Regionale Strategien für resiliente und inklusive Räume

Für eine kohärente Raumentwicklung arbeiten lokale Akteure über Gemeindegrenzen hinweg zusammen. Indem sie Attraktivität, öffentliche Dienstleistungen und Nachhaltigkeit miteinander verbinden, fördern sie mit regionalen Strategien widerstandsfähigere und inklusivere Räume.

Öffentliche Dienstleistungen und Raumplanung: Kritische Grössen in funktionalen Räumen finden

In seinem jüngsten Bericht von 2024 stellt der Rat für Raumordnung (ROR) fest, dass periphere Gebiete im Vergleich zu Zentren durch das Fehlen einer kritischen Masse an Bevölkerung und Institutionen gekennzeichnet sind. Dies schwächt das Potenzial der für eine nachhaltige Entwicklung erforderlichen dynamischen Zusammenarbeit. Während grosse Agglomerationen auf ihre kritische Masse zurückgreifen können, um finanzielle und personelle Ressourcen (qualifizierte und ausreichend verfügbare Fachkräfte) zu mobilisieren, sind ländliche Räume und Bergregionen mit einem Ressourcenmangel konfrontiert.

Früher prägte die Wirtschaft den Raum – heute prägt der Raum die Wirtschaft

Das Raumplanungsgesetz (RPG) schreibt eine regionale Zusammenarbeit bei der Bewirtschaftung der Bauzonen vor. Dies wirkt sich wirtschaftlich aus, insbesondere auf ländliche Gebiete und Bergregionen. Diese Regionen, die historisch durch Zersiedlung geprägt waren, müssen nun auf verdichtende Entwicklungen setzen, um neue Einwohnerinnen und Einwohner anzuziehen. Viele Regionen setzen auf Lebensqualität als Standortfaktor – anstelle von Flächenexpansion. Pendelbewegungen und Home Office bieten hier Chancen. Neue Bewohnerinnen und Bewohner arbeiten auch vor Ort – z. B. in der Industrie – und stellen somit ein Fachkräftepotenzial dar. Um Talente anzuziehen, ist Lebensqualität zu einem entscheidenden Argument geworden.
Um Einwohner zu gewinnen und mobilen Konsumentinnen und Konsumenten Dienstleistungen bereitzustellen, braucht es eine strategische, sektorenübergreifende Vision auf regionaler Ebene. Diese Visionen müssen auch landwirtschaftliche Fragestellungen einbeziehen, denn wo der territoriale Mehrwert zur Wettbewerbsfähigkeit beiträgt, kann ein starkes Alleinstellungsmerkmal (USP) entstehen. Das wiederum erfordert eine koordinierte Zusammenarbeit.

Die Region als Koordinationsebene

Über wirtschaftliche Fragen hinaus – auch wenn sie durch Lebensqualität mitbedingt sein können – sind auch Themen wie Biodiversität, Landschaftspflege, Kulturerbe und Kultur zunehmend regionalisiert worden.
Diese Regionalisierung berührt verschiedenste Themen, folgt unterschiedlichen räumlichen Abgrenzungen und wird in unterschiedlichen Governance-Formen umgesetzt. Damit trägt sie zur Überwindung des kommunalen Denkrahmens bei. Die Einführung einer zusätzlichen Bezugsebene zur Gemeindeebene und der Alltag im Spannungsfeld dazwischen gelingen nicht ohne Schwierigkeiten: Diese Entwicklungen verlangen von allen Beteiligten ein Umdenken, ein Verlassen gewohnter Denkmuster – und letztlich möglicherweise auch eine Neuausrichtung ihrer Identität. Es geht auch darum, Synergien zwischen urban geprägten Zentrumsgemeinden und ländlich geprägten Randgemeinden zu entwickeln. Regionen sind heute allgegenwärtig – auch wenn sie institutionell noch nicht überall fest verankert sind.

Regionale Strategien: Erarbeiten und Umsetzen

Gemeinden und Regionen entwickeln verschiedenste sektorale Strategien (z. B. in den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, Umwelt), die teils auch in umfassende strategische Visionen eingebettet sind – etwa in die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030. Dies wirft Fragen nach der Umsetzung und der Koordination dieser unterschiedlichen Ansätze auf.

Das Programm Agglomerationsverkehr hat wesentlich zur interkommunalen und sektorübergreifenden Zusammenarbeit (insbesondere im Bereich Verkehr und Siedlungsentwicklung) in städtischen Räumen beigetragen. Der Bund hat hier eine Anreizfunktion übernommen und so Kooperationen auf funktionaler Ebene gefördert. Auch wenn diese formell auf Mobilität und Raumplanung fokussieren, reichen ihre Wirkungen mittlerweile weit über diese Themen hinaus und sind in der Praxis verankert.

Über die Neue Regionalpolitik (NRP) können Regionen Unterstützung für die Entwicklung wirtschaftsorientierter Strategien erhalten. Im Sinne einer kohärenten Raumentwicklung wurden durch Begleitmassnahmen des Bundes einzelne strategisch ausgerichtete Projekte gefördert, die über rein wirtschaftliche Fragestellungen hinausgehen (siehe Beispiele in den Infoboxen).

Im Rahmen des Aktionsplans zur Umsetzung der Agglomerationspolitik sowie der Politik für ländliche Räume und Berggebiete 2024–2031 soll das Programm «Entwicklungsprozess ländlicher Raum (ELR)» des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) weiterentwickelt werden, um noch umfassender zu werden – auch unter Mitwirkung des SECO. Dabei geht es etwa um die Integration urbaner Herausforderungen in ländlichen Zentren sowie die Entwicklung von Synergien zwischen diesen Zentren und den umliegenden ländlichen Räumen.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Unterstützung der Regionen bei der Mittelbeschaffung (z. B. über kantonale oder nationale sektorale Politiken) zur Umsetzung von Projekten, die im Rahmen von Strategien erarbeitet wurden, sowie auf der besseren Koordination zwischen diesen Strategien.

Erkenntnisse aus dem Themenbereich «Integrale Entwicklungsstrategien fördern» der Modellvorhaben für eine nachhaltige Raumentwicklung

Zwischen 2020 und 2024 wurden fünf Modellvorhaben entwickelt, die auf integrierte Entwicklungsstrategien abzielten. Sie verknüpften einen intersektoralen Ansatz mit einer Koordination zwischen institutionellen Ebenen und förderten so den politischen Diskurs und einen Paradigmenwechsel.

An die lokalen Gegebenheiten angepasst, legten einige Projekte den Fokus auf institutionelle Aspekte, andere auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Vorhaben zeigten, dass die kantonale Governance eine zentrale Rolle in diesen strategischen Prozessen einnehmen muss. Gleichzeitig wurde der Mehrwert von Synergien zwischen Institutionen und lokalen Akteuren deutlich – zur Stärkung der Regionen und zur Strukturierung eines wirkungsvollen Dialogs.

Projekt RURALPLAN (ESPON-Programm, gezielte Analyse)

Das 2024 durchgeführte Projekt RURALPLAN untersuchte Entwicklungsstrategien für ländliche Gebiete ohne Bevölkerungswachstum. In Albula wurden partizipative Workshops organisiert, in denen fünf Prototypen zur Verbesserung von Wohnen, Beschäftigung und Dienstleistungen entwickelt wurden. Co-Design-Workshops wurden abgehalten, um Lösungen zu erarbeiten. Zwei weitere Regionen, in Schweden und Norwegen, verfolgten denselben Ansatz.

Die Ergebnisse des Projekts wurden in die regionale Entwicklungsstrategie von Albula integriert. Die gewonnenen Erkenntnisse fliessen auch in nationale Initiativen zur ländlichen Entwicklung ein.

Ein Macherort für die Bodensee-Region

In Arbon entstand der Macherort «ZIKpunkt». Ein Ort, an dem Unternehmen, Organisationen und weitere engagierte Akteurinnen und Akteure der Region zusammenkommen, um gemeinsam Projekte zu verwirklichen. Der Verein ZIKpunkt wichtiger Impulsgeber, besonders für die regionale Wirtschaft. Im Video erläutert Gilbert Piaser, Geschäftsleiter der Region Oberthurgau, die Vision und Bedeutung des ZIKpunkts und wie die Förderung durch die Neue Regionalpolitik (NRP) bei der Umsetzung des Projekts geholfen hat.

«Dank der NRP geht es in unserer Region vorwärts»

In seiner Tätigkeit als Geschäftsleiter der Region Oberthurgau vermisste Gilbert Piaser etwas, das das Engagement für die Region spür- und sichtbar machte: «Als Räumlichkeiten im ZIK-Areal, dem ehemaligen Saurer-Werk, frei wurden, war das unsere Chance und wir starteten das Projekt Initiative ZIKpunkt.» Bereits beim Aufbau des Projekts setzten die Initianten auf NRP-Fördermittel.

Die Region Oberthurgau hat schon diverse Projekte mithilfe von NRP-Fördermitteln umgesetzt. «Dank der NRP geht es in unserer Region vorwärts», so Gilbert Piaser über die wertvolle Unterstützung. Bei der Initiative ZIKpunkt wurden die NRP-Gelder hauptsächlich während der Konzeptions- und Aufbauphase eingesetzt und ermöglichten damit wichtige Grundlagenarbeit.

Im Innovations-Hub vorwärts machen

Inzwischen wird der ZIKpunkt von einem eigens dafür gegründeten Verein geführt, inklusive Initianten und weiteren neuen Vorstandsmitgliedern. Gemeinsam mit den Vereinsmitgliedern verfolgen sie ambitionierte Ziele für die Region:

  • die Wirtschaftskraft stärken
  • die Abwanderung von hochqualifizierten Fachkräften minimieren
  • qualifizierte Fachkräfte gewinnen und ausbilden

Der ZIKpunkt dient dabei als Innovations-Hub. Der Verein lanciert gemeinsam mit Unternehmen, Gemeinden, Organisationen und Institutionen aus der Region innovative Projekte. Der Fokus liegt dabei bewusst auf der Umsetzung. «Wir sind da, wenn jemand etwas Konkretes umsetzen will», betont Gilbert Piaser, «der ZIKpunkt ist ein Macherort und keine Denkfabrik.»

Kompetenzen bündeln und Teilzeitstellen schaffen

Zu Beginn der Aktivitäten im ZIKpunkt wurden verschiedene Formate angeboten, um Erfahrungen zu sammeln und wichtige Erkenntnisse zu erhalten. Das war Gilbert Piaser wichtig: «Das erste Betriebsjahr lief unter dem Motto Trial-and-Error. Dank dieser Einstellung wissen wir nun, was im ZIKpunkt funktioniert und was nicht.»

Daraus entstanden im Jahr 2024 konkrete Mandate. So unterstützt der ZIKpunkt etwa den Verein «PhytoValley Switzerland» aus dem Bereich der Naturmedizin mit einer professionellen Geschäftsstelle und Begleitung. Das Wachstum der Aufgabenbereiche machte es zudem möglich, zwei neue Teilzeitstellen für Administration und Geschäftsleitung zu schaffen. Der ZIKpunkt ist also bereit, weitere innovative Projekte zu starten und die regionale Wirtschaftskraft nachhaltig auszubauen.

Titelfoto: ZIKpunkt

Luzerner Bienentage: die Wertschöpfungskette der Bienen im Fokus

Honig, Propolis und Bienenwachskerzen sind weithin bekannt. Doch Bienen und ihre Produkte bieten noch viel mehr. Die Luzerner Bienentage in Sempach haben sich daher zum Ziel gesetzt, die gesamte Wertschöpfungskette der Biene aufzuzeigen. Der als viertägiger Kongress geplante Anlass spricht einerseits Fachleute und wirtschaftliche Akteure an, andererseits die Bevölkerung mit vielfältigen Informationen und regionalen Bienenprodukten.

Wie in einem geschäftigen Bienenstock herrschte am «Bienenzauber» reges Treiben. Im Unterschied zur Fachtagung für Imker am Tag zuvor nahmen am zweiten Kongresstag «Bienenzauber» Kinder und Erwachsene aus der breiten Bevölkerung teil. Die rund 600 Gäste konnten vor Ort auf eindrucksvolle Art erleben, wie bedeutend Bienen für unser Leben sind, wie gross die Themenvielfalt und wie breit die Palette an Bienenprodukten sind. Unmissverständlich wurde dabei auch aufgezeigt, welche zentrale Rolle Bienen als Bestäuber von Natur- und Nutzpflanzen innehaben. Denn sie gehören zu den wichtigsten Nutztieren überhaupt, da sie durch ihre Bestäubungsarbeit nicht nur die Biodiversität fördern, sondern auch indirekt den Artenreichtum unterstützen.

«Die Luzerner Bienentage waren ein voller Erfolg. Wir werden den Anlass auch nächstes Jahr nochmals in dieser Form organisieren und somit wieder einen ‹Bienenzauber› anbieten.»

Beat Lichtsteiner, Projektleiter Luzerner Bienentage

Am «Bienenzauber» gab es viel zu sehen, zu degustieren, auszuprobieren und zu erleben:

  • ein Bienenvolk im Plexiglasschaukasten und die dazugehörige Flugvoliere
  • Degustation unterschiedlicher Honige
  • Kochen und Backen mit Honig oder Met (Honigwein)
  • Degustation von Honigbier, Honigbrand und Honigwhisky
  • Herstellung von Wachstüchern
  • Kosmetika und Naturheilprodukte mit Bienenerzeugnissen
  • Bienenstocklufttherapie für Asthmatiker und zur Desensibilisierung
  • naturnah gestaltete Gärten
  • Anbringung von Pflege von Wildbienenhäusern

Regional, nachhaltig und umweltfreundlich

Im Sinne der Nachhaltigkeit und des Umweltbewusstseins setzt das Konzept des «Bienenzaubers» besonders auf das Präsentieren regionaler Produkte. Denn diese zeichnen sich durch einen minimalen Verbrauch an grauer Energie aus. Ihre Herstellung, ihr Transport und ihr direkter Verzehr vor Ort sind mit deutlich geringeren Umweltbelastungen verbunden als weit hergeholte Produkte. Darüber hinaus stärkt der Konsum regionaler Produkte die lokale Wirtschaft und unterstützt oft kleinere, familiär geführte Betriebe.  

Video: Luzerner Bienentage

Die Idee einer schrittweisen Erweiterung

Das professionell entwickelte Konzept für einen «Kongress zur Stärkung der Wertschöpfungskette Biene» konnte dank Geldern der neuen Regionalpolitik sowie Eigenfinanzierungen und -leistungen realisiert werden. Es sieht vor, dass der Kongress in drei Phasen schrittweise weiterentwickelt wird. Auf diese Weise lassen sich wertvolle Erkenntnisse gewinnen und die Organisation des Anlasses lässt sich kontinuierlich optimieren. Die erste Phase, die bereits 2024 erfolgreich umgesetzt wurde, umfasste die Durchführung von zwei Kongresstagen. Der erste Tag richtete sich an die Kerngruppe der Wertschöpfungskette – die Imker – und vermittelte dem Fachpublikum vertieftes Wissen. Der zweite Tag war als eine Art Festival für die breite Bevölkerung konzipiert.

Lokale Partnerschaften sollen ermöglicht werden

In der zweiten Phase soll zusätzlich zu den zwei Kongresstagen ein dritter eingeführt werden, der die Regional- und Privatwirtschaft mit der Kerngruppe der Imker vernetzen soll. Ziel ist es, die Zusammenarbeit zu fördern und die Wertschöpfungskette bei diesen wichtigen Zielgruppen stärker zu verankern, um so potenzielle Joint Ventures oder Partnerschaften zu ermöglichen. Darüber hinaus wird an diesem Tag auch der Dialog mit politischen Akteurinnen und Akteuren gesucht.

Die darauffolgende dritte Aufbauphase soll einen vierten Kongresstag umfassen. Dieser richtet sich an Kinder und Schulen. Ziel ist es, junge Menschen für Themen wie Artenvielfalt, Biodiversität und die Welt der Insekten zu sensibilisieren, während gleichzeitig auch Nachhaltigkeit und regionale Produktion thematisiert werden. Zu gegebener Zeit wird nach geeigneten Partnerinnen und Partnern gesucht, die dieses Format mitgestalten können.

«Wir konnten die Idee dank des NRP-Beitrags schnell und mit einer hohen Qualität umsetzen. In diesem Projekt ist die Hebelwirkung eines relativ kleinen Beitrags gross.»

Beat Lichtsteiner, Projektleiter Luzerner Bienentage

Projektdatenbank regiosuisse