Landschaft in der Regionalentwicklung – eine lohnende Herausforderung

Pirmin Schilliger & Urs Steiger
Die Schönheit und Eigenart der Landschaft stellt in vielen ländlichen Regionen und Berggebieten der Schweiz, aber auch in den Agglomerationen, einen zentralen wirtschaftlichen Faktor dar. Mancherorts bildet sie die eigentliche Lebensgrundlage. Es drängt sich damit die Frage auf, wie weit sich diese Regionen wirtschaftlich entwickeln können, ohne dass ihre Landschaften an natürlichen und baukulturellen Qualitäten einbüssen. Einen Weg für einen sorgfältigen Umgang mit Landschaft bietet der Bund mit den Pärken von nationaler Bedeutung. Auch im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP), der Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung und weiterer staatlicher und privater Förderinstrumente sind in den vergangenen Jahren zukunftsweisende Projekte lanciert worden. Die Inwertsetzung von Landschaft erweist sich in der Umsetzung allerdings als anspruchsvolle Aufgabe mit langem Zeithorizont, die in die verschiedensten Lebens- und Wirtschaftsbereiche hineinwirkt.

Ranger Stefan Steuri vom Naturpark Gantrisch © regiosuisse

Noch vor einem Jahrzehnt war das Gantrisch-Gebiet eine wenig bekannte Landschaft. Dies hat sich in den letzten Jahren geändert. Die waldreiche Voralpengegend mit den tief eingeschnittenen Flussläufen von Sense und Schwarzwasser, der Gantrisch- und Gurnigelkette, Moorlandschaften, dem Schwarzsee sowie der Urlandschaft Brecca gehört seit 2012 unter dem Label «Regionaler Naturpark Gantrisch» (RNG) zum erlesenen Kreis der regionalen Naturpärke der Schweiz. Wie 18 weitere Gebiete untersteht der RNG damit der Pärkeverordnung (PäV, Verordnung über die Pärke von nationaler Bedeutung) und gilt als Modellregion für eine nachhaltige Regionalentwicklung. Die Pärkeverordnung ermöglicht es dem Bund, die Errichtung und den Betrieb von Pärken in Gebieten mit hohen Natur- und Landschaftswerten finanziell zu fördern.

Attraktive Angebote

«Die Gründung des Parks hat in unserer Region eine Reihe von Projekten ausgelöst», sagt RNG-Sprecherin Ramona Gloor. Touristische Angebote erschliessen das Gantrisch-Gebiet heute als alpine Outdoorlandschaft, als Bike- und Fahrradregion oder Seilpark. Eine weitere Attraktion ist der kürzlich erneuerte «Gäggersteg», auf dem Besucherinnen und Besucher aus nächster Nähe beobachten, wie sich der Wald seit dem Sturm Lothar im Jahr 1999 entwickelt hat.

Gloor spricht im Zusammenhang mit dem Aufbau und Betrieb des Parks von einer «anspruchsvollen Aufgabe», bei der das richtige Mass oft entscheidend sei. An schönen Wochenenden etwa geraten die urtümlichen Moor- und die wilden Flusslandschaften schnell unter Naherholungsdruck. Das Team des Naturparks Gantrisch begegnet dieser Herausforderung mit einer gezielten Besucherlenkung und mit Rangern, die die Gäste auf die richtigen Wege lotsen. Gloor meint: «Wir wollen nicht mit mehr und mehr Angeboten stets noch mehr Gäste ins Gantrisch-Gebiet locken; der Tourismus muss auf den Nachhaltigkeitsprinzipien aufbauen und unseren Parkwerten entsprechen.»

Naturpark als Vorzeigemarke

Wirtschaftlich profitiert vom Naturpark die Land- und Forstwirtschaft ebenso wie das lokale Gewerbe; mittlerweile werden über 300 Erzeugnisse unter dem Produktlabel «Schweizer Pärke» vermarktet. Nicht zuletzt ist die Parkorganisation selbst ein wichtiger Auftrag- und Arbeitgeber. Ausserdem funktioniert sie als Vernetzungsplattform für die beteiligten Akteurinnen und Akteure. «Seit der Errichtung des Naturparks herrscht in unserer Region Aufbruchstimmung; der Park hat dem Gantrisch-Gebiet zu einer eigenen Identität verholfen», stellt Gloor fest. Das naturnahe Gebiet in den Berner und Freiburger Voralpen hat sich als unverwechselbare und eigenständige Region und als touristische Marke etabliert. Es ist zum Vorzeigebeispiel geworden, wie Landschaft nachhaltig in Wert gesetzt und gleichzeitig in ihrer Qualität gestärkt werden kann.

Dieses Fazit ziehen die Expertinnen und Experten des Interdisziplinären Zentrums für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt (CDE) der Universität Bern im Evaluationsbericht, den sie zuhanden des für den Park verantwortlichen Kantons Bern erstellt haben. Mit Zahlen belegt der Bericht den Beitrag zur Stärkung und Förderung der regionalen Wirtschaft: Die durch den Naturpark induzierte touristische Wertschöpfung betrug 2018 rund 7,3 Millionen Franken. Dies entspricht beschäftigungsmässig 87 Vollzeitstellen. Die zusätzliche Wertschöpfung aus regionalen Produkten belief sich im Zeitraum 2012 bis 2018 auf knapp 9 Millionen Franken. Nicht berücksichtigt sind in diesen Summen Leistungen zur Aufwertung von Natur und Landschaft wie das Offenhalten von Wiesen und Weiden (Schwenten), Heckenunterhalt und -pflege, Neubepflanzungen, Nistplatzpflege, Trockensteinmauersanierungen usw., die Landwirte sowie private Organisationen im Park erbringen. Die Expertinnen und Experten sehen aber auch noch wirtschaftliches Entwicklungspotenzial für den RNG, beispielsweise bei der Wertschöpfung mit Holz oder in der Gastronomie.

Ein ähnlich positives Fazit wie für den Naturpark Gantrisch liesse sich für die meisten der 18 Schweizer Pärke von nationaler Bedeutung ziehen, die zusammen über 5200 Quadratkilometer oder rund einen Achtel der Landesfläche einnehmen. Das Ziel, das der Bund mit den Pärken von nationaler Bedeutung verfolgt – die Natur- und Landschaftsqualität im Einklang mit einer nachhaltigen regionalen Wirtschaftsentwicklung erhalten und aufwerten –, deckt sich dabei weitgehend mit den Zielen der Neuen Regionalpolitik (NRP).

© regiosuisse

«Landschaftskonzept Schweiz» (LKS) als Richtschnur

Die Landschaften der dicht besiedelten Schweiz sind zumeist belebte Räume, vom Menschen geprägt und auf vielfältige Weise beansprucht und genutzt: als Wohn-, Arbeits-, Erholungs-, Bewegungs-, Kultur- und Wirtschaftsraum und als räumliche Basis für die Biodiversität. Es sind Landschaften, die sich über die Jahrhunderte entwickelt haben und gerade in den letzten Jahrzehnten enorm umgestaltet wurden. In unserer durch Wachstum und Mobilität geprägten Gesellschaft müssen sie unterschiedlichsten Ansprüchen genügen. Das 2020 vom Bundesrat verabschiedete, aktualisierte «Landschaftskonzept Schweiz» (LKS)1 ist die eigentliche Richtschnur für einen Ausgleich der Interessen und gibt den Rahmen für eine kohärente und qualitätsorientierte Entwicklung der Landschaft vor. Die Vision des Bundesrates ist es, dass die Schönheit und die Vielfalt der Schweizer Landschaften mit ihren regionalen natürlichen und kulturellen Eigenarten sowohl heutigen als auch künftigen Generationen eine hohe Lebens- und Standortqualität bieten. Zur Realisierung dieser Vision definiert das LKS je sieben allgemeine und landschaftsspezifische Landschaftsqualitätsziele sowie darauf abgestimmte Sachziele für die landschaftsrelevanten Sektoralpolitiken. Das LKS wirkt dabei als Koordinationsinstrument der verschiedenen Gesetze und Instrumente, die sich mit der Landschaft befassen – dies betrifft den Natur- und Heimatschutz und die Raumplanung ebenso wie die Landwirtschaftspolitik, die Landesverteidigung, die Regionalpolitik oder den Tourismus. So soll die Regionalentwicklung etwa die Vielfalt der Landschaften mit ihren regionaltypischen Natur- und Kulturwerten als wichtigen Standortqualitäten und insbesondere als Alleinstellungsmerkmalen stärker berücksichtigen. Sie soll sowohl zu deren Sicherung wie auch zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung beitragen.

Der Kanton als Koordinator und Wegbereiter

Projekte zu entwickeln, die den gesellschaftlichen Ansprüchen an eine hohe Landschaftsqualität gerecht werden und wirtschaftlich erfolgreich – also insgesamt nachhaltig – sind, bringt für die jeweiligen Initianten einige Herausforderungen mit sich. Es gilt den Aktionsradius zu definieren, in dem der Aufwand und der wirtschaftliche Ertrag räumlich in etwa übereinstimmen, sich aber auch in den vielfältigen Vorschriften, Fördermöglichkeiten und Handlungsebenen zurechtzufinden. Erfolgreiche Beispiele, Hilfsmittel und Unterstützungsangebote weisen inzwischen den Weg. Der Kanton Tessin beispielsweise hat mit der «Piattaforma paesaggio» eine Anlaufstelle beim Amt für Raumentwicklung etabliert, die entsprechende Projekte koordiniert. Sie dient Projekt­initianten – ob Gemeinden, Korporationen, Vereinen oder Verbänden – als eine Art One-Stop-Shop. Expertinnen und Experten helfen bei der Finanzierung, beraten und begleiten die Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller und leiten sie zu weiteren Fördermöglichkeiten, etwa zu privaten Organisationen und Stiftungen. «Das finanzielle Engagement des Kantons ist oft eine entscheidende Voraussetzung, um weitere Unterstützung zu erhalten», erklärt Paolo Poggiati, Präsident der «Piattaforma paesaggio». Im Zeitraum von 2008 bis 2018 wickelte die Plattform 57 Projekte mit einem Investi­tionsvolumen von insgesamt rund 30 Millionen Franken ab. Nicht zuletzt bündelt die Plattform auch die Aufgaben aller beteiligten kantonalen Ämter (Wirtschaft, Wald und Landwirtschaft, Natur- und Heimatschutz, Denkmalpflege usw.). «Die Projekte sind vor allem für die abseits gelegenen Seitentäler und Berggebiete enorm wichtig», betont Poggiati. «Dort haben die Initiativen lokale Wertschöpfungsketten wiederbelebt und neue Formen der Zusammenarbeit ausgelöst.»

Good Practices landschaftsbezogener Regionalentwicklung

Im Auftrag des BAFU hat die PLANVAL AG die praktischen Möglichkeiten untersucht, ob und wie die Landschaft als Potenzial für eine nachhaltige regionale Entwicklung wirken kann und wie Regionen in ihrer Entwicklung konkret von einem «Leitthema Landschaft» profitieren können. Die Studie2 umfasst mehr als hundert Landschaftsprojekte und kategorisiert deren Strategien zur Inwertsetzung der Landschaft als «marktwirtschaftlich» (Wohnstandort, Tourismus, Energie), «Abgeltung für Landschaftsleistungen» oder «gemischt» (Pärke, Landwirtschaft). Vertieft beleuchtet die Studie schliesslich zwölf Musterbeispiele aus der Schweiz, die inhaltlich ein breites Spektrum von Aktivitätsbereichen abdecken. Die Inwertsetzung gelingt am besten, wenn die spezifischen Potenziale einer Landschaft erkannt, gezielt genutzt und erhalten werden. Dazu braucht es meist das Zusammenspiel mehrerer Fachbereiche wie Tourismus, Landwirtschaft und Naturschutz. Ein zentrales Merkmal der Musterbeispiele ist, dass sich eine Stelle um die langfristige Steuerung und Koordination kümmert. Als sehr hilfreich haben sich dabei regionale Strategien erwiesen (vgl. «regioS 17»). Für die Umsetzung in der Praxis skizziert die Studie ein Modell mit Entwicklungspfaden, die sich in sechs Phasen gliedern lassen. Betont wird ausserdem die langfristige Ausrichtung. Schnelle Erfolge erleben die Beteiligten selten, gefragt sind vielmehr Beharrlichkeit, Durchhaltewille und Geduld.

© regiosuisse Basierend auf: «Landschaft als Leitthema für eine nachhaltige Regionalentwicklung». Eine Analyse von Musterbeispielen. Schlussbericht. PLANVAL, im Auftrag des BAFU. Bern, 2019.

«100 % Valposchiavo»

Eindrücklich zeigt dies die Landschaftsentwicklung im Puschlav, wo derzeit die zweite Etappe des Projekts «100 % Valposchiavo» läuft. Das Ziel: Bis 2028 sollen alle Bauern und Bäuerinnen im Tal ihre Betriebe nicht nur biologisch bewirtschaften, sondern auch alle Erzeugnisse – Milch- und Fleischprodukte, Buchweizenmehl, Kräuter, Früchte usw. – selber verarbeiten und unter dem Label «100 % Valposchiavo»® vermarkten. Die Region baut damit eine geschlossene Wertschöpfungskette auf. Mit gutem Erfolg: «Es gibt heute schon über hundert Produkte mit dem Zertifikat», erklärt Cassiano Luminati, Direktor des Polo Poschiavo. Die meisten Restaurants im Tal führen seit 2015 auf ihrer Speisekarte Gerichte, die ausschliesslich mit lokalen Zutaten zubereitet sind. An den Kosten der aktuellen Etappe 2021 bis 2028 beteiligt sich der Bund im Rahmen des Programms «Projekte zur regionalen Entwicklung» (PRE) des Bundesamtes für Landwirtschaft mit 10,7 Millionen Franken. Die Entwicklung des Puschlavs zum innovativen «Bio Smart Valley» ist von langer Hand geplant. «Das Tal zählt zu den Pionieren der biologischen Landwirtschaft», ruft Luminati in Erinnerung. Bereits heute werden 95 Prozent der Landwirtschaftsfläche biologisch bewirtschaftet – ein schweizweit einmaliger Anteil. Ein entscheidender Schritt für die Entwicklung im Tal war die Anerkennung der Bernina-Bahnlinie als UNESCO-Welterbe 2008. «Wir haben in der Folge partizipativ eine regionale Strategie entwickelt, die die materiellen und immateriellen Ressourcen unseres Gebietes in den Mittelpunkt stellt», sagt Luminati. Ziel ist es, das Valposchiavo zur grundlegenden wirtschaftlichen Basis der regionalen Entwicklung zu machen; der Weg dazu führt über eine Symbiose aus biologischer Landwirtschaft und nachhaltigem Tourismus auf dem Fundament der einzigartigen Landschaft. Das Tal steckt somit mitten in einem Langzeitvorhaben, das die Bevölkerung Schritt für Schritt in die Tat umsetzen wird. Sie nutzt dazu geschickt die zahlreichen Instrumente, die die Politik zur Verfügung stellt. Mit dem jüngsten Projekt – dem Modellvorhaben «Landschaftswerte für die nächste Generation erhalten» – versucht das Tal den Weg in die Zukunft mittels einer gemeinsamen «Perspektive 2040» weiter zu justieren. Das historische Gedächtnis des Tals, das traditionelle Landschaftswissen und die Wertvorstellungen der lokalen Bevölkerung sollen noch stärker in die Regionalentwicklungsprozesse einfliessen.

Blick auf Poschiavo GR im Puschlav © regiosuisse

Geschichte neu lanciert

Über alle Förderinstrumente betrachtet, betreffen rund zwei Drittel aller in der PLANVAL-Studie untersuchten Projekte zur Inwertsetzung von Landschaft den Tourismus. Das ist kein Zufall, bedenken wir die einzigartige Dichte attraktiver Landschaften in der Schweiz und die historische Entwicklung. Die «Entdeckung der Alpen» durch vorwiegend englische Bildungsreisende begründete gleichsam den Schweizer Tourismus. In Anlehnung an die sogenannte «Grand Tour», die Thomas Cook 1858 erstmals als Pauschalreise durch die Schweiz organisierte, steht bei dem 2015 von Schweiz Tourismus lancierten Projekt «Grand Tour of Switzerland» die landschaftliche Vielfalt im Mittelpunkt. Die 1640 Kilometer lange Route führt – meist im eigenen Auto – durch die spektakulärsten Landschaften und die attraktivsten Städte der Schweiz. Sie verknüpft 5 Alpenpässe, 22 Seen, 12 UNESCO-Welterbestätten und 45 Sehenswürdigkeiten. Das Angebot greift dabei auf bestehende Infrastrukturen im Verkehr, in der Gastronomie und der Hotellerie zurück. Neu sind lediglich 650 diskrete Wegweiser sowie 48 installierte «Fotorahmen», die besondere Landschaftsausschnitte einfassen und zum Fotografieren einladen. «Mit ihnen rücken wir die ikonografischen Landschafts- und Siedlungsbilder ins eigentliche Zentrum des Erlebnisses», erklärt Konzeptentwickler Matthias Imdorf von der Erlebnisplan AG, der als Berater mit von der Partie war. Imdorf ist überzeugt, dass die Inwertsetzung der Landschaft noch «fast endloses Potenzial bietet».

© regiosuisse

Ökonomischer Nutzen schwer erfassbar

Die Fallbeispiele der PLANVAL-Studie veranschaulichen eindrücklich, dass eine nachhaltige, qualitätsorientierte und vielfältige Nutzung und Bewirtschaftung von Landschaft gelingen kann. Vorausgesetzt werden die Kenntnis der komplexen gesetzlichen Rahmenbedingungen und eine zielgerichtete Koordination der Beteiligten im Sinne einer Good Governance.

Der ökologische und landschaftsästhetische Nutzen ist in vielen Fallbeispielen ebenso offensichtlich wie die ideellen Benefits wie Imagegewinn, Kooperationskultur oder neue sozioökonomische Netzwerke. Welche konkrete Wertschöpfung sich mit landschaftsbezogenen Produkten und Dienstleistungen effektiv erzielen lässt, bleibt aber mangels Daten häufig diffus. Es lässt sich nur indirekt ermitteln, welcher volkswirtschaftliche Nutzen einer Region entgeht, wenn sie auf die Inwertsetzung der Landschaft verzichtet. In dieser Hinsicht gilt es noch einige ökonomische Grundlagenarbeit zu leisten. «Zwar lässt sich der unmittelbare Nutzen der Landschaft etwa für die Land- und Forstwirtschaft oder für eine konkrete Region und Fragestellung meistens ziemlich genau berechnen, doch die kulturellen und touristischen Leistungen von Landschaft lassen sich insgesamt schwer beziffern», stellen Ökonomen der HES-SO Genève in einer Metastudie3 fest.

Nicht zwingend besteht eine direkte Beziehung zwischen dem ökologischen Wert einer Landschaft, etwa als Hotspot der Biodiversität, und ihrem ökonomischen Wert. Ein vielbesuchter Stadtpark ist ökonomisch allenfalls wertvoller als ein peripheres Naturgebiet. Um den Wert und die Leistungen einer Landschaft trotzdem zu erfassen, bedient sich die Landschaftsökonomie indirekter Methoden, etwa um mithilfe der Immobilienwerte die Seesicht und das Bergpanorama zu bewerten. Eine BAFU-Studie4 aus dem Jahre 2014 ermittelt auf solche Weise den Erholungswert des Schweizer Waldes auf zwei bis vier Milliarden Franken pro Jahr. Eine Studie5 der ETH und der Schweizer Pärke von 2018 beziffert die touristische Wertschöpfung für den Landschaftspark Binntal auf 22 Millionen Franken und für den Parc Ela auf 106 Millionen Franken pro Jahr.

Insgesamt ist die Faktenlage hinsichtlich der ökonomischen Bewertung der Landschaft deshalb zurzeit noch unbefriedigend. Die Messbarkeit landschaftsinduzierter Wertschöpfung wäre aber eine wichtige Voraussetzung, um landschaftsbezogene Regionalentwicklung gezielter anzugehen. Der Tourismusexperte Jürg Schmid sieht vor allem im naturnahen Tourismus überdurchschnittliche Wachstumsmöglichkeiten, die genutzt werden könnten, ohne die Landschaftsqualität zu beeinträchtigen. «Die regionalen Naturpärke und die Welterbegebiete präsentieren die Essenz der Schweizer Natur und die regionale Vielfalt. Doch es fehlen lustvolle, gästeorientierte Angebote und spezifisch auch Erlebnisse für den Premium-Reisemarkt, die das grosse Potenzial in Wertschöpfung umsetzen», so Schmid (vgl. Roundtable «Die attraktive Landschaft ist das Fundament unseres Tourismus.»).

Potenziale, Instrumente und gute Vorbilder, um die hohe Landschaftsqualität in den Regionen der Schweiz zu nutzen und gleichzeitig zu fördern, sind also vorhanden. Was es braucht, sind engagierte Menschen mit guten Ideen und einem langen Atem, die die Potenziale erkennen und andere Leistungsträger zum Mitmachen begeistern.

Gesetzlicher Rahmen und Förderinstrumente

Landschaftsrelevante Gesetzgebung: Bundesverfassung (BV), Raumplanungsgesetz (RPG), Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG), Pärkeverordnung (PäV), Landwirtschaftsgesetz (LwG), Waldgesetz (WaG), Gewässerschutzgesetz (GSchG), Bundesgesetz über Fussund Wanderwege (FWG), Jagdgesetz (JSG), Bundesgesetz über die Fischerei (BGF), Energiegesetz (EnG), Nationalstrassengesetz (NSG), Eisenbahngesetz (EBG), Landschaftskonzept Schweiz (LKS) u.a.

Förderinstrumente des Bundes: Neue Regionalpolitik (NRP), Pärkepolitik des Bundes, ProgrammvereinbarungenNaturschutz und LandschaftFinanzhilfen nach Art. 13, NHG (Historische Verkehrswegeund Ortsbilder/Denkmalpflege), Projekte zur regionalen Entwicklung(PRE), Landschaftsqualitätsprojekte(LQP), Modellvorhaben NachhaltigeRaumentwicklung (MoVo), Tourismusförderung^(Innotour), Landschaftsfonds Schweiz u.a.

gantrisch.ch

valposchiavo.ch

grandtour.myswitzerland.com

regiosuisse.ch/nrp

parks.swiss

bafu.admin.ch/paerke

blw.admin.ch/pre

regiosuisse.ch/finanzhilfen

Literatur und weiterführende Informationen

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