Kreislaufwirtschaft als Chance für die Region – Rückblick auf das 3. KLW-Forum Bern

Am 3. April 2025 fand in der Westhalle Thun das 3. Forum Kreislaufwirtschaft Bern statt. Fachleute, Unternehmen und Institutionen tauschten sich über Kreislaufwirtschaft und deren Umsetzung aus. In einem der fünf Workshops ging es um Themen und Möglichkeiten von Kreislaufwirtschaft in der Regionalentwicklung.

Einleitend zum Thema gab Dario Giacometti vom Ressort Regional- und Raumordnungspolitik des SECO einen Input aus Sicht der Neuen Regionalpolitik NRP. Leo Glaser und Susanne Huber von der Volkswirtschaft Berner Oberland stellten ein Initialisierungsprojekt für zirkuläre Lieferketten in der Region vor. Virve Resta erläuterte Chancen und Unterstützungsmöglichkeiten für Unternehmen im Kanton Bern. Geleitet wurde die Sitzung von Rahel Meili von der Berner Fachhochschule Wirtschaft.

Austausch zwischen Wirtschaft, Verwaltung und Forschung

In der anschliessenden Runde diskutierten die Teilnehmenden in drei Interessensgruppen: öffentliche Hand/Regionen, Consulting/Wissenschaft und Unternehmen. Dabei ging es darum, Erfahrungen auszutauschen, Chancen und Hürden zu besprechen und Erwartungen zu formulieren. Besonders wertvoll war in der Schlusspräsentation, dass nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Erwartungen an die jeweils anderen zwei Gruppen formuliert werden konnten. Ein zentraler Punkt, der in allen Gruppen zur Sprache kam, waren die finanziellen Rahmenbedingungen. Kreislaufwirtschaft muss auch ökonomisch sein und eingesetzte Förder- und Forschungsgelder sollen dazu beitragen, dass sich Kreislaufwirtschaft nicht nur ideologisch, sondern auch ökonomisch lohnt. Dass NRP-Fördergelder gerade auch in diesem Bereich zur Anschubfinanzierung eingesetzt werden, zeigt, dass dieses Bedürfnis wahrgenommen wird.

Ein starker Impuls für die Region

Wie Kreislaufwirtschaft auch ein Motor in der regionalen Entwicklung sein kann, war in diesem speziell auf den Kanton Bern ausgerichteten Forum sichtbar. Es lieferte wertvolle Impulse, förderte die Vernetzung und die Zusammenarbeit regionaler Akteure, die an einer nachhaltigen und zirkulären Zukunft interessiert sind.

Präsentationen und Informationen

Zum Podcast: «Cradle-Alp» – Schritte hin zu einer erfolgreichen Kreislaufwirtschaft

Podcast: «Cradle-Alp» – Schritte hin zu einer erfolgreichen Kreislaufwirtschaft

Der Begriff «Cradle to Cradle» wird häufig im Zusammenhang mit Kreislaufwirtschaft gebraucht. Er bedeutet sinngemäss «vom Ursprung zum Ursprung» und steht für eine konsequente Kreislaufwirtschaft. Diese setzt darauf, Ressourcen effizienter zu nutzen, Abfall zu minimieren und Produkte so zu gestalten, dass sie möglichst lange in Umlauf bleiben. Basierend auf diesem Konzept fokussiert das Interreg-Projekt «Cradle-Alp» auf die Kreislaufwirtschaft in der Alpenregion. Ziel des im Kanton Freiburg lancierten internationalen Projekts ist, diese in Unternehmen zu implementieren. Wie das geschehen soll und wie dabei Hochschule, Kanton und Unternehmen eng zusammenarbeiten, davon berichten unsere Podcast-Gäste Véronique Gruber, Andreas Fischer und Michael Keller.

«Unternehmen produzieren Abfall, den sie entsorgen. Doch es stellt sich die Frage: Könnte man daraus etwas Nützliches machen und ihn sogar verkaufen?»

Abfallprodukte bergen ökonomisches Potenzial

Warum Kreislaufwirtschaft (KLW) bei Weitem noch nicht ausgeschöpft ist, erklärt der Leiter des Interreg-Projekts «Cradle-Alp» Michael Keller von der Hochschule für Architektur und Technik in Freiburg einleuchtend: «Es fehlt oft an Information und Verständnis für alternative Nutzungsmöglichkeiten von Abfallprodukten. Das muss sich ändern». Aus diesem Grund konzentriert sich das international vernetzte Projekt «Cradle-Alp» (siehe Kasteninformation) auf praxisorientierte Lösungen. Das Projekt ist bei der Hochschule für Architektur und Technik Freiburg i.Ü. angesiedelt. Es richtet sich mit diesen Vorhaben gezielt an Unternehmen im Kanton Freiburg. Unterstützt von der Neuen Regionalpolitik (NRP) und in Zusammenarbeit mit ausgewählten Unternehmen werden die vorhandenen Instrumente und Möglichkeiten für eine erfolgreiche Implementierung von KLW analysiert. Dabei wird auch untersucht, ob und wie sich diese Lösungen ökologisch und ökonomisch lohnen würden.

Alternative Materialien gesucht – und gefunden

Ein zentrales Instrument in diesem Prozess ist der sogenannte Value Chain Generator (VCG), der in einem früheren Projekt von der Hochschule für Technik und Architektur entwickelt wurde und heute vom Start-up VCG.AI in Stuttgart betrieben und weiterentwickelt wird. Andreas Fischer ist Professor an der Hochschule, an dessen Forschungsinstitut iCoSys, dem Institut für künstliche Intelligenz und komplexe Systeme. Er war massgeblich an der Entwicklung dieses Tools beteiligt. Andreas Fischer erklärt im Podcast, welche Überlegungen hinter dieser umfangreichen Datenbank stecken und wie Künstliche Intelligenz (KI) die Umsetzung von KLW unterstützen kann. Denn Unternehmen benötigen einerseits Lösungen, um Abfallprodukte sogar gewinnbringend in den Wirtschaftskreislauf zurückzuführen, anstatt sie kostenpflichtig entsorgen zu müssen. Andererseits müssten Unternehmen auf alternative umweltfreundliche Materialien zugreifen können, ohne grossen Aufwand betreiben zu müssen. Doch wie kommen die beiden Seiten zueinander? Hier kommt nun der erwähnte Value Chain Generator zum Zuge, der diese Daten bündelt und zur Verfügung stellt. Im neuen Projekt «Cradle-Alp» kommt er nun auch wieder zum Einsatz.

Die regionale Wirtschaft stärken und fördern

Für die Projektleiterin Regionalpolitik und Interreg-Verantwortliche Véronique Gruber gibt es mehrere Gründe, weshalb der Kanton Freiburg dieses Projekt aktiv unterstützt. Sie hebt hervor, dass das internationale Projekt die regionale Wirtschaft stärken kann. Gleichzeitig fügt es sich hervorragend in die Roadmap des Kantons zur Kreislaufwirtschaft ein. Sie ist überzeugt, dass das Projekt Innovation in lokalen Unternehmen fördert. Sie betont, dass sich Forschung und Praxis wertvoll unterstützen können. In zehn Jahren, so die Hoffnung, soll Kreislaufwirtschaft überall eine spürbare Wirkung entfalten und in den Geschäftsmodellen etabliert sein.

Cradle-Alp ist ein Projekt im Interreg B Alpenraumprogramm Teil des Interreg Alpine Space Programme

Interreg-Programme, unterstützen Regionalentwicklungsakteure bei der Umsetzung von grenzübergreifenden schreitenden Projekten. Die Schweiz beteiligt sich über die Neue Regionalpolitik (NRP) an diesen Programmen und Projekten. Das speziell auf den Alpenraum ausgerichtete Projekt Programm Cradle-Alp will dazu beitragen, die industrielle Transformation voranzubringen und Kreislaufwirtschafts-Themen zu einem zentralen Anliegen in den Alpen zu machen. Die Partner im Projekt des Interreg Alpine Space Programms Cradle-Alp sind: 

  • Padova Chamber of Commerce Industry Crafts and Agriculture (Lead partner)
  • Technologiezentrum Horb GmbH & Co. KG
  • Chemistry-Cluster Bavaria
  • University of Natural Resources and Life Sciences, Vienna
  • Business Upper Austria – Upper Austrian business agency Ldt
  • UniSMART-Foundation of the University of Padua
  • Chamber of Commerce and Industry of Slovenia
  • Polymeris
  • School of Engineering and Architecture of Fribourg

Weitere Informationen

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Mehr laufende und bereits abgeschlossene NRP-Projekte.

Schweiz übernimmt Vorsitz der EUSALP

Die Kantone und der Bund übernehmen 2023 zum ersten Mal den Vorsitz der «makroregionalen Strategie für die Alpenregion (EUSALP)». Diese Aufgabe umfasst unter anderem die Organisation von drei thematischen Konferenzen, die allen Interessierten offenstehen. Die erste widmete sich Ende März in Freiburg dem Thema «Kreislaufwirtschaft». Die nächsten finden am 16. Juni in Scuol GR zum Thema «Wasser» und am 1. September im Tessin zum Thema «Mobilität und Verkehr» statt. Zudem werden am 19. Oktober ein Jahresforum und eine Generalversammlung in Bad Ragaz abgehalten. Daran werden politische Vertreterinnen und Vertreter aus dem gesamten Alpenraum teilnehmen. Die Konferenz der Kantonsregierungen und das Bundesamt für Raumentwicklung koordinieren diese Aktivitäten, mitfinanziert durch die Neue Regionalpolitik (NRP) und unterstützt durch verschiedene Bundesämter und Kantone.

alpine-region.eu/swiss-presidency-2023

regiosuisse.ch/eusalp

Editorial

Benoît Charrière

Die Schweiz bleibt 2021 zum elften Mal in Folge die Nummer eins in Sachen Innovation, so die UNO. Auch beim Abfallrecycling ist sie mit einer Quote von 53 Prozent vorbildlich, auch wenn die europäischen Länder aufholen. Allerdings verursacht jede Schweizerin, jeder Schweizer jährlich 2,7 Tonnen Abfall, davon mehr als 700 Kilogramm Siedlungsabfall, womit die Schweiz im globalen Vergleich eine unrühmliche Spitzenposition beim Pro-Kopf-Abfallaufkommen einnimmt.

Wollen wir bis 2050 die CO2-Neutralität erreichen, ist es unerlässlich, zu überdenken, wie wir mit Ressourcen umgehen. Die Kreislaufwirtschaft fördert einen Paradigmenwechsel. Die Schweizer Gesetzgebung wird derzeit weiterentwickelt mit dem Ziel, einen Rahmen für die bessere Nutzung der Ressourcen zu schaffen. Gleichzeitig lassen sich viele lokale Initiativen und Projekte beobachten.

Die Herausforderung liegt in der Skalierung. Wie lässt sich die notwendige Transformation der Wirtschaft beschleunigen, und welche Rolle können Gemeinden, Regionen und Kantone spielen? Verschiedene öffentliche Bereiche liessen sich nach den Regeln der Kreislaufwirtschaft ausgestalten. Die NRP stellt in dieser Hinsicht eine Chance dar, diesen Übergang zu begleiten. Die vorliegende Ausgabe von «regioS» gibt einen kurzen Überblick über die grundlegenden Überlegungen zur Kreislaufwirtschaft und stellt konkrete Beispiele vor.

Die von regiosuisse entwickelte Toolbox Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab, die öffentlichen Akteure zu unterstützen. Im laufenden Jahr lanciert regiosuisse das RegioLab Kreislaufwirtschaft, damit die Regionen potenzielle Projekte starten können.
Auf die Plätze, fertig, kreisen!