleine Massnahmen können Wirkung entfalten», sagt Marc Kollegger – CEO der PDGR. «Der Apfelsaft kam bei den Apéro-Gästen sehr gut an – besonders, wenn erklärt wird, dass es sich um eine nachhaltigere Wahl handelt.» Daneben diskutiert die PDGR auch grössere Nachhaltigkeitsthemen:
Wie kann die Biodiversität auf den Klinikarealen Waldhaus und Cazis gefördert werden?
Wie kann ein zukunftsweisendes Mobilitätskonzept für einen 24-Stunden-Betrieb aussehen, das den öffentlichen wie auch den Individualverkehr für die Klinikmitarbeitenden miteinschliesst?
Als grosser Arbeitgeber in der Region trägt die PDGR Verantwortung – gegenüber den Patientinnen und Patienten ebenso wie gegenüber den Mitarbeitenden. Nachhaltigkeit ist deshalb längst zu einem strategischen Thema geworden. «Die PDGR hat Nachholbedarf in Bezug auf die Nachhaltigkeit», sagt Marc Kollegger. Die Teilnahme am NRP-Projekt «Programm graubünden nachhaltig» soll helfen, konkrete Umsetzungsmassnahmen zu entwickeln.
Ein Nachhaltigkeitsprogramm mit Zukunft
Das «Programm graubünden nachhaltig» ist auf drei Jahre ausgelegt und finanziert. Voraussetzung für eine Mitfinanzierung ist die aktive Beteiligung der Partnerinnen und Partner – sowohl finanziell als auch in Form eigener Mitarbeit. Im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) fördert der Kanton Graubünden dieses Programm zusammen mit dem Bund mit einem à fonds perdu-Beitrag von je einem Viertel der Gesamtkosten. Michael Caflisch, Leiter Tourismusentwicklung des Kantons Graubündens hält abschliessend fest: «Überzeugend am NRP-Programm ist, dass damit die Stärkung des Wirtschaftsstandort Graubünden gefördert wird und eine Vielzahl an Partnerinnen und Partner aus unterschiedlichen Bereichen einen Mehrwert für Graubünden erzielen.»
Marke graubünden
Die Marke graubünden wurde im Jahr 2003 lanciert. Damals wurde eine branchenübergreifende Regionenmarke zur nachhaltigen Stärkung des Wirtschaftsstandorts Graubünden von der Regierung gefordert.
Die Marke graubünden hat zum Ziel, die Kernwerte der Region – wahr, wohltuend und weitsichtig – bei den Bewohnenden, Unternehmen wie auch bei den Gästen zu vermitteln und zu stärken. Die Marke soll dazu beitragen, Graubünden als attraktiven Lebens-, Arbeits- und Erholungsraum zu positionieren.
Das NRP-Projekt «Programm graubünden nachhaltig» ist eines von vielen Arbeitsinstrumenten der Marke graubünden, um dieses Ziel zu erreichen.
Robotik für KMU – mit NRP-Unterstützung zukunftsfähig bleiben
Robotik für KMU in der Region Oberrhein nutzbar machen – das ist das Ziel des europäischen Förderprogramms Robot Hub Transfer. Das Hightech Zentrum Aargau ist Projektpartner und vermittelt Wissen, vernetzt und berät lokale Firmen rund um die Robotik. Die Neue Regionalpolitik (NRP) beteiligt sich finanziell am Aufbau eines Robotik-Netzwerks in der Region Oberrhein. Erfahren Sie im Video, wie Hygentile die robotergestützte Automatisierung des Dosen-Handlings in der Brauerei Mischmasch testet:
Der steigende Fachkräftemangel und wachsender Wettbewerbsdruck fordern die Unternehmen auch in der Region Oberrhein heraus: Unternehmen müssen sich an neue Lösungen trauen, um für die Zukunft sicher aufgestellt zu sein. Hier setzt das europäische Interreg-Projekt Robot Hub Transfer an.
Mehr Robotik-Kompetenz für Unternehmen in der Region Oberrhein
Das High Tech Zentrum Aargau (HTZ) ist ein Projektpartner des Robot Hub Transfers und vermittelt Wissen, vernetzt und berät lokale Firmen rund um die Robotik. So unterstützt es KMU dabei, Roboter effizient und wirtschaftlich einzusetzen. Christoph Brunschwiler – Innovations- und Technologieexperte am HTZ – erklärt: «Wir stellen das Unternehmen ins Zentrum und sorgen dafür, dass es Zugang zu den passenden Technologien, dem nötigen Know-how und den geeigneten Fördermitteln erhält». Denn besonders KMU fehlt oft das nötige Fachwissen, um Robotersysteme sinnvoll und kosteneffizient zu prüfen und implementieren.
Mit Ist-Analysen sowie Prüfung der Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit schafft das Projekt Robot Hub Transfer eine fundierte Entscheidungsgrundlage. KMU können damit einschätzen, ob es sich lohnt in die Robotik-Technologie zu investieren. Damit kann das unternehmerische Risiko minimiert werden.
Robotik in der Praxis: Zusammenarbeit mit dem lokalen KMU Hygentile
Ein erfolgreiches Beispiel, das vom Robotik-Netzwerk am Oberrhein profitiert, ist Hygentile, ein regionales KMU, das sich auf das Abfüllen und Verschliessen von Dosen spezialisiert hat. Bei kleinen Produzenten erfolgt das Füllen und das Verschliessen von Getränkedosen in einzelnen Schritten. Die von Hygentile entwickelte Lösung kombiniert diese einzelnen Schritte zu einem und dies in einer Schutzgas-Umgebung. Dadurch kommt das Getränk während des ganzen Abfüllungs- und Verschliessprozesses zu keinem Zeitpunkt mit Luft in Kontakt, wodurch das Aroma des Getränks besser erhalten bleibt und sich die Haltbarkeit verlängert. «Die Prozessinnovation war bei Hygentile bereits da, was gefehlt hat, war die Automatisierung des Dosen- und Deckel-Handlings», sagt Christoph Brunschwiler. Vermittelt durch das HTZ kam die Zusammenarbeit mit der FHNW zustande. Das Institut für Automation der FHNW klärte die Frage, mit welcher Lösung sich das Dosen- und Deckelhandling beim Abfüllen und Verschliessen automatisieren lässt. Anschliessend entwickelte das Institut in Zusammenarbeit mit Hygentile einen funktionsfähigen Prototyp.
Von einer solchen Innovation profitiert nicht nur die Kleinbrauerei Mischmasch, wo dieser Automatisierungsschritt getestet wurde, sondern die ganze Region Oberrhein, wie Andreas Kunzmann von Hygentile betont: «Es wird in der Region entwickelt, produziert und verkauft. Servicedienstleistungen werden erbracht und Unternehmen aufgebaut, die Arbeitsplätze schaffen».
NRP-Fördermittel als entscheidender Faktor
Dank den NRP-Fördermitteln konnte das KMU Hygentile aus der Region Oberrhein prüfen, wie ihr Abfüll- und Verschliessprozess verbessert werden konnte. Damit es dazu kommen konnte, war der Wissensaustausch mit der FHNW und die Vermittlung der involvierten Parteien durch das HTZ entscheidend.
Europäische Zusammenarbeit in der Robotik
Robot Hub Transfer ist ein Projekt, das vom europäischen Förderprogramm Interreg Oberrhein gefördert wird. Robot Hub Transfer unterstützt KMU in der Region Oberrhein bei der Einführung von Robotik. Das grenzüberschreitende Projekt bringt Partner aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz zusammen. Ziel ist es, durch die Vernetzung von Forschungseinrichtungen und KMU den Technologietransfer im Bereich Robotik zu erleichtern und die Wettbewerbsfähigkeit der Region Oberrhein zu stärken. Um in einem Umfeld, in dem es an qualifizierten Arbeitskräften mangelt, wettbewerbsfähig zu bleiben, haben KMU am Oberrhein ein grosses Interesse daran, ihre Prozesse mithilfe von Robotern zu automatisieren. Häufig fehlt ihnen jedoch das entsprechende Fachwissen. Hier setzen die Projektpartner des Robot Hub Transfer an. Ziel ist es, bis Herbst 2026 etwa 100 KMU in der grenzüberschreitenden Region Oberrhein (D, F, CH) zu unterstützen.
Regionale Strategien für resiliente und inklusive Räume
Für eine kohärente Raumentwicklung arbeiten lokale Akteure über Gemeindegrenzen hinweg zusammen. Indem sie Attraktivität, öffentliche Dienstleistungen und Nachhaltigkeit miteinander verbinden, fördern sie mit regionalen Strategien widerstandsfähigere und inklusivere Räume.
Öffentliche Dienstleistungen und Raumplanung: Kritische Grössen in funktionalen Räumen finden
In seinem jüngsten Bericht von 2024 stellt der Rat für Raumordnung (ROR) fest, dass periphere Gebiete im Vergleich zu Zentren durch das Fehlen einer kritischen Masse an Bevölkerung und Institutionen gekennzeichnet sind. Dies schwächt das Potenzial der für eine nachhaltige Entwicklung erforderlichen dynamischen Zusammenarbeit. Während grosse Agglomerationen auf ihre kritische Masse zurückgreifen können, um finanzielle und personelle Ressourcen (qualifizierte und ausreichend verfügbare Fachkräfte) zu mobilisieren, sind ländliche Räume und Bergregionen mit einem Ressourcenmangel konfrontiert.
Früher prägte die Wirtschaft den Raum – heute prägt der Raum die Wirtschaft
Das Raumplanungsgesetz (RPG) schreibt eine regionale Zusammenarbeit bei der Bewirtschaftung der Bauzonen vor. Dies wirkt sich wirtschaftlich aus, insbesondere auf ländliche Gebiete und Bergregionen. Diese Regionen, die historisch durch Zersiedlung geprägt waren, müssen nun auf verdichtende Entwicklungen setzen, um neue Einwohnerinnen und Einwohner anzuziehen. Viele Regionen setzen auf Lebensqualität als Standortfaktor – anstelle von Flächenexpansion. Pendelbewegungen und Home Office bieten hier Chancen. Neue Bewohnerinnen und Bewohner arbeiten auch vor Ort – z. B. in der Industrie – und stellen somit ein Fachkräftepotenzial dar. Um Talente anzuziehen, ist Lebensqualität zu einem entscheidenden Argument geworden. Um Einwohner zu gewinnen und mobilen Konsumentinnen und Konsumenten Dienstleistungen bereitzustellen, braucht es eine strategische, sektorenübergreifende Vision auf regionaler Ebene. Diese Visionen müssen auch landwirtschaftliche Fragestellungen einbeziehen, denn wo der territoriale Mehrwert zur Wettbewerbsfähigkeit beiträgt, kann ein starkes Alleinstellungsmerkmal (USP) entstehen. Das wiederum erfordert eine koordinierte Zusammenarbeit.
Die Region als Koordinationsebene
Über wirtschaftliche Fragen hinaus – auch wenn sie durch Lebensqualität mitbedingt sein können – sind auch Themen wie Biodiversität, Landschaftspflege, Kulturerbe und Kultur zunehmend regionalisiert worden. Diese Regionalisierung berührt verschiedenste Themen, folgt unterschiedlichen räumlichen Abgrenzungen und wird in unterschiedlichen Governance-Formen umgesetzt. Damit trägt sie zur Überwindung des kommunalen Denkrahmens bei. Die Einführung einer zusätzlichen Bezugsebene zur Gemeindeebene und der Alltag im Spannungsfeld dazwischen gelingen nicht ohne Schwierigkeiten: Diese Entwicklungen verlangen von allen Beteiligten ein Umdenken, ein Verlassen gewohnter Denkmuster – und letztlich möglicherweise auch eine Neuausrichtung ihrer Identität. Es geht auch darum, Synergien zwischen urban geprägten Zentrumsgemeinden und ländlich geprägten Randgemeinden zu entwickeln. Regionen sind heute allgegenwärtig – auch wenn sie institutionell noch nicht überall fest verankert sind.
Regionale Strategien: Erarbeiten und Umsetzen
Gemeinden und Regionen entwickeln verschiedenste sektorale Strategien (z. B. in den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, Umwelt), die teils auch in umfassende strategische Visionen eingebettet sind – etwa in die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030. Dies wirft Fragen nach der Umsetzung und der Koordination dieser unterschiedlichen Ansätze auf.
Das Programm Agglomerationsverkehr hat wesentlich zur interkommunalen und sektorübergreifenden Zusammenarbeit (insbesondere im Bereich Verkehr und Siedlungsentwicklung) in städtischen Räumen beigetragen. Der Bund hat hier eine Anreizfunktion übernommen und so Kooperationen auf funktionaler Ebene gefördert. Auch wenn diese formell auf Mobilität und Raumplanung fokussieren, reichen ihre Wirkungen mittlerweile weit über diese Themen hinaus und sind in der Praxis verankert.
Über die Neue Regionalpolitik (NRP) können Regionen Unterstützung für die Entwicklung wirtschaftsorientierter Strategien erhalten. Im Sinne einer kohärenten Raumentwicklung wurden durch Begleitmassnahmen des Bundes einzelne strategisch ausgerichtete Projekte gefördert, die über rein wirtschaftliche Fragestellungen hinausgehen (siehe Beispiele in den Infoboxen).
Im Rahmen des Aktionsplans zur Umsetzung der Agglomerationspolitik sowie der Politik für ländliche Räume und Berggebiete 2024–2031 soll das Programm «Entwicklungsprozess ländlicher Raum (ELR)» des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) weiterentwickelt werden, um noch umfassender zu werden – auch unter Mitwirkung des SECO. Dabei geht es etwa um die Integration urbaner Herausforderungen in ländlichen Zentren sowie die Entwicklung von Synergien zwischen diesen Zentren und den umliegenden ländlichen Räumen. Ein weiterer Fokus liegt auf der Unterstützung der Regionen bei der Mittelbeschaffung (z. B. über kantonale oder nationale sektorale Politiken) zur Umsetzung von Projekten, die im Rahmen von Strategien erarbeitet wurden, sowie auf der besseren Koordination zwischen diesen Strategien.
Zwischen 2020 und 2024 wurden fünf Modellvorhaben entwickelt, die auf integrierte Entwicklungsstrategien abzielten. Sie verknüpften einen intersektoralen Ansatz mit einer Koordination zwischen institutionellen Ebenen und förderten so den politischen Diskurs und einen Paradigmenwechsel.
An die lokalen Gegebenheiten angepasst, legten einige Projekte den Fokus auf institutionelle Aspekte, andere auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Vorhaben zeigten, dass die kantonale Governance eine zentrale Rolle in diesen strategischen Prozessen einnehmen muss. Gleichzeitig wurde der Mehrwert von Synergien zwischen Institutionen und lokalen Akteuren deutlich – zur Stärkung der Regionen und zur Strukturierung eines wirkungsvollen Dialogs.
Projekt RURALPLAN (ESPON-Programm, gezielte Analyse)
Das 2024 durchgeführte Projekt RURALPLAN untersuchte Entwicklungsstrategien für ländliche Gebiete ohne Bevölkerungswachstum. In Albula wurden partizipative Workshops organisiert, in denen fünf Prototypen zur Verbesserung von Wohnen, Beschäftigung und Dienstleistungen entwickelt wurden. Co-Design-Workshops wurden abgehalten, um Lösungen zu erarbeiten. Zwei weitere Regionen, in Schweden und Norwegen, verfolgten denselben Ansatz.
Die Ergebnisse des Projekts wurden in die regionale Entwicklungsstrategie von Albula integriert. Die gewonnenen Erkenntnisse fliessen auch in nationale Initiativen zur ländlichen Entwicklung ein.
Ein Macherort für die Bodensee-Region
In Arbon entstand der Macherort «ZIKpunkt». Ein Ort, an dem Unternehmen, Organisationen und weitere engagierte Akteurinnen und Akteure der Region zusammenkommen, um gemeinsam Projekte zu verwirklichen. Der Verein ZIKpunkt wichtiger Impulsgeber, besonders für die regionale Wirtschaft. Im Video erläutert Gilbert Piaser, Geschäftsleiter der Region Oberthurgau, die Vision und Bedeutung des ZIKpunkts und wie die Förderung durch die Neue Regionalpolitik (NRP) bei der Umsetzung des Projekts geholfen hat.
«Dank der NRP geht es in unserer Region vorwärts»
In seiner Tätigkeit als Geschäftsleiter der Region Oberthurgau vermisste Gilbert Piaser etwas, das das Engagement für die Region spür- und sichtbar machte: «Als Räumlichkeiten im ZIK-Areal, dem ehemaligen Saurer-Werk, frei wurden, war das unsere Chance und wir starteten das Projekt Initiative ZIKpunkt.» Bereits beim Aufbau des Projekts setzten die Initianten auf NRP-Fördermittel.
Die Region Oberthurgau hat schon diverse Projekte mithilfe von NRP-Fördermitteln umgesetzt. «Dank der NRP geht es in unserer Region vorwärts», so Gilbert Piaser über die wertvolle Unterstützung. Bei der Initiative ZIKpunkt wurden die NRP-Gelder hauptsächlich während der Konzeptions- und Aufbauphase eingesetzt und ermöglichten damit wichtige Grundlagenarbeit.
Im Innovations-Hub vorwärts machen
Inzwischen wird der ZIKpunkt von einem eigens dafür gegründeten Verein geführt, inklusive Initianten und weiteren neuen Vorstandsmitgliedern. Gemeinsam mit den Vereinsmitgliedern verfolgen sie ambitionierte Ziele für die Region:
die Wirtschaftskraft stärken
die Abwanderung von hochqualifizierten Fachkräften minimieren
qualifizierte Fachkräfte gewinnen und ausbilden
Der ZIKpunkt dient dabei als Innovations-Hub. Der Verein lanciert gemeinsam mit Unternehmen, Gemeinden, Organisationen und Institutionen aus der Region innovative Projekte. Der Fokus liegt dabei bewusst auf der Umsetzung. «Wir sind da, wenn jemand etwas Konkretes umsetzen will», betont Gilbert Piaser, «der ZIKpunkt ist ein Macherort und keine Denkfabrik.»
Kompetenzen bündeln und Teilzeitstellen schaffen
Zu Beginn der Aktivitäten im ZIKpunkt wurden verschiedene Formate angeboten, um Erfahrungen zu sammeln und wichtige Erkenntnisse zu erhalten. Das war Gilbert Piaser wichtig: «Das erste Betriebsjahr lief unter dem Motto Trial-and-Error. Dank dieser Einstellung wissen wir nun, was im ZIKpunkt funktioniert und was nicht.»
Daraus entstanden im Jahr 2024 konkrete Mandate. So unterstützt der ZIKpunkt etwa den Verein «PhytoValley Switzerland» aus dem Bereich der Naturmedizin mit einer professionellen Geschäftsstelle und Begleitung. Das Wachstum der Aufgabenbereiche machte es zudem möglich, zwei neue Teilzeitstellen für Administration und Geschäftsleitung zu schaffen. Der ZIKpunkt ist also bereit, weitere innovative Projekte zu starten und die regionale Wirtschaftskraft nachhaltig auszubauen.
Weniger Ressourcen zu verschwenden dank guter nachbarschaftlicher Beziehungen zwischen Unternehmen: Das ist das Ziel der Kreislaufwirtschaft im Rahmen von Arealentwicklungen. Im Ecoparc de Daval in Sierre VS wird das nun versucht.
Ein über 27 Fussballfelder grosser Industriepark: Das hört sich erst mal nicht besonders attraktiv an. Doch das Ziel in Sierre ist, auf dieser Fläche eine ökologischere und ökonomisch optimierte Gemeinschaft von Unternehmen zu schaffen. Zwanzig Jahre ist es her, seit die Idee des Ecoparc de Daval in Sierre entstanden ist. Die Gemeinde hat das Projekt schliesslich 2016 gestartet, die Umzonung und die Änderungen des Zonennutzungsplans nahmen erwartungsgemäss einige Zeit in Anspruch. Heute sind zehn Unternehmen Teil des Projekts – kleine Familienbetriebe ebenso wie international tätige Unternehmen, etwa Aqua4D, das wassersparende Bewässerungsanlagen für Industrie und Landwirtschaft produziert, ein Chocolatier oder das ehemalige Walliser Start-up Eversys, das mittlerweile mit seinen über 170 Angestellten führend ist im Segment der Premium-Kaffeemaschinen. Weniger Ressourcen zu verschwenden dank guter nachbarschaftlicher Beziehungen zwischen Unternehmen: Das ist das Ziel der Kreislaufwirtschaft im Rahmen von Arealentwicklungen. Im Ecoparc de Daval in Sierre VS wird das nun versucht.
Die Anfrage von Unternehmen um einen Platz im Ecoparc de Daval ist aber viel grösser. «Land, vor allem Industrieland, ist Mangelware», betont Stéphane Revey, Leiter der Wirtschaftsförderung Sierre. Da ist man begehrt, wenn man 200 000 Quadratmeter zur Verfügung hat. Es habe zu Beginn geradezu eine Flut von Anfragen gegeben. Dass der Ecoparc trotzdem nicht schneller wächst, sei Absicht. «Wir haben unsere Auswahlkriterien, die erfüllt sein müssen, um Teil des Ecoparc zu werden», so Revey. Diese umfassen unter anderem obligatorische Grünflächen für alle Parzellen und faire Arbeitsbedingungen für die Angestellten. Empfohlen wird den Unternehmen auch die Nutzung von Solarenergie. Mit den Jahren soll auch die Energieeffizienz gesteigert werden; so soll etwa der Abfall der einen zur Energiequelle für andere werden.
Das Gelände liesse sich innerhalb von zwei Jahren mit Unternehmen füllen, die einigermassen das erwünschte Profil aufwiesen. Bringe man aber die Geduld auf und gebe sich zehn oder gar zwanzig Jahre, habe man dafür Firmen an Bord, die sich voll und ganz mit den Ideen identifizieren. «Wir wollen eine nachhaltige Entwicklung, sowohl ökonomisch als auch ökologisch», sagt Revey. Das beinhalte den Umgang mit Ressourcen und die Nutzung von Raum, Materie und Energie. «Und wir wollen weise mit dem Land umgehen», ergänzt er. So weiden rund um die Gebäude der Firma Eversys öfter Schafe. Regenwasser, abgeleitet von den Gebäuden, fliesst zurück in den natürlichen Kreislauf.
Unter der Sonne
Gerade aus dem Solarenergiebereich seien derzeit Unternehmen daran interessiert, sich im Ecoparc de Daval niederzulassen – «denn Sierre ist mit 2200 Sonnenstunden pro Jahr eine der sonnenreichsten Städte der Schweiz», betont Stéphane Revey – ein weiterer Pluspunkt für das Gelände. Schon zu Beginn wurde eine effiziente öffentliche Led-Beleuchtung mit Bewegungssensor und Fernverwaltung auf dem Gelände installiert. Alleebäume wurden gepflanzt. Die Firmen profitieren von gemeinsamen Abfallsystemen, dem Postdienst und einer Bauberatung. Weiter könnten Logistik- und Sicherheitssysteme geteilt werden, Kantinen und Kinderbetreuungsangebote.
Alles Dinge, die funktionieren können, weiss Benoît Charrière, Leiter Wissensgemeinschaften bei regiosuisse, der Netzwerkstelle für Regionalentwicklung und stellvertretender Leiter des Beratungsunternehmen dss+ Genf. Das Problem dabei sei jedoch oft die Abhängigkeit voneinander. Was, wenn eine Firma plötzlich aussteigt, die bisher die gemeinsame Kantine, die Solaranlage oder die Krippe auf ihrem Gelände geführt hat? «Miteinander zu arbeiten, birgt immer auch ein gewisses Risiko», so Charrière. Zudem falle es vielen Unternehmen schwer, eine allfällige Zusammenarbeit mit Nachbarn überhaupt anzugehen, betont er.
Oft wüssten Unternehmen gar nicht, was die Nachbarfirma tue, geschweige denn, welche Ressourcen sich gemeinsam nutzen liessen. Das sei verständlich, wenn man bereits mit wirtschaftlichen Herausforderungen kämpfe. Da könne man sich nicht auch noch darauf konzentrieren, wie man mit der Firma im Nachbargebäude zusammenarbeiten könnte. «Es ist dann viel einfacher, erst mal nur an sich zu denken.» Trotzdem bestehe in diesem Bereich extrem viel Potenzial. «Natürlich sind die Kosten, finanziell und personell, zu Beginn höher. Es zahlt sich jedoch langfristig aus – für die Region, die Umwelt, aber auch für die Unternehmen selbst. Es braucht aber immer auch Personen und Firmen, die vorausgehen», so Charrière.
Daher ist es wichtig, dass ein initialer Akteur solche Projekte anstösst – ein Verband, eine öffentliche Institution oder ein Privatunternehmen, das die Aufgabe übernimmt, die Zone zu beleben und Dienstleistungen für die Unternehmen zu betreiben. Revey startete vor zwei Jahren als Leiter der Wirtschaftsförderung von Sierre. «Nachdem ich mit jeder einzelnen Firma Gespräche geführt hatte, sah ich den Willen zur Zusammenarbeit bei allen. Aber niemand ergriff die Initiative», sagt er. Also machte die Gemeinde die ersten Schritte und übernahm eine unterstützende und koordinierende Rolle. Im vergangenen Jahr wurde ein Gewerbeverband gegründet, um diese Synergien zu fördern. Im Vordergrund stehen vorerst der Austausch und möglicherweise die Zusammenarbeit bei gemeinsamen Anfragen bei der öffentlichen Hand. Gemeinsame Investitionen wären ein weiterer Schritt.
Vor zwei Jahren wurde ein Ingenieurbüro mit der Entwicklung eines nachhaltigen Mobilitätskonzepts beauftragt. Über die Auseinandersetzung mit der Mobilität kann ökologischer Fortschritt erzielt, aber auch die Kommunikation gefördert werden. Ein gemeinsamer, aber kleiner Parkplatz bringt die Unternehmen eher dazu, Car-Sharing zu unterstützen, sich gemeinsam für Busverbindungen einzusetzen oder für einen direkten Veloweg vom Stadtzentrum in den Industriepark.
«Schliessen sich Unternehmen zusammen und treten mit Hunderten oder gar Tausenden Angestellten gemeinsam auf, haben sie gegenüber anderen Anbietern oder der Politik grössere Chancen», versichert Benoît Charrière. Auf diesem Weg lassen sich gemeinsame ökologische Ziele auch erreichen.
Jedes Jahr fallen im Kanton Genf Millionen Tonnen mineralischer Abfälle aus dem Baubereich an. Die Kapazität der Steinbrüche und Deponien des Kantons reichen nicht aus, diese Materialien aufzunehmen. Ein Grossteil davon wird deshalb ins benachbarte Frankreich exportiert. Dieser Problematik nimmt sich seit Dezember 2020 das Interreg-Projekt VADEME («Valorisation agronomique des déchets minéraux»/ «Agronomische Verwertung mineralischer Abfälle») auf grenzüberschreitender Ebene in der Region Genf-Annecy an.
Daran beteiligt sind neun öffentliche und privatwirtschaftliche Partner aus Frankreich und der Schweiz, die sich mit ihren Fachkenntnissen ergänzen. Durch die Verknüpfung der Netzwerke der Akteurinnen und Akteure soll die Zusammenarbeit verstärkt und strukturiert werden, damit ein grösserer Anteil der Abfälle verwertet werden kann.
Erprobt werden unter anderem innovative Lösungen, bodenhaltige Abfälle biologisch zu aktivieren. Organische und mikrobielle Bodenverbesserer werden dabei sterilem mineralischem Material hinzugefügt, um eine natürliche Dynamik und natürliche Prozesse in Gang zu setzen und fruchtbaren «Mutterboden» zu schaffen. Der Ansatz wird im industriellen Massstab bei Revitalisierungsarbeiten am Fluss Aire in Genf (vgl. «regioS» Nr. 20) und auf einer Abfallbehandlungsplattform des Projektpartners Chavaz getestet. Dabei werden die Machbarkeit und die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Prozesses analysiert. Die Qualität der gewonnenen Erde soll so gut werden, dass sie Landschaftsgärtnern und Privatpersonen verkauft werden kann. Langfristig soll das Projekt die Kreislaufwirtschaft im Bereich von Aushubmaterial fördern und der Region sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Vorteile bringen.
Öffentliche Beschaffung – Hebelwirkung für die Kreislaufwirtschaft
Pirmin Schilliger
Mit einem Volumen von rund 40 Milliarden Franken ist der öffentliche Sektor der wichtigste Einkäufer auf dem Beschaffungsmarkt. Dies bietet einen mächtigen Hebel, die Kreislaufwirtschaft voranzubringen. Das Kompetenzzentrum Prozirkula wurde vor zwei Jahren gegründet mit dem Ziel, die Transformation von der Wegwerf- zur Kreislaufwirtschaft bei der öffentlichen und der privaten Beschaffung zu beschleunigen.
Die Niederlande setzen schon seit Jahren Milliardenbeträge ein, um die Kreislaufwirtschaft über das öffentliche Beschaffungswesen anzukurbeln. Vor vier Jahren starteten die Organisation Circular Economy Switzerland und das Beratungsunternehmen ecos mit dem Projekt «Circular Cities Switzerland» damit, das niederländische Know-how in der Schweiz fruchtbar zu machen. Aufgrund der Erfahrungen daraus entwickelten die beiden Kreislaufexperten Marco Grossmann (ecos) und Raphael Fasko (Beratungs- und Ingenieurbüro Rytec Circular) die Idee eines Kompetenzzentrums für kreislauffähige öffentliche Beschaffung, was schliesslich in die Gründung von Prozirkula mündete.
Mithilfe einer Anschubfinanzierung durch die MAVA-Stiftung starteten Rytec und ecos im Frühjahr 2020 mit dem Aufbau des Kompetenzzentrums. Nach zweijähriger Startphase firmiert Prozirkula seit April 2022 als schlanke GmbH mit Geschäftsführerin Antonia Stalder als einziger Angestellten. Zusätzlich sind Mitarbeitende von ecos und Rytec Circular auf Mandatsbasis regelmässig für Prozirkula tätig. Das Geschäftsmodell sieht vor, dass sich die junge Firma mit ihrem Dienstleistungsangebot spätestens ab 2024 selbst finanzieren sollte. Stalder gibt sich optimistisch: «Von Beginn weg hat sich gezeigt, dass das Interesse an unserem Angebot sehr gross ist und sich laufend vergrössert.»
Ein wesentlicher Grund für das steigende Interesse ist das revidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB), das seit 2021 in Kraft ist. Die Verwaltungsangestellten und die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene stehen seither mehr oder weniger in der Pflicht, Kriterien der Nachhaltigkeit und spezifisch der Kreislaufwirtschaft bei der Beschaffung stärker zu gewichten. Nicht allein der Preis soll das entscheidende Zuschlagsargument sein. Kriterien wie Ressourcenschonung, Energieeffizienz, Klimaneutralität usw. sollen viel stärker einbezogen werden.
Nicht von ungefähr richtet sich der Fokus von Prozirkula primär auf die öffentliche Beschaffung: Mit einem Einkaufsvolumen von rund 40 Milliarden Franken ist der öffentliche Sektor der grösste Player auf dem Beschaffungsmarkt. Lässt er seine Muskeln spielen, verfügt er über den grössten Hebel zur Beschleunigung der Kreislaufwirtschaft. Mit seinen Entscheiden für kreislauffähige Beschaffungslösungen kann er die entscheidenden Weichen für eine nachhaltige Entwicklung stellen. Bedauerlich ist allerdings, dass das Gesetz es bei Empfehlungen bewenden lässt. Den Entscheidungstragenden bleibt dadurch weiterhin viel Spielraum, bei der Beschaffung zwischen der günstigsten und der ökologischsten Variante zu wählen.
Pionierarbeit und Pilotprojekte
Prozirkula startete unmittelbar nach der Gründung ein erstes Pilotprojekt, dem mittlerweile weitere Projekte folgten. Auf Basis des «Leitfadens für den Wiedereinsatz von Möbeln» hat das Amt für Umwelt und Energie Basel-Stadt (AUE) beispielsweise das alte Mobiliar im 2021 fertiggestellten Neubau im Zentrum von Basel wiederverwendet. Auch das Gebäude selbst, ein Hybrid aus Holz und Beton, mit Photovoltaikfassade und im Minergie-A-Eco-Standard gebaut, ist grösstenteils kreislaufkonform. Die Industriellen Werke Basel (IWB) hat Prozirkula unterstützt, Kreislaufwirtschaftsprinzipien in die Ausschreibung für Elektroladesäulen zu integrieren. Auch Armasuisse setzt neuerdings auf Ausschreibungskriterien von Prozirkula, wann immer sie elektronisches Gerät einkauft. Die SBB arbeiten mit einem von Prozirkula mitentwickelten Analysewerkzeug, um einzelne Warengruppen in Bezug auf ihre Kreislaufchancen und -risiken zu bewerten.
«Wann immer Kreislaufwirtschaft-Projekte angestossen werden, kommen die Beteiligten nicht darum herum, Pionierarbeit zu leisten», meint Stalder. Es gebe erst wenige Vorzeigebeispiele; Standardlösungen, die man einfach so übernehmen könne, seien noch kaum verfügbar. «Die Beschaffungsverantwortlichen können selten fertige Angebote und Produkte ab Stange einkaufen, sondern müssen zusammen mit den Lieferanten neue Lösungen entwickeln», skizziert Stalder die eigentliche Herausforderung. Der Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft beginne dabei im Kopf, denn die zirkuläre Beschaffung basiere auf einer neuen Denkweise. Die Verwaltungsangestellten und Manager betreten in der Regel Neuland und werden mit ungewohnten Anforderungen konfrontiert, wenn sie sich für eine kreislauffähige Beschaffung interessieren. Prozirkula bietet ihnen in dieser Situation professionelle Unterstützung. «Wir begleiten die Beschaffungsprozesse und sorgen dafür, dass die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft bereits in die Ausschreibungen einfliessen», so Stalder. Das Kompetenzzentrum Prozirkula fördert die Transformation zu kreislauffähigen Produktions- und Konsumpraktiken mittels Beratung, Weiterbildung, Wissenstransfer, Vernetzung und durch eine Wissensdatenbank. «Über Leuchtturmprojekte und über unsere Erfahrungen berichten wir regelmässig an Veranstaltungen, unter anderem am ‹Anwenderforum Kreislaufwirtschaft› im September dieses Jahres», sagt Stalder.
Ökologischer und ökonomischer Mehrwert
Das Kompetenzzentrum spricht mit seinen Dienstleistungen zwar primär die öffentlichen Beschaffungsstellen an, doch auch die Procurement-Managerinnen und -Manager der Unternehmen liegen bei den Kreislaufwirtschaft-Spezialisten von Prozirkula grundsätzlich richtig. «Firmen, die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft strategisch in ihre Prozesse integrieren, können sich bessere Chancen ausrechnen, bei öffentlichen Aufträgen die Nase vorn zu haben», zeigt sich Stalder überzeugt. Gefragt sind immer häufiger Geschäftsmodelle, bei denen ökologischer und ökonomischer Mehrwert Hand in Hand gehen. Gute Karten hat in dieser Beziehung beispielsweise der Möbelhersteller Zesar in Tavannes JU, der kreislauffähige Schul- und Büromöbel entwickelt hat.
Nutzt die öffentliche Beschaffung konsequent ihre Nachfragemacht und setzt nur noch auf Anbietende mit kreislauftauglichen Geschäftsmodellen, bewirkt dies einen Schneeballeffekt. Die Transformation in Richtung Kreislaufwirtschaft wird so auch in der Industrie und im Gewerbe angekurbelt. Nicht zuletzt leisten damit alle Beteiligten einen entscheidenden Beitrag dazu, das Sustainable Development Goal (SDG) 12, «Verantwortungsvolle Konsum- und Produktionsmuster», und weitere SDG zu erreichen.
Die Schweiz bleibt 2021 zum elften Mal in Folge die Nummer eins in Sachen Innovation, so die UNO. Auch beim Abfallrecycling ist sie mit einer Quote von 53 Prozent vorbildlich, auch wenn die europäischen Länder aufholen. Allerdings verursacht jede Schweizerin, jeder Schweizer jährlich 2,7 Tonnen Abfall, davon mehr als 700 Kilogramm Siedlungsabfall, womit die Schweiz im globalen Vergleich eine unrühmliche Spitzenposition beim Pro-Kopf-Abfallaufkommen einnimmt.
Wollen wir bis 2050 die CO2-Neutralität erreichen, ist es unerlässlich, zu überdenken, wie wir mit Ressourcen umgehen. Die Kreislaufwirtschaft fördert einen Paradigmenwechsel. Die Schweizer Gesetzgebung wird derzeit weiterentwickelt mit dem Ziel, einen Rahmen für die bessere Nutzung der Ressourcen zu schaffen. Gleichzeitig lassen sich viele lokale Initiativen und Projekte beobachten.
Die Herausforderung liegt in der Skalierung. Wie lässt sich die notwendige Transformation der Wirtschaft beschleunigen, und welche Rolle können Gemeinden, Regionen und Kantone spielen? Verschiedene öffentliche Bereiche liessen sich nach den Regeln der Kreislaufwirtschaft ausgestalten. Die NRP stellt in dieser Hinsicht eine Chance dar, diesen Übergang zu begleiten. Die vorliegende Ausgabe von «regioS» gibt einen kurzen Überblick über die grundlegenden Überlegungen zur Kreislaufwirtschaft und stellt konkrete Beispiele vor.
Die von regiosuisse entwickelte Toolbox Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab, die öffentlichen Akteure zu unterstützen. Im laufenden Jahr lanciert regiosuisse das RegioLab Kreislaufwirtschaft, damit die Regionen potenzielle Projekte starten können. Auf die Plätze, fertig, kreisen!
Beispiele zur Kreislaufwirtschaft in der Schweiz und in Liechtenstein
Das Projekt «circter» untersuchte im Rahmen des europäischen Forschungsprogramms espon räumliche Bedingungen, um die Kreislaufwirtschaft erfolgreich zu etablieren. Unter die Lupe genommen wurden auch die Schweiz und Liechtenstein. Zu den regionalspezifischen Stärken der beiden Länder für den Übergang zur Kreislaufwirtschaft gehören gemäss einer im September 2021 publizierten Fallstudie gut etablierte Plattformen und Netzwerke, die helfen, Erfahrungen auszutauschen und Innovationen zu verbreiten. Weitere Stärken sind hochmoderne Rücknahmesysteme sowie Industriezweige und fortschrittliche Produktionsmethoden, die von Bildungs- und Forschungseinrichtungen unterstützt werden, ein günstiges Finanz- und Geschäftsumfeld, die Lage an logistischen Verkehrsknotenpunkten beziehungsweise an für Europa wichtigen Korridoren sowie ein starkes öffentliches Bewusstsein und institutionelle Kommunikation zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen.
Kreislaufwirtschaft – die besonderen Chancen der Regionen
Pirmin Schilliger & Urs Steiger
Die Kreislaufwirtschaft (KLW) steht schon seit Jahrzehnten auf der ökologischen Agenda. Mittlerweile ist daraus ein
ausgereiftes und umfassendes Konzept für nachhaltiges Wirtschaften entstanden. Es soll nun in der gesamten Wirtschaft umgesetzt werden und damit auch im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) die regionale Entwicklung
inspirieren.
In der globalen Wirtschaft stammen 90 Prozent der Materialien aus neu gewonnenen Rohstoffen, 40 Prozent davon sind fossile Energieträger. Angesichts dessen ist eine ressourcenschonende Wirtschaftsform vonnöten. Das Konzept der Kreislaufwirtschaft bietet einen Lösungsansatz, der auf einem System aus erneuerbaren Energien und geschlossenen Materialkreisläufen basiert. Alle bedenklichen Stoffe, die die Umwelt belasten und die Gesundheit gefährden, sollten durch unbedenkliche ersetzt werden.
Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft
Als Begründer der Kreislaufwirtschaft (KLW) gilt der britische Wirtschaftswissenschafter David W. Pearce. Zu Beginn der 1990er-Jahre leitete er das Konzept der Kreislaufwirtschaft aus der industriellen Ökologie ab. Der Deutsche Michael Braungart, Professor für chemische Verfahrenstechnik, und der amerikanische Architekt William McDonough entwickelten diesen Ansatz um die Jahrtausendwende konsequent weiter. In ihrem Buch «Cradle to Cradle»1 («Von der Wiege zur Wiege») propagierten sie ein fundamental neues Produktionssystem: Keine Stoffe landen mehr auf der Deponie oder in der Verbrennungsanlage. Alle nicht natürlich abbaubaren Stoffe werden stattdessen zur Produktion neuer Güter wiederverwendet.
In der Kreislaufwirtschaft nach dem «Cradle-to-Cradle»-Prinzip unterscheiden sie drei Kategorien von Stoffen:
➊ Verbrauchsgüter wie Reinigungsmittel, Shampoos oder Verpackungsmaterialien sind in der Kreislaufwirtschaft konsequent aus biologischen Nährstoffen zu fertigen, sodass sie schliesslich kompostiert und getrost wieder der Umwelt überlassen werden können.
➋ Gebrauchsgüter wie Autos, Waschmaschinen oder Fernsehgeräte, die aus «technischen Nährstoffen» bestehen, sind so zu gestalten, dass sie am Ende ihres Lebenszyklus restlos in wiederverwertbare Bestandteile zerlegt werden können. Die Stoffe dieser Gebrauchsgüter zirkulieren also im industriellen Produktionssystem in einem ewigen Kreislauf.
➌ Ausgedient hat in der Kreislaufwirtschaft die dritte Kategorie, alle jene Stoffe, die wir heute als Abfall verbrennen oder deponieren.
«Es geht in der Kreislaufwirtschaft nicht einfach darum, Abfälle zu reduzieren oder zu minimieren, sondern die Entstehung von Abfall zu vermeiden», betont Michael Braungart, einer der geistigen Väter des Konzepts. Lassen sich Stoffe in Gebrauchsgütern (noch) nicht durch kreislauffähige Alternativen ersetzen, gilt es, den Ressourcenverbrauch zumindest zu reduzieren und die Produkte länger zu gebrauchen.
Der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern bildet eine unabdingbare Voraussetzung für eine künftige Kreislaufwirtschaft. Mit der Energiewende ist die Schweiz diesbezüglich politisch auf Kurs, die Rück- beziehungsweise die Überführung sämtlicher Materialflüsse in einen Kreislauf bildet hingegen eine enorme Herausforderung. Damit die Transformation gelingt, bedarf es weiterer Weichenstellungen – auch auf politischer Ebene. «Es gibt für die Hersteller keine Notwendigkeit, freiwillig dem ‹Wiege-zur-Wiege›-Prinzip zu folgen, solange die Steuerzahlenden für die Entsorgung in den teuren Kehrichtverbrennungsanlagen aufkommen», bemängelt Braungart. Die Transformation der linearen in eine zirkuläre Wirtschaft ist ein globales interdisziplinäres Projekt, in das alle Akteurinnen und Akteure eingebunden werden müssen, von der Rohstoffgewinnung über die Entwicklung und das Design der Produkte, die Herstellung und Distribution/Logistik, den Konsum bis hin zum Abfallmanagement. Letzteres sorgt dafür, dass die Stoffe nicht länger «entsorgt» werden, sondern zwingend als Sekundärrohstoffe in den Kreislauf zurückfliessen. Doch betrifft die Kreislaufwirtschaft auch die Formen der Nutzung und damit der Geschäftsmodelle. Die Devise lautet: mieten (statt kaufen), teilen/sharing (statt besitzen), reparieren/wiederaufbereiten/erneuern (statt wegwerfen)! Die Konsumentinnen und Konsumenten können mit ihren Konsumgewohnheiten und Verhaltensmustern wesentlich zum Wandel beitragen.
Mit Kreislaufwirtschaft ökonomisch erfolgreich
Im Bereich der Produktion sind vor allem die Unternehmen gefordert. Verschiedene Pioniere haben mit Produkten wie Stühlen, Turnschuhen oder Teppichböden bereits gezeigt, dass kreislaufähige Geschäftsmodelle wirtschaftlich erfolgreich sein können. Die Firma Forster Rohner in St.Gallen hat vor Jahren kompostierbare Polsterbezüge für Büro- und Flugzeugstühle entwickelt. Die strengen Vorgaben des Labels «Cradle to Cradle» erfüllen allerdings erst wenige Unternehmen. Vögeli Druck in Langnau im Emmental zum Beispiel hat 2016 als weltweit erste Druckerei die «Cradle-to-Cradle»-Goldzertifizierung (Cradle to Cradle Products Innovation Institute, c2ccertified.org) erhalten.
In der Metall- und Maschinenindustrie führt der Weg zur Kreislaufwirtschaft meist über einen mehrstufigen Optimierungsprozess. Der Schweizer Küchenhersteller Franke verbraucht für seine Edelstahlspülen dank Prozessverbesserungen heute drei Viertel weniger Energie als noch vor wenigen Jahren und bloss noch halb so viel Edelstahl. In der Industrie ist es heute Standard, dass viele Metalle, vor allem Platin, Gold und Palladium, rezykliert werden; einfach weil diese Stoffe zu wertvoll sind, um im Abfall zu landen, und sich viele Metalle ohne Qualitätseinbusse problemlos für einen nächsten Produktionszyklus aufbereiten lassen. Rund 1,6 Millionen Tonnen Eisen- und Stahlschrott werden so in der Schweiz jährlich zu Bau- und Edelstahl aufbereitet. Ausserdem gelangen 3,2 Millionen Tonnen separat gesammelte Siedlungsabfälle wieder in den Kreislauf. Im Hoch- und Tiefbau werden knapp 12 Millionen Tonnen oder zwei Drittel der Rückbaumaterialien wie Beton, Kies, Sand, Asphalt und Mauerwerk wiederverwertet. «Weitere 5 Millionen Tonnen Rückbaumaterialien sowie 2,8 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle sind hingegen (noch) nicht im Kreislauf», sagt David Hiltbrunner von der Sektion Rohstoffkreisläufe des Bundesamtes für Umwelt (BAFU). Eine besondere Herausforderung bleiben vorderhand Textilfasern, Kunst- und Verbundstoffe, Elektroschrott, Chemikalien sowie gewisse biogene Abfälle. Es sind Stoffe, die sich – wenn überhaupt – nur mit enormem Aufwand zerlegen und wiederaufbereiten lassen. Allerdings wächst auch in diesen heiklen Bereichen die Zahl der Firmen, die nach Prinzipien der Kreislaufwirtschaft innovative Geschäftsmodelle entwickeln. So bietet etwa die Möbelhandelsfirma Pfister seit 2018 entsprechend zertifizierte Vorhänge an. Das Start-up trs (Tyre Recycling Solutions) in Yvonand VD macht alte Pneus wieder verkehrstüchtig, und die Firma Bauwerk in St. Margrethen SG bereitet alte Parkettböden auf.
Damit auch komplexe Konsumgüter wie Waschmaschinen, Computer oder Autos kreislauffähig werden, sind griffige politische Rahmenbedingungen erforderlich. Die EU-Ökodesign- und Abfallrahmenrichtlinien verlangen ausdrücklich die Förderung nachhaltiger Produktions- und Konsummodelle, insbesondere eine Gestaltung, die auf Langlebigkeit ausgerichtet ist, sowie die Reparierbarkeit von Elektrogeräten, Massnahmen gegen Lebensmittelverschwendung und Informationskampagnen in der Bevölkerung. Einzelne Länder sind in der Umsetzung schon weit. Die Niederlande etwa setzen in der öffentlichen Beschaffung seit zehn Jahren gezielt auf Güter, die nach dem «Wiege-zur-Wiege»-Prinzip gefertigt sind, und geben für die öffentliche Beschaffung nach Kreislaufwirtschaft-Kriterien zweistellige Milliardenbeträge aus. Mit dem Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft («Circular Economy Action Plan») hat die EU ihre Bemühungen 2020 nochmals verstärkt. Derzeit wird darüber diskutiert, die Ökodesign-Richtlinien auf sämtliche Konsumgüter auszuweiten, denn die EU möchte sich dereinst definitiv vom System der Wegwerfgesellschaft verabschieden. Die EU-Richtlinien gelten auch für alle Schweizer Hersteller, die Produkte in die EU-Länder exportieren möchten.
Es ist kein Zufall, dass das Ökodesign im EU-Aktionsplan an erster Stelle steht: Bis zu 80 Prozent der späteren Umweltbelastung eines Produktes werden in der Design-Phase vorbestimmt, ebenso dessen Lebensdauer und Reparaturanfälligkeit. Zudem gilt die ökologische Faustregel: Suffizienz vor Kreislauf! Ein schonender Umgang mit Ressourcen, der sich auf das Notwendigste beschränkt, vermeidet Leerläufe und erspart viel späteren Aufwand. «Zur Kreislaufwirtschaft tragen alle Strategien bei, die helfen, die Stoffe und Materialien sparsamer, effizienter und länger zu verwenden», meint Hiltbrunner.
Die Agenda der Schweiz
Auch in der Schweiz steht die Kreislaufwirtschaft auf der politischen Agenda weit oben. Aus gutem Grund: In kaum einem anderen Land fällt – trotz hoher Recyclingquoten – pro Kopf der Bevölkerung so viel Siedlungsabfall an wie in der Schweiz.
Im Parlament sind mindestens acht Vorstösse hängig, die sich auf die Kreislaufwirtschaft beziehen, als wichtigste die parlamentarische Initiative 20.433 «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» und der Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 11. Oktober 2021. Eine aktuelle Standortbestimmung zur Kreislaufwirtschaft hat der Bundesrat in diesem Frühjahr vorgenommen. Relevante Potenziale für die Kreislaufwirtschaft gibt es demnach vor allem in den Bereichen «Bauen und Wohnen», «Land- und Ernährungswirtschaft», «Mobilität», «Maschinenbau» sowie «chemische Industrie».Die Bundesverwaltung hat eine ganze Reihe von Vorschriften und Normen identifiziert, die eine Kreislaufwirtschaft noch behindern. Wie sich diese Hürden beseitigen lassen, wird abgeklärt. Klar scheint, dass die Aspekte einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft künftig in die Sektoralpolitiken des Bundes einfliessen müssen. Laut Bundesrat geschieht dies am besten in Übereinstimmung mit der «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030» (SNE 2030) des Bundes und mit den nationalen Langfriststrategien zur Klima-, Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik.
Die explizite Förderung der Kreislaufwirtschaft – bisher kein Programmpunkt der NRP – dürfte als ein Element in die nächste Programmperiode einfliessen. Dies deckt sich auch mit dem Anliegen von Romed Aschwanden, dem Geschäftsführer des Urner Instituts «Kulturen der Alpen» an der Universität Luzern, wonach die NRP radikal am Prinzip der Nachhaltigkeit auszurichten sei. «Denn die Lohnungleichheit ist nicht länger das eigentliche Problem in den Randregionen und Berggebieten, sondern der Klimawandel», argumentiert er.
Bei den zuständigen Ämtern, allen voran dem SECO und den kantonalen NRP-Fachstellen, laufen bereits die notwendigen Vorarbeiten. Den Rahmen für die Weichenstellung setzen die siebzehn Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDS) der Vereinten Nationen (UNO). Diese sogenannte «Agenda 2030» bildet für die Schweiz bereits heute den Orientierungsrahmen für die «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030». Entsprechend kann sich die Direktion für Standortförderung des SECO darauf stützen, wenn es gilt, die Ideen und Ziele der nachhaltigen Entwicklung in der NRP zu verankern. «Im Schwerpunktthema ‹nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion› wird die Kreislaufwirtschaft eine wichtige Rolle spielen», sagt Ueli Ramseier, der die Arbeiten für die Nachhaltigkeit in der NRP beim SECO koordiniert. Zudem fördert die NRP mit dem Schwerpunkt «Klima, Energie und Biodiversität» seit Jahren erneuerbare Energien und die Gestaltung nachhaltiger und resilienter Siedlungsräume.
Die Abstimmung der NRP auf die nachhaltige Entwicklung ist als Weiterentwicklung und Ergänzung der NRP zu verstehen, nicht als Systemwechsel. Die Beiträge zu den gesellschaftlichen und ökologischen Aspekten der nachhaltigen Entwicklung sollen in der Programmperiode 2024–2027 weiter ausgestaltet und stärker gewichtet werden. Die NRP wird jedoch auch in Zukunft ihren regionalwirtschaftlichen Fokus beibehalten, die kantonalen NRP-Fachstellen und das SECO sollen aber vermehrt NRP-Projekte mitfinanzieren, die die Kreislaufwirtschaft ins Zentrum stellen. «An den übergeordneten Zielen – die Wettbewerbsfähigkeit der Regionen zu stärken, Arbeitsplätze zu schaffen, eine dezentrale Besiedlung zu erhalten und regionale Disparitäten abzubauen – hält die NRP fest», betont Ramseier.
Stärken der Regionalpolitik nutzen
Bei der Förderung der Kreislaufwirtschaft spielen die Regionen eine wichtige Rolle, auch wenn sie sich nicht auf den ersten Blick erschliesst. Dieser Herausforderung hat sich im letzten Jahr regiosuisse – die Netzwerkstelle für Regionalentwicklung – angenommen. «Wir möchten Know-how aufbauen, das notwendige Wissen vermitteln und konkrete Hilfestellungen für Regionen entwickeln», erläutert Lorenz Kurtz, Projektleiter regiosuisse. Im Rahmen der regiosuisse-Wissensgemeinschaft «Kreislaufwirtschaft und Regionalentwicklung» wurde in den vergangenen Monaten relevantes Wissen in Form einer Praxistoolbox mitsamt inspirierenden Beispielen aufbereitet. Um das komplexe Thema für die Regionen umsetzungsreif weiterzuentwickeln, startete regiosuisse im März dieses Jahres mit dem «Kreislaufwirtschafts-RegioLab». Dessen Ziel ist es, aufzuzeigen, wie die Regionen die Kreislaufwirtschaft in ihre regionalen Strategien integrieren können.
Chancen eröffnen sich den Regionen mit der Kreislaufwirtschaft, wenn sie auf Themen und Bereiche fokussieren, die ohnehin bereits regional und weniger global strukturiert sind: Land- und Forstwirtschaft, Lebensmittelproduktion, Holzverarbeitung, erneuerbare Energien, Infrastrukturen, regionale Dienstleistungen und damit auch der Tourismus. Eine systematische Analyse der Materialflüsse und Produktionsketten in diesen Bereichen zeigt, dass das regionale Potenzial für die Kreislaufwirtschaft riesig ist. Um die Kreislaufwirtschaft zu fördern, sind nebst der Bildungs- und Wissensvermittlung zusätzliche finanzielle Anreize notwendig. Geld braucht es für die Projekte an sich, aber auch für die professionelle Projektbegleitung und die Ausarbeitung regionaler Kreislaufwirtschaft-Entwicklungsstrategien. «Denkbar ist, für besonders anspruchsvolle Projekte der Kategorie ‹5-Sterne-Nachhaltigkeit› den Förderrahmen zu erweitern und dafür künftig mehr Bundesmittel zu sprechen», meint Ramseier.
Norman Quadroni, Leiter Regionalpolitik Arcjurassien, sieht in der Kreislaufwirtschaft eine grosse Chance, den natürlichen Reichtum der ländlichen Regionen, Grenz- und Berggebiete besser zu nutzen. Er ist überzeugt, dass sich damit Ressourcen in Wert setzen lassen, die unter einer rein exportorientierten Entwicklungsperspektive auf der Strecke bleiben würden. «Bestimmte wirtschaftliche Aktivitäten, die heute international organisiert sind, könnten wieder in die Region zurückgeholt und in kurze Kreisläufe eingebunden werden», so Quadroni. Die Regionen sind dank ihrer Eigenschaften und Qualitäten wie Kleinräumigkeit, Überschaubarkeit und Nähe für die Initiierung von Kreislaufprozessen grundsätzlich prädestiniert. Denn die interdisziplinäre und überbetriebliche Zusammenarbeit in Netzwerken, wie sie die NRP seit Anbeginn praktiziert, ist in der Kreislaufwirtschaft besonders gefragt.
Neben regiosuisse engagieren sich verschiedene Organisationen dafür, interessierten Akteurinnen und Akteuren Know-how, Empowerment und Coaching zur Kreislaufwirtschaft anzubieten:
Go for impact Der vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) mitinitiierte Verein «Go for impact» versteht sich als Impulsgeber für die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz. Er setzt sich politisch und wirtschaftlich dafür ein, die Kreislaufzukunft der Schweizer Wirtschaft mitzugestalten.
Circular Economy Switzerland Das wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich breit abgestützte Netzwerk richtet sich mit seiner Plattform an alle an der Kreislaufwirtschaft interessierten Organisationen, Firmen und Personen. Es hat eine Charta zur KLW ausgearbeitet und unterstützt sämtliche Initiativen mit Wissen, Veranstaltungen und politischem Lobbying.
CircularHub Die Wissens- und Netzwerkplattform zur Kreislaufwirtschaft in der Schweiz adressiert innovative Unternehmen und Startups mit Ausbildungs-, Beratungs- und Projektbegleitungsangeboten.
Netzwerk Ressourceneffizienz Schweiz(Reffnet) Expertinnen und Experten des Reffnet beraten und begleiten Firmen bei der Erarbeitung eines Massnahmenplans für eine höhere Ressourceneffizienz.
Ressourcendruck-Designmethode Eine Forschungsgruppe an der Empa hat im Rahmen des NFP 73 «Nachhaltige Wirtschaft» die Ressourcendruck-Designmethode entwickelt. Der neue Ansatz soll beim Design von Produkten und Dienstleistungen zu nachhaltigeren Entscheidungen beitragen.
PRISMA Die Interessengemeinschaft von Unternehmen aus der Lebensmittelindustrie und der Konsumgüterbranche sowie der Verpackungsindustrie strebt die Realisation der Kreislaufwirtschaft im Bereich der Verpackungen an.
WÖB Wissensplattform des Bundes für nachhaltige öffentliche Beschaffung.
Kompass Nachhaltigkeit Vom SECO finanzierte und von der Stiftung Pusch zusammen mit dem Verband für nachhaltiges Wirtschaften (öbu) betriebene Wissensplattform.
Die Ideenbörse – Initiativen und Projekte zur Kreislaufwirtschaft
Landwirtschaft/Lebensmittel
Star’Terre Regionale Produktion/regionale Vermarktung/kurze Kreisläufe, interkantonale Lebensmittel-Plattform in der Region Genfersee (vgl. Artikel Vernetzung von Landwirtschaft und Start-ups).
Aquaponik Verbindung von Fischzucht und bodenunabhängiger Landwirtschaft in einem Kreislauf. Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft (ZHAW) forscht und lehrt auf diesem Gebiet und bietet Kurse für Einsteiger und Interessenten an.
«Kreislaufwirtschaft im Seeland» (NRP-Projekt 2021–2023): Restaurants, Bäckereien und Betriebe der Gemeinschaftsgastronomie versuchen zusammen mit weiteren Akteuren (Gemüseproduzenten, Konsumenten), die Kreisläufe der Wertschöpfungskette zu schliessen.
Centravo AG in Lyss BE Das Unternehmen verwertet seit 25 Jahren tierische Bestandteile, die von den Metzgereien nicht genutzt werden.
Fine Funghi AG Das Zürcher Unternehmen produziert Bio-Pilze aus dem Abfall (Weizenkleie) einer Getreidemühle.
RethinkResource Das Start-up hat den B2B-Marktplatz «Circado» aufgebaut, um industrielle Nebenprodukte der Lebensmittelproduktion zu verwerten.
Ricoter Erdaufbereitung AG Das 1981 gegründete Unternehmen produziert in Aarberg BE und Frauenfeld TG Gartenerde aus den organischen Abfällen der Zuckerraffinerien.
Eberhard Bau AGDas Unternehmen ist seit vier Jahrzehnten Pionier des Baurecyclings. Es verwandelt Bauschutt ohne Qualitätseinbusse in Sekundärrohstoffe.
enoki in Fribourg Das Freiburger Start-up entwirft und plant kreislauffähigere Quartiere und Städte.
Terrabloc in Genf Die Genfer Firma Terrabloc produziert Bau- und Dämmstoffe aus Lehm.
VADEMEDas Interreg-Projekt zielt auf eine koordinierte Lösung für mineralische Bauabfälle in den Regionen Genf und Annecy ab (vgl. Artikel VADEME: mineralische Abfälle aufwerten).
ORRAP Interreg-Projekt (2016–2019) für das Recycling von Ausbauasphalt in der Region Basel.
Organisatorische und strategische Ansätze
AlpLinkBioEco Das im April 2021 abgeschlossene Interreg-Projekt hat einen Wertschöpfungskettengenerator und einen Masterplan entworfen für eine auf natürlichen lokalen Rohstoffen basierende Kreislaufwirtschaft im Alpenraum.
SharelyDas Start-up betreibt eine Miet- und Vermietungsplattform für Alltagsgegenstände.
Make furniture circular Eine Initiative der Stiftung Pusch und des Migros-Pionierfonds zur Förderung von «Kreislauf-Möbeln».
Reparatur- und Recyclingnetzwerke Verschiedene regionale Initiativen zur Förderung von Reparatur- und Recyclingstellen. Dazu zählen auch Secondhand-Days, Secondhand-Shops, Repair-Werkstätten, Up-Cycling-Stellen usw.
Kreislaufwirtschaft im Parc Naturel Régional Chasseral: Relokalisierung von Wertschöpfungsketten, Erhalt und Inwertsetzung von natürlichen lokalen Ressourcen.
Plattform 1PEC Ideenbörse zur Förderung der Kreislaufwirtschaft im Wallis.
Kreislaufwirtschaft Oberwallis Kreislaufwirtschaft in einem ländlich abgeschlossenen Gebiet (gefördert durch das Programm «Nachhaltige Entwicklung», ARE, 2022).
Share Gallen Networking-Workshop und öffentlicher Markt in St. Gallen (Projekt aus Förderprogramm «Nachhaltige Entwicklung», ARE, 2018).
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