Podcast: «Ticino a Te» – regionale Wertschöpfung für heute und morgen
Ende 2024 wurde das Tessin für seine starke regionale Wertschöpfungskette mit dem «Cercle régional» geehrt. Zur Auszeichnung verhalf ihm die erfolgreiche Verankerung von Regionalprodukten in der lokalen Gastronomie und Hotellerie, namentlich mit den Projekten «Ticino a Te» und «Ticino a Tavola». Sibilla Quadri, Geschäftsleiterin des Tessiner Zentrums für Agrar- und Lebensmittelkompetenzen, stellt die Projekte im Podcast «Region am Mikrofon» vor. Sie spricht darüber, wieso es so wichtig ist, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen, und wie Projekte von bereits bestehenden Ressourcen und Erfahrungen profitieren können.
«Wir sind das Bindeglied in der Wertschöpfungskette für Tessiner Lebensmittel.»
Alle Akteurinnen und Akteure an einem Tisch
Seit 2016 setzt sich «Ticino a Te» («das Tessin für dich»)für die sektorenübergreifende Zusammenarbeit von Akteurinnen und Akteuren aus Tessiner Landwirtschaft, Lebensmittelverwertung, Gastronomie und Hotellerie ein. Die Projektverantwortliche Sibilla Quadri betont, wie wertvoll diese Vernetzung für alle Beteiligten ist: «Wir schaffen Sichtbarkeit für lokale Produzentinnen und Produzenten, dank der sie eine breitere Kundschaft ansprechen können. Konsumentinnen und Konsumenten können über unser Netzwerk herausfinden, welche Produkte von wem in ihrer Region produziert werden.»
Im Rahmen von «Ticino a Te» laufen verschiedene Initiativen, darunter auch «Ticino a Tavola» («das Tessin bei Tisch»), eine Initiative von GastroTicino und dem Tessiner Bauernverband. Dabei handelt es sich um eine Zusammenarbeit mit 103 Tessiner Gastronomiebetrieben. Die beteiligten Betriebe verpflichten sich, dass auf ihrer Speisekarte immer mindestens ein Menü mit drei Gängen oder vier einzelne Gerichte zu 60 Prozent aus Tessiner Produkten bestehen und dass Tessiner Weine mindestens 40 Prozent ihrer Weinkarte ausmachen. Im Rahmen von «Ticino a Tavola» werden jährlich 400’000 Gerichte aufgetischt. Das generiert 3,5 Millionen Franken, von denen ein Grossteil zurück an die Tessiner Landwirtschaft und Lebensmittelverwertung fliesst.
«Wer die Herkunft eines Produkts kennt, weiss es besser zu schätzen.»
Mehr als nur eine Frage des Preises
Auf die Frage, ob regionale Produkte preislich mit industriellen Produkten mithalten können, antwortet Quadri: «Wenn ein industrielles Produkt unter denselben Bedingungen produziert wurde, wie ein lokales, dann sind die Preise oft vergleichbar – ich denke da zum Beispiel an die tierfreundliche Haltung von Hühnern oder die Bezahlung der Arbeitenden. Aber sehr oft werden Produkte gegenübergestellt, die unter ganz anderen Bedingungen produziert wurden. Ich finde nicht, dass sie sich so vergleichen lassen.»
Um auf diese Unterschiede in der Produktion hinzuweisen, ist eine wichtige Aufgabe von «Ticino a Te» die Aufklärung: In Zusammenarbeit mit 90 Schulmensen setzt sich «Ticino a Te» dafür ein, dass bei Schülerinnen und Schülern Regionales auf dem Teller landet. «Es ist wichtig, dass Kinder den Wert von regionalen Produkten zu schätzen lernen, schliesslich sind sie die Kundschaft von morgen», so Quadri. Auch Stadtbewohnerinnen und -bewohner werden im Rahmen des Projekts über die Herkunft ihrer Lebensmittel aufgeklärt. «Wer die Herkunft eines Produkts kennt, weiss es besser zu schätzen», meint Quadri.
Langfristig Wirkung erzielen
Dass der Tessiner Beitrag zur regionalen Wertschöpfungskette gleich mehrfach ausgezeichnet wurde, ist kein Zufall: Die Jury für den «Cercle régional» lobte insbesondere das Herzblut, das in «Ticino a Te» steckt und zeigte sich beeindruckt davon, wie viel das Projekt auch mit limitierten finanziellen Mitteln bewirken konnte. Neben kantonalen Geldern erhielt «Ticino a Te» zu Beginn auch NRP-Fördermittel des Bundes. Ab dem fünften Jahr wurde das Tessiner Zentrum für Agrar- und Lebensmittelkompetenzen nur noch vom Kanton Tessin finanziert.
Stefano Rizzi, Direktor der Abteilung Wirtschaft des Kantons Tessin erklärt: «Wir haben das Tessiner Zentrum für Agrar- und Lebensmittelkompetenzen als Pilotprojekt mit der regionalen Wirtschaftspolitik unterstützt. Ziel war die Vernetzung aller Akteurinnen und Akteure in der Region, um die Entwicklung innovativer Projekte zu fördern, die den Reichtum der Tessiner Agrar- und Ernährungswirtschaft aufwerten können. Angesichts der positiven Auswirkungen – auch auf die Wettbewerbsfähigkeit des Primärsektors – beschloss der Kanton, die Initiative gemäss dem kantonalen Landwirtschaftsgesetz mit einem wiederkehrenden Beitrag zu unterstützen.»
Quadri betont, wie wichtig die Unterstützung zu Beginn war: «Dank den Geldern der NRP und des Kantons konnte das Projekt überhaupt auf die Beine gestellt werden. Uns ist es wichtig, dass unsere Arbeit dem Tessin langfristig weiterhilft – dafür braucht es viel Arbeit und nicht zuletzt finanzielle Ressourcen».
Das Tessiner Zentrum für Agrar- und Lebensmittelkompetenzen (CCAT) verwaltet, betreut und entwickelt Projekte im Agrar- und Ernährungssektor. Es verfügt über ein starkes Netzwerk von Kontakten und schafft Synergien zwischen Projekten. Durch die Erfahrungen, die im Rahmen der Entwicklung von «Ticino a Te» und die Zusammenarbeit mit dem Gastronomiesektor gewonnen wurden, ist es ein starker Partner für weitere Projekte der Regionalen Entwicklung, insbesondere PRE.
In Arbon entstand der Macherort «ZIKpunkt». Ein Ort, an dem Unternehmen, Organisationen und weitere engagierte Akteurinnen und Akteure der Region zusammenkommen, um gemeinsam Projekte zu verwirklichen. Der Verein ZIKpunkt wichtiger Impulsgeber, besonders für die regionale Wirtschaft. Im Video erläutert Gilbert Piaser, Geschäftsleiter der Region Oberthurgau, die Vision und Bedeutung des ZIKpunkts und wie die Förderung durch die Neue Regionalpolitik (NRP) bei der Umsetzung des Projekts geholfen hat.
«Dank der NRP geht es in unserer Region vorwärts»
In seiner Tätigkeit als Geschäftsleiter der Region Oberthurgau vermisste Gilbert Piaser etwas, das das Engagement für die Region spür- und sichtbar machte: «Als Räumlichkeiten im ZIK-Areal, dem ehemaligen Saurer-Werk, frei wurden, war das unsere Chance und wir starteten das Projekt Initiative ZIKpunkt.» Bereits beim Aufbau des Projekts setzten die Initianten auf NRP-Fördermittel.
Die Region Oberthurgau hat schon diverse Projekte mithilfe von NRP-Fördermitteln umgesetzt. «Dank der NRP geht es in unserer Region vorwärts», so Gilbert Piaser über die wertvolle Unterstützung. Bei der Initiative ZIKpunkt wurden die NRP-Gelder hauptsächlich während der Konzeptions- und Aufbauphase eingesetzt und ermöglichten damit wichtige Grundlagenarbeit.
Im Innovations-Hub vorwärts machen
Inzwischen wird der ZIKpunkt von einem eigens dafür gegründeten Verein geführt, inklusive Initianten und weiteren neuen Vorstandsmitgliedern. Gemeinsam mit den Vereinsmitgliedern verfolgen sie ambitionierte Ziele für die Region:
die Wirtschaftskraft stärken
die Abwanderung von hochqualifizierten Fachkräften minimieren
qualifizierte Fachkräfte gewinnen und ausbilden
Der ZIKpunkt dient dabei als Innovations-Hub. Der Verein lanciert gemeinsam mit Unternehmen, Gemeinden, Organisationen und Institutionen aus der Region innovative Projekte. Der Fokus liegt dabei bewusst auf der Umsetzung. «Wir sind da, wenn jemand etwas Konkretes umsetzen will», betont Gilbert Piaser, «der ZIKpunkt ist ein Macherort und keine Denkfabrik.»
Kompetenzen bündeln und Teilzeitstellen schaffen
Zu Beginn der Aktivitäten im ZIKpunkt wurden verschiedene Formate angeboten, um Erfahrungen zu sammeln und wichtige Erkenntnisse zu erhalten. Das war Gilbert Piaser wichtig: «Das erste Betriebsjahr lief unter dem Motto Trial-and-Error. Dank dieser Einstellung wissen wir nun, was im ZIKpunkt funktioniert und was nicht.»
Daraus entstanden im Jahr 2024 konkrete Mandate. So unterstützt der ZIKpunkt etwa den Verein «PhytoValley Switzerland» aus dem Bereich der Naturmedizin mit einer professionellen Geschäftsstelle und Begleitung. Das Wachstum der Aufgabenbereiche machte es zudem möglich, zwei neue Teilzeitstellen für Administration und Geschäftsleitung zu schaffen. Der ZIKpunkt ist also bereit, weitere innovative Projekte zu starten und die regionale Wirtschaftskraft nachhaltig auszubauen.
Luzerner Bienentage: die Wertschöpfungskette der Bienen im Fokus
Honig, Propolis und Bienenwachskerzen sind weithin bekannt. Doch Bienen und ihre Produkte bieten noch viel mehr. Die Luzerner Bienentage in Sempach haben sich daher zum Ziel gesetzt, die gesamte Wertschöpfungskette der Biene aufzuzeigen. Der als viertägiger Kongress geplante Anlass spricht einerseits Fachleute und wirtschaftliche Akteure an, andererseits die Bevölkerung mit vielfältigen Informationen und regionalen Bienenprodukten.
Wie in einem geschäftigen Bienenstock herrschte am «Bienenzauber» reges Treiben. Im Unterschied zur Fachtagung für Imker am Tag zuvor nahmen am zweiten Kongresstag «Bienenzauber» Kinder und Erwachsene aus der breiten Bevölkerung teil. Die rund 600 Gäste konnten vor Ort auf eindrucksvolle Art erleben, wie bedeutend Bienen für unser Leben sind, wie gross die Themenvielfalt und wie breit die Palette an Bienenprodukten sind. Unmissverständlich wurde dabei auch aufgezeigt, welche zentrale Rolle Bienen als Bestäuber von Natur- und Nutzpflanzen innehaben. Denn sie gehören zu den wichtigsten Nutztieren überhaupt, da sie durch ihre Bestäubungsarbeit nicht nur die Biodiversität fördern, sondern auch indirekt den Artenreichtum unterstützen.
«Die Luzerner Bienentage waren ein voller Erfolg. Wir werden den Anlass auch nächstes Jahr nochmals in dieser Form organisieren und somit wieder einen ‹Bienenzauber› anbieten.»
Am «Bienenzauber» gab es viel zu sehen, zu degustieren, auszuprobieren und zu erleben:
ein Bienenvolk im Plexiglasschaukasten und die dazugehörige Flugvoliere
Degustation unterschiedlicher Honige
Kochen und Backen mit Honig oder Met (Honigwein)
Degustation von Honigbier, Honigbrand und Honigwhisky
Herstellung von Wachstüchern
Kosmetika und Naturheilprodukte mit Bienenerzeugnissen
Bienenstocklufttherapie für Asthmatiker und zur Desensibilisierung
naturnah gestaltete Gärten
Anbringung von Pflege von Wildbienenhäusern
Regional, nachhaltig und umweltfreundlich
Im Sinne der Nachhaltigkeit und des Umweltbewusstseins setzt das Konzept des «Bienenzaubers» besonders auf das Präsentieren regionaler Produkte. Denn diese zeichnen sich durch einen minimalen Verbrauch an grauer Energie aus. Ihre Herstellung, ihr Transport und ihr direkter Verzehr vor Ort sind mit deutlich geringeren Umweltbelastungen verbunden als weit hergeholte Produkte. Darüber hinaus stärkt der Konsum regionaler Produkte die lokale Wirtschaft und unterstützt oft kleinere, familiär geführte Betriebe.
Das professionell entwickelte Konzept für einen «Kongress zur Stärkung der Wertschöpfungskette Biene» konnte dank Geldern der neuen Regionalpolitik sowie Eigenfinanzierungen und -leistungen realisiert werden. Es sieht vor, dass der Kongress in drei Phasen schrittweise weiterentwickelt wird. Auf diese Weise lassen sich wertvolle Erkenntnisse gewinnen und die Organisation des Anlasses lässt sich kontinuierlich optimieren. Die erste Phase, die bereits 2024 erfolgreich umgesetzt wurde, umfasste die Durchführung von zwei Kongresstagen. Der erste Tag richtete sich an die Kerngruppe der Wertschöpfungskette – die Imker – und vermittelte dem Fachpublikum vertieftes Wissen. Der zweite Tag war als eine Art Festival für die breite Bevölkerung konzipiert.
Lokale Partnerschaften sollen ermöglicht werden
In der zweiten Phase soll zusätzlich zu den zwei Kongresstagen ein dritter eingeführt werden, der die Regional- und Privatwirtschaft mit der Kerngruppe der Imker vernetzen soll. Ziel ist es, die Zusammenarbeit zu fördern und die Wertschöpfungskette bei diesen wichtigen Zielgruppen stärker zu verankern, um so potenzielle Joint Ventures oder Partnerschaften zu ermöglichen. Darüber hinaus wird an diesem Tag auch der Dialog mit politischen Akteurinnen und Akteuren gesucht.
Die darauffolgende dritte Aufbauphase soll einen vierten Kongresstag umfassen. Dieser richtet sich an Kinder und Schulen. Ziel ist es, junge Menschen für Themen wie Artenvielfalt, Biodiversität und die Welt der Insekten zu sensibilisieren, während gleichzeitig auch Nachhaltigkeit und regionale Produktion thematisiert werden. Zu gegebener Zeit wird nach geeigneten Partnerinnen und Partnern gesucht, die dieses Format mitgestalten können.
«Wir konnten die Idee dank des NRP-Beitrags schnell und mit einer hohen Qualität umsetzen. In diesem Projekt ist die Hebelwirkung eines relativ kleinen Beitrags gross.»
Sein fruchtiger Geschmack und seine cremige Textur machen seine Verkostung zu einem intensiven kulinarischen Erlebnis. Der Vacherin Mont–d’Or, der zwischen Mitte August und Mitte März im Vallée de Joux (VD) und am Fusse des Waadtländer Juras handwerklich hergestellt wird, ist einer der bekanntesten Westschweizer Käse. Vor zwanzig Jahren erhielten die Mitglieder der Branchenorganisation Interprofession du Vacherin Mont-d’Or, die 1999 gegründet worden war, ihre Interessen rund um diesen Käse zu wahren und seine Produktion zu erhalten, die höchste Auszeichnung: die geschützte Ursprungsbezeichnung AOP. Der Käse ist auch wegen seiner runden Fichtenholzschachtel berühmt, die ihm als Kokon dient und ihn in den Kühlregalen der Lebensmittelgeschäfte auf den ersten Blick erkennbar macht.
Bis vor zwei Jahren wurde diese so charakteristische und sympathische Verpackung ausserhalb der Region hergestellt, sogar ausserhalb des Landes, im benachbarten Frankreich, zwar mit einheimischem Holz – der Risoud-Wald, der grösste zusammenhängende Wald Europas, liegt in Grenznähe –, aber in einer französischen Werkstatt. Interprofession wollte aber sicherstellen, dass die Schweizer Affineure die gesamte Produktionskette beherrschen und der Vacherin Mont- d’Or wieder ein vollständig lokaler Käse wird, einschliesslich der Verpackung.
Sie setzte dazu eine Kommission ein, die nach Lösungen suchen sollte, um die Schachteln wieder in der Region herzustellen. Getragen von einer öffentlich-privaten Finanzierung mit lokaler Ausrichtung, wurde 2021 eine GmbH mit dem Namen Valartibois gegründet, die die Schachteln wieder in der Region herstellt. Sie stützt sich auf das Know-how eines Forstunternehmens aus dem Vallée de Joux und nutzt historische Maschinen, die zu diesem Zweck aufgekauft wurden. Mit diesem Schritt sehen die Projektverantwortlichen auch die Bedeutung des AOP-Labels des Vacherin Mont-d’Or gestärkt. Davon profitiert die ganze Region.
Nahrungs- und Genussmittel wie Obst und Gemüse, Milchprodukte, Brot, Fleisch und Wein, die mit einem regionalen Label gekennzeichnet sind, werden in der Schweiz immer beliebter. Zu verdanken ist dieser Erfolg Tausenden von Landwirtinnen und Landwirten, Lebensmitteldetailhändlern, privaten Non-Profit-Organisationen, Zwischenhändlerinnen und -händlern, handwerklichen und industriellen Verarbeitern, Logistikunternehmen und nicht zuletzt den Konsumentinnen und Konsumenten. Anteil am Erfolg haben auch verschiedene Förderprogramme der Landwirtschafts- und Regionalpolitik, mit denen der Bund und die Kantone viele Projekte entlang der gesamten regionalen Wertschöpfungskette unterstützen. Der regionale Boom hat inzwischen auch touristische Angebote und Non-Food-Produkte erfasst. Er dürfte sich weiter verstärken, zumal sich die nachhaltige regionale Produktion mit den Zielen einer zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft deckt.
Der Kopfsalat im Migros-Shop in Luzern ist taufrisch. Die Etikette verrät, dass er unmittelbar vor den Toren der Stadt geerntet worden ist. Das Blattgemüse ist eines von mittlerweile rund 18’500 zertifizierten regionalen Produkten, die schweizweit im Lebensmitteldetailhandel und auf den Märkten erhältlich sind. Das Segment boomt. Gemäss der Studie «Regionalprodukte 2022» der htp St. Gallen, eines Spin-offs der Universität St. Gallen, und dem Marktforschungsinstitut LINK in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) legten die Verkäufe in diesem Bereich zwischen 2015 und 2020 jährlich um 10 Prozent zu. Der damit erzielte Umsatz dürfte die Schwelle von 2,5 Milliarden Franken überschritten haben. «Regionale Produkte sind der wachstumsstärkste Sektor im Food-Bereich», erklärt Stephan Feige, Co-Autor der Studie und Leiter der Fachstelle für authentische Markenführung an der HWZ. Das rasante Wachstum widerspiegelt die erfolgreiche Marketingstrategie der Grossverteiler Migros und Coop. Doch es basiert ebenso auf dem Engagement von Tausenden von Bäuerinnen und Bauern, die in der Produktion für den notwendigen Nachschub sorgen. «Regionalprodukte sind längst keine Nische mehr. Vom Jura über die Alpen bis ins Tessin oder vom Bodensee bis zum Genfersee – überall gibt es Erfolgsgeschichten», sagt Gabi Dörig-Eschler, Geschäftsführerin des Vereins Schweizer Regionalprodukte (VSR). Dabei erzielen die rund 2800 Produzentinnen und Produzenten, die bei ihrem Sortiment auf die VSR-Kennzeichnung als Regionalprodukt «regio.garantie» setzen, einen Umsatz von 1,7 Milliarden Franken pro Jahr.
Ein blauschimmeliges Zufallsprodukt als Auslöser
Als Wegbereiter für regionale Produkte gilt das Siegel Appellation d’Origine Contrôlée (AOC) für die kontrollierte beziehungsweise seit 2011 Appellation d’Origine Protégée (AOP) für die geschützte Ursprungsbezeichnung. Dieses Siegel für die geografische Herkunft bestimmter Spezialitäten blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits im 15. Jahrhundert erhielten in Frankreich die Bewohnerinnen und Bewohner von Roquefort ein königliches Monopol für die Herstellung des legendären Blauschimmel-Käses aus dem Zentralmassiv. 1925 wurde dieses Produkt per Dekret gesetzlich geschützt. Viele europäische Länder handeln inzwischen bei ihren berühmtesten regionalen Spezialitäten nach französischem Vorbild. Sie kennzeichnen sie entweder mit dem Qualitätszeichen AOC oder mit IGP (Indication géographique protégée/geschützte geografische Angabe).
1999 lancierte die Migros-Genossenschaft Luzern mit «Aus der Region. Für die Region» ein eigenes regionales Programm. Bald übernahmen andere MigrosGenossenschaften das Konzept. 2005 zogen Volg mit «Feins vom Dorf» und 2014 Coop mit «Miini Region» nach, worauf als nächste Detailhändler 2016 die Landi («Natürlich vom Hof»), im Sommer 2022 Aldi mit «Saveurs Suisses» und wenig später Lidl Schweiz mit «Typisch» auf den Zug aufsprangen. Bei den Regionalprodukten abseitszustehen, kann sich heute keine Händlerin, kein Händler mehr leisten.
Die Treiber der Entwicklung
Der Boom beruht auf mehreren Faktoren. Stephan Feige erklärt: «Regionalität liegt bei einem rasch wachsenden Teil der Bevölkerung im Trend. Ein Grund dafür ist die Suche nach Authentizität und Herkunft, auch als Reaktion gegen die Globalisierung.» Die Konsumentinnen und Konsumenten verknüpfen mit den regionalen Produkten Qualität und Identität, ausserdem ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Vor allem Frauen assoziieren laut der HWZ-Studie damit überdies Werte wie soziale Wertschöpfung, Fairness und Tierwohl. Ein weiteres Argument ist die Rückverfolgbarkeit der Produkte, die dank Transparenz und der Nähe zum Produzenten Ver trauen schafft. Die Metzgerei Meaty in Genf und Lausanne beispielsweise verkauft ausschliesslich Fleisch von Landwirtschaftsbetrieben aus der Umgebung. Die meist urbane Kundschaft kann sich via Website über die Tierhaltung bis ins letzte Detail informieren. Die Regionalität stösst auf grosse Zahlungsbereitschaft bei den Konsumenten und Konsumentinnen. Laut HWZ-Studie sind sie bereit, für Eier, die von Hennen aus der Region kommen, 45 Prozent mehr zu zahlen. Regionales Gemüse darf 30 Prozent, Hartkäse 20 Prozent teurer sein.
Die verschiedenen Förderprogramme mögen sich gelegentlich inhaltlich überlappen. Trotz dem hat jedes Instrumentarium seinen unverwechselbaren Charakter. Die QuNaV beispielsweise zielt auf bessere Produktions- und Qualitätsstandards ab. Entsprechende Projekte werden über alle Stufen der betreffenden Wertschöpfungskette unterstützt. Zu den Bedingungen gehört, dass sie Modellcharakter für die gesamte Branche haben, die Marktchancen für die Landwirtschaft und die nachgelagerten Branchen verbessern sowie die landwirtschaftliche Wertschöpfung in der Region erhöhen. Zahlreiche innovative Produkte aus der Land und Ernährungswirtschaft verdanken der Starthilfe aus dem QuNaV-Topf ihre (Wieder)Geburt, beispielsweise Bio-Soja, Bio-Weidemilch, Brennnessel-Produkte, Fleisch von Schweizer Hennen, Quinoa, Trüffel oder Wildbeeren. Daneben gibt es QuNaV-Projekte, die auf Infrastrukturen oder die Verbreitung nachhaltiger Technologien ausgerichtet sind, etwa jene, Pilze bei Reb- und Beerenkulturen mittels UV-C-Licht zu bekämpfen. Die NRP fokussiert vor allem auf vorwettbewerbliche Massnahmen, die Wertschöpfung in die Region bringen. Auffällig sind dabei Projekte zur Vernetzung von Akteurinnen und Akteuren, die meist im Rahmen einer Gesamtstrategie umgesetzt werden, etwa die «Förderung Regional produkte Berner Oberland» (Projektbeginn: 2017) oder die «Wertschöpfungskette natürli-Regionalprodukte» (2020 ZH/TG). Auch die Plattform «food & nutrition» ist aus einem NRP-Projekt entstanden. Sie vernetzt im Kanton Freiburg alle Personen, die an der Produktion und Verarbeitung nachhaltiger Lebensmittel interessiert sind. Der Trägerverein soll auch die kreislauffähige Lebensmittelstrategie umsetzen, die der Kanton 2021 verabschiedet hat.
Fördergelder für Verarbeitung und Vermarktung
Bei den Förderprogrammen steht die Landwirtschaft im Zentrum, mitsamt den nachgelagerten Bereichen. Besonders gross erscheint der Investitionsbedarf in der Verarbeitung. Dies verdeutlichen Vorhaben wie der Bau des regionalen Schlachthofs in Klosters-Serneus oder die neue Produktionsanlage für Rohziger der Glarner Milch AG. Letztere, ein 2017 abgeschlossenes 10-MillionenFranken-Projekt, umfasst unter anderem ein Käsereifungslager und eine Erlebniskäserei. Das Projekt wurde vom Bund im Rahmen eines PRE mit 2,17 Millionen Franken unterstützt.
Ein häufiges Thema bei vielen Projekten ist die Vermarktung. Dabei geht es sowohl um neue, digitale als auch um wiederbelebte, traditionelle Promotions und Vermarktungskanäle. Das Projekt «Konzept Hofladen Willisau» wurde 2022 als NRP-Projekt lanciert. «Alpomat – der kleinste Hofladen der Stadt Zürich» startete 2017 als QuNaV-Projekt. Regionale Distributionskanäle fördert auch die Post – digital und physisch: Über die Plattform «Local only» können Produzentinnen und Produzenten ihre regionalen Produkte online verkaufen. Die Post übernimmt die Logistik – ohne Extrafahrt, indem sie die bestellte Ware zusammen mit der normalen Briefpost der Bevölkerung an die Haustüre bringt.
Mit Holz wäre fast alles möglich
Viel regionales Potenzial schlummert in der Wertschöpfungskette Holz. In den vergangenen Jahren haben verschiedene Kantone eigene Förderprogramme gestartet, angestossen unter anderem von der NRP und vom Aktionsplan Holz des Bundes. Dieser unterstützt seit 2009 Projekte, die sich mit dem Rohstoff Holz und seiner Verwertung auseinandersetzen. Ein aktuelles Ergebnis dieser Bemühungen ist die Interessengemeinschaft Truberwald, gegründet von Waldbesitzern, Landwirten, Forstwarten, Zimmerleuten und Schreinern. Sie realisierten 2022 mit der Turnhalle in Trub BE ein Vorzeigeprojekt. Der Bau ist ausschliesslich aus Holz aus dem Truber Wald gefertigt. «Jede Leiste, jede Rostlatte, selbst die Akustikdecke – alles ist aus regionalem Holz», verrät Samuel Zaugg, Forstwart und Mitgründer der IG Truberwald. Diese wirkte bei der Beschaffung als Dreh- und Angelpunkt. Die Erfahrungen aus dem Turnhallenbau fliessen nun in das eigentliche Geschäftsmodell der IG ein, interessierten Bauherren alle logistischen und organisatorischen Informationen rund ums Bauen mit regionalem oder eigenem Holz zu vermitteln. Die eigentliche Herausforderung liege darin, die Konsumentinnen und Konsumenten so weit zu bringen, dass sie konsequent nach Schweizer Holz verlangten, betont Zaugg, denn «heute ist mit Holz auf dem Bau fast alles möglich».
Lange Zeit lag auch das Potenzial der regionalen Zusammenarbeit zwischen der Landwirtschaft und dem Tourismus brach. Mittlerweile ist aber einiges in Bewegung geraten. «Genuss aus Stadt und Land» ist ein strategisch ausgelegtes PRE, mit dem seit 2017 im Grossraum Basel neue Formen der regionalen Produktion und der Kooperation zwischen Landwirtschaft, Gastronomie, Hotellerie und Detaillisten entwickelt werden sollen. In der Region Biel/Seeland verbindet ein 2020 lanciertes NRP-Projekt mit Murten Tourismus als Kooperationspartner «touristische Erlebnisse mit regionaler Kulinarik». Die Bemühungen der Region Jura, mit Mitteln der Agrar-, Regional- und Tourismuspolitik regionale Wertschöpfungsketten aufzubauen, haben das BLW und das SECO Ende 2022 mit der erstmaligen Vergabe des «Cercle Régional» ausgezeichnet.
Nicht zu vergessen ist zudem die seit rund zehn Jahren laufende Partnerschaft zwischen dem Netzwerk Schweizer Pärke und Coop. Die Mischung aus sanftem Tourismus, Natur und extensiver Landwirtschaft kommt bei Konsumentinnen und Konsumenten gut an. Coop verkauft in den jeweiligen Verkaufsregionen von Jahr zu Jahr mehr regionale Park-Spezialitäten.
Soll sich der Boom der Regionalprodukte fortsetzen, bedarf es weiterer Anstrengungen auf sämtlichen Stufen der Wertschöpfungskette. «Klar ist ausserdem, dass es für Kundinnen und Kunden künftig noch einfacher werden muss, regionale Produkte im Laden einzukaufen», ist Stephan Feige überzeugt. Beträchtlichen Spielraum sieht er vor allem für kleine, spezialisierte Händlerinnen und Händler.
Über die Produkt und Angebotspalette hinaus gewinnen grundsätzlich die Kriterien der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit, der Kreislaufwirtschaft und der Biodiversität immer mehr Gewicht. «Konsumenten achten nicht einfach bloss auf die regionale Herkunft; Tierwohl, Artenvielfalt und die Umwelt liegen ihnen ebenso sehr am Herzen», so Feige. Diesen Aspekten soll künftig auch in den Förderprogrammen noch mehr Gewicht beigemessen werden. So wer den etwa Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft verstärkt in die nächste Programmperiode, NRP24+, einfliessen. Die Stärkung kurzer Versorgungswege für ein resilientes Ernährungssystem bleibt ein wichtiges Element in der künftigen Ausrichtung der Agrarpolitik. Nachhaltige regionale Ernährungssysteme, von der Produktion bis zum Konsum, können die langfristige Ernährungssicherheit der Schweiz nachhaltig voranbringen. Die Regionen können dabei als «Zukunftslabors» für ein nachhaltiges Ernährungssystem der Zukunft eine wichtige Rolle spielen.
Die «Region» ist weder politisch noch geografisch ein klar definierter Begriff. Entsprechend versuchen die Detailhändler, mit eigenen Labeln und nach eigenen Kriterien ihre jeweiligen Regionalprodukte in diesem Markt zu positionieren. Dagegen bemühen sich verschiedene Organisationen, mittels einheitlicher Richtlinien Licht in den regionalen Label-Dschungel zu bringen und den Konsumentinnen und Konsumenten die Orientierung zu erleichtern.
Pirmin Schilliger Luzern
Die Schweizerische Vereinigung AOP-IGP (Appellation d’Origine Protégée/Indication Géographique Protégée) vertritt die Interessen aller Branchenorganisationen, die unter diesen Siegeln regionale Produkte vermarkten. Der Unterschied zwischen ihnen: Bei AOP-Spezialitäten muss vom Rohstoff über die Verarbeitung bis hin zum Endprodukt alles aus der definierten Ursprungsregion sein; bei IGP-Spezialitäten genügt es hingegen, wenn sie in der Ursprungsregion entweder erzeugt, verarbeitet oder veredelt worden sind. Die offizielle Liste der Schweiz umfasst aktuell 25 AOP- Produkte und 16-IGP-Spezialitäten, darunter viele Käsesorten, Wurstspezialitäten und einige Obstbranntweine, aber auch Walliser Roggenbrot oder die Zuger Kirschtorte. Die Schweiz ist im Rahmen des bilateralen Agrarabkommens mit der EU dem europaweiten AOP-IGP-System angeschlossen. Die von beiden Seiten anerkannte Liste mit einigen hundert geschützten Produkten wird regelmässig aktualisiert. Die jüngsten registrierten Produkte für das AOP-Gütesiegel sind die Schweinefleischwurst «Boutefas» und der Beinschinken «Jambon de la Borne» aus dem Kanton Waadt und dem Kanton Freiburg und das Walnussöl «Huile de Noix vaudoise». Verantwortlich für die Zulassung in der Schweiz ist das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), das das Register auch mit der EU koordiniert.
ProSpecieRara als Pionierin
Zu den eigentlichen regionalen Pionieren in der Schweiz gehört die Stiftung ProSpecieRara (PSR), die gerade ihr 40-Jahr-Jubiläum fei- ern kann. Hauptsächlich ihr Verdienst ist es, dass hierzulande – vom Appenzeller Spitzhaubenhuhn bis zur Stiefelgeiss – 38 seltene Nutztierrassen und rund 4800 Nutz- und Zierpflanzensorten vor dem Aussterben gerettet werden konnten. PSR arbeitet mit vielen Landwirtinnen und Landwirten, mit dem BLW, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Wädenswil (ZHAW), gemeinnützigen Organisationen und dem Detailhandel zusammen. Ausserdem agiert PSR als Schnittstelle zur SAVE Foundation, die sich im europäischen Rahmen für den Erhalt der Biodiversität engagiert.
Ein kommerziell erfolgreiches Nutzungsbeispiel alter «tiergenetischer Ressourcen» ist die Wertschöpfungskette «Pro-Montagna Bio- Gitzifleisch». Daran beteiligt sind Bündner Bergbauern, der Schweizer Ziegenzuchtverband, die Metzgerei Zanetti in Poschiavo GR und Coop. Ein anderes Projekt von PSR mit Coop als Partnerin nennt sich «Simmentaler Original». Als Resultat der Kooperation mit PSR finden sich in den Regalen von Coop zudem mehr als hundert traditionelle, vom Aussterben bedrohte Kulturpflanzensorten, etwa die «halblange Turga», eine Sorte der in Mitteleuropa weit verbreiteten Pastinaken. Über die Plattform stadttomaten können Hobbygärtnerinnen und -gärtner bei Coop ausserdem seltene Tomaten-, Peperoni- und Salatsamen beziehen und auf dem eigenen Balkon zum Spriessen bringen.
Koordinationsbemühungen
Die wichtigsten Mitglieder des 2015 gegründeten Vereins Schweizer Regionalprodukte (VSR) sind die vier Vermarktungsorganisationen alpinavera (mit Regionalprodukten aus den Kantonen GR, UR, GL und TI), Culinarium (Ostschweiz), Das Beste der Region (Zentral- und Nordwestschweiz, JU, BE, SO) und regio.garantie Romandie (Westschweiz und Berner Jura). Als Dachorganisation repräsentiert der VSR über 18 500 regionale Produkte aus der ganzen Schweiz, die mit «regio.garantie» gekennzeichnet sind. Der VSR konzentriert sich auf einheitliche Qualitätsstandards nach klaren Richtlinien und sorgt für einen sauberen Vollzug. Demgemäss müssen unter anderem mindestens zwei Drittel der Wertschöpfung sowie die Produktions- und Verarbeitungsschritte, die die Eigenschaften des Produkts bestimmen, in der jeweiligen Region stattfinden.
Trotz aller Koordinationsbemühungen des VSR existieren weiterhin verschiedene Labels, die Regionalität kennzeichnen: Die Migros tut dies mit einer eigenen regionalen Etikette, auf der zusätzlich oft auch der Name der Produzentin oder des Produzenten steht. Coop hingegen markiert in der Regel lediglich die Regale mit dem Regionen-Label. Trotzdem heisst es auch bei Coop: «Alle regionalen landwirtschaftlichen Zutaten und jedes Produkt müssen bis zum Ursprungsort rückverfolgbar sein.»
Gemäss der Studie «Regionalprodukte 2022» der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) möchten die Konsumentinnen und Konsumenten in jedem Fall wissen, aus welcher Region die Rohstoffe kommen, wo sie verarbeitet werden und welchen Weg sie zurückgelegt haben. «Bei den heutigen Labels ist das alles jedoch längst nicht immer klar», stellt Stephan Feige, Co-Autor der Studie, fest. In der Praxis legen die Detailhändler wichtige Kriterien – wie etwa den regionalen Perimeter – meist nach eigenem Gutdünken fest. Sie hoffen auf das Vertrauen ihrer Kundinnen und Kunden, und dies nicht zu Unrecht. «Wenn auf der Verpackung ‹regional› steht, wird das in der Regel auch geglaubt», meint Feige. Zudem möchte sich kaum jemand vor den Regalen durch mehrseitige schriftliche Label-Richtlinien kämpfen müssen.
Fazit: Der gemeinsame Nenner der regionalen Marken beschränkt sich darauf, dass sich zum Verkauf angebotene Ware einer bestimmten Region zuordnen lässt. Nach welchen genaueren Vorschriften und Kriterien dies erfolgt, ist aber von Label zu Label unterschiedlich. Die Definition der Region selbst bleibt dehnbar: So formuliert das Coop-«Miini-Region»-Reglement umständlich: «Eine Region ist ein geografisch bestimmter Raum mittlerer Grössenordnung, das heisst zwischen lokaler beziehungsweise kommunaler und nationaler Ebene, der als zusammengehörig angesehen wird, sich also anhand bestimmter Merkmale von anderen abgrenzen lässt.» Coop-Sprecher Caspar Frey versucht klarzustellen, dass Coop in Bezug auf Wertschöpfung sowie die Produktions- und Verarbeitungsschritte den VSR-Vorgaben folgt. Dies gilt auch für die Migros, obwohl diese Bestimmungen laut Mediensprecherin Carmen Hefti «die Verfügbarkeit der regionalen Produkte in der Alltagspraxis zuweilen arg limitieren». Feige erklärt: «Es gibt den Begriff ‹regional›, gleichbedeutend mit ‹ist von hier› – da will der Konsument zum Produzenten gleich um die Ecke. Daneben gibt es aber auch regionale Produkte wie die Waadtländer Saucisson oder die Basler Läckerli, die nicht nur vor Ort, sondern in der ganzen übrigen Schweiz als berühmte regionale Spezialitäten wahrgenommen werden.» Eine einheitliche Definition von Regionalität unter einem einzigen Label würde solchen Unterschieden und dem Charakter der einzelnen Produkte wohl kaum gerecht, gibt Feige weiter zu bedenken. Wenig sinnvoll wäre es also, für verarbeitete Produkte wie Wein, Hartkäse, Gebäck oder eine weit über ihre Ursprungsregion hinaus bekannte Rauchwurst die gleichen regionalen Kriterien anzuwenden wie für frisches Gemüse oder Eier aus der näheren Umgebung.
Kein Wunder, ist es bis heute nicht gelungen, dieses Definitionsdilemma aus der Welt zu schaffen, obwohl es die Konsumentinnen und Konsumenten ziemlich verunsichert. «Alle müssen bereit sein, ein einheitliches nationales Regelwerk zu pflegen», betont VSR- Geschäftsführerin Gabi Dörig-Eschler. «Und», schiebt sie nach, «die Glaubwürdigkeit unseres Regelwerks ist das eigentliche Fundament des Erfolgs.»
Regionalprodukte – stark in der Nische, mit Potenzial für weiteres Wachstum
Pirmin Schilliger & Urs Steiger
Was steckt hinter dem Erfolg der Regionalprodukte? Und wie steht es um deren Zukunftsaussichten? Diese und weitere Fragen diskutierten eine Expertin und zwei Experten am Round Table von «regioS»: Eliane Kern, Verantwortliche für Kommunikation und Events von «Feld zu Tisch», einer B2B-Vermarktungsplattform für Regionalprodukte im Raum Basel, Peter Stadelmann, Verantwortlicher für die Regionalprodukte der UNESCO-Biosphäre Entlebuch, und Urs Bolliger, Geschäftsführer und Leiter Märkte von «Culinarium», dem Trägerverein der Marke «regio garantie» in der Ostschweiz.
Steile Zuwachsraten in den letzten zehn Jahren belegen die eindrückliche Erfolgsgeschichte der Regionalprodukte. Welchen Anteil haben die Fördergefässe des Bundes wie die Neue Regionalpolitik (NRP), die Projekte Regionale Entwicklung (PRE) der Landwirtschaftspolitik oder die Tourismusförderung von Innotour?
Urs Bolliger: Die dem Verein Schweizer Regionalprodukte (VSR) angeschlossenen Marken, also auch wir von «Culinarium» in der Ostschweiz, profitieren vor allem vom Absatzförderungsprogramm des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), das seit 2001 läuft. In den entsprechenden Projekten handelt es sich schwerpunktmässig um Marketing- und Kommunikationsmassnahmen, wobei jeweils zwischen 30 und 50 Prozent der eingesetzten Mittel vom Bund stammen.
Eliane Kern: Auch beim Aufbau von «Feld zu Tisch» ist die Unterstützung durch das BLW über das Projekt zur Regionalen Entwicklung (PRE) «Genuss aus Stadt und Land» massgebend.
Peter Stadelmann: Als Biosphäre-Reservat Entlebuch sind wir primär Teil der Pärkepolitik, für die das Bundesamt für Umwelt (BAFU) zuständig ist. Dieses unterstützt die Pärke zwar nicht bei der Produktentwicklung. Trotzdem profitieren auch wir von Bundeshilfen, und zwar über die erwähnten Fördergefässe des BLW. Besonders wichtig ist die PRE-Unterstützung beim Aufbau der «Biosphäre Markt AG» als Vermarktungsplattform für die Region. Ohne die staatliche Hilfe wäre es kaum möglich gewesen, diese Organisation auf die Beine zu stellen und auf dem Markt zu positionieren.
Welches ist Ihre eigene, bislang grösste regionale Erfolgsgeschichte?
Eliane Kern: Wir konnten in den letzten zwei Jahren in der Region Basel ein Netzwerk aufbauen, unter anderem mit einem Format, das wir «Speed Dating» für den regionalen Direkthandel nennen. Mit diesem Format kommen Produzentinnen und Produzenten mit Abnehmerinnen und Abnehmern zusammen und lernen sich kennen, sodass die gewünschten Handelsbeziehungen beinahe automatisch entstehen. Da treffen sich etwa die Betreiber eines Lokalladens in Basel, die mit regionalen Produkten handeln, mit einer Tempeh-Produzentin in Liestal BL oder einem Produzenten von Kichererbsen in Wenslingen BL, um nur zwei Beispiele von vielen direkten Geschäftsbeziehungen zu erwähnen. Auch die runden Tische, die wir regelmässig veranstalten, um unsere Ideen und Werkzeuge weiterzuentwickeln, stossen auf grosses Interesse. Wir erfahren dabei im Gespräch mit Produzentinnen und Abnehmern von ihren unmittelbaren Bedürfnissen, etwa in Bezug auf die technischen Anforderungen, und wir können dann umso zielgerichteter handeln.
Peter Stadelmann: Aus Sicht der Biosphäre Entlebuch ist der Aufbau der Markt AG der wichtigste Meilenstein der letzten Jahre. Die Organisation ist für die Regionalproduzenten zum entscheidenden Türöffner geworden, um mit den Grossverteilern ins Geschäft zu kommen. Eine zentrale Stelle ist das A und O, um in diesem Bereich Absatz zu generieren. Die Grossverteiler möchten schliesslich nicht mit jedem Käser und jedem Metzger individuell verhandeln müssen. Die Schwelle zur Zusammenarbeit wird deutlich niedriger, wenn es dafür eine Ansprechperson für die gesamte Region gibt. Neben dieser eher organisatorischen fallen mir verschiedene weitere Erfolgsgeschichten mit einzelnen Produkten ein. Ich denke zum Beispiel an Urdinkel, mit dessen Anbau wir vor vierzehn Jahren auf Initiative eines Verarbeiters begonnen haben. Mittlerweile blüht diese Kultur in der Region, nicht zuletzt, weil alle Abnehmer – also der Müller, Bäcker, Teigwarenhersteller – und die Endverbraucherinnen und -verbraucher bereit sind, den Mehrpreis zu bezahlen, den es aufgrund der höheren Produktionskosten in unserer Höhenlage einfach braucht.
Urs Bolliger: Zentral und entscheidend für unsere Erfolgsgeschichte ist die Zusammenarbeit mit der Migros, die schon vor Jahren das Programm «Aus der Region, für die Region» lanciert hat. Wir arbeiten mit der Migros Ostschweiz seit 2003 zusammen, und ähnlich ist die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern unserer Dachorganisation im Verein Schweizer Regionalprodukte (VSR) mit den weiteren Migros-Genossenschaften in der ganzen Schweiz. Dass die Migros mit uns zusammen Regionalität definiert hat und dass die Richtlinien von allen Beteiligten respektiert werden, erachte ich als einen sehr grossen Meilenstein. Wenn man sich die Umsatzstatistiken anschaut, dann ist definitiv die Migros mit dem Programm «Aus der Region, für die Region» der eigentliche Absatztreiber.
Trotz allen Erfolgsgeschichten mussten Sie auch Lehrgeld zahlen. Wo zum Beispiel?
Urs Bolliger: Schwieriger als mit dem Detailhandel ist die Zusammenarbeit mit der Gastronomie. Die Gastronomie wurde von der ganzen Corona-Geschichte richtiggehend durchgeschüttelt. Zudem steht sie schon lange unter heftigem Preisdruck, sodass wir uns den Kopf darüber zerbrechen, wie wir mit einem vernünftigen Aufwand zusammenarbeiten könnten. Es finden sich zwar einzelne Gastrobetriebe, die länger schon intensiv mit Regionalprodukten arbeiten. Leider aber gibt es eine grosse Anzahl Betriebe, die über die Speisekarte den Anschein zu erwecken versuchen, ein bisschen auf regionale Produkte zu setzen. Sieht man genauer hin, sind die meisten Angebote auf dem Teller alles andere als regional.
Eliane Kern: Auch in der Region Basel beschäftigt uns die Frage, wie wir mit der Gastronomie besser zusammenarbeiten könnten. Viel Lehrgeld mussten wir ausserdem bei der Entwicklung der Software für unsere B2B-Plattform zahlen. Wir haben uns dies einfacher vorgestellt und gehofft, auf eine bereits bestehende Lösung zurückgreifen zu können. Mittlerweile sind wir in der Rolle, dass wir auf nationaler Ebene eine Eigenentwicklung anstossen, also eine Open-Source-Lösung, die von ähnlichen Projektträgern ebenfalls genutzt werden kann. Zu schaffen machen uns auch die Nachhaltigkeit und die vergleichsweise hohen Kosten der kleinteiligen Lebensmittellogistik.
Herr Stadelmann, wo liegen die Stolpersteine im Entlebuch?
Peter Stadelmann: Damit der Aufbau der Markt AG nicht zum Stolperstein wurde, brauchte es viele Gespräche, und wir benötigten sehr viel Feingefühl. Wir mussten zum Beispiel die Käsereien, die bisher sehr selbständig agiert und ihre eigene kleine Marke aufgebaut hatten, für unser Anliegen gewinnen. Für die einzelne Käserei bedeutete dies, dass sie einen grossen Teil der Marktverantwortung an die neue Organisation, die Markt AG, abgeben musste, die fortan die Koordination und den Verkauf übernahm. Diese Veränderung ist ein schwieriger und langwieriger Prozess, bei dem nicht alles reibungslos funktioniert. Unser einheitlicher Auftritt heisst für den einzelnen Betrieb, dass er seine eigene Unternehmensmarke zurückstellen muss. Ausserdem muss er in der Vermarktung plötzlich mit Betrieben zusammenarbeiten, die er bislang vor allem als Konkurrenten wahrgenommen hat.
Läuft es mit der Gastronomie im Entlebuch besser als etwa in der Ostschweiz oder in Basel?
Peter Stadelmann: Nein, die Gastronomie ist auch hier im Entlebuch ein hartes Brot. Der Preiskampf ist heftig, und die vielen Kleinproduzenten in unserer Region können die Nachfrage etwa bei Grossbanketten nicht immer abdecken. Ausserdem ist die Bereitschaft der Gastronomen wie auch der Gäste gering, sich beim Essen nicht nur auf Steaks und Schnitzel einzulassen, sondern auf die Verwertung des ganzen Tieres. Es braucht generell ein Umdenken, damit auch mal ein regionales Nichtedelstück auf der Menükarte landet.
Eliane Kern: Die Preissensitivität ist in der Gastrobranche tatsächlich ausschlaggebend dafür, wo die Lebensmittel letztlich eingekauft werden. Hinzu kommen Kriterien wie Praktikabilität und Effizienz des Marktplatzes. Wie sind die Lieferzyklen? Wie lange dauert es von der Bestellung bis zur Anlieferung? Wie ist die Verfügbarkeit des Angebotes? Wie zuverlässig und effizient funktioniert die Lieferkette? Wir können auf unserem B2B-Marktplatz zwar einiges gewährleisten, müssen aber einräumen, dass gewisse Herausforderungen von einem grösseren Handelsbetrieb einfacher zu bewältigen sind als von einer kleinteiligen Logistik.
Gibt es für diese Fälle überhaupt vernünftige Lösungsansätze?
Urs Bolliger: Man muss die Relationen im Auge behalten. Regionalprodukte werden in den Medien zwar gehypt, aber Gäste, die im Restaurant explizit danach fragen, bleiben eine Minderheit. Wir sprechen von einem Marktanteil zwischen 5 und 10 Prozent, den die Regionalprodukte über alle Verkaufskanäle hinweg insgesamt besetzen. Ein ähnliches Phänomen habe ich schon mehrere Male erlebt beim «Bio». Wenn man den Durchschnittskonsumenten fragt: «Was denkt ihr, wie hoch ist mittlerweile der Anteil Bio am Verkauf?», lautet die Antwort: «Sicher 50 Prozent.» Tatsächlich liegt der Marktanteil von Bio-Produkten zwischen 15 und 18 Prozent. Die Wahrnehmung des Konsumenten entspricht nicht seinem tatsächlichen Konsumverhalten. Das fällt mir besonders auf, wenn ich mit Metzgereien rede, die auch ein Catering betreiben. Beim Catering scheint es zwar erwünscht, Regionalprodukte im Angebot zu haben. Aber kaum jemand ist bereit, Regionalität explizit einzufordern. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir mit Regionalität eine Nische besetzen. Der Lösungsansatz müsste sein, dass wir uns auf diese Nische fokussieren und dort versuchen, erfolgreich zu arbeiten mit zuverlässig funktionierenden Konzepten. Wir können aber nicht erwarten, dass die Bäume in den Himmel wachsen.
Regionalprodukte haben also nur geringe Chancen auf dem Massenmarkt?
Urs Bolliger: Die gute Zusammenarbeit mit der Migros zeigt, dass wir im Detailhandel durchaus mit Klasse und Masse punkten können. Wir sprechen hier von rund 1 Milliarde Franken, die die Migros mittlerweile jährlich über den Kanal «Aus der Region, für die Region» umsetzt. Darüber hinaus arbeiten wir mit weiteren Detailhändlern zusammen. Jüngstes Beispiel ist Aldi Suisse mit der Marke «Saveur Suisse». Aktuell sind wir mit weiteren Detailhändlern im Gespräch, und es zeichnen sich weitere Absatzmöglichkeiten in anderen Bereichen ab. So haben die SBB die Bewirtschaftung ihrer rund 4000 Automaten in diesem Jahr neu ausgeschrieben mit der Bedingung, dass mindestens 10 Prozent der Artikel Regionalprodukte sein müssen. Das hat dazu geführt, dass uns ein grosser Automatenbetreiber kontaktiert hat, der nun von den SBB für die nächsten Jahre den Zuschlag erhalten hat. Es gibt also weitere Absatzkanäle, über die noch mehr echte Regionalität zum Konsumenten fliessen kann.
Frau Kern, wie beurteilen Sie die Möglichkeiten, in einen breiteren Markt vorstossen zu können?
Eliane Kern: Wir suchen derzeit sehr gezielt den Kontakt mit der Gemeinschaftsgastronomie. Ob uns die gewünschte Absatzerhöhung in diesem Segment gelingen wird, hängt jedoch vom Ausbau unserer Produktionsinfrastruktur ab. Gefragt sind in diesem Fall vorgerüstete Produkte mit einem höheren Convenience-Grad. Wir gehen bei der Umsetzung schrittweise vor und versuchen mittels Marktanalysen herauszufinden, was wirklich funktionieren kann.
Wie kommt die Biosphäre Entlebuch in diesen breiteren Markt?
Peter Stadelmann: Hätten wir das Rezept, mit Regionalprodukten den Massenmarkt zu erobern, würde ich es nicht verraten. Letztlich ist unsere Arbeit ein stetes Strampeln mit kleinen Projekten. Der Kanton Luzern als bisher tierintensiver Kanton startet neuerdings eine Bio-Kampagne und eine Offensive für Spezialkulturen. Hier suchen wir aktuell die Zusammenarbeit, allerdings im Bewusstsein, dass wir uns auch in diesem Bereich in einem Verdrängungskampf befinden. Aus meiner Sicht ist es entscheidend, dass man die speziellen Produkte, die eine Region zu bieten hat, auf dem Markt an richtiger Stelle zu platzieren versucht. Wir im Entlebuch sind ein Grasland, Bergzone 1 und höher – da unterliegen wir bezüglich Vielfalt und Produktivität starken Einschränkungen. Umso wichtiger scheint mir das Denken in Richtung von noch mehr Qualität statt Quantität. Wir müssen uns mit unseren Regionalprodukten so abheben, dass wir in jeder Beziehung einzigartig sind.
Konsumentinnen und Konsumenten stellen sich unter «regional» kurze Wege, Nachhaltigkeit, gesunde Produkte und oft auch «Bio» vor. Können die Produzentinnen und Produzenten diese Erwartungen erfüllen?
Urs Bolliger: Laut Umfragen erwarten die Konsumentinnen und Konsumenten vom Regionalprodukt nicht zwingend auch «Bio». Jedoch ist es eine Tatsache, dass der Konsument manchmal zu viele positive Argumente in die Regionalprodukte hineininterpretiert. Grundsätzlich geniessen Regionalprodukte ein sehr hohes Vertrauen, was uns zu höchster Sorgfalt verpflichtet. Massgebend für die Qualitätskriterien aller «regio.garantie»-Produkte ist der sogenannte ökologische Leistungsnachweis (ÖLN), wie er in den Richtlinien für die Regionalmarken im Detail festgehalten ist.
Eliane Kern: Wir stellen fest, dass gewisse regionale Produkte national herumspediert werden. Das muss nicht unbedingt heissen, dass diese Produkte weniger nachhaltig sind, denn in einer CO2-Bilanz fallen andere Kriterien wie Kühllager viel stärker ins Gewicht als die gefahrenen Kilometer. Trotzdem arbeiten wir daran, uns bezüglich Nachhaltigkeit in sämtlichen Bereichen zu verbessern. Das ist und bleibt eine grosse Herausforderung, die einen Systemwechsel erfordert, der nicht einfach so über Nacht passieren wird.
Aus der Region – für Hotelgäste schon zum Frühstück
Pirmin Schilliger
Das Schweizer Frühstück ist mehr als bloss Birchermüesli: Hotelbetriebe, die gezielt auf regionale Frischeprodukte und lokale Spezialitäten setzen, können bei ihren anspruchsvollen Gästen mit einem unverwechselbaren Geschmacks- und Genusserlebnis punkten. Mit diesem Ziel vor Augen lancierten mehrere Branchenorganisationen gemeinsam das Innotour-Projekt «Schweizer Regionalfrühstückals Positionierungsmerkmal». Die Ergebnisse des Ende 2022 abgeschlossenen Vorhabens sind in eine Broschüre eingeflossen – eine Handlungsanleitung für alle Betriebe, die nun ihr eigenes Regionalfrühstück kreieren möchten.
Die Brotauswahl am Frühstücksbuffet in der Kartause Ittingen TG klingt verführerisch: Zopf mit und ohne Sesam, Roggen- und Hausbrot, alles direkt aus dem Holzofen, darüber hinaus Sauerteig- und Grahambrot sowie vier Sorten Gipfeli. Zudem Konfitüren aus Äpfeln, Aprikosen und Brombeeren, Brie-, Blauschimmel- und verschiedene Hartkäse, Kräuterquark, Molkereibutter, saftiger Schinken, eine vegane Paste aus gegrillten Peperoni, Apfelringli und Birnbrot sowie ein rustikales Birchermüseli. Zum Trinken gibt es Molke mit pürierten Erdbeeren und einen Saft aus ausgepresstem Dinkelgras und Süssmost. Sämtliche Speisen sind frisch zubereitet und schmecken vorzüglich. «Fast alles ist hausgemacht», sagt Valentin Bot, Direktor des auf Seminar- und Feriengäste ausgerichteten Drei-Sterne-Superiorhotels. Die meisten Zutaten stammen aus der Region – mal abgesehen von den Kaffeebohnen. Industrielle Convenience-Produkte wie Käse in roter Wachshülle? Fehlanzeige!
Tradition und Trend zugleich
Der Frühstückstraum, den das Team in Ittingen den Gästen jeden Morgen hinzaubert, ist das Paradebeispiel des Innotour-Projektes «Schweizer Regionalfrühstückals Positionierungsmerkmal». Lanciert haben das Vorhaben der Branchenverband HotellerieSuisse, der Schweizer Kochverband (SKV), die Hotelfachschule Thun und das Culinarium Alpinum, ein Kompetenzzentrum für alpine Regionalkulinarik in Stans NW. Das zweijährige, Ende 2022 beendete Innotour-Projekt hat der Bund mit knapp 100’000 Franken unterstützt.
Für die Kartause Ittingen, die sich als einer von acht Testbetrieben mit Begeisterung engagierte, war nicht alles neu. «Regionalität hat bei uns Tradition und geniesst schon lange einen hohen Stellenwert», betont Bot. Das wissen auch immer mehr Hotelgäste zu schätzen. «Die Nachfrage nach regionalen Produkten auf dem Esstisch gehört heute zu einem der stärksten Trends in unserer Branche», bekräftigt der Hoteldirektor.
Bei der Zubereitung ihres Thurgauer Frühstücks profitiert die Kartause Ittingen von ihrem hohen Selbstversorgungsgrad. Zum früheren Kloster in der Nähe von Frauenfeld gehört ein Gutsbetrieb mit hundert Hektaren Äckern, Wald und Wiesen, Rindern, Schweinen, Schafen und Hühnern, einem Rebberg, Gemüse- und Kräuterbeeten, einer Imkerei sowie einer Forellenzucht. «Ausserdem betreiben wir eine Bäckerei, eine Käserei und eine Metzgerei», erklärt Bot. Von so vielen Vorteilen bei der Beschaffung können die meisten Hotels nur träumen. Dies hinderte die sieben weiteren Pilotbetriebe dieses Projektes nicht daran, sich ebenso ambitiöse Ziele bezüglich Regionalität zu stecken.
Um die Einstiegshürde für alle interessierten Betriebe zu senken, erarbeiteten Hotelfachstudierende und Berufsfachschülerinnen und -schüler wichtige Grundlagen. Sie identifizierten die Vielfalt der regionalen Spezialitäten in den jeweiligen Regionen, analysierten Angebot und Nachfrage und erstellten Businessanalysen. Dann ging es für die acht Pilotbetriebe darum, zu zeigen, wie ihr eigenes Regionalfrühstück aussehen könnte. Fasst man das leckere Resultat dieser Bemühungen zusammen, präsentiert sich auf den Tellern ein überraschend vielfältiger regionaler Querschnitt durch die Schweizer Frühstückslandschaft. Ihren Beitrag dazu leisteten die Hotels Steinenschanze (Basel), Grand Hôtel Les Endroits (La Chaux-de-Fonds NE), Saratz (Pontresina GR), Adler (Adelboden BE), Federale (Lugano TI), Paxmontana (Flüeli-Ranft OW), das Chandolin Boutique Hotel (Chandolin VS) und die erwähnte Kartause Ittingen.
Lohnender Mehraufwand
Die Erwartungen von Dominik Flammer, Ernährungsexperte und Initiator des Culinarium Alpinum, gingen allerdings nicht auf Anhieb in Erfüllung. «Zum Frühstück wünsche ich mir auch Produkte, die die Landschaft zum Ausdruck bringen und die Gäste überraschen; in Graubünden etwa mit einer Grauviehbutter mit Baumnüssen, im Wallis mit Evolener Butter mit Rauchsalz der Saline von Bex, ausserdem mit Tee aus regionalen Kräutern und mit regionalen Käsesorten», zählt Flammer einige Spezialitäten auf, die schliesslich in einer zweiten Projektrunde kreiert wurden. Im Kanton Zug seien sortenreine Konfitüren aus verschiedenen Kirschen geradezu Pflicht, im Jura ein Vacherin Mont d’Or und ein Jura-Gruyère, doppelt der Experte nach.
Die grösste Herausforderung des Projekts war die Logistik. Die meisten Betriebe hatten die Beschaffung fürs Frühstück neu zu organisieren und dafür lokale und regionale Lieferanten zu gewinnen. Der damit verbundene Mehraufwand dürfte auch in Zukunft die grösste Hürde bleiben für Hotels, die auf Regionalfrühstück umstellen möchten. Zwar können die Betriebe mit Fertigprodukten beliebiger Marken unbestritten Geld sparen. Lukas Gasser, Projektverantwortlicher von HotellerieSuisse, bezweifelt allerdings, dass mit einem solchen Sparregime die Rechnung wirklich aufgeht. «Ein hochwertiges Frühstück aus regionalen Produkten gehört heute zu den entscheidenden Faktoren des Gesamtangebotes eines Hotels», äussert er mit Nachdruck.
Um die im Rahmen der acht Pilotversuche entwickelten Frühstücksvorschläge zugänglich zu machen, sind die Ergebnisse in eine kürzlich erschienene Broschüre* eingeflossen. Diese dient als Ratgeber und praxisbezogenes Hilfsmittel zugleich. Ab sofort gibt es also keinen Grund mehr, am Morgen auf ein umfassendes und authentisches Genusserlebnis im Hotel zu verzichten.
* kostenlos für Mitglieder von HotellerieSuisse, CHF 50.00 für Nichtmitglieder
In der Ferienregion Engadin Samnaun Val Müstair ist nachhaltige Mobilität ein wichtiger Attraktivitätsfaktor und ein touristisches Markenzeichen. Den Weg dazu ebnete eine Reihe von Pionier- und Pilotprojekten, die in den letzten Jahren lanciert und – je nach Projekt – von der Neuen Regionalpolitik (NRP), Interreg oder Innotour unterstützt wurden. Der in der östlichsten Ferienregion der Schweiz erfolgreich eingeschlagene Nachhaltigkeitskurs ist allerdings noch nicht am Ziel.
«Tourismus Engadin Scuol Samnaun Val Müstair AG» (TESSVM) ist die touristische Marketingorganisation für die Ferienregion Unterengadin / Samnaun / Val Müstair. Sie umfasst eine Fläche von 1200 Quadratkilometern, fünf politische Gemeinden mit rund 9400 Einwohnerinnen und Einwohnern und 26 Ferienorte. Der Perimeter deckt sich mit der «Regiun Engiadina Bassa/Val Müstair» (EBVM), die für die Regionalentwicklung zuständig ist. Die beiden Organisationen arbeiten in der Standortentwicklung und Tourismusförderung eng zusammen. Die strategischen Entwicklungsziele der Regiun sind in der «Agenda 2030» festgehalten. «Ein wichtiges Thema darin ist die nachhaltige Mobilität», erklärt Regionalentwicklerin Martina Schlapbach.
Mit der Eröffnung des Vereina-Tunnels der Rhätischen Bahn im November 1999 hat die Region vor über zwanzig Jahren bezüglich Erschliessung einen Quantensprung erlebt. Seither ist das Unterengadin via Schiene oder Strasse ganzjährig schnell erreichbar. «An unserer peripheren Lage mitten im Hochgebirge, am östlichen Rand der Schweiz, hat sich mit dem Tunnel nichts verändert. Die Mobilität in unserer Region hat sich damit aber massiv verbessert», betont Schlapbach.
Für die begehrte Ferienregion, die sich ambitionierte Nachhaltigkeitsziele gesteckt hat, wird es immer entscheidender, welche Verkehrsmittel die Besucherinnen und Besucher benutzen. «Wir möchten, dass unsere Gäste möglichst mit dem Zug anreisen und während ihres Urlaubs innerhalb der Region mit dem ÖV unterwegs sind», sagt Martina Hollenstein, ehemalige Tourismus-Direktorin (2017 bis August 2022) und heutige Projektleiterin der «Gästekarte mit ÖV-inklusive». Der Name steht für ein Angebot, das die Destination 2022 für alle Gäste eingeführt hat, unabhängig davon, ob sie im Hotel oder in einer Ferienwohnung übernachten. Die Gästekarte, die sich als QR-Code aufs Handy laden lässt, ermöglicht die freie Fahrt mit dem öffentlichen Verkehr innerhalb der Region – und zwar zu sämtlichen Angebotspunkten und Attraktionen, und dies auch am An- und Abreisetag.
«ÖV-inklusive» ist bloss der jüngste, aber einer der wichtigsten Nachhaltigkeitsschritte der TESSVM. Zusammen mit den Bahnen lancierte die Ferienregion vor knapp zehn Jahren ein Projekt, das inzwischen an vielen anderen Wintersportorten Schule gemacht hat. «Wir übernehmen beim Gepäcktransport für die Gäste die letzte Meile, also den Transport zwischen Bahnhof und Hotel oder Ferienwohnung», sagt Hollenstein. Für ihre Nachhaltigkeitsstrategie wurde der Tourismusorganisation 2011 der Tourismuspreis milestone verliehen, eine von der «Hotelrevue» geschaffene Auszeichnung für Innovationen im Schweizer Tourismus. Neuerdings, für die Periode 2022–2025, kann sich die Ferienregion als erste Destination der Schweiz mit dem «TourCert»-Label «Nachhaltiges Reiseziel» schmücken, nicht zuletzt dank «ÖV-inklusive».
In der PLUS-Version berechtigt der Mobilitätspass auch zur Fahrt in die Nachbarländer. Die drei Grenzregionen EBVM, Tirol und Südtirol arbeiten seit über 15 Jahren im Rahmen der Interreg-Kooperation «Terra Raetica» systematisch zusammen. Ein Fokus der Bemühungen liegt auf der internationalen Mobilität im Dreiländereck Schweiz Österreich / Italien – mit dem Ergebnis, dass seit einigen Jahren koordiniert und regelmässig ÖV-Busse über den Reschen- und den Ofenpass nach Mals (Vinschgau / Südtirol) sowie nach Nauders und Landeck (Tirol) verkehren.
In der Destinationsentwicklung versucht die TESSVM, zusammen mit der Regiun EBVM vor allem den Sommertourismus weiter zu beleben. Zu den Kernangeboten gehören Bike-Routen und Wanderwege, die auf einer Länge von über 2300 Kilometern durch die Gegend führen. Die Pflege, der Unterhalt und die Anpassung der Bike-Trails an aktuelle Bedürfnisse bleiben eine Daueraufgabe. Mit dem Mountainbike-Masterplan TRAI(L)S VALS entwickelt die Region verschiedene Bike-Angebote und Trails weiter, und zwar abgestimmt auf das kantonale, NRP-geförderte Projekt «graubünden bike». Die Umsetzung im Zeitraum 2019–2025 liegt hauptsächlich bei den Gemeinden. «Es geht dabei um die Aufwertung und den punktuellen Ausbau von Trails und um ein attraktives Gesamtangebot», meint Schlapbach.
In Koordination mit dem kantonalen Projekt «graubünden trailrun» wird die «Trailrunning Regiun EBVM» gefördert und mit Partnerangeboten im Terra-Raetica-Dreieck verbunden. Ein weiteres aktuelles Projekt widmet sich der E-Bike-Infrastruktur beziehungsweise dem Aufbau eines Netzes von Batterieladestationen.
Ob Bikerin, Wanderer, Joggerin, Kletterer oder Skifahrerin, alle kommen auf ihre Rechnung – sommers wie winters. Es gibt Angebote für alle Ansprüche und Schwierigkeitsgrade, vom gemütlichen Spaziergang über Themen- und Erlebniswege bis hin zu anspruchsvollen Touren, rasanten Abfahrten oder Mehrtageswanderungen, beispielsweise auf der Via Engiadina oder im Nationalpark, mitsamt Gepäcktransport von einem Ort zum nächsten. «Alle Ausgangs- und Zielpunkte sind gut erschlossen und für die Gäste mit dem ÖV bequem, gratis und dank abgestimmtem Fahrplan pünktlich erreichbar», so Gästekarte-Projektleiterin Hollenstein.
Die Bemühungen, die Mobilität nachhaltiger zu gestalten, trägt Früchte: Jeder vierte Feriengast reist inzwischen mit dem ÖV ins Unterengadin. Die Gratisverbindungen innerhalb der Region sind zudem zu einem entscheidenden Vermarktungsargument geworden. Abgeklärt wird nun, ob «ÖV-inklusive» künftig auch für die Zweitwohnungsbesitzenden gelten soll. Ausserdem sollen mittels weiterer Massnahmen der ÖV und der Langsamverkehr auch bei den Einheimischen Anteile am Modalsplit gewinnen. Hollenstein und Regionalentwicklerin Schlapbach betonen einstimmig, dass die Weiterentwicklung der nachhaltigen Mobilität in einen strategischen Dauerprozess eingebunden sein müsse. So ist die Regiun EBVM laut Schlapbach gerade damit beschäftigt, die «Agenda 2030» zu aktualisieren. Hollenstein ihrerseits verweist auf den Leitfaden «Nachhaltigkeit in Schweizer Tourismusdestinationen», den die TESSVM, unterstützt von Innotour mit weiteren Destinationen und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), erarbeitet hat und der nun als Inspirationsquelle für weitere Ideen dient.
Digitaler Wegweiser zu den Standortförderangeboten
Die Standortförderung des Bundes unterstützt den Wirtschaftsstandort Schweiz mit einer breiten Palette von Unterstützungs- und Förderangeboten für Unternehmen und andere Organisationen. Nutzerinnen und Nutzer dieser Angebote standen bisher vor der Herausforderung, die für sie passende Lösung rasch zu finden. Der «Standortförderguide», ein neues, interaktives Beratungstool, soll dies nun erleichtern: Mit wenigen Klicks gelangen Nutzerinnen und Nutzer zu den relevanten Angeboten. Der «Standortförderguide» ergänzt als digitaler Wegweiser die bestehenden Rubriken der SECO-Website. Die aktuelle Palette umfasst 16 Förderinstrumente mit rund 50 Angeboten.
Die Mobilität spielt für die regionale Entwicklung unbestritten eine wichtige Rolle. Die Erreichbarkeit der Räume ist in unserer arbeitsteiligen Wirtschaft – ob für urbane oder ländliche Gebiete – ein entscheidender Standortfaktor.
Mit den Strategischen Entwicklungsprogrammen (STEP) für die Nationalstrassen und die Bahn und den entsprechenden Finanzierungsfonds sorgt die Verkehrspolitik für die grundlegende Infrastruktur, fördert aber auch die Entwicklung nachhaltiger Verkehrs- und Mobilitätslösungen. Letztere unterstützen aber auch eine Reihe von Förderprogrammen wie das Programm Agglomerationsverkehr (PAV), die Neue Regionalpolitik (NRP), Interreg, die Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung (MoVo), Innotour oder die Koordinationsstelle für nachhaltige Mobilität (KOMO). regioS skizziert nachfolgend die Herausforderungen bei der Entwicklung zukunftsträchtiger Verkehrs- und Mobilitätslösungen und zeigt das Spektrum von Förderinstrumenten auf, das vor allem regionalen Akteurinnen und Akteure zur Verfügung steht.
Ein leistungsfähiges und leicht zugängliches Verkehrssystem ist in der global vernetzten Gesellschaft unbestritten ein entscheidender Standortvorteil und ein Wettbewerbsfaktor. Ohne effiziente Verkehrserschliessung verlieren Regionen schnell den Anschluss an die Zentren. Mit dem politischen Bekenntnis zur dezentralen Besiedlung gemäss Raumplanungsgesetz (RPG) geniesst die Erschliessung der Regionen einen besonderen politischen und sozialen Stellenwert, der über alle gesellschaftlichen und kulturellen Gräben hinweg zum Zusammenhalt des Landes beiträgt. Laut dem «Sachplan Verkehr», der Mobilitätsstrategie des Bundesrats, sollen sich alle Regionen «angemessen weiterentwickeln».
Eine chancengleiche Mobilität ist in der Schweiz nicht einfach ein Lippenbekenntnis, sondern ein nationales Anliegen – ob in den Kernstädten, Agglomerationen, ländlichen Räumen des Mittellandes oder in den Berggebieten. «Nicht zufällig verfügt die Schweiz heute über eines der dichtesten Verkehrsnetze der Welt mit etwa 83 300 Kilometern Strassen und Eisenbahnlinien von 5200 Kilometern», sagt Nicole A. Mathys, Chefin der Sektion Grundlagen des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE). Landesweit finden sich kaum Orte, die nicht auch durch den öffentlichen Verkehr (ÖV) erschlossen sind. Selbst nach Juf GR, der höchstgelegenen Siedlung Europas mit rund dreissig Einwohnerinnen und Einwohnern, fährt täglich das Postauto mindestens im Zweistundentakt.
Von diesen umfassenden Angeboten macht die Schweizer Bevölkerung regen Gebrauch: Acht von zehn beschäftigten Personen pendeln zur Arbeit, wobei sie im Schnitt insgesamt rund eine Stunde pro Arbeitstag unterwegs sind. Noch wichtiger ist der Freizeitverkehr, der laut dem «Mikrozensus Mobilität und Verkehr» (MZMV) für annähernd die Hälfte (44 %) aller zurückgelegten Tagesdistanzen verantwortlich ist. Ob beruflich oder zum Freizeitvergnügen – Mobilität ist für die moderne Gesellschaft in jedem Fall selbstverständlich. Doch die Strassen, Schienen, Wege und Transportmittel von heute sind nicht einfach so aus dem Boden gesprossen, sondern über Jahrzehnte entstanden. Sie sind das Resultat unzähliger Bemühungen im Spannungsfeld von Raum, Technik, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik.
Die Aufgabe ist äusserst komplex
Den Verkehr und die Mobilität weiterzuentwickeln und in zukunftsfähige Bahnen zu lenken, ist eine komplexe Aufgabe. Die «Verkehrsperspektiven 2050» (VP 2050) des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) basieren auf mindestens sieben entscheidenden Trends, rund drei Dutzend wesentlichen Einflussfaktoren und über hundert sogenannten Stellgrössen. «Logischerweise sind in die Gestaltung von Verkehrs- und Mobilitätslösungen viele Akteurinnen und Akteure des Bundes, der Kantone, Regionen und Gemeinden eingebunden», so Nicole A. Mathys. Dies erfordert Fachwissen in unterschiedlichen Bereichen wie Verkehr, Raumentwicklung, Umwelt, Wohnungswesen und Energie. Auf nationaler Ebene ist das UVEK für den Verkehr zuständig. In der Pflicht stehen aber auch die Kantone und Gemeinden, vor allem beim Bau und Unterhalt von Kantons- und Gemeindestrassen, beim öffentlichen Nah- und Regionalverkehr sowie beim Ausbau des Langsamverkehrs. Alle diese Beteiligten sind gefordert, bei der Entwicklung einer zukunftsfähigen, nachhaltigen Mobilität sämtliche Interessen von Gesellschaft und Wirtschaft mit Rücksicht auf die Siedlungsentwicklung und die Umwelt möglichst harmonisch aufeinander abzustimmen.
In welche Richtung sich Mobilität und Verkehr bis zum Jahr 2050 in der Schweiz bewegen könnten, skizzieren die VP 2050 mittels verschiedener Szenarien (siehe Kasten). Klar scheint: Der Verkehr insgesamt wird weiter zunehmen, jedoch langsamer als die Bevölkerung. Bereits heute sind die Auslastungsgrenzen verschiedenenorts erreicht. Gemäss dem «Sachplan Verkehr» müssen daher die Transportkapazitäten für Personen und Waren künftig effizienter genutzt und punktuell ausgebaut werden. Darüber hinaus sind über sämtliche Verkehrssysteme hinweg energetische Verbesserungen erforderlich, um die Treibhausgasemissionen im Kampf gegen den Klimawandel bis 2050 auf netto null zu senken. Dies kann nur mittels eines Transformationsprozesses gelingen. «Die Mobilitätsangebote der Zukunft müssen nachhaltiger, transparenter, flexibler, vernetzter, komfortabler, bedienerfreundlicher und eben CO2-neutral werden», betont Nicole A. Mathys. Ausserdem muss der motorisierte Individualverkehr (MIV) reduziert und der öffentliche Verkehr (ÖV) weiter ausgebaut werden.
Fördermöglichkeiten im Bereich nachhaltige Mobilität gibt es in der Schweiz viele, wie der Querschnitt durch die Förderprogramme belegt. Im Mittelpunkt stehen auf regionaler Ebene nicht grosse Infrastrukturvorhaben wie der A1 Rosenbergtunnel in St.Gallen, der Ausbau der Jurasüdfuss-Strecke der Bahn oder die Beschaffung neuer Transportmittel; dafür ist primär der Bund im Rahmen der Verkehrspolitik zuständig. Die regionalen Förderbemühungen unterstützen vor allem neue Mobilitätslösungen und Dienstleistungsangebote zur Optimierung der bestehenden Systeme. Sie betreffen den Berufs- oder Pendler- genauso wie den Freizeit- und Tourismusverkehr. «Es sind Initiativen zur Verkehrsreduktion und zu Verhaltensänderungen notwendig, und zwar zugunsten von mehr Velo- und Fusswegen sowie des Umstiegs auf den ÖV», erklärt Nicole A. Mathys. Hinzu kommen raumplanerische Massnahmen, die die Aufenthaltsqualität und Attraktivität der Siedlungsgebiete erhöhen und so der Bevölkerung ermöglichen, ihre Lebensbedürfnisse grösstenteils im nächsten Umfeld abzudecken. Die mit zunehmendem Wohlstand trotz allem weiterwachsenden Mobilitätsbedürfnisse sollen nicht nur effizienter und besser, sondern auch sauberer und umweltschonender gedeckt werden.
Die grösste planerische Herausforderung ist, die Interessen aller Beteiligten aufeinander abzustimmen und mit vereinten Kräften auf eine kohärente Entwicklung hinzuarbeiten. Ergänzend zur übergeordneten Verkehrsplanung des Bundes über den «Sachplan Verkehr», die Entwicklungsinstrumente STEP-Nationalstrassen, STEP-Bahn und die Agglomerationsprogramme, finanziert über den Bahninfrastrukturfonds (BIF) und den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) verfügen alle Kantone über ihre eigenen Mobilitätsstrategien, Richtpläne und Planungsinstrumente. Luzern beispielsweise stützt sich in der Umsetzung auf das Bauprogramm für die Kantonsstrassen, den ÖV-Bericht sowie die kantonale Veloplanung. Alle diese Instrumente sollen nun in einem neuen «Programm Gesamtmobilität» zusammengeführt werden, damit der Kanton mit den Regionen und Gemeinden koordiniert handeln kann. «Über alle erwähnten Gremien und Ebenen hinweg zeichnet sich ein inhaltlicher Konsens zu einer zukunftsfähigen Mobilitätsplanung ab, der da lautet: ‹Verkehr vermeiden, Verkehr verlagern, Verkehr verträglich abwickeln und vernetzen›», stellt Nicole A. Mathys fest.
Unterschiedliche Prioritäten
In der Umsetzung werden je nach Region und Art des Verkehrs andere Prioritäten gesetzt: In Städten und Agglomerationen bleiben Massnahmen zur Bekämpfung von Verkehrsspitzen und Stauzeiten ein zentrales Anliegen. In vielen Gemeinden des Mittellandes, ob Niederbipp BE, Obergösgen SO oder Winznau SO, sind hingegen der Pendlerverkehr und die Siedlungsplanung die grössten Herausforderungen. Die drei Ortschaften stehen laut einer Analyse von Pricehubble, einem auf Immobiliendaten spezialisierten Unternehmen, für eine vielerorts in der Schweiz zu beobachtende Entwicklung: Obwohl mitten auf dem Land gelegen, werden sie dank relativ «günstiger Häuser» und der Pendlernähe zu Zürich (maximal eine Stunde Fahrzeit) mehr und mehr zu Pendlergemeinden. Noch günstiger lässt es sich in Basel arbeiten und im Jura wohnen, etwa in Haute-Sorne, Moutier oder Develier. Eine ähnliche Mobilitäts- und Siedlungsdynamik hat auch die Einzugsgebiete gewisser inneralpiner Zentren wie Visp oder St. Moritz erfasst. In der Hauptsaison sehen sich die grossen alpinen Tourismusdestinationen zudem mit ähnlichen Problemen konfrontiert wie die Agglomerationen und Städte: mit Stau und überfüllten Parkplätzen. In den peripheren Berggebieten und abgelegenen Seitentälern wiederum ist die Herausforderung nochmals ganz anders: Sie kämpfen gegen die Abwanderung und um den Erhalt des ÖV-Anschlusses.
Nicht absehbar ist zum heutigen Zeitpunkt, welche künftigen politischen Weichenstellungen die Transformation der Mobilität in Richtung Nachhaltigkeit weiter beschleunigen werden. Der grösste Hebel ist zweifellos der Strassenverkehr, auf den derzeit rund ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs entfällt. Der Motorisierungsgrad der Schweiz ist mit rund 550 Autos auf 1000 Einwohnerinnen und Einwohner hoch, die Energieeffizienz ausgesprochen schlecht. Hauptsächlich dafür verantwortlich sind die vielen PS-starken Fahrzeuge, in denen meistens nur eine Person sitzt. Die durchschnittlichen CO2-Emissionen von Neuwagen in der Schweiz gehören heute zu den höchsten in Europa. «Wir kommen nicht darum herum, den Strassenverkehr energieeffizienter und klimaschonender zu machen», ist Nicole A. Mathys überzeugt. Der Bund möchte mit der «Roadmap Elektromobilität» in einer ersten Etappe erreichen, dass bis 2025 rund die Hälfte der neu zugelassenen Autos mit Elektro- oder Hybridantrieb ausgerüstet sind. Ein weiteres, weitgehend unausgeschöpftes Potenzial ist das datenbasierte Verkehrsmanagement für eine effizientere Nutzung der Verkehrsmittel und -infrastrukturen.
«Im Bereich des motorisierten Individualverkehrs (MIV), auf den derzeit 70 % der externen Kosten des Verkehrs oder jährlich rund 14 Milliarden Franken entfallen, liegt noch viel Optimierungspotenzial», gibt Nicole A. Mathys zu bedenken. Mit der angestrebten Elektrifizierung der Schweizer Fahrzeugflotte ist allerdings bestenfalls ein Teil des Problems gelöst. Schliesslich stehen auch Elektrofahrzeuge im Stau, benötigen Strassenraum und Strom, der längst nicht immer sauber produziert ist.
Innovative Mobilitätslösungen fördern
Die zentralen Instrumente der Mobilitätsinfrastruktur sind die Strategischen Entwicklungsprogramme Nationalstrassen (STEP-NS) und Bahn (STEP Bahn). Die Finanzierung erfolgt über den der Bahninfrastrukturfonds (BIF) mit einem Volumen von 19,3 Milliarden Franken für die beiden Ausbauschritte bis 2025 beziehungsweise 2035 sowie der Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) mit einem Volumen für die Nationalstrassen (STEP-NS) von 11,6 Milliarden Franken bis 2030 und für den Agglomerationsverkehr von bisher 7,18 Milliarden Franken (seit 2008) beziehungsweis rund 1,6 Milliarden Franken für die vierte Generation ab 2024. Diese Instrumente tragen auch wesentlich zur Erschliessung der Regionen bei. Sie unterstützen aber auch die Akteurinnen und Akteure dabei, den Prozess hin zu einer nachhaltigen Mobilität zu beschleunigen und die dazu erforderlichen innovativen Lösungen zu entwickeln.
Ergänzend zu den infrastrukturorientierten Instrumenten der Verkehrspolitik kommen Förderinstrumente und Programme, die diesen Prozess auf regionaler Ebene verfeinern und unterstützen. Diese regionalen, nachfolgend skizzierten Fördergefässe sind das eigentliche Thema dieser «regioS»-Ausgabe.
Programm Agglomerationsverkehr (PAV)
Über das PAV beteiligt sich der Bund an der Finanzierung von Verkehrsprojekten zur Verbesserung des Agglomerationsverkehrs. Die Schwerpunkte der Förderung liegen auf dem Kapazitätsausbau des ÖV, der Elektrifizierung der Verkehrsträger, der besseren Vernetzung über Verkehrsdrehscheiben sowie einer sicheren und attraktiven Fuss- und Veloverkehrsinfrastruktur. Bei MIV-Projekten spielen Verkehrs- und Quartierberuhigungsmassnahmen, Begegnungszonen und gezielte Zentrumsentlastungen eine entscheidende Rolle. Der Förderperimeter umfasst beitragsberechtigte Gemeinden, die in einer Trägerschaft organisiert sind, inklusive der inneralpinen Agglomerationsräume Chur, Davos, St. Moritz, Altdorf, Glarus, Oberwallis (Brig-Visp-Naters), Zentralwallis (Sitten) und Rhoneknie (Martigny) und Chablais (Monthey-Aigle-Bex) sowie der Interreg-Programmgebiete in den Grenzregionen.
Das PAV ist das finanzielle Schwergewicht unter den Förderprogrammen. In der Vernehmlassung zur vierten Programmperiode hat sich der Bund für die Finanzierung von 1,6 Milliarden Franken (37 % Mitfinanzierung) ausgesprochen. Kantone, Städte und Gemeinden steuern zusammen weitere 2,7 Milliarden Franken (63 %) bei. Das PAV entfaltet seine Wirkung primär in der urbanen Schweiz. Bei Mobilitätslösungen im Pendler- oder Freizeitverkehr strahlt das Programm jedoch weit in die ländlichen Räume und Berggebiete sowie ins grenznahe Ausland aus. Die PAV-Projekte verdeutlichen, dass sich die Wirkung von Verkehrsmassnahmen in der kleinräumigen Schweiz selten räumlich eingrenzen lässt.
Die NRP unter der Leitung des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) und in Zusammenarbeit mit den Kantonen unterstützt innerhalb ihres Förderrahmens Verkehrs- und Mobilitätsprojekte, die konkret zur Wettbewerbsfähigkeit der Regionen – etwa im Tourismus – beitragen. An den NRP-Projekten beteiligen sich der Bund und die Kantone je zur Hälfte. Viele Mobilitätsprojekte werden im Rahmen einer Verkehrserschliessungspolitik angestossen, die Teil der jeweiligen regionalen Entwicklungsstrategie ist.
Ähnliche Ziele wie die NRP verfolgt Interreg, an dem die Schweiz via NRP in grenzüberschreitenden Räumen teilnimmt. Verkehrs- und Mobilitätsprojekte bilden dabei einen klaren Förderschwerpunkt, dies besonders in den immer stärker kooperierenden vier Grenzregionen Nordwestschweiz / Deutschland / Frankreich, Genf / Westschweiz / Frankreich, Bodenseeraum / Deutschland / Österreich und Tessin / Graubünden / Wallis / Italien.
Mit den MoVo fördern acht Bundesstellen unter der Leitung des ARE neue Ansätze und Methoden zur nachhaltigen Raumentwicklung. Dazu gehören auch neue Mobilitätslösungen. In der laufenden, vierten Programmperiode (2020–2024) unterstützt der Bund insgesamt 31 Vorhaben mit rund 3,9 Millionen Franken. Davon befassen sich acht Projekte explizit mit Mobilität. Sie zielen hauptsächlich darauf ab, «kurze Wege, Bewegung und Begegnung» zu fördern.
➜ Aktuelle oder kürzlich abgeschlossene Projektbeispiele:
Der Bund unterstützt die aktuelle Programmperiode 2020–2023 zur Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus (Innotour) mit 30 Millionen Franken. Schwerpunkte des vom SECO koordinierten Programms liegen nebst neuen touristischen Dienstleistungen auf der Beherbergung, Verpflegung und der Gästebetreuung sowie dem Transport und Verkehr. Schliesslich entlasten nachhaltige touristische Mobilitätslösungen das Gesamtverkehrssystem Schweiz, in dem der Freizeitverkehr bekanntlich eine dominante Rolle spielt.
Koordinationsstelle für nachhaltige Mobilität (KOMO)
Die KOMO ist beim Bundesamt für Energie angesiedelt. Sie unterstützt jährlich bis zu einem Dutzend Projekte für zukunftsfähige Mobilitätslösungen. Die finanziellen Mittel stammen aus dem Programm «EnergieSchweiz». KOMO-Projekte werden von den Bundesämtern ARE, Astra, BAV, BAFU und BAG mitfinanziert. Im Mittelpunkt der Förderung stehen Lösungen für umwelt-, ressourcenschonende und gesunde Fortbewegungsarten. Das Spektrum der Projekte reicht von der App für ein einfacheres Parkplatzmanagement bis hin zu Massnahmen zur Förderung des ÖV und des Langsamverkehrs.
Die «Verkehrsperspektiven 2050» skizzieren vier mögliche Entwicklungsszenarien, wobei das Basisszenario im Zentrum der künftigen Planung steht. Demzufolge wird der Personenverkehr in der Schweiz über sämtliche Verkehrskategorien hinweg bis 2050 um 11 Prozent (gemessen in Personenkilometern) wachsen. Der Hauptgrund dafür: Auch die Bevölkerung wird im selben Zeitraum weiterwachsen, und zwar um über 20 Prozent auf 10,4 Millionen Menschen. Deutlich höhere Steigerungsraten erwartet das UVEK im Freizeitverkehr, der bereits heute für 44 Prozent aller Tagesdistanzen verantwortlich ist. Beim Einkaufsverkehr wird mit einem Plus von 15 Prozent gerechnet, derweilen der Arbeitsverkehr gegenüber heute um 13 Prozent schrumpfen soll. Treiber dieser Entwicklung sind die demografische Alterung beziehungsweise der sinkende Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung und vor allem weniger Pendlerverkehr dank mehr Homeoffice.
Veränderungen zeichnen sich auch beim Modalsplit ab: Die fortschreitende Urbanisierung und der weitere Ausbau des ÖV werden dazu führen, dass die Leute in den Städten künftig weniger mit dem eigenen Auto fahren. Bereits heute verfügt in den grössten Städten rund die Hälfte der Haushalte über kein eigenes Motorfahrzeug, während ein solches in ländlichen und peripheren Gebieten auch in Zukunft unentbehrlich scheint. Zwar dürfte der motorisierte Individualverkehr (MIV) bis 2050 laut VP 2050 um 5 Prozent zurückgehen, aber immer noch 68 Prozent des gesamten Personenverkehrs ausmachen. Der ÖV könnte unter dem Strich seinen Anteil bis 2050 um 3 auf 24 Prozent steigern. Deutliche Fortschritte, wenn auch auf tiefem Niveau, dürfte es beim Veloverkehr geben: Das Velo könnte seinen Anteil von 2 auf 4 Prozent verdoppeln.
Beim Güterverkehr rechnet das UVEK mit einem weiterhin starken Wachstum von 31 Prozent auf 36 Milliarden Tonnenkilometer. Die Schiene dürfte dabei bis 2050 im Modalsplit 2 Prozentpunkte zulegen und neu einen Anteil von 39 Prozent am gesamten Güterverkehr stellen. Der überwiegende Teil aller Tonnenkilometer dürfte aber auch im Jahr 2050 auf die Strassen fallen.
Mobilitätsverhalten der Schweizer Bevölkerung 2021
2021 entfielen rund 43 Prozent des inländischen Verkehrsaufkommens auf die Freizeitmobilität. Zweitwichtigster Mobilitätszweck war 2021 der Arbeitsverkehr, gefolgt vom Einkaufsverkehr. Insgesamt wurden im Inland pro Person und Tag 30,0 km zurückgelegt, 6,8 km weniger als sechs Jahre zuvor. Aufgrund der Pandemie war die Bevölkerung zum ersten Mal seit Jahrzehnten weniger mobil. Das E-Bike war das einzige Verkehrsmittel, das trotz Pandemie stärker genutzt wurde.
Die verschiedenen Bevölkerungsgruppen unterscheiden sich in ihrem Mobilitätsverhalten zum Teil erheblich. Besonders mobil waren mit einer mittleren Tagesdistanz von 40,2 km pro Person junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren. Bewohnerinnen und Bewohner ländlicher Gemeinden legten 2021 ein Viertel mehr Kilometer zurück als die Städterinnen und Städter.
Aus Sicht der Bevölkerung sind Verbesserungen im öffentlichen Verkehr und die Reduktion der Umweltauswirkungen des Verkehrs wichtiger als Verbesserungen im Velo-, Strassen- oder Fussverkehr.
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