Den regionalen Geschmack wiedergefunden

Patricia Michaud

Sein fruchtiger Geschmack und seine cremige Textur machen seine Verkostung zu einem intensiven kulinarischen Erlebnis. Der Vacherin Montd’Or, der zwischen Mitte August und Mitte März im Vallée de Joux (VD) und am Fusse des Waadtländer Juras handwerklich hergestellt wird, ist einer der bekanntesten Westschweizer Käse. Vor zwanzig Jahren erhielten die Mitglieder der Branchenorganisation Interprofession du Vacherin Mont-d’Or, die 1999 gegründet worden war, ihre Interessen rund um diesen Käse zu wahren und seine Produktion zu erhalten, die höchste Auszeichnung: die geschützte Ursprungsbezeichnung AOP. Der Käse ist auch wegen seiner runden Fichtenholzschachtel berühmt, die ihm als Kokon dient und ihn in den Kühlregalen der Lebensmittelgeschäfte auf den ersten Blick erkennbar macht.

Bis vor zwei Jahren wurde diese so charakteristische und sympathische Verpackung ausserhalb der Region hergestellt, sogar ausserhalb des Landes, im benachbarten Frankreich, zwar mit einheimischem Holz – der Risoud-Wald, der grösste zusammenhängende Wald Europas, liegt in Grenznähe –, aber in einer französischen Werkstatt. Interprofession wollte aber sicherstellen, dass die Schweizer Affineure die gesamte Produktionskette beherrschen und der Vacherin Mont- d’Or wieder ein vollständig lokaler Käse wird, einschliesslich der Verpackung.

Sie setzte dazu eine Kommission ein, die nach Lösungen suchen sollte, um die Schachteln wieder in der Region herzustellen. Getragen von einer öffentlich-privaten Finanzierung mit lokaler Ausrichtung, wurde 2021 eine GmbH mit dem Namen Valartibois gegründet, die die Schachteln wieder in der Region herstellt. Sie stützt sich auf das Know-how eines Forstunternehmens aus dem Vallée de Joux und nutzt historische Maschinen, die zu diesem Zweck aufgekauft wurden. Mit diesem Schritt sehen die Projektverantwortlichen auch die Bedeutung des AOP-Labels des Vacherin Mont-d’Or gestärkt. Davon profitiert die ganze Region.

NRP-Projekt in der regiosuisse-Datenbank

Hier finden Sie die Langfassung in Französisch.

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Die Schweizer Pärke auf dem Teller

Patricia Michaud

Wein, Käse, Brot, Tee und Trockenfleisch: Die Schweizer Pärke lassen sich nicht nur mit den Beinen und Augen, sondern auch mit dem Mund besuchen. Rund 2600 Lebensmit­tel tragen stolz das grüne Parklogo, das ihre Regionalität und Nachhaltigkeit garantiert und ihren Produzentinnen und Produzenten ein wirksames Marketinginstrument an die Hand gibt. Um dieses Label zu erhalten, müssen Richtlinien eingehalten werden, die das bAfu derzeit aktualisiert.

Eingelullt von den Bewegungen des Zuges, döst die Wanderin fast ein. Ihre Beine fühlen sich nach dem langen Wandertag herrlich schwer an und ihre Haut ist warm von der Sonne. Dieser Moment der Ekstase wird kurz unterbrochen, als die Sportlerin daran erinnert wird, dass ihr Kühlschrank leer ist. Wird sie nach der Rückkehr noch schnell in den nahen Supermarkt gehen müssen, um vor Ladenschluss noch etwas einzukaufen? Ein Blick auf den Rucksack, aus dem mehrere Verpackungen mit dem gleichen grünen Aufkleber herausra­gen, beruhigt sie: Sie bringt von ihrem Ausflug nicht nur ein leckeres Abendessen, sondern auch ein ebenso feines Früh­stück mit nach Hause.

In der Schweiz können die Inhaber des Parklabels – rund zwanzig Regionen, die hauptsächlich in den Alpen, den Voralpen und im Jurabogen liegen – ihre Waren und Dienst­leistungen mit dem entsprechenden Logo kennzeichnen. «Ins­gesamt gibt es derzeit im Netzwerk der Schweizer Pärke rund 2600 Produkte mit dem Label», stellt Johann Dupuis fest, der beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) mit dem Dossier betraut ist. Zwar könnten gemäss den 2013 vom BAFU herausgegebe­nen Richtlinien zur Vergabe und Verwendung des Labels auch Dienstleistungen mit dem Label vermarktet werden, bis heute tragen aber nur Lebensmittel das wertvolle Logo. «Es handelt sich hauptsächlich um Bergprodukte, die in kleinen Mengen auf handwerkliche Weise zubereitet werden.» Dazu gehören Käse, Trockenfleisch, Weine, Tees, Kräuter oder einige Nischen­produkte wie Safran in Graubünden.

© regiosuisse

Um das Label tragen zu dürfen, müssen die Produkte eine Reihe von Kriterien erfüllen, die in einem vom Bund festgelegten Zertifizierungsprozess überprüft werden. «Das Pro­duktlabel, das sich direkt aus der Pärkeverordnung ableitet, unterscheidet sich somit von der grossen Mehrheit privater Labels», betont Johann Dupuis. Ein Produkt mit Parklabel muss im Wesentlichen auf dem Gebiet des betreffenden Parks herge­ stellt werden, einen Produktionsprozess durchlaufen, der den Zielen des Parks entspricht, und die Richtlinien des Verbands Schweizer Regionalprodukte (VSR) erfüllen. «Das Label soll den Konsumentinnen und Konsumenten die Garantie für regio­nale und nachhaltige Produkte bieten», so Dupuis.

Symbol für Integration

Ein Käse aus dem Naturpark Thal im Solothurner Jura erhielt 2010 als Erstes das Parklabel. Der Naturpark Pfyn-Finges hat inzwischen mehr als fünfzig Produkte damit ausgezeich­net. Für diese bekannte Weinregion nicht überraschend, «han­delt es sich hauptsächlich um Wein sowie um einige Frucht­säfte und Backwaren wie Roggenbrot oder Roggenchips», berichtet Andreas Gattlen, Verantwortlicher für regionale Entwicklung im Park. Die Produzentinnen und Produzenten, die das grüne Logo verwenden dürfen, verzeichnen in der Regel mehr Verkäufe.

Nach Ansicht von Andreas Gattlen liegen die Hauptvor­teile des Produktlabels jedoch woanders: «Es symbolisiert den Willen der lokalen Produzenten, sich für die starken Werte des Parks – Authentizität, Regionalität und Nachhaltigkeit – zu en­gagieren.» Kurzum: Es ist ein idealer Marketingaufhänger. Gleichzeitig können die Produzentinnen und Produzenten auf die Unterstützung des Naturparks zählen. «Wir organisieren zum Beispiel einen jährlichen Anlass, an dem sich alle Produ­zenten mit Label kennenlernen und Ideen austauschen können.» Dieses Netzwerk führt auch zu kreativen Synergien. So entwi­ckelte ein Bäcker in Partnerschaft mit einem Winzer ein Mehl und ein Öl aus Traubenkernen, die eigentlich für den Müll bestimmt waren – ein gutes Beispiel für die Wertschöpfung durch Kreislaufwirtschaft.

© regiosuisse

Champion der Regionalität

«Die lokale und nachhaltige Wirtschaft anzukurbeln, insbesondere durch die Zusammenführung der Akteurinnen und Akteure, ist eine spezifische Aufgabe der Schweizer Pärke», kommentiert Johann Dupuis vom BAFU. Und die Mis­sion ist erfolgreich: Nach jüngsten Schätzungen beläuft sich der entsprechende Jahresumsatz auf rund 30 Millionen Fran­ken, wobei grosse Einzelhändler wie Coop einen Teil dieser Einnahmen generieren. Aber, so Johann Dupuis: «Der Grossteil der Produkte mit dem Label wird in kleinen Mengen herge­stellt und direkt im Parkgebiet verkauft, in Dorfläden, über Selbstbedienungskühlschränke, Hofläden, Tourismusbüros, Informationszentren des Parks oder online.» Johann Dupuis stimmt Andreas Gattlen zu: «Für diese kleinen Produzentin­nen und Produzenten ist das vor allem eine Möglichkeit, die Qualität ihrer Produkte hervorzuheben und regionale und nachhaltige Werte hochzuhalten.»

Es  geht  dabei  immer  um  die  beiden  Komponenten «Regionalität» und «Nachhaltigkeit», die das Wesen des Produktlabels ausmachen: «Das Parklabel ist in Bezug auf die Regionalität auf schweizerischer Ebene fast unschlagbar», betont Johann Dupuis. «Die Pärke decken im Gegensatz zu anderen Labels kleine Gebiete ab, manchmal nur das Territo­rium  einiger  Gemeinden.»  Hinsichtlich  der  Nachhaltigkeit «besteht jedoch Verbesserungspotenzial». Dies liegt vor allem daran, dass «jeder Park sie auf unterschiedliche Weise definiert und bewertet». Zehn Jahre nach der Veröffentlichung bedürfen die massgeblichen Richtlinien einer Auffrischung. «Wir denken darüber nach, die Nachhaltigkeitskriterien zu harmonisieren und gleichzeitig flexibel zu bleiben.»

parks.swiss

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Mit Carpooling die Regionen erschliessen

Patricia Michaud

«Interreg Alpine Space», das Interreg-Programm zur Stärkung des Alpenraums, strebte mit dem Projekt «MELINDA» (Mobility Ecosystem for Low-carbon and INnovative moDAl shift in the Alps) an, das Potenzial der Datenerhebung und -auswertung besser zu nutzen, um die Entwicklung einer umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Mobilität in Städten und ländlichen Gebieten zu fördern. Das Projekt wurde 2018 gestartet und 2021 abgeschlossen. Auf Schweizer Seite verantwortlich war die Hochschule Luzern (HSLU). Sie führte unter Leitung von Timo Ohnmacht zwei Pilotprojekte durch, die sich auf Fahrgemeinschaften (Carpooling) konzentrierten. Deren Ziel war es, Modelle zu testen, die die Erreichbarkeit ländlicher Gebiete verbessern und gleichzeitig die Abhängigkeit der lokalen Bevölkerung vom motorisierten Individualverkehr verringern könnten.

«Taxito» wurde zwischen Chur und Maladers (GR) entwickelt. Schilder an strategischen Punkten zeigen Haltestellen an, an denen Autofahrerinnen und Autofahrer Mitreisende abholen können, die sich zuvor per SMS für eine Mitfahrmöglichkeit interessiert haben.

«HitchHike», bereits bestehend seit 2011, startete im Naturpark Thal (SO) eine erste öffentliche Plattform für Mitfahrgemeinschaften. Sie verbindet Personen, die regelmässig ähnliche Strecken zurücklegen, zu Fahrgemeinschaften.

Gemäss Timo Ohnmacht, an der HSLU für «MELINDA» zuständig, wollte der Schweizer Teil des Programms «die Gleichung ‹soziale Teilhabe in ländlichen Gebieten = Privatfahrzeug› auflösen». Allerdings zeigte sich, dass die Zahl der «Taxito»- und «HitchHike»-Nutzerinnen und -Nutzer bei weitem nicht ausreicht, die CO2-Emissionen wesentlich zu reduzieren. Denn: «Es reicht nicht, einfach nur neue Tools einzuführen und die Bevölkerung zu informieren; parallel dazu braucht es Good-Governance-Regeln, um die Attraktivität von Privatfahrzeugen einzuschränken.» Dennoch erfreuen sich die Angebote wachsenden Zuspruchs. «Taxito» gibt es inzwischen in 6 Regionen mit 38 Haltestellen und «HitchHike» expandierte im vergangenen Jahr ins europäische Ausland.

alpine-space.eu/project/melinda

regiosuisse.ch/projects-nrp

taxito.ch

hitchhike.ch

Hier finden Sie die Langversion in Französisch.

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Vernetzung von Landwirtschaft und Start-ups

Patricia Michaud

Star’Terre ist die Fortsetzung eines vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) unterstützten Pilotprojekts, das landwirtschaftliche und unternehmerische Kreise in den Kantonen Waadt, Genf, Freiburg und Wallis vernetzt. Es legt den Fokus auf den lokalen Konsum, kurze Wege und die Rückführung der Wertschöpfung in die Region auf Basis der Kreislaufwirtschaft.

Dies ist die – ebenso banale wie fiktive – Geschichte einer Familie, die in einer Wohnung im Zentrum von Nyon VD lebt. Die älter werdenden Kinder interessieren sich immer stärker für den Boden und die Nahrungsmittel. Der schmale Balkon des Familienhauses ist bereits mit einem Tisch und einer
Mini-Entsorgungsstelle vollgestopft. Für das Pflanzen von Gemüse bleibt kein Platz. Es reicht gerade für ein paar Töpfe mit aromatischen Kräutern. Jeden Sonntag macht sich die kleine Truppe deshalb auf den Weg zu ihrer Parzelle in einem lokalen Gemeinschaftsgarten des Vereins «Au-Potager». Unter fachkundiger Anleitung widmen sich Eltern und Kinder gemeinsam dem Giessen, Jäten und – als Belohnung – dem Ernten.

© regiosuisse

Der Verein «Au-Potager» hat sich zum Ziel gesetzt, die Vertragslandwirtschaft als neuen Weg des Lebensmittelkonsums zu ermöglichen. Im Kanton Waadt betreibt der Verein bereits drei Standorte. Er bietet Dienstleistungen an, um diese Art von Gärten in der Westschweiz zu verbreiten. «Au-Potager» gehört seinerseits zu den vier Projekten, die 2022 eine Star’Terre-Begleitung erhalten haben. Die weiteren sind «Local Impact» in Freiburg, Entwickler der digitalen Plattform «Cuisinons notre région», «L’Ortie», ein gemeinsam geführtes Gemüseanbauprojekt im Kanton Genf, und «Lupi Food», das eine neue Wertschöpfungskette für pflanzliche Proteine auf Basis von Schweizer Lupinen im Kanton Waadt entwickeln will.

Die Begleitung durch Star’Terre im Umfang von rund 12 000 Franken pro Projekt erstreckt sich über drei Jahre. Die Projekte erhalten dabei thematische Beratung durch Fachleute, beispielsweise in Bezug auf die Wertschöpfungskette, rechtliche Aspekte, das Öko-Design oder die Wirtschaftsstrategie. Darüber hinaus haben sie Zugang zu einer Informationsdatenbank und spezifischen Instrumenten. Sie können sich zudem auf das starke Akteurnetzwerk im Umfeld von Landwirtschafts-, Unternehmens-, Innovations- und akademischen Kreisen stützen, an deren Schnittstelle Star’Terre sich aktiv positioniert.

© regiosuisse

Förderung des lokalen Konsums

Der Name Star’Terre sagt viel über die Natur und die Ziele dieser Organisation aus, die sich unter anderem als Bindeglied zwischen der Welt der Start-ups und der Welt der Bodenbewirtschaftung versteht. «Unser Ziel ist es, die Bereiche Landwirtschaft, Lebensmittel, Innovation und Unternehmertum im Kontext des lokalen Konsums zusammenzubringen», erklärt Magali Estève, Mitglied des Koordinationsteams. Mit «lokal» ist hier der Metropolitanraum rund um den Genfersee gemeint, der die Kantone Waadt, Genf, Freiburg und Wallis einschliesst, in denen Star’Terre aktiv ist.

Star’Terre ist eine sehr junge Organisation, die in ihrer jetzigen Form erst seit März 2020 besteht. Es handelt sich dabei um eine Fortsetzung des interkantonalen Projekts «Lokaler Konsum in der Genferseemetropole», das im Rahmen des vom seco entwickelten «Pilotprogramms Aktionsgebiet Wirtschaft» durchgeführt wurde. Dieses nationale Programm umfasste sechs Projekte und dauerte von 2017 bis 2019. Aufgrund der gesammelten Erfahrungen beschlossen die in der Region Genfersee Beteiligten, die Organisation zu verstetigen. Zum einen, weil sich dadurch Mängel beheben liessen – insbesondere die mangelnde Unterstützung an der Schnittstelle zwischen landwirtschaftlichem und nichtlandwirtschaftlichem Unternehmertum sowie fehlende Synergien zwischen den verschiedenen Förderprogrammen – und zum anderen, weil die Fortführung ermöglichte, das Potenzial der Metropole am Genfersee in Wert zu setzen.

«Star’Terre zielt auf einen echten Modellwechsel ab», betont Magali Estève. «Wir unterstützen die lokalen Akteure in ihrem Bestreben, innovativ zu sein, Know-how aus der Landwirtschaft und der Lebensmittelbranche zu teilen und besser zu verwerten.» Dies alles mit dem Ziel, «die Wertschöpfung zu den Produzenten und in die Region zurückzubringen.» Star’Terre war von Anfang an eine interkantonale Initiative und wird getragen von den Landwirtschaftsämtern der vier beteiligten Kantone sowie von agridea, der landwirtschaftlichen Beratungszentrale der kantonalen Landwirtschaftsfachstellen, der Magali Estève angehört.

Return on Investment

Über diese Funktion als Anlaufstelle hinaus versteht sich Star’Terre auch als Ort der Vernetzung von Kompetenzen oder Ressourcen sowie als Wissensdatenbank. «Wir veröffentlichen Dokumentationen, etwa einen Leitfaden für die Gründung eines partizipativen Lebensmittelladens.» Nicht zu vergessen ist die Organisation von Veranstaltungen. In einem kostenlosen Webinar wurden innovative Instrumente mit Fokus auf kurze Kreisläufe für Landwirte, Start-ups und kmu vorgestellt. Im Rahmen thematischer Treffen konnten die Teilnehmenden die Fortschritte bei den Techniken zur Verwertung von Nebenprodukten und Abfällen aus der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie kennenlernen. «Wir stellen ein immer stärkeres Interesse an den Konzepten der Lebenszyklusanalyse und der Kreislaufwirtschaft fest; das ist ein Pfeiler, den wir weiter
stärken werden.»

Dennoch: Das Kerngeschäft von Star’Terre besteht weiterhin in der Begleitung von Projekten in der Startphase. «Es muss sich um Projekte handeln, die weniger als drei Jahre alt sind und sich auf die Produktion, die Verarbeitung, den Vertrieb oder die Verwertung beziehen», erläutert die Leiterin. Selbstverständlich muss, wer einen Antrag auf Unterstützung stellt, im Aktivitätsperimeter von Star’Terre tätig sein. Zudem muss das Projekt «auf die eine oder andere Weise zu einer Erhöhung des Verbrauchsvolumens an lokalen Produkten beitragen und einen Mehrwert für die lokale Landwirtschaft aufweisen.» Schliesslich müssen die dem Auswahlkomitee vorgelegten Initiativen innovativ sein, Erfolgsaussichten haben, «leicht in einem anderen Kanton umsetzbar sein und potenziell einen Markt erreichen, der über die Metropole am Genfersee hinausgeht».

© regiosuisse

Nachahmer erwünscht

Seit dem Start des Pilotprojekts im Jahr 2017 wurden 26 Projekte von Star’Terre begleitet. Zu ihnen gehört auch eines von «Les Fruits de Martigny», einer Aktiengesellschaft, die seit über zwanzig Jahren in der Vermarktung von Walliser Obst und Gemüse tätig ist. «Sie wollte innovativ sein und eine Reihe von Frucht- und Gemüsesäften herstellen, deren Nährwerte dank ‹Pascalization› – eines Verfahrens der Kaltpasteurisierung unter hohem Druck – erhalten bleiben», berichtet Georg Bregy, der stellvertretende Leiter der Walliser Dienststelle für Landwirtschaft und Mitglied des Star’Terre Steuerungsausschusses. Dieses seit 2020 unterstützte Projekt sei ein schönes Beispiel für den Beitrag von Star’Terre zur regionalen Wirtschaft. «In einem Alpen- und Tourismuskanton wie dem Wallis ist es besonders interessant, Innovation zu nutzen, um den Konsum der lokalen Produktion zu fördern», fährt er fort.

Anderer Kanton, gleicher Ton. Jean-Marc Sermet ist Leiter des Sektors «Beiträge und Strukturen» im Genfer Amt für Landwirtschaft und Natur. Auch er ist Mitglied des Star’Terre- Lenkungsausschusses. «Früher neigten wir dazu, uns auf die Landwirtschaft zu konzentrieren. Wenn wir aber darüber hinausgehen und innovative Wege finden, um Produzenten und Konsumenten über Start-ups zusammenzubringen, schaffen wir einen echten Mehrwert für die Landwirtschaft und die Wirtschaft des Kantons.» Er nennt als Beispiel die «Manufacture de Terroir», ein 2021 unterstütztes Genfer Projekt. «Dabei handelt es sich um eine gemeinsam genutzte Werkstatt zur Verarbeitung kleiner Mengen an Obst und Gemüse. Sie stellt lokalen Produzenten die Infrastruktur und die Werkzeuge zur Verfügung, mit denen sie Säfte, Suppen usw. herstellen können.»

Die beiden Kantonsverantwortlichen begrüssen unisono, dass die Vision von Star’Terre nicht bei der Parzelle endet. «Nur weil man in der Landwirtschaft tätig ist, heisst das nicht, dass man nicht über das eigene Feld, die eigene Gemeinde und den eigenen Kanton hinausschauen sollte», betont Jean-Marc Sermet. «Während der Pilotphase unseres Projekts haben wir festgestellt, dass der Genfer Metropolitanraum hinsichtlich der Konsumströme eine Tatsache ist», ergänzt Magali Estève. «Es ist ein Raum, in dem lange und kurze Kreisläufe harmonisch koexistieren und zusammenfliessen können.» Dieses Modell stösst auch anderswo in der Schweiz auf Begeisterung. Es wäre daher nicht überraschend, wenn Star’Terre auch jenseits der Saane Nachahmer finden würde.

starterre.ch

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Eine grüne Lunge auf industriellem Grund

Patricia Michaud

Gestern noch Bagger, morgen Spaziergängerinnen und Flaneure: Das rund 300 Hektaren grosse Gelände zwischen Basel und Allschwil in der Schweiz sowie den französischen Gemeinden Hegenheim und Saint-Louis ist nicht das, was man sich gemeinhin unter einer Natur- und Erholungsoase vorstellt. Doch im Sommer 2021 wird die erste Etappe des auf drei Ausbauschritte (bis 2028) angelegten Parc des Carrières abgeschlossen sein und das von Feldern, Familiengärten und Kiesgruben durchsetzte und in Umgestaltung befindliche Gebiet den ersten Besucherinnen und Besuchern zugänglich sein. Das ehrgeizige grenzüberschreitende Projekt «Parc des Carrières» will für die Bevölkerung der Region eine wahre grüne Lunge schaffen. Das Herzstück des Parks wird fast 12 Hektaren umfassen. Über ein Netz von Fuss- und Velowegen hat die Bevölkerung der vier angrenzenden Ortschaften Zugang zu dieser neugestalteten Naherholungsinsel, in der sich auch die Koexistenz von Natur und menschlicher Aktivität spiegelt. Rund 40 000 Bewohnerinnen und Bewohner der Region können den Park innert weniger als zwölf Minuten zu Fuss oder fünf Minuten mit dem Velo erreichen. Auch eine Haltestelle der Strassenbahnlinie 3, die Basel mit Saint-Louis verbindet, liegt direkt beim Park.

Andreas Courvoisier und Monica Linder-Guarnaccia © regiosuisse

Ausgelöst wurde diese Umgestaltung vor rund zehn Jahren durch einen Projektaufruf der Internationalen Bauausstellung Basel (IBA Basel) – einer Plattform, die 2010 von den wichtigsten politischen Akteuren der Region gegründet wurde. Sie strebt eine grenzüberschreitende und langfristige Steuerung des Wachstums und eine Vernetzung der Metropolitanregion an. Der Basler Stadtentwickler Andreas Courvoisier nutzte diese Chance, um eine innovative grüne Nutzung des westlich von Basel gelegenen Gebiets vorzuschlagen. Seine Vision war, die Landschaft in ihrer früheren, reichen Vielfalt wiederherzustellen und dabei mit dem Nebeneinander von Natur und Industrie zu spielen. Für die IBA Basel, die über dreissig Projekte in der Region betreut und unter anderem durch Interreg Oberrhein mit 3,3 Millionen Euro gefördert wurde, ist der Parc des Carrières Pilot- und Modellprojekt in einem. Laut IBA-Direktorin Monica Linder-Guarnaccia soll er zeigen, dass unbebaute Räume sowohl die Lebens- als auch die Landschaftsqualität steigern und alle Parteien gewinnen können – Bewohnerinnen, Landwirte, Bauträgerinnen ebenso wie Politiker oder Umweltschützerinnen.

iba-basel.net

interreg.ch

Sie finden hier die Langfassung in Französisch.

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